113. Bremer Montagsdemo
am 04. 12. 2006  I◄◄  ►►I

 

Gnadenbrötchen für die Betagten

Ursula GatzkeRentner in Deutschland träumten einen Traum, dass die Rente höher wird unterm Weihnachtsbaum! Doch Merkel saß in der Regierung und schlief! Arme Merkel, bist so krank, dass du nicht regieren kannst! Merkel hüpf, Merkel hüpf!

Wir Rentner sollen 2009 eine Mini-Rentenerhö­hung bekommen, nach fünf Nullrunden, höheren Krankenkassenbeiträgen, höherer Krankenhausgebühr, Praxisgebühr, hohen Medikamentenpreisen, Rentensteuer, galoppierenden Energiekosten, steigenden Bus- und Bahnpreisen, keinem Inflationsausgleich, jetzt noch der Mehrwertsteuererhöhung und jeder Menge mehr an Abzockerei!

Das müssen wir alles ohne Erhöhung schlucken! Auch das Sterbegeld wurde uns gestrichen, nur den Politikern nicht, die wollen alles umsonst, bei ihren „mageren“ Diäten! Die Diäten der 187 Landtagsabgeordneten in Nordrhein-Westfalen sollen zum 1. Januar 2007 um rund 1,4 Prozent auf 9.633 Euro monatlich steigen! Wo ist der Spucknapf?

Mir wird immer schlecht, wenn Merkel das Wort „gerecht“ in den Mund nimmt! „Gerecht“ heißt nicht: oben die Taschen füllen und den Rentnern das Geld stehlen! Meine sogenannte Rentenerhöhung im Jahr 2009 wird sich höchstens auf einen Euro und 80 Cent im Monat belaufen! Dafür kaufe ich mir ein paar Brötchen und zerteile sie in 30 kleine Stückchen, um dann täglich ein trockenes Häppchen zu genießen!

Nach fünf Minusrunden solch kostbare Brötchen gleich aufzuessen, wäre purer Leichtsinn oder Verschwendung! Wer weiß denn, wann es für uns Betagte noch einmal Gnadenbrötchen gibt? Tausende Rentner werden diese Gnadenration nicht mehr genießen dürfen! Schade, denn auch sie haben einmal Hoffnung gehabt: Hoffnung, dass sie im Alter für ihre Lebensleistung fair behandelt werden! Stattdessen kriegen wir auch noch Hartz IV ab!

Die Ein-Euro-Jobs werden in die Rentenanpassung mit einbezogen! Gute Nacht, Rentner, träumt gut! Morgen will ich ein trockenes Brötchenstückchen kauen und träumen, doch am 1. Januar werden die Brötchen teurer, und schon bin ich wieder wach! 2009 kann ich mir gar kein Rentner-Gnadenhäppchen mehr leisten, meine Erhöhung wird nicht mal für ein belegtes Brötchen reichen!

Aber vielleicht reicht die Erhöhung noch für eine Rolle Klopapier? Dann können wir sagen: „Wer die Klorolle nicht ehrt, ist der Rentenerhöhung nicht wert!“ Oder: „Unsere Spitzenpolitiker bescheißen die Rentner, deshalb gibt es nur einen Klopapier-Zuschuss, damit wir uns wenigstens noch hinten putzen können!“

Ursula Gatzke (parteilos)
 
Verlogen: Grüne distanzieren sich vom mitbeschlossenen Hartz IV („N-TV“)

 

Süßer die Kassen nie klingeln

Elisabeth GrafLasst uns froh und munter sein, denn nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sank die offi­zielle Zahl der Arbeitslosen von Oktober auf November 2006 um 88.902 auf 3,995 Millionen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erhöhte sich um 1,2 Prozent oder 316.975 Personen gegenüber dem Vorjahr! Da können wir uns doch mal wieder so richtig freuen, am ersten Advent – wie wunderbar!

Die Bundeskanzlerin hat wahrlich Recht darin, ein „wichtiges Signal“ zu sehen, dass sich die „gute Grundstimmung in der Wirtschaft verfestigt“ habe: Die Gehälter der Manager und die Börsenkurven steigen, nachdem Tausende von Arbeitnehmern – trotz fantastischer, schwarzer Zahlen – entlassen wurden. Nee, diese Art von Verfestigung meint Frau Merkel wohl eher nicht...

Auch wenn die BA in ihrem Monatsbericht für November selbst zugeben musste, dass dieser Anstieg „zum größten Teil von Arbeitnehmerüberlassung getragen“ wird, darf sich die Bundesregierung an die „Erfolgsmeldungen“ aus Nürnberg wie an den rettenden Strohhalm klammern. Denn der in ihrer Anzeigenkampagne gefeierte erstmalige Zuwachs „regulärer Jobs“ seit fünf Jahren beruht vor allem auf einer wachsenden Zahl von Leiharbeitern.

Es ist nun ganz allerliebst, sogar von einer „relativen Belebung“ der Wirtschaft zu sprechen, die in einzelnen Betrieben, wie zum Beispiel im Maschinenbau, auch zu Neueinstellungen führt. Dass dabei so gut wie keine tariflich bezahlten Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden, ist nicht so wichtig. Hauptsache, die Wirtschaft brummt und wandert nicht ins Billiglohnland ab! Diese Angst kann den Mitarbeitern jedoch zu hundert Prozent genommen werden: Wenn Deutschland auch endlich ein Niedriglohnland geworden ist, besteht kein Grund mehr zum Abwandern!

Es ist wirklich unnachahmlich genial, was sich unsere Politiker da, Arm in Arm mit den Wirtschaftsbossen, ausgedacht haben! Auch die Prognosen sehen mehr als rosig aus, weil wir davon ausgehen können, dass sich die Zahl der Zeitarbeiter – bei einem Wachstum der Branche um 18 Prozent – bis 2010 sogar verdoppeln wird. Das sind doch mal wieder echte Zukunftsperspektiven! Der Vorwurf, dass zunehmend festeingestellte Beschäftigte durch Leiharbeiter verdrängt würden, lässt sich leicht entkräften: Wenn sie arbeitslos geworden sind, können sie schließlich genauso als Leiharbeiter bei derselben Firma wieder anfangen zu arbeiten. Hier sind alle für Chancengleichheit!

Die paar Kröten weniger können ja wohl nicht so schlimm sein. Zeitarbeiter sollen ihrem Arbeitgeber huldigen und darüber frohlocken, dass sie überhaupt noch arbeiten dürfen! Schließlich liegt das Sinken des allgemeinen Lohnniveaus im Moment doch sehr im Trend, und auch besonders rechtlose Stellungen sind manchmal unabdingbar, wenn man noch in Lohn und Brot stehen will! Dafür werden natürlich gerne Lohnsenkungen, Kürzungen beim Weihnachtsgeld oder eine unbezahlte Verlängerung der Wochenarbeitszeit in Kauf genommen! In dulce jubiloho, ich lieb mei Arbeit sohoho...!

Wie wunderbar Hartz IV in Wirklichkeit ist, zeigt sich gerade dabei, dass immerhin schon 2,8 Millionen Arbeiter und Angestellte, die nicht mehr allein von ihrem Lohn leben können, ihn durch das goldene Hartz IV aufstocken dürfen. Wenn die Politiker derart großzügig mit Hartz-IV-Geldern um sich werfen, dann wollen wir ihnen ihre kleinen Mogeleien auch nicht so krumm nehmen, wenn sie die Arbeitslosenstatistik ein winziges bisschen frisieren. Da können wir es drei Wochen vor Heiligabend doch hinnehmen, dass 1,6 Millionen Arbeitslose in „Maßnahmen“ des Arbeitsamtes hinter Tannengrün versteckt sind, um das wahre Ausmaß der Massenarbeitslosigkeit nicht so auf die Gemüter schlagen zu lassen!

Wenn nur noch so wenig Arbeit da ist, können wir uns bei der Regierung dafür bedanken, dass Vollzeitarbeitsplätze durch Teilzeitjobs ersetzt werden, damit mehr Leute arbeiten dürfen und Arbeit gerechter verteilt wird! Auch für die Ein-Euro-Jobber darf neue Hoffnung keimen, wenn sie in Zukunft ihren Arbeitsplatz nicht mehr nur für ein Jahr, sondern für volle vier Jahre ausüben dürfen! Diese Chance sollen sie beim Diakoniewerk Arbeit und Kultur bekommen. Toll, so haben alle etwas davon, weil ja die Diakonie als Arbeitgeber jeden Monat auch künftig 500 Euro für jeden Ein-Euro-Jobber erhält und davon nur ein Drittel als „Mehr­aufwandsentschädigung“ weiterreichen, aber keinen Lohn aus Eigenmitteln zahlen muss!

Irgendwie blöd ist nur, dass für kaum einen der Ein-Euro-Jobber beim Diakoniewerk nach dem Ablauf von zwölf Monaten ein regulärer Job in Aussicht gestellt wurde. Aber immerhin konnten auf diese Weise ein Jahr lang Menschen „auf den rechten Weg“ gebracht werden! Berauschend, wenn sich dieses Nirwana auf vier Jahre verlängern darf! Weil Arbeit als solche eigentlich schon Glück genug ist, könnte anschließend auch ehrenamtlich weitergearbeitet werden! Süßer die Kassen, äh, die Glocken nie klingeln...

Es macht nichts, dass Ein-Euro-Jobber und ALG-II-Empfänger als Eltern ihren Kindern nicht zu einem Leben in Würde und Angemessenheit verhelfen können. Schließlich beruht Kinderarmut nicht allein auf den materiellen Aspekten. Es ist auch völliger Unsinn, von Ausgrenzung bei Bildung und Entwicklungschancen zu sprechen, weil diese Ungleichheit ja durch Ganztagsschulen ausgeglichen werden kann! Außerdem soll eine Grundgesetzänderung erfolgen, in der steht, dass Kinder ein Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit haben! Dadurch werden unsere Kinder dann immun gegen diese Art von gesellschaftlicher Ausgrenzung: Sie berufen sich von nun an auf ihr Recht darauf, und schon wird es ihnen gewährt! So einfach kann es im Leben zugehen.

Elisabeth Graf (parteilos)
 
Drei Jahre raus aus der Statistk: Arbeitslose zu Kita-Fachkräften umschulen und anschließend befristet einstellen („Tageszeitung“)

 

2,4 Millionen „Erwerbsfähige“ zählen nicht als „arbeitslos“

Heute ist Sankt-Barbara-Tag, und eine alte Bauernregel sagt: „Wenn Barbara kommt grün, so kommt das Christkind in weiß“. Vielleicht wird es wahr, vielleicht ist auch das nur ein Wintermärchen. So eines, wie es uns Engel Angela und ihre geliebte „Bild“ungszeitung auch gerne alle Vierteljahr weismachen wollen: Es kommt ein neues Wirtschaftswunder, der Aufschwung ist da! Die Arbeitslosenzahlen sind unter vier Millionen „gefallen“, das ist doch fein.

Zwar hat sich die Wirtschaft etwas belebt, aber die großen Erfolge beruhen einzig auf Taschenspielertricks, wie schon bisher: 334.000 Empfänger von ALG I werden nicht mehr in der Statistik geführt, weil sie krank, im Vorruhestand oder in „Maßnahmen“ sind. Von den 5,09 Millionen ALG-II-Beziehern werden 2,4 Millionen als „arbeitsfähig“ eingestuft, aber nicht als arbeitslos im Sinne der Statistik gezählt; 314.000 sind Ein-Euro-Jobber, weitere 350.000 in „Maßnahmen“ untergebracht.

Wir kennen das: Verschleiert wird der Abbau an Vollzeitarbeitsplätzen, von 1991 fast 30 auf heute nur noch 23,1 Millionen, bei Erhöhung der Teilzeit­arbeitsverhältnisse von 5,5 auf 11,3 Millionen, also mehr als das Doppelte. Gleichzeitig gehen die Löhne und Gehälter in den Keller, manch einer kann von seiner Arbeit nicht mehr leben. Die Supergewinne dagegen werden bei den größten Monopolen auf der Welt in Fusionen, Übernahmen und Konzentrationen gesteckt, um die unvermeidlich kommende nächste Überproduktionskrise hinauszuzögern.

Das alles wird ihnen nichts nützen. Die Montagsdemo unterstützt alle, die sich wehren, Arbeitslose, Arbeitende, Jung und Alt. Wir schließen uns zusammen und bilden einen Grundstock für einen weltweiten Kampf gegen Lügner, Gewinnler, Ausbeuter, Kriegstreiber und Verbrecher in Monopolen und Staat!

Heute ist auch bundesweiter Aktionstag gegen die „Gesundheitsreform“ der Berliner Regierung. Ärzte, Apotheker, Krankenkassen und Verbände machen mit. Mit dem „Wettbewerbsstärkungsgesetz“ wird sich die Lage von Kassenarztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern weiter verschlechtern, Arbeitplätze werden vernichtet.

Die großen Pharmakonzerne und die Krankenhaus-Industrie sind an einer „Bereinigung“ des Marktes interessiert, weil sie dann ihre Supergewinne ins Unermessliche schrauben können. Alle, ob lebend oder tot, müssen dann ihre Gesundheitsmaschinerie durchlaufen. Arzte und Pflegepersonal werden zu „Erfüllungsgehilfen innerhalb einer industriellen Wertschöpfungskette“, wie Ärztekammerpräsident Hoppe richtig sagt.

Regierung und Staat erweisen sich als Türöffner eines Wachstumsmarktes und „Privatisierungspotentials“ von mehr als zwei Billionen Euro. Sagt Nein dazu, unterstützt die Ärzte und alle Kräfte, die gegen diese Politik protestieren und engagiert euch selbst!

Jobst Roselius

 
In den Artikeln „Offizielle Arbeitslosenzahlen unter vier Millionen“ („RF-News“) und „Merkels ‚Aufschwung‘ – ein Wintermärchen“ („Rote Fahne“, Heft 48/2006) fällt ein Satz, in dem das Bindewort eigentlich „obwohl“ lauten müsste: „2,4 Millionen Bezieher von Arbeitslosengeld II werden in der Statistik nicht geführt, weil sie als ‚arbeitsfähig‘ gelten“. Nachfolgend eine Stellungnahme des Verfassers:

Zur Manipulation
der Arbeitslosenstatistik

Tatsächlich ist die Aussage in der „Roten Fahne“ sinnentstellend verkürzt. Ich bin dabei unversehens in die verwirrende Begriffsfalle der Bundesagentur für Arbeit getappt. Das Sozialgesetzbuch II unterscheidet bei den Leistungen für „Mitglieder in Bedarfsgemeinschaften“ zwischen „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“, die ALG II (allgemein Hartz IV genannt) erhalten, und „nichterwerbsfähigen Hilfebedürftigen“, die Sozialgeld erhalten.

Im Oktober 2006 gab es offiziell 5.099.017 ALG II-Empfänger, die Zahl der als arbeitslos registrierten ALG-II-Empfänger betrug aber nur 2.668.000. Das bedeutet, dass 2.431.000 Personen, die „erwerbsfähig“ waren und Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, nicht in der offiziellen Arbeitslosenstatistik geführt werden. Das wird durch folgende Tricks erreicht:

Klaus WallensteinAus der Statistik fallen alle Ein-Euro-Jobber heraus, das waren im Oktober 312.945, ferner 56.912 in „beruflicher Weiterbildung“, 29.137 in „Trainingsmaßnahmen“ und 40.069 in ABM. Alle diese Maßnahmen sind aber nur angesetzt, weil für diesen Kreis der Arbeitslosen keine Arbeitsstelle zu finden ist. Ein weiterer Anteil sind die 900.000 im Amtsdeutsch so genannten Aufstocker. Sie haben eine so geringe Teilzeitbeschäftigung, dass sie Anspruch auf zusätzliches ALG II haben, was nichts anderes bedeutet, als dass sie faktisch arbeitslos sind.

Der Rest sind eine Million Jugendlicher in Bedarfsgemeinschaften im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, die keine Arbeit haben, denen aber die Anerkennung als „arbeitslos“, das heißt der Anspruch auf eine eigene Existenz, schlichtweg versagt wird. Alle Betroffenen haben Anspruch auf ALG II, sind also „arbeitsfähig“ und werden trotzdem nicht in der offiziellen Statistik geführt.

Zuschrift von Klaus Wallenstein (MLPD), auch in „Rote Fahne“, Heft 49/2006
 
„Ideologieverdacht“: Wieso spendet jemand sein Erbe
an Kommunisten statt Obdachlose? („Tageszeitung“)

 

Die Medien machen den Betrug mit

Gudrun Binder1. Jetzt soll die Erstellung der Terrordatei, ein lang gehegter Herzenswunsch von Herrn Schäuble, also Wirklichkeit werden! Mir ist auch klar, wer darin alles erfasst werden muss, nämlich Bagis beziehungsweise Arge! Was sich diese Ämter täglich leisten, ist psychischer Terror in reinster Form. Sie machen die in unverschuldete Arbeitslosigkeit gefallenen Menschen systematisch durch menschenverachtenden Umgang und sinnentleerte Maßnahmen seelisch und körperlich kaputt!

Das alles, damit die Arbeitslosenzahl nicht mehr in ihrer tatsächlichen Höhe in der Statistik erscheint und bekannt wird! Die Politiker wollen die breite Öffentlichkeit weiter mit falschen Zahlen und Angaben abspeisen. Die Medien machen diesen Betrug mit und sich dadurch mitschuldig an der Situation in Deutschland. Eine unabhängige Presse muss politische und wirtschaftliche Skandale aufdecken und darüber berichten!

Gewerkschaften müssen um ihre Existenzberechtigung bangen, wenn sie sich weiter so unauffällig und angepasst verhalten wie bisher: Gibt es keine arbeitende Bevölkerung mehr, sind Gewerkschaften vollkommen überflüssig. Von Ein-Euro-Jobs ist keine Beitragszahlung mehr möglich! Die Gewerkschaften früherer Zeiten haben um eine Sozialstruktur für alle gekämpft und sie immer wieder verteidigt. Die Gewerkschaften heute verraten und verkaufen sich, ihre Ziele und Mitglieder!

Fände eine ehrliche Aufklärung und Information der Bevölkerung statt, sähe es in Deutschland anders aus: Es gäbe endlich eine Solidarisierung aller von den Hartz-Gesetzen betroffenen Menschen. Und das sind wir alle! Der eine mehr und die andere weniger, der eine direkt und die andere indirekt, der eine früher und die andere später.

 

2. Für Kleinkinder werden Plätze in den Tagesstätten abgebaut, und es sind nicht genügend Betreuerinnen und Betreuer vorhanden. Schulkindern werden gerechte Bildungschancen vorenthalten. Es herrscht Lehrermangel, aber es werden keine jungen, bereits ausgebildeten Lehrer neu eingestellt. Studenten sollen Gebühren zahlen, und die Zeit ihres Studiums wird nicht mehr auf die Rentenjahre angerechnet.

Junge Menschen, die einen sozialversicherungspflichtigen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz suchen und dringend benötigen, werden drastisch und arrogant ihrer Freiheiten beraubt. Eine persönliche Weiterentwicklung kann nicht mehr stattfinden. Sie werden staatlich überwacht und reglementiert. Wie sollen aus willkürlich unmündig gemachten Menschen mündige, verantwortungsvolle Staatsbürger werden?

Wir müssen uns davon lösen, dass Arbeitslosigkeit nur Menschen mit geringer Intelligenz oder ohne Ausbildung trifft: Sie kann jederzeit jede und jeden treffen! Sie erfolgt, weil die Manager von Konzernen sich gegenseitig dafür belohnen, dass sie Unternehmen kaputtwirtschaften und ganze Belegschaften entlassen. Sie findet immer schneller und in größerem Umfang statt, weil die Manager noch skrupelloser werden. Dabei werden sie von unseren Regierungen perfekt unterstützt, was die Maßlosigkeit weiter herausfordert. Das Bruttosozialprodukt steigt, die Armut auch! Wir sind Weltmeister im Außenhandel – und im unsozialen Umgang mit Menschen.

Alleinstehende mit kleinen Kindern haben keinen Arbeitsplatz, weil die Unterbringung ihrer Kinder nicht gewährleistet ist; sie können keine berufliche Tätigkeit aufnehmen. Sollten sie tatsächlich einen Platz in der Tagesstätte ergattert haben, können sie sich von dem Hungerlohn die Bezahlung nicht leisten und müssen eben doch zu Hause bleiben. Wie makaber das ist: ohne Arbeit kein Anspruch auf einen Kindergartenplatz, aber ohne einen solchen keine Arbeit!

 

3. In Deutschland gibt es nur noch circa 43 Prozent sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, ein beängstigend niedriger Wert! Diese arbeitende Bevölkerungsschicht wird zeitlich und finanziell ausgebeutet. Die Menschen haben Angst um ihren Arbeitsplatz und lassen sich bis zur totalen Erschöpfung oder Krankheit viel gefallen.

Alle Rentnerinnen und Rentner, die 40 bis 45 Jahre fleißig gearbeitet haben, als es noch genügend Arbeit gab, werden um die ihnen zustehende Rentenhöhe betrogen. Sie haben Jahrzehnte regelmäßig Steuern bezahlen müssen, im Vertrauen darauf, dass sie im Alter vernünftig versorgt und sozial abgesichert sind. Sie konnten sich nicht von der Steuer befreien lassen wie Millionäre und Großunternehmen in unserem Land.

Wenn heute von der Politik „angedacht“ wird, dass ein Arbeitnehmer später 45 Beitragsjahre zur Rentenversicherung vorweisen muss, um Anspruch auf Rente zu erlangen, dann ist das eine Volksverdummung, die ihresgleichen sucht: Unter heutigen Bedingungen und nach den Prognosen für die Zukunft ist dieses Ziel überhaupt nicht mehr erreichbar! Wo gibt es genügend sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, wie lange behält man sie, wie hoch ist der Verdienst?

Die Politik wird eine Einheitsrente erfinden, und ob die ein Niveau hat, auf dem es sich menschenwürdig leben lässt, ist nach den derzeitigen Erfahrungen mehr als fraglich. Hier muss schnell und gründlich umgedacht und wieder eine soziale Zukunftsperspektive für alle geschaffen werden. Darum stehen wir hier, dafür setzen wir uns ein und dafür kämpfen wir gemeinsam mit den anderen Montagsdemos in über 150 Städten Deutschlands!

 

4. Die Grünen haben ihr Parteiprogramm beschlossen. Priorität besitzt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 Stundenkilometer auf unseren Autobahnen. Sicher eines der vordringlichsten Probleme, die augenblicklich in unserem Land geregelt werden müssen!

Nachdem sie während der rot-grünen Regierungszeit die Hartz-Gesetze mit abgenickt haben, fordern die Grünen als Opposition nun endlich eine Aufstockung der Regelsätze. Spät, aber immerhin laufen sie jetzt in die richtige Richtung, doch zu spät, um ihnen diese Meinungsänderung glauben zu können! Der Wahlkampf hat begonnen!

Warum regen wir uns eigentlich über die Freundin auf, die Frau Motschmann, an allen üblichen und fest vorgeschriebenen Abläufen vorbei, selbstherrlich ins Amt gehoben hat? Herr Kastendiek, ihr Chef, hat es doch vorgemacht! Allerdings nicht nur ein-, sondern gleich viermal hat er sich nach und nach seine Kumpels ins Wirtschaftsressort geholt. Damit sich der Personalrat seiner Behörde nicht so oft mit unerklärlichen Einstellungen befassen musste, hat er diese vier Arbeitsverhältnisse gleich allein abgenickt, gegen alle bestehenden Vorschriften!

Für das Kulturressort hat er eben der Kollegin die Einstellung ihrer Freunde überlassen, weil er mit Kultur eh nichts am Hut hat. Politiker dürfen genauso wenig gegen bestehende Gesetze verstoßen wie Normalbürger, aber sind Politiker noch als normal zu bezeichnen? Politik verdirbt nicht den Charakter, Politik entlarvt! Herr Kastendiek und Frau Motschmann dürfen nach diesen gravierenden Kompetenzüberschreitungen auf keinen Fall mehr zur Wahl aufgestellt werden!

 

5. Herr Böhrnsen hatte, während sich Herr Röwekamp auf dem CDU-Treffen in Dresden zu profilieren versuchte, zu einem offenen Diskussionsabend mit dem Präsidenten des Deutschen Kinderschutzbundes in der Glocke geladen, und die interessierten Bremerinnen und Bremer waren gekommen. Der Bürgermeister hatte Herrn Schuster zur Unterstützung mitgebracht. So haben sie sich eben gemeinsam blamiert!

Herr Schuster füllt ein verantwortungsvolles Amt mit einem hohen Verdienst und wenig Wissen aus! Die beiden Herren hatten auf konkrete Fragen weder ein Konzept noch kreative Ideen, wie sie der Kinderarmut in Bremen und Bremerhaven begegnen könnten. Sie wissen nicht, „wo und wie viel“ in den einzelnen Haushaltsbereichen „verschoben“ werden kann. Ein Wort mit einer wunderbaren Doppeldeutigkeit!

Wenn Herr Böhrnsen keine Haushaltsmittel zur Abschaffung der Kinderarmut in Bremen findet, sollte er sich mal in den Ressorts, für die Herr Röwekamp und Herr Kastendiek zuständig sind, umschauen. Da wird vieles hin und her verschoben! Im Sozialressort gibt es auch noch den überflüssigen Staatsrat Schuster, von Herrn Böhrnsen gerade eigenhändig dazwischengeschoben.

Es wird also wieder mal viel nachgedacht und sich ausgetauscht, und anscheinend ist das eine so lange Phase, dass unsere Politiker am Ende sich nicht mehr erinnern können, worum es überhaupt geht, und alles beim Alten belassen. Eine Kindergeldkürzung darf dabei auf keinen Fall herauskommen, wenn Herr Böhrnsen „das Wohl des Kindes“ über alles stellt, was wichtig und unbedingt richtig ist. Wir werden die Planungen weiter beobachten!

 

6. Noch einmal müssen wir für die Durchsetzung des neuen Wahlrechts zur nächsten Bürgerschaftswahl im Mai 2007 aktiv werden! Der Verein „Mehr Demo­kratie“ verteilt dazu Postkarten, auf denen ein Text die sofortige Umsetzung des Volksbegehrens für 2007 verlangt. Auf dieser Postkarte müssen wir noch einmal unsere Adresse und Unterschrift eintragen und zum Haus der Bürgerschaft schicken.

Das schaffen wir, denn wir wollen nicht Herrn Perschau enttäuschen, der vehement für das alte undemokratischere Wahlrecht eintritt, weil er meint, das neue überfordere die Wähler. Wer wagt gewinnt, Herr Perschau! Der Verein „Mehr Demokratie“ hat es gewagt, und die Wählerinnen und Wähler in Bremen haben gewonnen!

Gudrun Binder (WASG)
Euphorie geplatzt: Über zehn Millionen Menschen in Deutschland leben an oder unter der Armutsgrenze („Spiegel-Online“)

 

Hilfebedürftig trotz Arbeit

Wieland von Hodenberg„Arbeit schützt nur bedingt vor Armut, sie garantiert nur noch eingeschränkt die soziale Absicherung im Krankheitsfall, sie sichert erst recht nicht mehr – zumindest für die jungen Menschen – ein gutes Leben im Alter. Arbeit ist nicht mehr unbedingt existenz- und zukunftssichernd... Aus Sicht der Arbeitnehmerkammer ist es ein Skandal, wenn Arbeit nur noch als Kostenfaktor gesehen und ausschließlich nach Rentabilitätskriterien kalkuliert wird, und nicht mehr der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin und der für sie notwendige Lebensunterhalt das Maß für den Lohn abgibt.“ So heißt es im Vorwort des neuen Armutsberichts 2006 „Hilfebedürftig trotz Arbeit“. Die Feststellungen sind zwar keineswegs neu, es ist aber gut und richtig, dass die Autor(inn)en Carola Bury, Susanne Gieffers, Volker Pusch und Paul M. Schröder sie bereits am Anfang ihres umfangreichen Werkes treffen. Susanne Gieffers lässt auf den letzten Seiten des Berichts auch einige Betroffene zu Wort kommen.

Mit diesem System der Kompensation von Niedriglohn durch Hartz IV werde schon lange eine Form des Modells „Kombilohn“ praktiziert, schreibt die Kammer weiter: „Klammheimlich wird so der Kombilohn zur allgemein akzeptierten Praxis. Um dieser Falle zu entgehen, braucht es den gesetzlich garantierten und durch Tarifverträge abgesicherten Mindestlohn.“ Ein konkreter Betrag wird allerdings nicht genannt, sondern lediglich festgestellt, dass dieser die in unserer Region üblichen Lebenshaltungskosten abdecken müsse. Im Begleittext auf der Rückseite heißt es: „Die Arbeitnehmerkammer will mit der Berichterstattung das Armutsthema auf die politische Tagesordnung setzen und mit ihrem aktuellen Schwerpunkt ‚Hilfebedürftig trotz Arbeit‘ die Diskussion um zunehmende Präkarisierung von Arbeitsverhältnissen anstoßen.“

Die „Tageszeitung“ schreibt am 25. November 2006 zur neuesten Studie der Arbeitnehmerkammer: „21.049 Kinder (in Bremen) leben mit Hartz IV. 345 Euro: Was dieser Regelsatz konkret bedeutet, für Kinder sind es nur 60 Prozent davon, hat die Kammer in ihrem 100 Seiten starken Armutsbericht detailliert ausgebreitet. Wenn für einen Erwachsenen ein Bleistift gerechnet wird, bedeutet das für ein Kind 60 Prozent eines Bleistiftes... Für die Schulsachen eines Kindes sind im Monat 1.76 Euro anerkannt, für Spielsachen 86 Cent, für Freizeit 22 Euro und 70 Cent. Das heißt: Mitgliedsbeiträge für einen Sportverein gehören nicht zum Bedarf, und mit einem Spitzer und einem Buntstift ist das Monatsbudget eines Kindes für ‚Schule‘ erschöpft... Laut Bundesagentur für Arbeit gab es im September 2006 über 900.000 Fälle von hilfebedürftigen Erwerbstätigen, 12.100 ergänzend Hartz-IV-Berechtigte allein im Lande Bremen. Wobei zwei Drittel derer, die Ansprüche hätten, diese nicht anmeldeten.“

Der Armutsbericht ist eine gut mit Zahlen und Fakten untermauerte Studie. Eine wissenschaftliche Arbeit, die zwar stellenweise ziemlich „trocken“ ist, sich aber auf jeden Fall zu lesen lohnt! Es ist sehr zu hoffen, dass nicht nur „Insider“ und interessierte Laien von diesem Armutsbericht Gebrauch machen. Noch wichtiger wäre es, wenn die Studie eine Handreichung für positive politische Entscheidungen darstellen könnte.

Wieland von Hodenberg („Solidarische Hilfe“)

 

Bei den Ämtern sind 6.463.000
Erwerbslose registriert

Hans-Dieter Binder1. Frau Merkel hat bestimmt bei Herrn Weise angerufen und sich bedankt: Das neue EDV-Programm ist zwar teuer gewesen, aber es hat sich bereits jetzt gelohnt! Es wäre wirklich eine schöne Sache, wenn die Statistik die Wirklichkeit wiedergeben würde, dabei ist auch eine Zahl von 3.995.000 arbeitslosen Menschen schwer zu ertragen. Noch schlimmer ist aber, dass die Handhabung der Statistik das Problem verschleiert.

Herr Paul M. Schröder vom „Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe“ hat diese Zahlen quergerechnet. Allein durch die Wertung der Erläuterungen ergibt sich, dass 2.468.000 Menschen nicht als arbeitslos im Sinne dieser Statistik gelten. Zu den Gründen zählen Ein-Euro-Job, Weiterbildung, Praktikum, 58er-Regelung, Kind unter drei Jahren, Krankmeldung oder Leistungssperre. Demnach wäre die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahresmonat eigentlich gestiegen, denn die Statistik im November 2005 hat die Kurzzeitkranken nicht herausgerechnet. Wir sind somit bei 6.463.000 erwerbslosen Menschen, die alle bei Arbeitsamt, Bagis oder Arge registriert sind.

Hinzu kommen die in Langzeitkrankheit oder Rente „Geflüchteten“ und die Jugendlichen ohne jeglichen Anspruch: All dies ist in den Zahlen nicht enthalten! Dem markigen Spruch „Ich will nichts von diesem Staat!“ ist meistens eine heftige Begegnung mit Bagis oder Arge vorausgegangen. Daher mein Appell: Lauft nicht länger davon! Davonlaufen hat keine Zukunft! Wir helfen euch!

Erschreckend ist auch die Verschiebung von ALG I zu II. Die Bezugsdauer von ALG I wurde gekürzt, die Anspruchsvoraussetzungen wurden heraufgesetzt. Dadurch nimmt die ALG-II-Betroffenheit zu. Da auch diese Menschen wohnen, steigen die Kosten der Unterkunft. Das war Radio Bremen eine Meldung wert, nur auf die Ersparnis beim ALG I wurde nicht hingewiesen. Auch nicht auf den erhöhten Bundeszuschuss von 29,1 auf 31,2 Prozent der Unterkunftskosten: Der Parlamentsbeschluss sieht vor, dass sich der Bund künftig mit 4,3 statt 3,9 Milliarden Euro an den Wohn- und Heizkosten beteiligt. Außerdem wurde nicht darauf eingegangen, ob der Haushaltsansatz stimmte!

Bei dieser Statistik und den Meldungen dazu fällt mir wieder die „Nacht der Jugend“ ein. In Bremen wurden die 46 Prozent Schulabgänger ohne Ausbildungsstelle auf vier Prozent heruntergemogelt, wie die Jugendlichen wasserfest belegen konnten! Die Politik eiert immer noch – nur Hilfe erhalten diese jungen Leute nicht!

Mexikos soziale Bewegung hat den Slogan: „Fragend schreiten wir voran!“ Wir gehen zur Wahl! Wir wollen eine andere Regierung! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Betrachten wir nun den Fall einer Anrechnung von Arbeitslohn, der erst nach Beendigung der Tätigkeit gezahlt wird! Da nimmt ein Erwerbsloser eine Vollzeittätigkeit auf, die leider befristet ist. Er teilt dies der Arge mit, die einen Aufhebungsbescheid erlässt. Das Arbeitsverhältnis endet durch Fristablauf an einem Freitag. Am Montag stellt der wieder Erwerbslose den Fortzahlungsantrag auf ALG II. Die Arge fordert die Vorlage der Kontoauszüge und will wissen, wann der Arbeitslohn gezahlt wurde beziehungsweise wird. Die Lohnabrechnungen für die noch nicht erfolgten Lohnzahlungen sollen vorgelegt werden.

Nach Erfüllung aller dieser Auflagen wird ALG II bewilligt. Die Lohnzahlungen nach dem Beschäftigungsende werden angerechnet wie Nebeneinkommen während des ALG-II-Bezugs. Der Betroffene prüft nach: Er hat pro Monat circa 100 Euro weniger erhalten als ALG II. So werden Vorurteile bestätigt, dabei ist es anders: ALG II ist nicht höher als der erzielte Arbeitslohn! Die Ursache liegt in der Anrechnung der späten Lohnzahlungen auf das ALG II durch die Argen.

Daher mein Appell an die Personalabteilung: Bitte zahlen Sie Mitarbeitern, die ALG II beantragen müssen, den Lohn noch während der Beschäftigung aus! Restzahlungen bis 100 Euro werden nicht angerechnet. Betroffene Mitarbeiter sollten von sich aus das Gespräch suchen, circa einen Monat vor dem Beschäftigungsende. Eine „Ausrede“ wird jedem einfallen, aber die Personalabteilung kann meistens sowieso aus dem Lebenslauf die ALG-II-Betroffenheit erkennen.

 

3. Hier die Fortsetzung der Geschichte mit der Zusatzblattfalle von letzter Woche! Die Falle ist klar: Wenn ein junger Erwachsener mit anderen zusammenlebt, die bisher kein ALG II erhalten haben, wird versucht, diese für ihn aufkommen zu lassen. In solch einem Fall unbedingt vorher eine Klärung über die Auswirkungen vornehmen! Die Bagis besteht auf dieser Zusatzerklärung.

Die Auswirkungen werden geprägt durch das Einkommen und auch Vermögen der „verwandten“ Mitbewohner. Falls nur eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt und keine gesteigerte Unterhaltspflicht besteht, ist das Einkommen der anderen unerheblich. Auf dem Fragebogen ist dies aber entsprechend darzustellen. Wenn kein Unterhalt bezogen wurde, kann auch die Bagis nichts ändern. Bedarfs- und Haushaltsgemeinschaft klingen fast übereinstimmend, aber nur die Gemeinsamkeit der Wohnung ist identisch.

Die Familie verkommt so zur Bedarfsgemeinschaft! „Familie“ bedeutet eigentlich immer, dass finanziell füreinander eingestanden wird. Ist aber auch gemeint: „Wir stehen uneingeschränkt finanziell füreinander ein“? Der Bagis reicht die erste, einfache Erklärung, denn wer Unterhalt erhält, verliert seinen Anspruch auf ALG II in entsprechender Höhe, meint sie. Dies trifft aber nicht für von der Bagis verursachte Zwangslagen zu und somit auch nicht in diesem Fall.

Daher versucht die Bagis eventuell, eine mittellose Zeit herbeizuführen. Die Bearbeitung dauert halt etwas länger! Was kann der junge Erwachsene dagegen tun? Bereits zum ersten Zahlungstermin, wenn das Geld nicht rechtzeitig gezahlt wird und kein Polster vorhanden ist, bei der Bagis persönlich eine Barauszahlung oder einen Abschlag abholen. Dafür Personalausweis und letzten Kontoauszug mitnehmen. Das Konto muss leer sein. Geld leihen geht auch, aber möglichst nachweisbar als Darlehn.

Ein Elternteil mit eigenen Einkünften oder Vermögen muss diesen Antrag auf Bildung einer Bedarfsgemeinschaft nicht nur nicht stellen, sondern sollte auch klarmachen: Unterhalt zahle ich nicht! Nicht erfüllte Unterhaltsansprüche gehen auf die Bagis über, somit kann sie versuchen, diese einzufordern. Damit gelten aber auch die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches. Der Jugendliche muss seine Eltern nicht verklagen, auch einer Klage der Bagis nicht zustimmen. Der Jugendliche erhält ALG II, für ihn ändert sich insofern nichts. Eines ist klar: Allein schafft das kaum einer. Darum Montagsdemo: Wir kommen mit zur Bagis!

 

4. Es gilt, auf die Nebensächlichkeiten zu achten, falls sich die Leistungsbewilli­gung verzögert! Bin ich arbeitssuchend gemeldet? Vorsichtshalber und zusätzlich kann mensch sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden, dies ermöglicht den Zugang auf den ersten Arbeitsmarkt. Begeistert wird der Mitarbeiter der Agentur für Arbeit eventuell nicht sein, aber wessen Anspruch auf ALG II unklar ist, kann sich arbeitssuchend melden.

Mit der Meldung bei der Agentur für Arbeit ist diese Zeit auch für die Ren­tenversicherung gerettet, zwar nur als Arbeitslosigkeit ohne Bezüge, aber ohne Unterbrechung in der Versicherungszeit. Die Meldung bei der Agentur für Arbeit muss aber unbedingt nahtlos sein, das heißt spätestens im Folgemonat eingehen.

Die Krankenkasse muss von dieser Hängepartie informiert werden. Bitte vorsorglich die Familienversicherung beantragen und bestätigen lassen! Falls die eigene Krankenversicherung bei einer anderen Krankenkasse besteht, sind eben zwei Krankenkassen beteiligt. Noch schwieriger wird es, wenn eine private Krankenversicherung beteiligt ist. Trotzdem vorsorgen und aushandeln! Die Nachwirkungsfrist der gesetzlichen Krankenkasse beträgt drei Wochen: In dieser Zeit muss die Klarstellung erfolgt sein.

Falls eine Arbeitsstelle in Sicht kommt, eventuell durch Mithilfe der Agentur für Arbeit, bei der Bagis die mögliche Förderung erfragen. Eine eventuelle Ablehnung mitbringen: Wir kommen mit!

 

5. Es gibt viel unproduktive Aufregung, und zahlreiche Missverständnisse sind möglich, wenn die Beziehung zu den ehemals Erziehungsberechtigten die Frostgrenze unterschreitet. Allein auf die Frage nach dem Einkommen reagieren Erwachsene oftmals sehr komisch oder empfindlich, bei der Frage nach dem Vermögen hört der Spaß wirklich auf. Diese Unterschreitung der Frostgrenze der Bagis mitteilen, Antrag stellen und Wohnung suchen!

Wohnen bleiben muss nur, wer mit seinen ehemaligen Erziehungsberechtigten zurechtkommt. Jeden Tag Zoff, das ist für beide unzumutbar! Es muss sich auch nicht so zuspitzen, dass der Streifenwagen kommt. Zu diesem Sachverhalt gibt es erste Urteile, aber keine Rechtssicherheit. Ein schwerer Weg! Wir helfen und unterstützen uns gegenseitig. Das gilt für jeden, der an der Bremer Montagsdemo teilnimmt!

Für diese Gesetzesänderung wurde eine Beschlussvorlage mit Erläuterungen erstellt und an die Abgeordneten des Bundestages verteilt, sich die Volksvertreter eine Meinung bilden können. Dort werden Gründe und Auswirkungen jeder Änderung erläutert, aber diese Unterhaltsfrage stand nicht auf dem Zettel! Wann wachen unsere Volksvertreter auf?

Wer dies erst liest, wenn alles schiefgelaufen ist – die Bagis die Zahlungen eingestellt, Mutter gezahlt und somit Unterhalt gewährt hat und bei der Agentur für Arbeit keine Meldung vorliegt – der kann, nach entsprechender Beratung und mit unserer Hilfe zur Selbsthilfe, ganz einfach die Rückversetzung in den vorherigen Stand und die Korrektur der entsprechenden Bescheide beantragen.

Das Thema ist lebendig. Die Bagis versucht Erstanträge abzuwimmeln oder abzulehnen, daher den Erstantrag normal wie eine Einzelperson stellen und gegen eine Ablehnung Widerspruch einlegen, wie vorstehend erläutert. Wenn die Antragsannahme verweigert wird, den Antrag unter Zeugen in den Briefkasten der Bagis einwerfen oder erneut die Abgabe und dabei gleich die Barauszahlung eines Abschlags beantragen.

Hans-Dieter Binder (WASG)
Ungleichbehandlung: Kurz vor der Abstimmung im Bundestag wird in einen Gesetzantrag zum Hartz-IV-Kostenausgleich ein Passus eingefügt, der Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz besserstellt („Tageszeitung“)
 
Hier werden Sie verkümmert: Die Bagis verschlampt Anträge, vertröstet
Bedürftige und behindert deren Unterstützung („Tageszeitung“)

 

Braune Rattenfänger in Bremen

Jens SchnitkerKurz vor der Bürgerschaftswahl im Mai 2007 werden die Rechtsextremisten frecher. Sie suchen in der Öffentlichkeit das Gespräch. Meist kommt dies aber nicht zustande, da ihnen von Antifaschisten der Raum für ihre braune Propaganda genommen wird.

Am 4. November 2006 führte die NPD einen Auf­marsch durch. Daran nahmen 70 Leute teil, erwartet wurden 300. Dieser Aufmarsch, der am Bahnhof Walle anfing, endete nach einigen hundert Metern an der Grasberger Straße. Gegendemonstranten zerrissen eine Kette der Polizei und stellten sich den NPDlern und ihren Mitläufern entgegen. Die Polizei war nicht mehr in der Lage, die Situation zu beruhigen. Um eine gewalttätige Auseinandersetzung zu vermeiden, wurde die Kundgebung aufgelöst und beendet.

Im Vorfeld hat Innensenator Röwekamp die Befürchtungen, wie die Demo verlaufen werde, verbal verschärft: Er sprach von Schlägereien und angekündigten Anschlägen mit Schwerverletzten. Nichts davon trat ein. Doch wie immer bei solchen Demos, wo die Faschisten von der Polizei geschützt wurden, trugen mehrere Antifaschisten Verletzungen davon. Dies wurde alles mit Filmkameras dokumentiert, ein Prozess ist nicht ausgeschlossen. Die Zahl der Nazis, die am Aufmarsch teilnahmen, war deutlich geringer als erwartet, was auch daran lag, dass ihn eine mit einem Türken verheiratete Frau angemeldet hatte. Das faschistische Spektrum im Umland verweigerte deshalb die Teilnahme.

Die NPD veranstaltet in letzter Zeit vermehrt Aufmärsche, auch in der Bremer Region, etwa in Verden, um Sympathie mit dem NPD-Schulungszentrum Heisenhof zu bekunden. Dort stimmte Parteichef Udo Voigt während des Libanonkrieges im Juli 2006 den Spruch von der „Völkermordzentrale Israel“ an und forderte, das „deutsche Volk“ dürfe sich nicht länger „knechten“ lassen vom „Judenstaat“. Voigt lehnt damit eine Verantwortung für den Holocaust ab, dieser sei „eine Lüge“. Weil diese Verkündung einer Geschichtsfälschung einen Straftatbestand darstellt, wurde er kurz danach von der Polizei festgenommen und verwarnt.

In der Öffentlichkeit zeigt die NPD immer häufiger ihr Rechtsverständnis gegenüber dem Staat und beweist so, dass sie mit dem Kopf noch im „Dritten Reich“ steckt. Diese Aufmärsche stehen in einer faschistischen Tradition: Vor 1933 marschierte die NSDAP durch Arbeiterbezirke, um zu provozieren und Stimmung für sich zu machen. Genau das ist die Strategie, die hinter den jetzigen Aufmärschen steckt. Die Bremer NPD hat nun vor, im Hafenarbeiterviertel Gröpelingen, wo der Anteil der Migranten und Arbeitslosen an der Wohnbevölkerung am höchsten ist, ein Parteibüro zu eröffnen.

Im angrenzenden Stadtteil Walle hat die NPD am 25. November einen „Infostand“ auf dem Wochenmarkt am Wartburgplatz aufgebaut. Zahlreiche Antifaschisten umzingelten den Stand mit Transparenten als lautstarker „schwarzer Block“. Abgeriegelt von Polizeiketten, standen die NPDler trostlos herum. Vor dem Stand zeigte man die „Reichsflagge“, die von der NPD „Deutschlandflagge“ genannt wird. Auf ihr fehlten jedoch das „eiserne Kreuz“ und der preußische Adler in der Mitte: Damit gälte die Fahne als verfassungsfeindliches Symbol.

Das gezeigte Exemplar hatte drei Querstreifen – schwarz, weiß, rot – wie die Fahne des „Deutschen Reiches“ von 1917. Das ist auch die Aussage beim Zeigen der „Reichflagge“: Die heute geltenden Grenzen seien illegal, sie werden nicht anerkannt. Polen sei „unser Land“. Auch unter Hitler, zwischen 1933 und 1945, war dies die „Reichsflagge“. Ziemliche Wirrköpfe, diese Stahlhelmfraktion! Sie wettern gegen den Bau von Moscheen in Deutschland, verbrüdern sich aber mit dem Präsidenten der „islamischen Republik“ Iran, der den Holocaust des „Dritten Reiches“ leugnet und den „Judenstaat“ Israel auslöschen möchte.

Durch den Einzug der NPD in die Parlamente von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ist die Parteikasse der NPD gut gefüllt. DVU und NPD bündeln ihre Kräfte in einem „Deutschlandpakt“. Vom Osten des Landes aus möchten sie im Westen ankommen, also auch in Bremen. Im Vorwahlkampf wird man öfters Stimmen von Rechtsaußen hören. Die NPD wird nicht der einzige Rattenfänger bleiben, auch rechte Konservative treten zur Wahl an. Ein Ableger der Partei „Bürger in Wut“ wurde im Sommer 2006 gegründet. Deren Forderungen und bisher bekannt gewordenen Thesen sind rassistisch: Sie vertreten rechtsextreme, ausländerfeindliche Positionen.

Ein Vertreter der DVU sitzt bereits in der Bremer Bürgerschaft. Dieser Herr Tittmann nennt es eine „Kěfferbude“ und die Abgeordneten „Mickymäuse“. Das steht für die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie. Auch in ostdeutschen Parlamenten versuchen Rechtsextremisten, die Demokraten zu spalten. Kurz vor der Wahl im Mai 2007 kämpfen sie auch um Sitze in der Bremer Bürgerschaft. Wir Demokraten müssen uns diesen Feinden des Rechtsstaates entgegenstellen! Ein heißer Wahlkampf steht dieser Stadt im nächsten Jahr bevor! Gegen den Senat und die rechten Kräfte müssen wir für starke linke Positionen werben!

Jens Schnitker (parteilos)
 
Zwangsbeglückung: Obdachlose sollen ihre Notunterkunft
teuer bezahlen („Hamburger Morgenpost“)
 
Mythos Berufsrückkehr: „Ihre alte Stelle gibt es leider nicht mehr,
und eine Zurückstufung macht sich bestimmt nicht gut
in Ihrem Lebenslauf!“ („Tageszeitung“)
 
Kein Pausenbrot für Kinder: „Paritätischer Wohlfahrtsverband“
fordert ALG-II-Erhöhung auf 415 Euro („Süddeutsche Zeitung“)
 
„Verlässliche und gutbezahlte Jobs bei soliden Unternehmen sind nach wie vor rar, stattdessen boomt der Markt der Leiharbeit. Immer noch schlagen sich 1,6 Millionen Menschen mit staatlich finanzierten Beschäftigungsprogrammen, Qualifizierungsmaßnahmen oder subventionierten Ein-Euro-Jobs durchs Leben, sodass sich die offizielle Arbeitslosenzahl von rund vier Millionen schnell auf über fünf Millionen erhöhen würde, wenn der Kreisverkehr der Umschüler beendet würde, die von einer Maßnahme in die nächste wechseln.“ („Spiegel“, Heft 49/2006, Seite 88)

 

Bremens Bürgermeister findet kein Mittel gegen die Kinderarmut

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlBei unserer 113. Montagsdemo in Bremen am 4. Dezember 2006 zogen wir um 17:30 Uhr gleich vom Domshof los. Parolen wurden skandiert, bis wir bei der bekannten „Schweinegruppe“ an der Sögestraße den ersten Kundgebungsteil abhielten. Die schönfrisierte Arbeitslosenstatistik und das merkelsche Wintermärchen wurden mehrfach kommentiert: Um unter vier Millionen Arbeitslose zu kommen, werden so viele ALG-I- und -II-Empfänger nicht mitgerechnet, dass einen die Unverfrorenheit der Regierung nur noch wundert. Aber wir rechnen später ab!

In Bremen haben mehr als 71.000 Bürger ein zustimmendes Urteil über ein demokratischeres Wahlrecht gefällt. Die jetzige Bürgerschaft möchte die Änderungen aber erst ab 2011 gelten lassen. Nicht mit uns! Die Bevölkerung hat die Machtpolitspielchen und die Abzockerei der Damen und Herren „Volksvertreter“ gründlich satt und will, dass die Veränderungen bereits im Mai 2007 angewendet werden. Wir unterstützen die Postkartenkampagne, mit der unser Bürgerschaftspräsident angemahnt werden soll.

Das große Redebuch
Band II (2005/2006)Weiter ging es zum Hanseatenhof. Nach den Rentennullrunden bis 2009 soll es eine Erhöhung geben, mit der man nicht einmal eine Rolle Klopapier kaufen kann: Das brachte auch eine Gruppe von Rentnern, die zu Besuch auf dem Bremer Weihnachtsmarkt waren, in Rage. Sie spendeten ordentlich und wollen im nächsten Jahr mit nach Berlin fahren.

Es gab Berichte von örtlichen Begebenheiten, darunter einer Veranstaltung zur Kinderarmut, wo der noble Herr Bürgermeister Jens Böhrnsen mit dem neuen Sozialstaatsrat Schuster ein Bild der Inkompetenz und Hilflosigkeit abgab. Lasst uns alles tun, dass solche Leute nach der Bürgerschaftswahl im Mai 2007 der Vergangenheit angehören! Sie können keine finanziellen Mittel gegen die Kinderarmut finden, es ist absolut trostlos! Bei sich selbst anzufangen und das eigene Gehalt sowie das des ganzen Apparats auf ein Viertel zu kürzen, wäre der richtige Schritt, Herr Böhrnsen!

Kultur(banau)senator Kastendiek umgibt sich, um seine Macht zu demonst­rieren, mit Kumpels aus der Sandkiste oder sonst woher, nach dem Motto: Fremder Leute Geld spielt doch keine Rolle. Abwählen! kann man da nur jedem raten.

Insgesamt haben etwa 20 Menschen teilgenommen. Die nächsten Termine: Am Donnerstag, dem 7. Dezember 2006, treffen wir uns um 9 Uhr mit der „Solidarischen Hilfe“ zur Demo und Kundgebung anlässlich der Sitzung der Sozialdeputation im ehemaligen Siemens-Hochhaus. Treffpunkt ist der Bahn­hofsvorplatz. – Am 18. Dezember 2006 findet nach der Montagsdemo unsere Jahresabschlussfeier statt.

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo
 
Journalisten aufgewacht: Staat lauscht mit („Stern“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz