228. Bremer Montagsdemo
am 27. 04. 2009  I◄◄  ►►I

 

Also Lohnsklaven
brauchen Sie, Herr Hundt!

Udo RiedelKaum fängt die Politik an, etwas für Normalbürger zu machen, schon meldet sich mit einem Aufschrei ein gewisser Herr Hundt zu Wort und warnt vor einem „Rückfall in alte Zeiten“. Ich zitiere aus dem heutigen „Weser-Kurier“: „Es muss vermieden werden, dass damit ein neuer Weg in die Frühverrentung geschaffen wird“. Hat dieser Mann überhaupt je etwas aus einer angeblichen Krise gelernt? Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: Er sucht immer noch nach den falschen Verursachern! Mit keinem Wort erwähnt er die Verantwortung der Wirtschaft, sondern plädiert weiterhin dafür, dass die Menschen für noch weniger Geld arbeiten sollen. Wenn das Geld nicht ausreicht, bürden wir es eben dem Steuerzahler auf!

Gleichzeitig beklagt er sich darüber, dass unser „Sozialstaat“ zu teuer sei. Keine Angst, Herr Hundt: Wir haben Sie schon lange durchschaut und machen Sie auch freundlicherweise seit Jahren auf diese Widersprüchlichkeit aufmerksam! Wir wissen genau, was Sie mit Ihrer heutigen Aussage bezwecken wollen: Sie brauchen auch in Zukunft Lohnsklaven! Dass aber unsere Bevölkerung durch diese Politik immer mehr verarmt, schert Sie einen Dreck. Wie gesagt: nichts dazugelernt! Damit Sie es aber doch irgendwann kapieren, ein bisschen Nachhilfe für Sie und Ihresgleichen.

Wenn es in Zukunft immer mehr Menschen gibt, die auf die Straße gesetzt werden und verarmen, wird natürlich auch ein soziales Netz noch teurer! Das hätte die Industrie schon lange verhindern können, indem sie ordentliche Löhne zahlt und Wort hält, für gewisse Zugeständnisse Arbeitsplätze zu schaffen. Das wollten Sie aber gar nicht, wie die Beispiele Leiharbeit und Ein-Euro-Jobs zeigen, und natürlich wollen Sie auch keinen Mindestlohn! Im Gegenteil, Sie drücken die Löhne, wo Sie nur können, und sorgen nur für vermehrtes Verdrängen normaler Arbeitsverhältnisse!

Sie scheinen es immer noch nicht begriffen zu haben: Wenn wir Normalbürger nichts mehr kaufen können, dann gehen auch Sie irgendwann baden. Darum lieber die Kurzarbeit als gar keine Arbeit, Herr Hundt! Ich hoffe in unser aller Interesse, dass niemals eintritt, wovor jetzt auch die Gewerkschaften warnen, soziale Unruhen nämlich, deren Vorboten man in unseren Nachbarländern schon erkennen kann. Leute, tut euch selbst den Gefallen, geht alle zur Europawahl und stärkt damit den Rücken der Parteien, die gegen den sogenannten Raubtierkapitalismus vorgehen! Die Europäische Union ist schließlich nicht mehr wegzudenken, und aus Brüssel wird auch in der Zukunft immer mehr die Politik gestaltet.

Udo Riedel (parteilos)

 

Von diesem Abend muss
ein Signal ausgehen!

Wieland von Hodenberg„Nein zum Monsterknoten, nein zur Querspange. So nicht! Aber ja zur Tunnellösung“ stand auf dem Transparent, das an der Stirnseite des großen Sankt-Markus-Gemeindesaals prangte. Diese Kirche im vorderen Kattenturm steht übrigens wegen ihrer eigenen Betroffenheitssituation voll auf unserer Seite. An den Fenstern klebten zahlreiche Din-A-3-Blätter mit der Aufschrift „Wir sind das Volk!“

Entsprechend kämpferisch war im Saal die Stimmung der etwa 300 Anwohner(innen), die am 28. April 2009 dem Aufruf der „Bürgerinitiative für eine menschengerechte A281“ gefolgt waren. Wobei sich mir die Frage stellt, was an einer Autobahn überhaupt „menschengerecht“ sein kann! Einige Tage zuvor hatte es bereits eine Demo mit ebenfalls gut 300 Beteiligten auf der Kreuzung Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße gegeben.

Eingeladen waren unter anderem Martin Güldner (Grüne), Karsten Sieling (SPD) und Georg Arndt („Die Linke“), die der Initiative Rede und Antwort stehen mussten. Die „Tageszeitung Bremen“ schreibt am 30 April 2009 anerkennend: „Wie Volkstribune luden die Sprecher der Bürgerinitiativen die Fraktionssprecher regelrecht vor. In einer faszinierenden Weise führen sie den Politikern auch vor, wie deren Verwaltung in Bremen funktioniert.“

Die Sprecher Norbert Breeger und Jens Körber schilderten zuvor noch einmal eindringlich das wahnwitzige Planungschaos im Zusammenhang mit der A281, das im Bauabschnitt 2.2 das völlig unsinnige Betonmonstrum und die „Querspange“ nach Brinkum direkt vor unserer Haustür vorsieht. Diese Planung habe System, schreibt die „Tageszeitung“ weiter. Offensichtlich sei das verkehrspolitische Durcheinander bewusst provoziert worden, weil sich nur so der „Monsterknoten“ rechtfertigen lasse. Die eingeladenen Politiker betonten, dass ihre Fraktionen in der Bürgerschaft die bestehenden Planungen ebenfalls nicht gutheißen könnten, aber es wurde leider auch viel herumgeeiert.

Die Alternativen, die es durchaus gibt, wurden ebenfalls ausführlich diskutiert. Die Klagen gegen das Monsterprojekt sollen bis Mitte Mai auf den Weg gebracht werden, und im Mai wird es zur nächsten Senatssitzung auch einen „Besuch im Rathaus“ geben. „Von diesem Abend muss ein Signal ausgehen“, betonten Breeger und Körber, die gleichzeitig eine Spendensammlung organisiert haben. Die Chancen für eine gerichtliche und politische Ablehnung stehen nicht schlecht, weil der Widerstand zunehmend vernetzt wurde und in letzter Zeit enorm viel Fahrt aufgenommen hat. Hoffen wir, dass das so bleibt!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
500.000 Menschen bei Mai-Demo: Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse ist nicht dafür da, den maroden Kapitalismus zu verteidigen („Rote Fahne News“)

 

An die Vertrauensleute der IG Metall bei Mercedes-Benz in Bremen

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gehört, dass der Vorstand des Daimler-Konzerns zwei bis drei Milliarden Euro an „Personalkosten“ einsparen will. Geplant sind die Verkürzung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich, die Streichung der betrieblichen Zulage zur Kurzarbeit, die Verweigerung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes, die Verschiebung der Tariferhöhung für 2009 und die Nichtübernahme von 20 Prozent aller Auszubildenden. Seit Beginn der Krise wurden bereits die Arbeitsplätze von 2.500 Leiharbeitern und ebenso vielen befristet eingestellten Kollegen vernichtet.

Ihr sollt verzichten, damit „in neue, spritsparende Modelle investiert werden kann und Entlassungen vermieden werden“ (Vorstandsvorsitzender Zetsche am 2. April 2009). Aber viele Belegschaften wie bei Nokia oder Opel wissen, dass Verzicht keinen Arbeitsplatz rettet. Wenn ihr dem Vorstand heute den kleinen Finger reicht, wird er morgen die ganze Hand wollen! Die Arbeiter und Arbeitslosen sind nicht die Verantwortlichen für die größte Wirtschaftskrise aller Zeiten. Die Konzerne und Banken haben mit ihrer Profitgier die Krise verursacht – sie sollen auch die Lasten tragen!

Die Montagsdemonstration ist eine bundesweite Solidaritätsbewegung, die seit über vier Jahren jeden Montag gegen Arbeitsplatzvernichtung und Sozialabbau auf die Straße geht und ihre Stimme erhebt. Wir setzen uns dafür ein, dass Arbeitslose und Arbeitende gemeinsam für ihre Interessen kämpfen. So könnte zum Beispiel die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen. Finanzierbar ist dies schon längst durch die Milliardengewinne der Konzerne in den letzten Jahren.

Wir haben 2007 auch die Lokführer in ihrem Streik solidarisch unterstützt. Wir laden euch herzlich ein, uns zu besuchen und über eure Situation auf unserer Demonstration zu berichten (jeden Montag ab 17:30 Uhr auf dem Bremer Marktplatz)! Wir werden uns natürlich auch an der gewerkschaftlichen Demonstration zum 1. Mai beteiligen. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, dort persönlichen Kontakt zu knüpfen und sich kennenzulernen? Mit solidarischen Grüßen!

Initiative Bremer Montagsdemo
 
Chrysler ist pleite: Gewerkschaft kürzt Löhne und übernimmt
Mehrheit beim Autobauer („Spiegel-Online“)

 

Mit Billigkräften und Überstunden weiter rein in die Krise

Elisabeth Graf1. DGB-Chef Michael Sommer zeichnet ein düsteres Bild von der Lage in Deutschland und warnt vor sozialen Unruhen. Sollte es angesichts der Krise zu Massenentlassungen kommen, sei das eine Kampfansage an die Belegschaften und die Gewerkschaften. Er forderte, dass vom Konjunkturgipfel im Kanzleramt ein Signal ausgehen müsse, dass Bundesregierung und Wirtschaft alles täten, um die Beschäftigung zu sichern, und dass die Krise nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden dürfe. (Auf welchem wohl sonst, wenn der Rettungsschirm nur über die monströsen Banken gehalten wird?) Wirtschaftsforscher sagen für 2009 einen Konjunktureinbruch von rund sechs Prozent voraus. Die Bundesregierung ging in ihren Prognosen bis vor Kurzem allen Ernstes noch von minus 2,25 Prozent aus. Neben dem DGB erneuerten vor dem Gipfel auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie die IG Metall ihre Forderung nach einem neuen Konjunkturpaket. Dieses müsse einen Umfang von 100 Milliarden Euro haben. Unternehmerverbände lehnten dies ab, pochten aber ebenfalls auf weitere Hilfen. So müsse es eine Erleichterung bei den Arbeitskosten geben. Wie, schon wieder?

Wenn der oberste Arbeitnehmerführer auf den Tisch haut, „zittern“ Politik und Wirtschaft vor Lachen, und wir dürfen uns schon auf den „heißen“ Herbst freuen. Oder war der nicht schon? Vielleicht gibt es diesmal nur einen Beutel voll mit heißer Luft. Dem DGB ist es bestimmt ernst, doch offenbar anders, als wir uns das wünschen. Schließlich laufen ihm die Mitglieder weg, und er hofft nun mit einer sozialen Komponente wieder ins rechte Lot zu kommen. Auch wenn der „Deutsche Städte- und Gemeindebund“ angesichts deutlich sinkender Steuereinnahmen Kürzungen bei den Sozialleistungen in Aussicht stellt und postuliert, dass es staatliche Leistungen künftig nur noch geben dürfe, wenn das Geld dafür auch tatsächlich da sei, kann zur Beruhigung gesagt werden, dass diese Einschränkung selbstverständlich nur den Sozialleistungen für Menschen vorbehalten ist. Schmarotzenden Banken dürfen hingegen natürlich weiterhin Milliarden als Schutzschirm in den Allerwertesten geblasen werden! Wie gut, dass wenigstens Bundespräsident Köhler davon überzeugt ist, dass die Demokratie in Deutschland feste Wurzeln habe. Als ehemaliger Banker weiß er ja sicher ein Lied davon zu singen. Wahrscheinlich spricht er dabei eher von den Radieschenwurzeln als von denen einer deutschen Eiche.

 

2. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten wohl in ihrem Frühjahrsgutachten für dieses Jahr einen deutlich stärkeren Konjunktureinbruch als bislang angenommen. Die Folgen der Wirtschaftskrise werden langsam sichtbar. Mehrere Nachrichtenagenturen berichteten, dass das deutsche Bruttoinlandprodukt etwa um sechs Prozent schrumpfen werde. Für den Arbeitsmarkt bedeute das den Prognosen zufolge in diesem Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf durchschnittlich 3,7 Millionen. 2010 sei im Schnitt sogar mit 4,7 Millionen Arbeitslosen zu rechnen. Tatsächlich dürften es jedoch weitaus mehr sein, wenn jetzt bereits 346.000 Menschen Kurzarbeitergeld beziehen und immer mehr Zeitarbeiter und prekär Beschäftigte ihre Kündigungen erhalten werden. Ansonsten sollten endlich mal die euphemistischen rosa Sonnenbrillen abgenommen werden!

 

3. Nach dem ganzen Palaver über Krise, Rezession, Insolvenz und so weiter fürchten Wirtschaftsexperten soziale Unruhen. Wirtschaftsforscher Max Otte prognostiziert Massenarmut und explodierenden Sozialausgaben bald auch in Deutschland. Aber Herr Otto fand die adäquate Lösung dazu: Durch ein Reiseverbot könnten die 40 Milliarden Euro, die von Deutschen im Ausland ausgegeben werden, im Inland behalten werden. Sollen wir zugunsten des Staates auf unseren Urlaub verzichten? Da muss wohl das Wir mal näher definiert werden, denn das machen wir Aufstocker und Dumpinglöhner doch längst, weil unser Lohn leider nicht dazu ausreicht, Geld zum Verreisen anzusparen. Wir machen Urlaub auf Balkonien oder an der Costa Werdersee! Aber insgesamt ist es nicht einzusehen, für die Dummheit anderer blechen zu sollen, während die Dummheit Verursachenden weiterhin ihre hohen Gehälter bekommen. Wenn ich weiterdenke, könnte aus einem Reiseverbot ein Ausreiseverbot werden. Und wann kommt dann die Mauer?

 

4. Im kommenden Jahr könnte zum ersten Mal seit 50 Jahren die Rente gekürzt werden. Der Hauptgrund dafür ist die steigende Kurzarbeit, weil sie die Brutto-Lohn- und Gehaltssumme drückt, auf deren Basis die Altersbezüge berechnet werden. In diesem Jahr werden die Renten noch „kräftig“ angehoben, weil 2008 die maßgebliche Lohnsumme „deutlich“ wuchs, im Westen um 2,41 Prozent, im Osten sogar um 3,38 Prozent. Ihr gegenwärtiges Sinken hätte auch die erwarteten negativen Auswirkungen auf die Hartz-IV-Regelsätze. Doch gewählt wird im September, und bis dahin kann natürlich für ein paar Monate so getan werden, als sollte es den finanziell Schwachen in unserer Gesellschaft ein wenig besser gehen dürfen! Hingegen war es nicht als Aprilscherz gemeint, als die Abgeordneten von CDU, SPD und FDP in einer ersten Lesung für eine Beibehaltung der automatischen Anpassung ihrer Diäten an der Reallohnentwicklung bis 2013 plädierten. Arbeitsminister Olaf Scholz will nunmehr Rentenkürzungen per Gesetz „für alle Zeiten“ ausschließen.

 

5. Letzte Woche berichtete der „Weser-Kurier“ von einem Pilotprojekt, das aus Arbeitslosen „Betreuungsassistenten“ macht. Binnen sieben Wochen sollen die Probanden geeignet sein, sich für ergänzende Assistenztätigkeiten einsetzen zu lassen. Selbstverständlich geht es nicht darum, Billigkräfte in die Pflege zu holen, nein, denn die Betreuungsassistenz ist ein vollkommen neuer Berufszweig! Schließlich bedeutet es etwas ganz anderes, sich um Demente zu kümmern, als alte Menschen zu pflegen. Alte Menschen sind nicht mit alten Menschen gleichzusetzen! Aber das Gute ist ja gerade, dass die Dementen größtenteils in der Vergangenheit leben und gar nicht mitbekommen, wer sich wie um sie kümmert! Darum dürfen Hilfskräfte auf sie losgelassen werden, die keine dreijährige Ausbildung absolvieren müssen, sondern mit dem Schnelldurchgang einer „Qualifizierung“ vorlieb nehmen dürfen. Für mich ist es jetzt schon klar, dass diese Betreuungsassistenten kaum nur die Tätigkeiten ausführen, für die sie „ausgebildet“ wurden! Vermutlich werden sie schon recht bald in den normalen Betriebsablauf eingegliedert. Weil es wieder billige Arbeitskräfte sind, wird sicher nicht mehr nachgefragt, was sie eigentlich nur erledigen müssen. Ausbaden dürfen dies die zu Betreuenden und die in Schichtarbeit mit circa 1,000 Euro unanständig wenig Verdienenden. Wer lange genug arbeitete, erhält dann ein Arbeitslosengeld, das um satte 30 Euro über dem ALG II liegt!

 

6. Jede Woche kommen nun weitere Ausbeutungsschweinereien in Supermärkten ans Tageslicht. Dieses Mal ist von Netto die Rede. Ein Filialleiter hat ausgepackt und berichtet, dass beim zweitgrößten Discounter-Unternehmen unbezahlte Überstunden systematisch einkalkuliert werden. In seinem Markt wurden unbezahlte Überstunden nach Feierabend sogar schriftlich angeordnet. Dabei ist es rechtswidrig, wenn einkalkulierte Überstunden nicht bezahlt werden! Gewerkschafter beobachten bei Netto immer häufiger Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, aber auch katastrophale Arbeitsbedingungen. Für Verdi gehört diese Discounterkette zu den „schlimmsten“ der Branche. Netto weigert sich, die Tarifverträge des Einzelhandels zu akzeptieren, und zahlt Löhne „in Anlehnung an die Verträge“. Für die betroffenen Kolleginnen – es sind hauptsächlich Frauen – führt das häufig dazu, dass sie quasi für die Hälfte des ihnen zustehenden Geldes arbeiten.

Natürlich spricht die Leitung von „Einzelfällen“ und davon, dass Marktleiter und deren Stellvertreter ein höheres Arbeitsvolumen als Kassierer hätten, das mit einer monatlichen übertariflichen Extrazulage abgegolten werde. Solch eine Extrazulage hat besagter Filialleiter aber nie bekommen. Im sachsen-anhaltischen Landesamt für Verbraucherschutz melden sich oft erschöpfte Verkäuferinnen und Verkäufer. Das Amt ahndet solche Verstöße gegen die Arbeitszeit und schickt deswegen stichprobenartig Kontrollen zu Discountern. Im vergangenen Jahr wurden über drei große Supermarktketten Bußgelder verhängt, weil dort Schichtpläne und Aufzeichnungen gefälscht und Mitarbeiter verpflichtet wurden, Stillschweigen zu bewahren – ein geeignetes Rezept, um Angst zu erzeugen. In der Discounterhierarchie werden Druck, Stress und Frustration von oben nach unten weitergegeben. So traut sich auch kaum ein Mitarbeiter, öffentlich über die Arbeitsbedingungen bei Lidl, Netto und Konsorten zu reden. Zu groß ist die Angst, den Job zu verlieren. Und sei er noch so besch...eiden.

 

7. In Wiesbaden kritisieren zwei Gewerkschaftler den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern bei der Stadtverwaltung und in öffentlichen Einrichtungen. Sie hätten unwiderlegbare Beweise dafür, dass diese massenhaft und systematisch als billige Arbeitskräfte ausgebeutet würden. Reguläre Stellen würden mit den Billigjobbern besetzt und das Handwerksrecht missachtet! Auf diese Weise seien in Wiesbaden insgesamt rund 500 versicherungspflichtige Arbeitsplätze durch den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern direkt oder indirekt vernichtet worden. Diese Zahl sei aus einer gründlichen Analyse der Beschäftigungsentwicklung bei der Stadtverwaltung und öffentlichen und kirchlichen Einrichtungen über die letzten Jahre ermittelt worden. Allein bei der Stadt seien insgesamt 90 feste Stellen verschwunden.

Die dort verrichtete Arbeit – etwa in den Bereichen Grünflächenpflege, Hausmeisterdienste in Schulen und Bürgerhäusern, Aushilfen in Küchen und Kindertagesstätten – sei inzwischen von Ein-Euro-Jobbern übernommen worden. Diese werden zu 95 Prozent als billige Arbeitskräfte ausgebeutet und nur zu fünf Prozent qualifiziert! Die beiden Gewerkschafter erklärten, wer eine solche Maßnahme absolviert habe, sei entgegen den Behauptungen der Befürworter der Hartz-Gesetze stigmatisiert und habe deswegen hinterher weniger Chancen am ersten Arbeitsmarkt. Obwohl gerade bei der Stadt und deren Tochtergesellschaften der Missbrauch durch gesetzwidrige Arbeitsgelegenheiten am massivsten sei, reagiere die Politik auf die konkreten Vorwürfe kaum und verharmlose die Zustände. Dabei zeigten Städte wie Leverkusen und Frankfurt am Main, dass Ein-Euro-Jobs durch öffentlichen Druck durchaus in größerem Umfang in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse nach Tarif umgewandelt werden könnten. Aber das scheint politisch nicht gewollt zu sein.

 

8. Das „Gisela-Vogel-Institut für berufliche Bildung“ setzt in seinen Schulungsräumen Videokameras zur Überwachung auch während des Unterrichtes ein. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Arge ist dieses Unternehmen zu einem der größten profitorientierten Bildungsträger in Bochum geworden und bekommt jährlich mehrere Hundert Teilnehmer finanziert. Auf eine Anfrage der „Sozialen Liste“ bei Stadtverwaltung und Arge wurde die Videoüberwachung wieder mal als „Einzelfall“ beschrieben. Die Maßnahme sei nicht mit der Arge abgestimmt worden. Der Datenschutzbeauftragte der Stadt Bochum schreibt in einer Stellungnahme, dass für die im Institut durchgeführte Videobeobachtung keine gesetzliche Grundlage vorhanden ist, bedeute nicht zwingend, dass die Videobeobachtung unzulässig sei. Kaum zu glauben! Weiß der Mann, warum er seinen Beruf ausübt? Er rechtfertigt solche Maßnahmen als „Diebstahlschutz“, wohingegen es sich aus Sicht der „Sozialen Liste“ bei der Videoüberwachung von Schulungsräumen während des Unterrichts um eine „skandalöse, menschenverachtende Maßnahme“ handle, die an Orwells Visionen aus „1984“ vom Überwachungsstaat erinnere. Hier müssen Erwerbslose mal wieder unter Generalverdacht gestellt werden, und der sogenannte Datenschützer scheint die Daten der ALG-II-Bezieher nicht für schützenswert zu halten. Das ist nicht mehr hinnehmbar! Ob ich einen verwanzten Schulungsraum betreten würde, weiß ich ja nicht. Müssen wir uns jetzt immer vorher umgucken, bevor wir einen solchen Raum betreten?

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Die MLPD lädt ein zum „Tanz in den Mai“ am Donnerstag, dem 30. April 2009, ab 19 Uhr im „Kuss Rosa“, Buntentorsteinweg 143 (Haltestelle „Kirchweg“ der Linien 4 und 5). Eine Stunde später beginnt eine ebenso benannte Veranstaltung des DGB im Gewerkschaftshaus.
 
Die Bremer Montagsdemo ruft mit auf zur Teilnahme an der Demonstration des DGB zum „Tag der Arbeit“ am Freitag, dem 1. Mai 2009. Sie beginnt um 11 Uhr am Osterdeich (Sielwall). Bei der Kundgebung ab 12 Uhr auf dem Domshof spricht unter anderem Michael Sommer zu Fragen der sozialen Unruhe. Um 13 Uhr beginnt auf dem Marktplatz die „Euromayday Parade“ unter dem Motto „Her mit dem schönen Leben“.
 
Notleidende erhalten mehr Unterstützung: 320 Euro für Bremer Senator­(inn)en, acht Euro für Hartz-IV-Opfer („Weser-Kurier“)

 

Hätt ich einen Hammer

(Refrain:)
Hätt ich einen Hammer
’nen Hammer früh am Morgen
’nen Hammer spät am Abend
Und die ganze Nacht

Dann würde ich euch sagen
Es geht euch an den Kragen
Ich hau euch in den Magen
Mit den Brüdern und Schwestern, aha
Hier im ganzen Land (Refrain)

Ich würde euch verjagen
Zur Not bis Kopenhagen
Das wird euch nicht behagen
Bei den Brüdern und Schwestern, aha
Hier im ganzen Land (Refrain)

So werde ich es wagen
Und es nicht mehr vertagen
Das müsst ihr dann ertragen
Bei den Brüdern und Schwestern, aha
Hier im ganzen Land (Refrain)

Es wird euch nicht behagen
Ich werd nicht lange fragen
Ich werf aus allen Lagen
Mit den Brüdern und Schwestern, aha
Hier im ganzen Land (Refrain)

Ihr werdet euch beklagen
Über diese Plagen
Ich werde nicht versagen
Mit den Brüdern und Schwestern, aha
Hier im ganzen Land (Refrain)

Ich werd euch überragen
Ihr und eure Blagen
Sollt euch mit mir vertragen
Und den Brüdern und Schwestern, aha
Hier im ganzen Land

 

Henk „Skurrilio“ Dijkstra – Melodie: „If I Had A Hammer
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz