158. Bremer Montagsdemo
am 12. 11. 2007  I◄◄  ►►I

 

Ist mehr Geld für Politiker gerecht?

Ursula GatzkeNein, nein, nein! Fangt den Teufel und sperrt ihn schnell ein! Er muss bei den Politikern zu finden sein! Bei den Volksvertretern ist der Haufen hoch genug! Wann werden die Damen und Herren wohl endlich klug?

Für so eine miese Arbeit noch mehr haben wollen? Ich höre auf der Straße und im Kaufhaus das Grollen! Die Gier ist unendlich, bei der Politik! Sie klaut und klaut immer von unten ein Stück!

Unten nehmen und sich selber viel geben – wer will da noch weiter in Deutschland leben? Gesetze zum Grauen; Renten, die schmelzen und schmelzen; arme Menschen, die sich mit Kummer im Bette wälzen! Und was fällt den gierigen Machthabern ein? „In unsre Taschen müssen mehr Euros rein!“

Und während sie tüchtig scheffeln, sind sie blind! Sie brüten aus ein sehr unbeliebtes Kind! Noch mehr Nazis werden sich rasant verbreiten! Die Politik ist dabei, den Boden zu bereiten!

Ursula Gatzke (parteilos)

 

„Der Aufschwung
schwächt sich ab!“

1. Toll, was sich die sogenannten fünf Weisen da ausgedacht haben! Nun stehe ich hier ja nicht aus Langeweile, sondern weil ich mich mit den Daten und Taten der Politik auseinandersetze. Das heißt, ich höre nicht nur eine Seite, denn die weist doch nur in eine bestimmte Richtung. Man bekommt das Drumherum nicht mehr mit, und das führt zum sogenannten Tunnelblick.

Ein Beispiel dafür ist die Entfernung der Politik von den Bürgern. Die Politiker wissen doch gar nicht mehr, was es heißt, mit wenig Geld leben zu müssen! Unser Gesundheitssystem gefährdet unsere Gesundheit immer mehr, die Kranken und Armen leiden unter der unerträglichen Bürokratie, der Bevormundung und Abzocke, und über Kinderarmut wird doch nur geredet. Wenn Sie es wirklich wissen, meine Damen und Herren, warum reden Sie immer noch, warum tun Sie nichts dagegen? Sie hoffen wohl auf ein Wunder: dass sich alles von selber klärt!

Ja, und dann erzählen – oder präsentieren – Sie uns Bundesbürgern alle halbe Jahre den Bericht der sogenannten fünf Wirtschaftsweisen. Und alle sollen es glauben! Richtig ist wohl, dass ich diesen Gutachten schon lange nicht mehr glaube. Wie ich in meinen langwierigen eigenen „Forschungen“ feststellen musste, haben sich diese Herrschaften regelmäßig geirrt. Um es genau zu sagen: Sie haben nie recht gehabt. Dass irren menschlich ist, will ich auch diesen Herrschaften gern zubilligen, aber dass sie damit uns Bundesbürger politisch beeinflussen, passt mir überhaupt nicht! Unsere Regierung hat dadurch nur ein Alibi.

Also, der „Aufschwung“ schwächt sich ab, und wie viele andere frage ich mich: Wo bleiben wir? Darum stehen wir hier, dass ihr euch nicht mehr rausreden könnt! Ihr hört hier vor Ort, was uns auf den Nägeln brennt, und ihr könnt euch jetzt nicht mehr hinter Gutachten verstecken, die uns Steuerzahler nur Geld kosten und doch bloß der Industrie und der Politik nutzen, denn „wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe“. Nur eine Ehrenrettung möchte ich machen: Professor Bofinger war schon lange Zeit ganz anderer Meinung als die übrigen Herrschaften, nur hat niemand auf ihn gehört. Schade, dann hätte ich vielleicht auch etwas vom „Aufschwung“ gehabt.

 

Info-Michel2. Irgendwie bleibt es nicht aus, das haben auch die Bürger erkannt: Der sogenannte Lokführerstreik lähmt den Verkehr und die Wirtschaft. Gott sei Dank, endlich! Das sage ich nicht aus Schadenfreude, denn jetzt merkt man endlich, dass man die Arbeitnehmer doch noch braucht. Das war schon lange fällig! Was glauben Sie denn, meine Damen und Herren, warum man vom demokratischen Recht des Streiks Gebrauch macht? Weil man sich benachteiligt fühlt!

Es steht doch wohl fest: Ein Mensch, der so eine große Verantwortung trägt, muss auch dementsprechend bezahlt werden. Ganz abgesehen von Ihrer eigenen Moral, Herr Mehdorn, Gelder zu nehmen! Auch Sie tragen eine große Verantwortung, dazu will ich mich jetzt nicht äußern, doch darüber sollten Sie kräftig nachdenken: Der volkswirtschaftliche Schaden, der jetzt angerichtet wird, geht zumindest zur Hälfte auch auf Ihre Kappe, auf Ihre Uneinsichtigkeit! Ich garantiere Ihnen, wenn die Wirtschaft immer lauter klagt, ziehen Sie den Kürzeren!

Meine Sympathie gilt der GDL, die endlich einmal zeigt, wie sich eine Gewerkschaft für ihre Mitglieder einsetzt – im Gegensatz zu den anderen Gewerkschaften, die sich für den Arbeitnehmer immer weniger engagieren. So verlangt Verdi nur 7,50 Euro Mindestlohn, und andere Gewerkschaften lassen ständig weitere Abstriche zu. Sie vertreten den Arbeitnehmer nicht mehr richtig, sondern gehen faule Kompromisse ein. 7,50 Euro entsprechen gerade mal Hartz IV, und von diesem Hungerlohn müssen noch Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden!

Wenn dann tatsächlich eine Aufstockung erfolgt, kommt sie von den anderen Steuerzahlern und nicht vom Arbeitgeber. Kein Wunder, dass der Bürger da die „Hartz-IV-Empfänger“ als Schuldige ausmachen will! Nein, es ist das unsoziale Verhalten der Arbeitgeber, die sich leider mit wachsendem Erfolg aus der Verantwortung stehlen. Sie kommen ihrer Aufgabe nicht mehr nach, dem Grundgesetz zu folgen. Darin steht der schöne Satz: Eigentum verpflichtet. Das gilt für alle!

Und noch ein Tipp an alle Gewerkschaften: Zeigt auch ihr endlich mal Rückgrat und setzt euch ein, wofür ihr von euren Mitgliedern und auch mir bezahlt werdet, nämlich den Arbeitnehmer gerecht und fair zu vertreten. Zeigt endlich den Arbeitgebern, wenn es die Politik nicht tut, dass er auch Pflichten hat! Wer soll es denn sonst tun? Her mit der Solidarität, die ihr euren Mitgliedern schuldig seid!

Udo Riedel (parteilos)
 
Mehdorn zum Abschuss freigegeben: Bahn-Aufsichtsrat hat schon
ein neues Rumpelstilzchen („Spiegel-Online“)

 

Der Ausschuss vertagt sich

Heute soll in Berlin wieder der Auschuss der Großen Koalition tagen. Alle Begehrlichkeiten der Wähler sind verboten: „Kostenneutralität“ ist das beliebte Stichwort dafür. Wenn die älteren ALG-I-Empfänger etwas länger ihr Arbeitslosengeld bekommen dürfen, soll es auf Kosten der Jüngeren geschehen, denen dann die Zeit gekürzt wird. Doch am liebsten würde man die Regelung so belassen – und die Arbeitslosenabgabe senken.

Dann würde der Arbeitgeberanteil weiter sinken, und man käme dem Ziel, die Lohnnebenkosten auf Null zu drücken, wieder ein Stück näher. Was haben denn die Unternehmer mit Alter, Krankheit oder Ausbildung zu tun? Sie haben doch schon genug Stress, die Gewinne in immer neue Höhen zu schrauben! Dem Mindestlohn bei Postbetrieben wird es da nicht anders ergehen: Daumenschrauben werden angelegt gegen die Verbreiterung der Gültigkeit und die Schaffung weiterer Ausnahmetatbestände. Die Postkollegen werden in die Offensive gehen müssen!

Die sogenannten „Wirtschaftsweisen“, die Kaffeesatzleser der Nation, haben ihre Prognose für das nächste Jahr schon unter die Zweiprozentmarke zurückgefahren. Gründe sind das Öl, die Bankenkrise der USA, der schwächelnde Dollar und – das wird auch bald kommen – die „maßlosen“ Forderungen der Arbeiter und Angestellten. Schon immer waren die Werktätigen schuld, wenn der Aufschwung in den Keller geht!

Hartz IV greift! Dem Kaffesatz eine zweite Chance gebenDie Bahn verweigert der GDL weiterhin ein verhandelbares Angebot. Die GDL hat den ersten wirksamen Streik im Güterverkehr durchgeführt, und sie wird ihn fortsetzen. Die Menschen, das merkt man immer wieder, stehen hinter allen kämpfenden Gewerkschaftern. Nicht so die SPD: Der Herr Struck, als Hindukusch-Kriegsminister unangenehm bekannt, greift die GDL an, in enger Verbindung mit der zahnlosen Transnet, der die Kollegen davonlaufen. Selbst die aktiven Rentner der „alten“ Bahn wechseln zur GDL. Wenn alles klappt, machen wir an diesem Donnerstag um 16 Uhr unseren Besuch beim Protest- und Infostand der GDL am Hauptbahnhof.

Der „Weser-Kurier“ versucht zurzeit, den niedersächsischen Landeschef Jüttner und seine SPD hochzupuschen. Zum Glück vergeblich, denn die Umfragen sagen weiterhin aus, dass diese Hartz-IV-Verursacherpartei weiter im tiefen Loch steckt. Wo wir auch sind, stärken wir die kämpferische Opposition. Jeder ist herzlich dazu eingeladen: Hartz IV muss weg, ohne Wenn und Aber!

Am nächsten Montag, dem 19. November 2007, treffen wir uns um 17:30 Uhr noch einmal hier auf dem Marktplatz. Dann kommt der Aufbau des Weihnachtsmarktes, und wir sammeln uns am 26. November 2007 erstmals vor der „Glocke“ an der Domsheide. Wir wollen mit unserer Auftaktkundgebung dort beginnen und uns dann zum Rathaus bewegen, um den „Verarmungskanzler“ Gerhard Schröder angemessen zu begrüßen! Bitte seid dazu recht pünktlich und zahlreich da. Da auch die Weihnachtzeit dräut, haben wir eine schöne Hartz-IV-Postkarte gegen Spende von einem Euro abzugeben, von unserem Mitstreiter Henk Dijkstra gestaltet nach dem Motto „Hartz IV greift – dem Kaffeesatz eine zweite Chance geben!“

Jobst Roselius
 
Unbefristeter Bahn-Stopp: Frankreich erlebt größte
Streikwelle seit zwölf Jahren („Spiegel-Online“)

 

Die Grundhaltung der Ignoranz
gegenüber Armut

Elisabeth Graf1. Jeder zweite Deutsche hat kaum Vermögen. Eine neue Studie zeigt detailliert, wie ungleich Vermögen in Deutschland verteilt ist. Die reichsten zehn Prozent verfügen über zwei Drittel der Rücklagen, die Hälfte der Bürger hat so gut wie gar keine. Besonders betroffen sind Frauen, Ostdeutsche, Zuwanderer. Das gesamte Einkommen dieser Gruppe dient im Prinzip dem Konsum oder der Tilgung von Schulden. Die Daten zeigen auch, wie groß die Unterschiede bei den Besitzverhältnissen zwischen West- und Ostdeutschland sind.

Das Durchschnittsvermögen eines Westdeutschen ist demnach 2,6 Mal höher als das eines Ostdeutschen – vor allem, weil Ostdeutsche eher verschuldet seien und seltener Wohneigentum besäßen. Unterschiede gebe es auch bei der Vermögensverteilung zwischen Männern und Frauen, schreibt die Zeitung: Im Durchschnitt ist das Vermögen einer Frau demnach um 30.000 Euro kleiner als das von Männern. Wegen höherer Einkommen der reicheren Deutschen haben die sozialen Gegensätze der Studie zufolge in den vergangenen Jahren zugenommen. Der Lohnanteil am Vermögen habe von 1996 bis 2006 stagniert – der Kapitalanteil sei um vier Prozentpunkte auf 33,8 Prozent gestiegen.

Der DGB reagierte auf die Studie überrascht: „Mit einer solchen Ungleichverteilung hatten wir nicht gerechnet“, sagte Dierk Hirschel, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, der Zeitung. DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki beklagt, dass „eine Minderheit vom goldenen Teller essen kann, während große Teile der Bevölkerung von der Hand in den Mund leben“. Erbschaften müssten mindestens doppelt so hoch besteuert werden wie heute. Was bekommt eine Gewerkschaft heute eigentlich überhaupt noch mit? Wofür haben wir sie eigentlich?

 

2. Trotz des sagenhaften „Aufschwungs“ und der angeblich sinkenden Arbeitslosigkeit können mehr als sieben Millionen Deutsche ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen. Sie stehen vor dem Ruin. Immer öfter wird ihnen die von der Werbung angeheizte Lust am schnellen Konsum zum Verhängnis. Das Gesamtvolumen des aufgehäuften Schuldenbergs beträgt 208 bis 271 Milliarden Euro. Auslöser für die Überschuldung sind „Creditreform“-Vorstand Helmut Rödl zufolge meist Schicksalsschläge: Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Krankheit. Doch immer öfter steckt auch die von der Werbung angeheizte Lust am Geldausgeben dahinter. Immerhin rund eine Million Betroffene seien durch übertriebene Kauflust in die Schuldenfalle geraten, betonte Rödl.

Schon mehr als jeder zehnte Erwachsene kann demnach seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Besondere Sorgen macht dem „Credit­reform“-Vorstand, dass vor allem bei jüngeren Menschen die Verschuldung steigt. Bei Jugendlichen sind Handyverträge mit für die Betroffenen unüberschaubaren Kosten nach wie vor eine große Gefahr. Überschuldung ist der Studie zufolge längst nicht mehr ein Problem der sozial Schwachen – sie erreicht zunehmend die Mitte der Gesellschaft. Oft sei es das durch Arbeitslosigkeit verursachte Scheitern einer Baufinanzierung, möglicherweise noch verbunden mit einer Scheidung. Dies treibe auch gut verdienende Angestellte oder Freiberufler in die Überschuldung.

Verschlimmert werde die Lage in diesen Fällen vielfach durch den Versuch, an alten Lebensgewohnheiten festzuhalten – auch dann, wenn sich das längst nicht mehr finanzieren lässt. Überrascht bemerkte Rödl, dass der Wirtschaftsaufschwung nicht zu einem Rückgang der Verschuldung geführt habe. Seine Erklärung: Viele der neu geschaffenen Arbeitsplätze seien im Niedriglohnbereich angesiedelt. Die Betroffenen verschwänden damit zwar aus der Arbeitslosenstatistik. Die Überschuldungsgefahr verringere sich jedoch wenig, da der Verdienst oft nicht zu einem normalen Leben reiche.

Außerdem werde vielen einkommensschwachen Haushalten zum Verhängnis, dass die Reallohn-Entwicklung in den vergangenen Jahren nicht mit dem Preisanstieg mitgehalten habe. Ein Alarmzeichen sieht „Creditreform“ darin, dass sich der Abstand zwischen Regionen mit geringer und hoher Überschuldung weiter vergrößert hat. Die Schuldner konzentrierten sich immer stärker in bestimmten Gebieten, sodass man schon fast von „Schuldengettos“ sprechen könne, sagte Rödl. Dies sei auch gesellschaftlich problematisch, denn eine hohe Zahl von Schuldnern gehe – wie die Daten zeigten – einher mit einer niedrigen Wahlbeteiligung und politischer Apathie.

 

3. Franz Müntefering lässt Hartz-IV-Betroffene lieber hungern! Einem Bericht der „Passauer Neuen Presse“ zufolge lehnt der Bundesarbeitsminister eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze wegen gestiegener Lebensmittelpreise ab. Jedoch plane er offenbar Zuschüsse für Kinder aus armen Familien: Für bedürftige Erstklässler soll es ein „Schulstartpaket“ von einmalig 150 Euro geben. Zusätzlich seien Bundeszuschüsse „für gesunde und ausreichende Ernährung von Kindern in Kitas und Schulen“ geplant.

Müntefering ist damit einem Auftrag des Kabinetts aus dem Sommer nachgekommen, wegen der steigenden Preise bei Milch, Butter und anderen Lebensmitteln eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes II zu prüfen: Dies wurde abgelehnt. Zwar gebe es „punktuell deutliche Preissteigerungen“ bei einzelnen Lebensmitteln, der allgemeine Verbraucherindex zeige angeblich insgesamt aber „moderate“ Veränderungen. Martin Behrsing, Sprecher des „Erwerbslosenforums Deutschland“, warf in einer ersten Reaktion dem Arbeitsministerium eine „schöngeredete“ Prüfung vor. Müntefering sei seinem Wahlspruch „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ treu geblieben.

„Tatsächlich hat das Bundesarbeitsministerium auch andere Berechnungsmethoden angewandt und dabei festgestellt, dass von 2003 bis 2007 der Regelsatz um 22 Euro hätte steigen müssen. Die absurde Logik, wonach Hartz IV nur im gleichen Umfang steigen dürfe wie die Renten, beweist, dass der Arbeitsminister sich nicht mal ansatzweise in ein Leben in Armut hineinversetzen kann: Auch einkommensschwache Rentner können sich nicht ausreichend und gesund ernähren! Müntefering zeigt nur zu deutlich, dass er nicht die Armut bekämpft, sondern die Armen, so Behrsing in Bonn. Wenn sich die Abgeordneten dafür stellvertretend ihre Diäten um zehn Prozent erhöhen dürfen, ist die Gerechtigkeit in diesem Land ja wieder hergestellt!

 

4. In Deutschland sind nach Schätzungen der „Bundesarbeitgemeinschaft Wohnungslosenhilfe“ bis zu 235.000 Menschen unmittelbar vom Verlust ihrer Wohnung bedroht. Zum Schutz müssten die Kommunen mehr vorbeugende Maßnahmen ergreifen, forderte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, Thomas Specht, am Mittwoch in Potsdam vor Beginn der Jahrestagung. Es habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass durch präventive Maßnahmen in bis zu 80 Prozent der Fälle ein Verlust der Wohnung vermieden worden sei. Zudem würden Kommunen durch eine verbesserte Organisation viel Geld sparen. „Es ist sieben Mal billiger, verbeugend zu helfen“, sagte Specht.

Seit der Einführung von Hartz IV werden die Obdachlosenzahlen nicht mehr erfasst. Erstaunlich, was alles nicht mehr erfasst wird, das sich seit Hartz IV logischerweise verschlimmert haben muss! Es nicht zur Kenntnis zu nehmen, das kommt einem Versuch gleich, es zu negieren! Für wie doof halten die uns? Alleine vom Stadtbild her – auch wenn die Obdachlosen sich nicht in der Innenstadt sichtbar aufhalten dürfen – nimmt das Elend zu. Wenn wir dann lesen, wie lange die „wenigen“ überhaupt gestellten Widersprüche gegen Arge-Willkür dauern – nur als Spitze des Eisberges von tatsächlich erstellten Unrechtsbescheiden –, dann kann man sich nur noch Schlimmes vorstellen!

 

5. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“ fordert das Bundesarbeitsministerium Millionenbeträge aus dem „Hartz-IV“-Budget von Kommunen zurück, die Langzeitarbeitslose in eigener Regie betreuen. Allein für das Jahr 2005 hat eine eigens im Ministerium eingerichtete Prüfgruppe Rückzahlungsforderungen in Höhe von 34 Millionen Euro an die sogenannten Optionskommunen gestellt. In 15 Städten und Kreisen, die die Betreuung Langzeitarbeitsloser unabhängig von der Bundesagentur für Arbeit übernommen haben, seien die Prüfer vor Ort Hinweisen auf erhebliche Mängel nachgegangen. Unter anderem monierte das Ministerium Abrechnungen für Büroausstattung und EDV, zu hohe Rückstellungen für Beamtenpensionen sowie Kosten für Berater- und Dienstleistungsverträge.

Ländersozialressorts machten Vorbehalte gegen die Prüfpraxis geltend. So soll es in einem Schreiben des bayerischen Sozialministeriums an das Bundesministerium heißen: „Der Bund darf nicht unter dem Deckmantel der Prüfungstätigkeit Vorgaben machen, wie der angesprochene Verwaltungsstil auszusehen hat.“ Auch das niedersächsische Sozialministerium machte „die notwendige Freiheit bei der Gestaltung der Abläufe des Verwaltungsverfahrens“ geltend und warnte vor unzulässigem Einfluss auf den gewollten Systemvergleich. Erneut zeige sich, dass Optionskommunen faktisch kaum einer Kontrolle unterliegen.

Hartz-IV-Betroffene bemängeln schon länger, dass es praktisch keine übergeordnete Beschwerdestelle gegen Behördenwillkür gibt und Verwaltungsanweisungen nicht transparent sind. Natürlich haben die Ländersozialressorts Vorbehalte gegen die Prüfpraxis, weil sie ihre Felle davonschwimmen sehen: ihre Verfügung über Gelder und Erwerbslose nach Gutsherrenallüren! Deswegen ist es mehr als überfällig, dass hier ein Riegel vorgeschoben wird. Nicht wir Erwerbslosen kosten so viel Geld, sondern die sogenannten Programme der Verfolgungsbetreuung, bei denen sich wieder ganz viel Selbstbedienung geleistet wird, und dies bestimmt nicht zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, gar irgendwie im Sinne der Erwerbslosen!

 

6. Die Geschichte vom Tellerwäscher, der es zum Millionär bringt, gehört ins kapitalistische Märchenland. Fakt ist: Sind die Eltern arm, bleiben es ihre Kinder häufig auch – ihr Leben lang. Nicht nur Vermögen lässt sich vererben, auch Armut wird häufig von einer Generation an die nächste durchgereicht. Die Fachwelt spricht mittlerweile schon von „Sozialhilfe-Dynastien“. Gemeint sind Familien, in denen Armut auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken kann.

Familien, in denen der größte Teil des Einkommens aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, sind grundsätzlich aufstiegsorientiert und begrüßen Werte wie Fleiß, Pünktlichkeit und Bildung. In Familien, die vor allem von staatlicher Hilfe leben, geht diese Grundhaltung irgendwann verloren und wird infolgedessen auch dem eigenen Nachwuchs nicht übermittelt. An diesem Punkt wird Armut erblich.

Jeder Sechste in Deutschland lebt in Armut. Das Armutsproblem nimmt zu, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Es gibt Familien, die in zweiter oder dritter Generation von staatlichen Transfers leben. Bei ihnen handelt es sich zwar nicht um die Mehrheit der Sozialhilfeempfänger, jedoch um eine wachsende Minderheit. Deren Grundproblem ist meist Arbeitslosigkeit, häufig in Kombination mit fehlenden Schul- und Ausbildungsabschlüssen.

Mich stört, dass gerne so getan wird, als ginge es in erster Linie darum, die „Grundhaltung“ innerhalb der „Sozialhilfe-Dynastien“ zu ändern – „und dann wird das schon“! Die Problematik ist viel tiefschichtiger. Sie hat unter anderem auch etwas mit den nicht vorhandenen Arbeitsplätzen zu tun. Von Bildung werden arme Kinder im dreigliedrigen Schulsystem ohnehin ausgegrenzt, mit Fleiß und Pünktlichkeit wird da wohl kein Blumentopf zu gewinnen sein!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
Rente mit 67: Müntefering hat endlich Zeit für seine
krebskranke Frau („Spiegel-Online“)

 

Wenn die Zeit reif ist, nimmt sich das Volk, was ihm fehlt

Wolfgang LangeAm Freitag beschloss der Bundestag ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Tausende demonstrierten sofort dagegen, denn es geht hier um den massiven Ausbau des Bespitze­lungs- und Überwachungsstaates: Alle Telefonnummern, Anrufer wie Angerufene sowie alle Internetadressen müssen sechs Monate gespeichert werden. Wir werden gläserne Menschen!

Derselbe Bundestag beschloss am letzten Montag, sich mal eben die Diäten um 9,4 Prozent zu erhöhen, auf 7.700 Euro pro Monat. Dazu kommt noch die steuerfreie Aufwandsentschädigung von 3.300 Euro nebst zahlreicher Privilegien. Das ist den Gierschlünden von CDU, FDP und SPD aber noch nicht genug – schließlich verdient Herr Ackermann eine Million im Monat!

Derweil wird immer mehr Menschen das Arbeitslosengeld gekürzt oder ganz versagt. 10,9 Prozent der erwachsenen Bundesbürger sind überschuldet, also pleite! Hauptursachen sind Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne. Deshalb wird es Zeit, die Herrschenden daran zu erinnern, dass letzte Woche noch ein Jubiläum war: Vor 90 Jahren, am 7. November 1917 heutiger Zeitrechnung, war in Russland die Oktoberrevolution!

Wenn es dem Volk nicht mehr passt, wenn die Zeit reif dafür ist, nimmt es sich, was ihm fehlt. Auch wenn in Russland die Revolution längst verraten wurde, bleibt diese Lehre bestehen. Das wissen auch die Herrschenden heute, vor allem deswegen machen sie den Staat immer mehr zum Überwachungsstaat. Helfen wird es ihnen letztlich nichts!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
62 Stunden Bahnstreik: Audi sagt Frühschicht ab („Spiegel-Online“)
 
Unverhältnismäßig: SPD will Streikrecht einschränken („Focus“)

 

Kommt mit zum Besuch
der streikenden Lokführer!

Harald BraunWir haben letzte Woche auf unserer Kundgebung eine Erklärung zur Solidarität mit dem Streik der Lokführer beschlossen. Ich habe direkt danach Kontakt zur Gewerkschaft der Lokführer aufgenommen – zunächst zur Bezirkgeschäftsstelle in Hamburg, die mich an die Aktivisten in Bremen weitergeleitet hat. Die streikenden Kollegen haben sich sehr gefreut über die Solidarität der Montagsdemonstranten. Ein Besuch war letzte Woche leider nicht möglich, weil es beim Streik im Güterverkehr kein Streiklokal gab, wo wir sie hätten antreffen und die Solidaritätserklärung übergeben konnten.

Die Lokführer zeigen großes Rückgrat, und sie haben letzte Woche noch eine Schippe draufgelegt. Die führenden Konzerne und ihre Wirtschaftsverbände sind durch den 42-stündigen Streik schwer getroffen worden und jammern über Verluste in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro. Da trifft es genau die Richtigen, denn sie saugen die Arbeiter aus und streichen dadurch Milliardengewinne ein!

Die provokative Haltung des Bahn-Vorstands wird immer dreister. Das vor zwei Wochen vorgelegte Angebot ist eine Unverschämtheit: Darin wird nur die sowieso fällige Bezahlung der Überstunden angeboten und eine Lohnerhöhung von fünf Prozent – wenn die Lokführer zwei Stunden pro Woche länger arbeiten. Der massive Lohnabbau der letzten Jahre liegt aber bei fast 40 Prozent!

Die Lokführer bleiben hart – das ist gut! Das ist auch ein mutiges Zeichen für andere Belegschaften. Wenn die Lokführer jetzt den Streik verschärfen, brauchen sie weiter unsere Unterstützung. Es ist geplant, ab Mittwoch 12 Uhr den Güterverkehr und ab Donnerstag 2 Uhr den Personenverkehr zu bestreiken. Dann werden die Lokführer wieder ihren Streik-Infostand am Hauptbahnhof aufbauen. Sie freuen sich auf einen Solidaritätsbesuch der Montagsdemonstranten. Am besten wäre es, wenn wir am Donnerstag, dem 15. November 2007, um 16 Uhr gemeinsam dorthin gehen. Treffpunkt ist der Haupteingang. Je mehr Leute wir sind, desto besser!

Harald Braun
 
Rumpelstilzchen lässt Aufschwung platzen: Mehdorns Starrsinn kostet mehr als die Erfüllung der Lokführer-Forderungen („Die Welt“)
Montagsdemo beim Infomobil der GDL vor dem Bremer Hauptbahnhof am 15. 11. 2007

 

Seehofer schützt
die Verbraucher nicht!

Wieland von HodenbergVor einigen Wochen schrieben wir in Sachen Preis­treiberei an das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einen offenen Brief. Wir brachten darin unseren Unmut zum Ausdruck und machten deutlich, dass wir nicht länger bereit sind, die willkürlichen Preiserhöhungen ohne Protest hinzunehmen. Dann verwiesen wir auf die im Grundgesetz festgeschriebene Sozialpflichtigkeit des Staates und der Unternehmer und legten dar, dass vor allem Geringverdiener und Alleinerziehende unter der Preistreiberei zu leiden haben. Wir richteten an Seehofer den dringenden Appell, sich im Bundesrat für eine deutliche Erhöhung der Regelsätze einzusetzen und auf die Konzerne einzuwirken, damit diese die Preiserhöhungen zurücknehmen.

Der vierseitige Antwortbrief aus dem Ministerium – immerhin hat sich da jemand dankenswerterweise sehr viel Mühe gemacht – enthielt jedoch außer zahlreichen Erklärungsversuchen und Verhaltenstipps nichts wirklich Substanzielles. Da heißt es, das Ministerium habe „die Umstände der Preiserhöhung überprüft“ und festgestellt, dass es keine Preisabsprachen gegeben habe. Wer um alles in der Welt soll das glauben? Außerdem will man uns weismachen, dass Angebot und Nachfrage die wesentlichen Bestimmungsgrößen für den Preis von Nahrungsmitteln seien. Das ist doch lange vorbei, und es wird nicht gesagt, dass die klassischen Marktmechanismen, die Kapitalismus noch einigermaßen berechenbar machten, von wenigen Großkonzernen längst außer Kraft gesetzt wurden!

Nicht die Profitgier der Konzerne, sondern Dürren und Überschwemmungen in der Dritten Welt seien Schuld an den Preisanstiegen, hieß es aus dem Ministerium. Als weiterer Grund wird angeführt, dass in der Bundesrepublik die Preise für Grundnahrungsmittel wegen des starken Konkurrenzdrucks in den letzten Jahren stark rückläufig gewesen seien. Die Erzeugerpreise für fast alle Agrarprodukte hätten 2006 sogar niedriger gelegen als 1980. Besonders drastisch sei der Rückgang des Brotweizenpreises mit minus 53 Prozent gewesen. Aha, es gab also nur Nachholbedarf!

Schuld an den Preisanstiegen sei auch ein verändertes Verbraucherverhalten in den asiatischen Ländern, im Nahen Osten, in Nordafrika und in Russland, die plötzlich mehr Milch und Milcherzeugnisse konsumieren würden und dadurch hier die Preise in die Höhe trieben. Das ist praktisch eine Wiederholung dessen, was Seehofer schon in den Medien verbreiten ließ nach dem Motto: Schuld haben immer die anderen! Mit keinem Wort wird erwähnt, dass die Bauern für ihre Milch kaum einen Cent mehr bekommen. Völlig außer Acht lässt der Brief auch, dass es inzwischen in vielen Ländern Südamerikas, Afrikas und Asiens riesige Anbaugebiete für Mais- und Getreide gibt, die einzig und allein der Herstellung sogenannter Biokraftstoffe dienen und damit weiteren zig Millionen Menschen die Lebensgrundlage entziehen. Hier machen die internationalen Energiekonzerne unter dem Deckmantel des Klimaschutzes weitere gigantische Milliardenprofite!

Und damit wären wir bei den Energiepreisen. Unser Appell an Seehofer lautete, er möge auf die Konzerne Einfluss nehmen, damit diese die Preiserhöhungen zurücknehmen. Sein Ministerium erklärte, dass die Bundesregierung „Maßnahmen zur Kontrolle und Genehmigung der Netznutzungsentgelte mit der Energierechtsnovelle und die Erleichterung des Anbieterwechsels für die Verbraucher nach der Stromnetzzugangsverordnung“ ergriffen habe. Abgesehen davon, dass dieses Beamtenkauderwelsch kaum jemand versteht und Zusammenhänge nicht durchschaubar macht, reicht uns das schon deshalb nicht, weil der Brief auch hier nichts Konkretes enthält. Er empfahl, unsere Beschwerden an den „Bund der Energieverbraucher“ und an die Verbraucherzentralen zu richten – als ob diese Organisationen die Konzerne in die Schranken weisen könnten. Das, Herr Seehofer, ist uns entschieden zu wenig!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
„Wirtschaftsfreundliche Berichterstattung“: „Spiegel“-Mitarbeiter
feuern Chefredakteur („Tageszeitung“)

 

Den Druck macht der Computer

Hans-Dieter BinderEine Änderung der Mehrwertsteuer wünscht sich die Staatssekretärin Barbara Hendricks im Bundesfinanzministerium – sie sorgt sich um den Staatsbürger. Es geht um den ermäßigten Mehrwertsteuersatz: Diese Regelungen sind dem Bürger teilweise nicht mehr vermittelbar. Der ermäßigte Steuersatz beträgt sieben Prozent, der volle 19. Jede Änderung bedeutet eine Preissteigerung von über elf Prozent!

Auf Nachfrage erklärt das Bundesfinanzministerium: „Wir haben kurzfristig keine Pläne.“ Also kein Dementi – was ist „kurzfristig“? Wir sind auch mit den langfristigen Plänen nicht einverstanden! Der ermäßigte Steuersatz auf Lebensmittel, Bücher und Zeitungen ist bei der Erhöhung (absichtlich) unverändert geblieben. Nur so ließ sich die Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte durchsetzen. Inzwischen sind die Mehreinnahmen an die „Ziege“ verfüttert worden, und es besteht weiterer Finanzbedarf!

Nun hören wir, der „Aufschwung“ werde durch die Lokführer bedroht. Nein, die Bedrohung erfolgt durch die Bahn! Zwei Tarifverträge mit unterschiedlichen Gewerkschaften in einem Unternehmen sind keine neue Erfindung. Beispielsweise hat die Gewerkschaft Druck immer, wenn irgendwo eine Druckmaschine stand, den „Tarifvertrag Druck“ durchgesetzt, wenn es sein musste, mit Streik. Allein dadurch gab es in vielen Betrieben verschiedene tarifvertragliche Regelungen mit unterschiedlichen Gewerkschaften.

Klar, die Exportindustrie ist die Branche mit Wachstum, aber der Aufschwung wird getragen durch die erhöhte Produktion mit geringerem Aufwand und niedrigeren Kosten, insbesondere für Personal. Der Absatz wird vom Export getragen und nicht vom Binnenmarkt. Im Inland werden die Personalkostensenkungen vollzogen. Somit gehören auch die Polizistinnen und Polizisten Bremens zu den Förderern des Aufschwungs, allerdings zu den unfreiwilligen. Diese Art von Aufschwungförderung durch Lohnkürzung geht in die Sackgasse!

Die Binnennachfrage soll 2008 den Aufschwung tragen, nur setzt sie verfügbares Einkommen voraus! Diese Voraussetzung kann bei den Polizist(inn)en und Lokführer(inne)n gestärkt werden! Insgesamt geht es aber bei dieser Prognose nur um leere Worthülsen wie zu Weihnachten, alle Jahre wieder! Damit wäre auch die Diätenerhöhung begründbar – mensch muss nicht gleich übertreiben! Diäten sollten wie der Regelsatz für ALG II, Sozialgeld et cetera erhöht werden. Dies ist schließlich auch der Faktor für die Rentenanpassungen.

Nur bei der Ermittlung der Preissteigerung für die Diäten wird anders gerechnet! In dieser Formel spielen die Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse keine Rolle, anders als beim Regelsatz für Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Rente. Die Diäten sollten aber nicht nach dem Prozentsatz für den Regelsatz erhöht werden, sondern um die Eurobeträge!

Hunger in Bremen, Menschen ohne Geld in der Tasche und mit Hunger im Bauch – dies können viele Bürgerinnen und Bürger nicht verstehen. Ehrlich gesagt habe ich es auch nicht geglaubt, aber Menschen, die auf Geldleistungen der Bagis angewiesen sind, erhalten diese nicht immer pünktlich. Wenn das Geld am Monatsersten nicht da ist, so hat dies gravierende Auswirkungen. Die Menschen haben selten etwas zuzusetzen. Es wird gehungert, Kinder müssen sich ohne Fahrschein auf den Weg zur Schule begeben.

Die Bagis hat viele Erklärungen für diese „Unregelmäßigkeiten“, die häufigste ist ein „EDV-Fehler“. Im Untersuchungsbericht zum Tod des kleinen Kevin steht: Die Bagis hat verzögerte und verminderte Zahlungen als Druckmittel gegen den Ziehvater von Kevin eingesetzt! Sind diese „EDV-Fehler“ also nur eine Ausrede? Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Alarm in Bremen: Straßenbahn unter Strom („Spiegel-Online“)

 

Rot-grünes „Berufsverbot“ für Sozialarbeiter

Das rot-grüne Landesprogramm „Sozialversicherungspflichtige Arbeit für ältere Arbeitslose (‚55 plus‘)“ von April 2007 hat so seine Macken! Obwohl diese Initiative von Karoline Linnert auf der Montagsdemo gelobt wurde, hat sie erhebliche Nachteile für ältere Arbeitslose, die im sozialen Bereich arbeiten wollen!

Viele Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Stiftungen oder Wohlfahrtsverbände, die von staatlichen Zuschüssen abhängig sind, können zur Eingliederung von förderbedürftigen Arbeitnehmern keine Zuschüsse erhalten wie Firmen, weil sie den Eigenanteil – im ersten Jahr 50 Prozent, im zweiten 60 und im dritten 70 – kaum bezahlen können. Daher sind Arbeitslose der Altersgruppe „55 plus“, die einen sozialen Beruf haben, ganz klar benachteiligt!

Soziologen, Sozialwissenschaftler oder Erzieher(innen) bekommen nach diesem Landesprogramm faktisch Berufsverbot und werden bis zur Rente in Hartz IV geschoben. Nur Firmen, die eventuell 50 Prozent Eingliederungsgelder bezahlen, können die älteren Arbeitslosen wie Ingenieure oder Naturwissenschaftler einstellen. Wir fordern daher, dass dieses Gesetz nur für Firmen gelten soll! Für Einrichtungen, die kein Geld zur Verfügung haben, sollen die genannten Fördergelder vom Arbeitsamt und aus Landesmitteln bezahlt werden!

Abidin Bozdag (parteilos)

 

Ein erfahrungsreicher Abend

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlEs war viel los in der Stadt. Im Rathaus sollte die „Nacht der Jugend“ stattfinden, und viele Jugendliche waren schon auf dem Weg dahin. Wir hatten uns am 12. November 2007 wieder um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz zur 158. Montagsdemo zusammengefunden, diesmal unter einer Laterne, um mehr im Mittelpunkt zu stehen als vor der Bürgerschaft. Von anfangs um die 20 wuchs dann die Diskussion auf fast 40 Teilnehmer an.

Von der Diätenerhöhung im Bundestag und der Fortsetzung der Sparpolitik gegen die Masse der Arbeitslosen, vom Streik der Lokführer und der großen Unterstützung durch die Menschen war einmal mehr die Rede. Jetzt am Donnerstag werden wir unseren Solidaritätsbesuch bei den streikenden Eisenbahnern machen. Wer auch dazukommen möchte, soll sich um 16 Uhr vor dem Hauptbahnhof einfinden.

Immer wieder kam die Rede auf die Bagis, die den Menschen das Leben so schwermacht, aber auch auf die Proteste der Polizei, die weitere Sparmaßnahmen des Senats nicht hinnehmen will. Das rief den Widerspruch eines vorbeikommenden Mannes hervor. Er konnte seine Meinung am Offenen Mikrofon äußern, aber seine Bekundungen und Rechtfertigungen der SPD-Politik („Es war doch die SPD, die für Polizisten die Besoldungsstufe A5 eingeführt hat“, „Wenn ich für 58 Cent bei Penny einkaufe, werde ich davon satt“) lösten bei uns Befremden und Zwischenrufe aus. Es kam zu teils hitzigen Wortgefechten.

Unser Moderator stellte das Offene Mikrofon als überparteiliche Einrichtung heraus, die jedem auf antifaschistischer Grundlage offen steht, also auch für SPD-Auffassungen, wobei das Zuhören und sachliche Gegenargumentieren wesentlich sind, um unser Anliegen voranzubringen. Einige wenige Mitstreiter hatten Mühe, diese ruhige sachliche Art zu wahren. Es fiel ihnen schwer, solche „sozialdemokratischen Hoffnungswolken“ nach fast vierzig Jahren immer noch hinzunehmen.

Unser sozialdemokratischer Diskutant bekundete in Einzelgesprächen, dass er nicht frei von Zweifeln gewesen sei, auch an der SPD, nach 14 Jahren Arbeitslosigkeit und vielen Erfahrungen in dieser kapitalistischen Gesellschaft. Jetzt mit dem „neuen Programm“ der SPD fühle er sich aber wieder gefestigt. So warb er dann auch mit den bekannten „Sachzwängen“ für diese Position. Wir mussten die Diskussion leider abbrechen, um den Lautsprecherwagen rechtzeitig zum Unterstellplatz zu bringen.

Der Sozialdemokrat versprach, uns bei Gelegenheit wieder zu besuchen. Wir wollen uns dann bemühen, auf sachlicherem Niveau miteinander zu streiten und weiterzukommen. Eine gute Möglichkeit dafür kann auch der 26. November 2007 sein, wenn „Gazprom-Kanzler“ Gerhard Schröder nach Bremen kommt, um die ehrenamtlichen Spendensammler der „Willhelm-Kaisen-Bürgerhilfe“ mit seiner Sicht der Dinge für die Fortsetzung der unsozialen Verarmungspolitk zu gewinnen. Wir werden ihm schon eine andere Meinung entgegenhalten!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
Montagsdemo beim Infomobil der GDL vor dem Bremer Hauptbahnhof am 15. 11. 2007
 
„Ab nächster Woche wollen wir unbefristet streiken“: Lokführer freuen sich
über Solidarität der Montagsdemonstranten („Rote Fahne News“)
 
Schluss mit Mehrarbeit gegen Minderbezahlung: Verdi bestreikt erstmals
das Weihnachtsgeschäft („Frankfurter Allgemeine Zeitung“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz