682. Bremer Montagsdemo
am 01. 10. 2018  I◄◄  ►►I

 

Wie sauber ist (deutscher) Strom?

Helmut MinkusEinfache Antwort: Das hängt davon ab, wie er hergestellt wird. Eigentlich ist der Ausdruck Strom nicht korrekt, denn er ist nur ein Bestandteil dessen, was uns die Kraftwerke liefern, nämlich elektrische Energie. Sie wird in der Stromrechnung auch Arbeit genannt und vom Stromzähler gemessen in Kilowattstunden. Es ist das Produkt aus elektrischer Leistung in Watt, die auf jedem Elektrogerät angegeben ist, mal der Zeit in Stunden, die das Gerät betrieben wird.

Es ist eine bequeme, künstliche Energieform, eine Sekundärenergie, die erst seit etwa 100 Jahren in jeden Haushalt so einfach geliefert wird, dass wir uns darum nicht zu kümmern brauchen und so den realen Bezug zu ihr verloren haben. Das soll auch so bleiben, denn Kunden, die möglichst nichts von einem Produkt verstehen, kann jeder Dreck verkauft werden – Hauptsache billig und bequem wie beispielsweise das Auto.

Damit verglichen ist die elektrische Energie, die schon immer mit dem falschen Wort Strom bezeichnet wird, etwas schwer Erfassbares. Deshalb wurden Leute, die damit zu tun hatten, tatsächlich Stromer genannt. Elektrische Energie wird bisher immer noch zu 90 Prozent aus mechanischer Energie als Primärenergie durch Drehen eines „Stromerzeugers“ (Generators oder Dynamos) hergestellt. Das Drehen dieses Generators kann durch einen natürlichen Antrieb wie Wind oder Wasser geschehen. Das wird heute regenerativ genannt.

Da aber für ein (überzogenes) Versorgungsicherheitsbedürfnis der Wind nicht zuverlässig genug und auch nicht zu steuern ist, wird auf höchst unsinnige, aufwendige, ineffiziente Art ein künstlicher „Wind“ in Form von heißem Dampf erzeugt. Dieser wird auf die Flügel des Generators geblasen, damit er sich dreht und elektrische Energie erzeugt. Die natürliche Methode, dass die Maschine, beispielsweise ein Mahlwerk, wie früher direkt vom Wind oder Wasser angetrieben wurde, gibt es kaum noch. Das wurde sogar mit der Entwicklung von Elektromotoren verboten, und so wurden schon die Windmüller in die Abhängigkeit von Elektroindustrie und dezentralen Energieversorgern (Stromern) gezwungen.

Eine weitere Verrücktheit, die noch heute fast jede(r) für normal hält: Der „Ofen“, auf dem der Kessel steht, in dem das Wasser zu Dampf kocht, wird mit Braunkohle gefeuert. Um auf diese Art die Energie von einer einzigen Kilowattstunde zu erzeugen, müssen dafür 1140 Gramm Kohlendioxid in die Luft geblasen werden. Diese Zahl wird Kohlendioxid-Äquivalent genannt. Es ist die größte Zahl und damit die dreckigste Methode, die es gibt, mit der im vermeintlichen High-Tech- Deutschland noch immer 36 Prozent der elektrischen Energie erzeugt werden.

Zum Vergleich: Wenn eine Kilowattstunde mit einem Generator erzeugt wird, dessen Flügel von richtigem Wind gedreht werden, beträgt das Kohlendioxid-Äquivalent nur 25 Gramm, ist also viel keiner und die so erzeugte elektrische Energie viel sauberer. Das hat wahrscheinlich kein Politiker in der Grundschule gelernt oder begriffen. Nur so kann ich mir erklären, dass Wirtschaftskriminelle immer wieder mit plumpen Methoden ganze Volksgruppen betrügen dürfen beziehungsweise können. Verantwortungsbewusste, die dagegen etwas unternehmen, werden durch Gesetze ausgetrickst, kriminalisiert oder so gut bezahlt, dass sie das Maul halten.

Politiker, die Verantwortung übernehmen müssten, kooperieren mit Großstromern, Banken und Kapitalisten. Wie sonst ist das Drama im Hambacher Wald zu verstehen? Die legitime Forderung nach einer ehrlichen Energiewende und sauberer Luft, zu der jede(r) einen Beitrag leisten soll, wird kriminalisiert und zu einem sinnlosen Machtkampf. Hier sollen noch möglichst lange im Tagebau pro Jahr 40 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden, um einen riesigen alten Kohleofen namens Kraftwerk zu heizen, der elektrische Energie liefert, die nicht benötigt wird.

Deutschland produziert nämlich doppelt so viel davon, wie seine Bewohner verbrauchen. Bei der Verbrennung einer einzigen Tonne Braunkohle werden 3,25 Tonnen Kohlendioxid in die Welt geblasen. Das sind dann 130 Millionen Tonnen pro Jahr oder 356.000 Tonnen pro Tag, allein aus dem Hambacher Tagebau. Zum Vergleich: Der etwa dreiwöchige Moorbrand bei Meppen soll rund eine Million Tonnen Kohlendioxid freigesetzt haben. Das sind „nur“ etwa 48.000 Tonnen pro Tag. Ohne etwas zu beschönigen, soll hier der geplante Irrsinn verdeutlicht werden: Das Moor „dürfte“ noch etwa 7,5 Jahre so weiterbrennen, um das zu verursachen, was die aus dem Tagebau geförderte Kohle unter dem Hambacher Wald in einem einzigen Jahr anrichtet.

Sinnlos, hirnlos, skrupellos, immer zum Wohl der Shareholder, Spekulanten und des eigenen Geldsacks. Es ist schon tragisch genug, was Menschen aus Leichtsinn, Dummheit oder Ignoranz verursachen, doch wenn es aus reiner Willkür, Geld und Machtgier geschieht, ist es ein Verbrechen. Einer der Hauptverantwortlichen ist hier aus meiner Sicht der RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz. Nachdem diese Zusammenhänge nun bekannt sind, ist es wichtig entsprechende persönlichen Konsequenzen zu ziehen und daran mitzuarbeiten, sinnlose Umweltvernichtung und plumpe Volksverdummung zu stoppen. Eine Möglichkeit, an der jede(r) teilnehmen kann, wird bereits kommenden Samstag geboten und ist in einem Flugblatt beschrieben.

Helmut Minkus (parteilos)
 

 
Hambi bleibt: RWE hat nicht dargelegt, warum ohne Rodung
die Lichter ausgehen sollten („Spiegel-Online“)

 

Hauptseite ist ein fortschrittlicher Stimmungsumschwung

Wolfgang LangeDie offene Regierungskrise wurde notdürftigst beendet: Hans-Georg Maaßen wird doch nicht zum Staatssekretär befördert, sondern „nur“ zum Sonderbeauftragten Seehofers. Die Politiker von SPD, CSU und SPD haben die Massen völlig unterschätzt, Merkel, Seehofer und Nahles rapide weiter an Ansehen verloren. Wer weiß, was Maaßen als oberster Schlapphut über diese Personen in der Hinterhand hat? Dossiers anzulegen ist doch ganz normal für einen Geheimdienst! Dann wurde auch noch Fraktionschef Kauder gegen den ausdrücklichen Wunsch Merkels abgewählt. Mit Ralph Brinkhaus erfolgt ein weiterer Rechtsschwenk, die Medien schreiben von „Kanzlerinnendämmerung“.

Die Großindustrie fordert die rigorosere Durchpeitschung ihrer Interessen, hat aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. In der Bevölkerung wächst zwar die Polarisierung, denn die AfD legt zu, die Hauptseite ist aber ein fortschrittlicher Stimmungsumschwung. Das zeigte sich bei den zahlreichen Demonstrationen in den letzten Tagen und Wochen. Allein in Hamburg gingen am Samstag 37.000 Menschen auf die Straße, ich war auch dort. Über 450 Organisationen beteiligten sich. Es war eine tolle, große, vielfältige Demo, ein Ausdruck großer Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht und mit allen Unterdrückten.

Leider gab es auch einen Spaltungsversuch, der ernst genommen werden muss. Dem „Internationalistischen Bündnis“ wurde ein Tag vorher der bestellte und bezahlte Lastwagen weggenommen. Es gab 50 einheitlich bestellte Lastwagen mit Lautsprechern von einer selbsternannten, durch nichts legitimierten „Demoleitung“, die das 31 Organisationen umfassende „Internationalistischen Bündnis“ mit der MLPD gleichgesetzt hat, der wegen ihrer Unterstützung des palästinensischen Freiheitskampfes „Antisemitismus“ vorgeworfen wird. Die MLPD wollte sich das Zeigen ihrer Fahnen bei der Demonstration nicht nehmen lassen, ebensowenig wie Linkspartei, DKP und „Piraten“. Drahtzieher waren teils Grüne, teils „Antideutsche“.

Im Kampf gegen die neuen Polizeiaufgabengesetze müssen wir zusammenhalten und dürfen uns nicht vorschreiben lassen, wer dagegen kämpfen darf und wer nicht! In der „Attac“-Führung fand bereits ein Schwenk statt: Man wolle die Polizeiaufgabengesetze nicht mehr zu Fall bringen, sondern sie „kritisch begleiten“. Das erinnert mich an die Spaltung zu Beginn der Montagsdemobewegung vor 14 Jahren durch „Attac“ und DGB. Sie wollten der Montagsdemobewegung die Selbständigkeit wegnehmen, was ihnen nicht gelang – aber sie konnten sie schwächen.

Am 13. Oktober 2018 fahren wir zur GroßdemonstrationUngeteilt“ nach Berlin. Mehrere Busse fahren (Abfahrt um 7 Uhr am ZOB, Fahrkarten im „Linken“-Abgeordnetenbüro von Doris Achelwilm, Doventorstraße 4, Preis: zehn Euro ermäßigt, 20 Euro normal, 40 Euro „Soli“). Am Tag drauf ist Landtagswahl in Bayern. Hoffentlich endet sie so verheerend für Seehofers CSU, dass er als Innenminister und Parteichef nicht mehr tragbar ist. Für uns ist er das schon lange nicht mehr!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Tote und Verletze in Kauf genommen: Warum hat sich die nordrhein-west­fälische Landesregierung zum Konzernbüttel gemacht? („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz