Alle, die sich nicht wehren, werden ein böses Erwachen haben. Denn jetzt steht es wieder mal fest, was wir schon lange sagen: Die Armut wird noch weiter zunehmen. Frühverrentung ist angesagt, bloß dass es diesmal keine Übergangsmodelle mehr geben wird. Zieht euch warm an! Frühverrentung bedeutet Rentenabstriche, Abstriche an Lebensqualität und nicht zuletzt Armut!
Ich weiß wirklich nicht mehr, was man noch alles falsch machen kann. Ich frage mich wirklich, wer sich solche Gesetze nur ausdenkt. Wahrscheinlich sind es Menschen, die gar nicht mehr wissen, was Armut heißt. Sie scheffeln Geld, das ihnen der Steuerzahler sowieso zahlen muss, weil es so im Gesetz steht. Gegen solche unsozialen schlechten Zustände protestieren wir hier! Scheinbar wissen das aber nur die wenigsten von euch.
Was jetzt wieder zum Vorschein kommt, ist wohl eher eine Erziehungsmaßnahme. Wieder wird Druck ausgeübt, diesmal allerdings auf Ältere, obwohl die Politiker genau wissen, dass die Arbeitgeber gar kein oder wenig Interesse an älteren Mitarbeiter haben. Da diese Damen und Herren sowieso hinter dem Mond leben, sollten wir sie bei der nächsten Wahl auch dort hinschicken, statt sie wiederzuwählen! Wenn ein Politiker eine Politik vertritt, die uns Menschen immer mehr drangsaliert, statt uns zu helfen, dann darf er auch nicht von „sozial“ und „ausgewogen“ reden, denn er handelt unsozial!
Da Ihnen wieder nichts anderes einfällt, meine Herrschaften von der Politik, wie wäre es denn, wenn Sie klar und deutlich sagen würden: Liebe Arbeitgeber, bis hierhin und nicht weiter! Wir haben euch doch Steuergeschenke gemacht und Subventionen in Massen gegeben, jetzt seid ihr mal dran! Schafft endlich gerecht bezahlte Arbeitsplätze! Sonst werdet auch ihr bald viel ärmer dran sein, dann ist es mit eurem Luxus und Wohlstand vorbei.
Aus dem Hause von Herrn Seehofer erhielten wir eine Antwort auf unseren Offenen Brief vom 30. September 2007. Daraus geht unter anderem hervor, dass der asiatische Markt für die Preissteigerungen bei Milchprodukten verantwortlich sei. Das statistische Bundesamt stellt fest, dass nach China und Indien nur 0,1 Prozent der deutschen Direktexporte gehen. In der EU ist der Anteil insgesamt höher, er beträgt 2,9 Prozent. Dass im asiatischen Raum fast keine Milchprodukte konsumiert werden, liegt daran, dass dort vielen Menschen ein Enzym fehlt, das es ihnen ermöglicht, Milchprodukte zu verdauen.
Aus dem Brief vom Ministerium ist nicht zu erfahren, dass die EU mit ihrer Landwirtschaftspolitik für den Preisanstieg mitverantwortlich ist. Der Export von Milch, Butter, Käse und Joghurt nahm im ersten Halbjahr um 9,2 Prozent zu. Zu 80 Prozent gehen sie vor allem in die osteuropäischen Länder. Der Hauptgeschäftsführer der „Bundesvereinigung der Deutschen Nahrungsmittelindustrie“ schrieb am 23. August 2006: „Absatzchancen haben sich für deutsche Exporteure auf den neuen Märkten vor allem dort eröffnet, wo die einheimischen Produzenten noch mit dem Strukturwandel oder der Anpassung an die EU-Standards zu kämpfen haben und eine hohe Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Produkten entsteht. Besonders von der Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren, Milchprodukten, aber auch bei Brot und Backwaren profitieren sie von den neuen Märkten“.
Die Bauern, Genossenschaften und Lebensmittelproduzenten in Polen, Estland, Litauen, Ungarn und anderen Beitrittsländern werden durch die deutsche Lebensmittelindustrie kaputtgemacht, um „neue Märkte“ zu erobern. Viele Kleinbauern haben ihre Kühe zum Schlachthof gebracht. Für Ungarn wird bis 2009 durch die EU-Kommission ein Rückgang in der Milchproduktion um mindestens 13,7 Prozent prognostiziert, so die sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft. Die Bauern erhalten ganz wenig von den Preiserhöhungen: für einen Liter Milch circa zwei Cent. Dahinter stehen knallharte Profitinteressen!
Die Preise für Fleisch steigen aus denselben Gründen. Nach dem Zusammenbruch der Diktaturen in Osteuropa ist die Fleischproduktion rapide gesunken. Der Westen hatte wenig Interesse daran, in die Viehwirtschaft zu investieren. Als es noch den Ostblock gab, wurden in den westlichen Medien Krokodilstränen vergossen, weil die kleinen Bauern beispielsweise in Polen von LPGs und großen Genossenschaften geschluckt wurden. Heute ist nichts davon zu hören, dass die kleinen Landwirtschaften von 100 deutschen Molkereibetrieben vernichtet werden und die EU den Bauern nicht hilft, ihre Betriebe technisch zu erneuern.
Jedes Land hat das Recht, Einspruch gegen die EU-Richtlinien zu erheben. Die Frage ist, warum Deutschland und andere EU-Länder nicht in den Widerspruch gingen. Die Wettbewerbsbestimmungen in der EU sind abzulehnen, weil sie den Konzernen helfen, ihre Profite zu steigern und die Mehrheit der Menschen auszuplündern!
Aus dem Brief der „Bremer Verbraucherzentrale“ vom 2. August dieses Jahres möchte ich Folgendes zitieren: „Wir sind der Auffassung, dass durch den enormen Preisdruck – der in Deutschland auf die Lebensmittelerzeuger, -verarbeiter und -händler vor allem durch die Marktmacht der Discounter ausgeübt wird – das Risiko von kleineren bis hin zu schweren Verstößen steigt. Sehr deutlich wurde das in den Fleischskandalen der letzten Jahre.“ Nicht die Inder und Chinesen sind für die Preiserhöhungen bei Lebensmittel verantwortlich, sondern eine EU-Politik, die den Konzernen hilft, ihre Profite auf Kosten von uns allen zu vermehren!
1. Kaum waren die Montagsdemo und der Montag vorbei, da wurde verkündet, dass Minister Müntefering zurücktritt: Er will seine schwer erkrankte Frau betreuen. Das ist eine ehrenwerte Entscheidung. Aber dies allein als Erklärung glaubt ihm keiner so recht. Unter Beck versucht die SPD, ihr Image in Sachen „soziale Gerechtigkeit“ vordergründig zu korrigieren. Da passt Müntefering nicht mehr hinein. Die „neue Mitte“, das Ziel der SPD unter dem Verarmungskanzler Schröder, haben die Herren nicht erreichen können. Der „Reformkurs“ geriet nur zur Wohltat für die Großkonzerne.
Die SPD wurde mehrmals bei Wahlen massiv abgestraft und versank in einem Dauertief. Seit dem Hartz-IV-Beschluss haben täglich fast 100 Mitglieder die SPD verlassen. Beck musste also beginnen, etwas umzusteuern. Müntefering ist einerseits ein Bauernopfer, andererseits stellen Steinmeier und Scholz als treue Gewährsleute Schröders die Fortsetzung der reaktionären Regierungspolitik sicher. Der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan und Murat Kurnaz’ Guantánamo-Aufenthalt stehen für diese Politik der SPD. Wichtig ist jetzt, dass die kämpferischen Mitglieder der Gewerkschaften, die erkennen, in was für eine Scheiße sie durch das Kuscheln mit der SPD geraten sind, Konsequenzen ziehen. Ein wichtiger Schritt ist die Unterstützung der streikenden Lokführer.
Bei diesen Eisenbahner-Kollegen war am letzten Donnerstag auch eine Abordnung der Bremer Montagsdemo. Schön machte sich unser Transparent neben dem Wohnmobil als flexiblem Streiklokal. Wir überbrachten unsere Solidaritätsgrüße und konnten den aktuellen Stand und die Ziele der GDL mit den Kollegen diskutieren. Wir luden sie ein, zu unserer Montagsdemo zu kommen und hier zu sprechen. Auch wenn es heute noch nicht geklappt hat, werden wir den Kontakt nicht abreißen lassen. Über 60 Prozent der Bevölkerung unterstützen nach wie vor den selbständigen Kurs der Gewerkschafter. Wenn die Oberen in IG Metall oder Transnet die Kollegen der GDL als Spalter und „Extrawürstchen-Bräter“ abqualifizieren wollen, müssen wir genau hinschauen: Es ist die Unterordnung unter den Kurs der SPD, die unsere Gewerkschaften lähmt. Auch da treten viele enttäuscht aus.
Bei den aktiven Eisenbahnern schlägt das Gefühl der Unterstützung. Selbst Rentner der Bahn wechseln voller Begeisterung zur GDL. Mit allen Mitteln versuchen Kapital und Politik, den Spaltpilz in den Kampf zu tragen. Die „Blöd“-Zeitung titelt „Erster Lokführer sagt: Ich finde das Bahn-Chaos gut“ zu den gestauten Güterzügen. Viele Kommentare lauten etwas anders. Eine Frau sagte am letzten Donnerstag bei der GDL zu mir: „Ich finde den Streik gut, auch wenn ich heute Morgen zwei Stunden in der Kälte warten musste.“
2. Volker Weise, gutbezahlter Chefredakteur des hiesigen „Weser-Kurier“, meinte in seiner montäglichen Glosse, den Stab für eine Diätenerhöhung der Bürgerschaftsabgeordneten brechen zu müssen. Er hat dabei, wie so oft, richtige Kritik mit falschen Konsequenzen und verlogenen Begründungen derart verquickt, dass der Leser eine konsequente Diätenerhöhung nur begrüßen könnte. Hat sich Herr Weise sein Novembergehalt also redlich verdient, gegen alle Kritik der Bevölkerung, die solch eine Selbstbedienungsmentalität der Abgeordneten angreift? Der Bundestag hat es gerade geschafft, innerhalb einer Woche die Diätenerhöhung der Abgeordneten um 9,4 Prozent mit den Stimmen der Regierungskoalition durchzupauken, während Arbeitslose und Rentner leer ausgehen oder sich gar mit Abschlägen um den doppelten Prozentsatz abfinden sollen!
Herrn Weise versucht zu verkaufen, dass die Abgeordneten gut bezahlt werden müssten, damit sie „nur ihrem Gewissen verantwortlich“ und nicht käuflich seien und somit ihrer Aufgabe und Verantwortung unabhängig nachkommen könnten. Das ist genau der Knackpunkt der sogenannten parlamentarischen Demokratie: Hinter einer formal demokratischen Fassade tobt das Hauen und Stechen. Beraterverträge und das Motto „Gibst du mir, so geb ich dir“ malen das alltägliche Bild. Das Forum dafür ist die „Lobby“, der Raum zwischen privatem Büro, Ministeriumsarbeitsplatz, Toilettenkabine und Plenarsaaltür, manchmal eher virtuell, manchmal sehr handfest. Damit das alles so funktioniert, ist die politische Kontinuität für die Herrschenden so wichtig.
Über die Parteien und das ganze Parlamentsgefüge ist sichergestellt, dass jeder geeignete Abgeordnete seine Lobby-Aufgabe hat und entsprechend zusätzlich bezahlt werden kann. Für die Interessenvertreter ist die Existenz der Lobby lebensnotwendig. Wenn es sie nicht gäbe, würden viele Sachen nicht funktionieren, sinnvolle wie unsinnige. Einen Einfluss darauf haben wir nicht, auch nicht bei der Wahl. Darum ist die Befürwortung durch Chefredakteur Weise nichts weiter als ein zusätzlicher Schlag Mörtel auf den stärker werdenden Riss in der Mauer der Lebenslügen der bürgerlichen Gesellschaft!
Die Montagsdemo, die mit dem Offenen Mikrofon ein Markenzeichen gesetzt hat bei der Diskussion und Entscheidungsfindung der Menschen, praktiziert in ihrer Willensbildung ein anderes Prinzip. Die Wahl von Delegierten und Vertretern erfolgt nach festgelegten Prinzipien und Teilnehmerzahlen, für eine bestimmte Aufgabe und für einen bestimmten Zeitraum. Das Mandat, das die Delegierten erhalten, ist an Funktion und Zielsetzung gebunden. Wenn sich jemand ohne Begründung und Rückfrage von dem gegebenen Mandat löst, verliert er die Zustimmung und kann die Aufgabe nicht fortsetzen. Die Berichterstattung von Delegierten ist darum wesentlicher Bestandteil eines solchen politischen Mandats. Aber nur so ist die Entwicklung der politischen Diskussion der Massen und die Vertretung in den Entscheidungsgremien möglich.
Eine solche Form der Demokratie ist dem parlamentarischen System absolut fremd und zuwider. Die Zeiten politischer Erfahrung damit sind in der Geschichte bislang kurz gewesen, aber die Menschen sind immer wieder daran interessiert, diese Erfahrungen und diese Praxis weiterzuentwickeln. Als Montagsdemo sind wir Teil dieser anderen demokratischen Entwicklung. Nicht zuletzt darum werden wir totgeschwiegen, und man wünscht, wir stürben aus oder erlägen dem Superverrat in eigenen Reihen. Doch durch Offenheit und solidarischen Umgang mit eigenen Fehlern können wir weitgehend verhindern, dass sich diese demokratische Entwicklung selbst schadet. Wir lernen im Vorwärtsgehen!
Beim nächsten Mal, am 26. November 2007, trifft sich die Montagsdemo erstmals nicht auf dem Marktplatz, denn hier ist dann kein Platz mehr für uns: Es beginnt der Aufbau des Weihnachtsmarktes. Um 17:30 Uhr sammeln wir uns vor der „Glocke“ an der Domsheide. Bitte versucht, pünktlich zu sein. Wir wollen dort mit unserer Auftaktkundgebung beginnen und uns dann zum Rathaus bewegen, um den „Verarmungskanzler“ angemessen zu begrüßen. Alle, die Gerhard Schröder noch etwas zu sagen haben, sollen zahlreich herkommen!
Ich war schon längere Zeit nicht mehr hier bei der Montagsdemo. Es lag an dem alltäglichen Blues mit dem Kampf ums ökonomische Überleben, der einen davon abhält, dann noch zusätzlich vor die Tür zu gehen. Es war aber auch Frust: darüber, dass Protest nichts nützt, dass die Herrschenden ihn ignorieren – und auch ignorieren können. Es ist an der Zeit, dass es nicht nur zu Protesten, sondern zu Widerstand kommt, an dem die Herrschenden nicht mehr vorbeikönnen!
Widerstand ist wohl dort am sinnvollsten, wo die Menschen ausgebeutet werden. Wir haben uns entschlossen zu versuchen, Widerstand dort zu organisieren, wo die Ausbeutungsverhältnisse verschärft sind: bei der Leiharbeit. Ein paar Leute aus der Branche haben nun eine kleine Zeitung für Leiharbeiter gemacht: „Die Leihkeule“. Ich werde sie hier verteilen. Man kann sie auch im Internet herunterladen und ausdrucken. Es wäre schön, wenn sie weiterverbreitet wird!
Wir sind Leute, die sich im Internet über das Forum „Chefduzen“ kennengelernt haben. Auf diesem „Forum der Ausgebeuteten“ treffen sich täglich mehrere Tausend Menschen, um sich auszutauschen. Die Möglichkeiten des Internet sind nur begrenzt, denn Kämpfe sollen nicht in der virtuellen Welt geführt werden, sondern in der wirklichen. Aber in mehreren Städten haben sich bereits Menschen gefunden, die einen regelmäßigen Stammtisch einrichten, als Anlaufpunkt, aktiven Widerstand zu organisieren. Am 1. Februar 2008 findet im Bremer „Naturfreundejugendhaus“ in der Buchtstraße eine Infoveranstaltung von „Chefduzen“ statt. Wir hoffen, dass auch daraus ein regelmäßiger Treff entsteht.
1. Mit welchem Recht eigentlich sollen Abgeordnete aus unseren Steuergeldern um zehn Prozent höhere Diäten beziehen, wenn sie ihren ganzen Fleiß darauf verwenden, unzähligen anderen Menschen Nulldiäten zu verordnen? Oder sogar Minusdiäten wie bei den Hartz-IV-Empfängern, deren Regelsätze noch nie für ein menschenwürdiges Leben ausgereicht haben, und die nun auch noch die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie auffangen müssen? Sollen Abgeordnete mehr Geld dafür bekommen, damit sie das Renteneinstiegsalter erhöhen und Jugendlichen die Bildungschancen rauben, andererseits aber riesige Summen für Rüstung und Krieg bewilligen? Sollen Bremer Abgeordnete beispielsweise der SPD und der Grünen mehr Geld dafür bekommen, damit sie die Versprechungen im Koalitionsvertrag schnellstens wieder „vergessen“? Soll es zusätzlich honoriert werden dürfen, dass sie überhaupt unsere Steuergroschen immer dreister an die Reichen umverteilen?
Wir wollen sie nicht dafür belohnen, damit sie im Interesse der Großunternehmer, der Banken und Konzerne Sozialstandards vernichten, demokratische Grundrechte zerstören und die Verfassung bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln. Auch wollen wir sie nicht dafür bezahlen, damit sie immer unmenschlichere Gesetze gegen Flüchtlinge und Asylbewerber beschließen und so deren Menschenrechte und Menschenwürde weiter mit Füßen treten. Kein zusätzliches Geld für ihren Zynismus, ihre politische Unmoral und ihre Heuchelei!
2. Gibt es doch noch Chancen für den alten Sendesaal? Jedenfalls scheint es so, denn die Proteste gegen den bevorstehenden Abriss halten unvermindert an. Über 7.000 Unterschriften und eine nicht abreißende Flut von Leserbriefen zeugen vom Engagement für den Saal. Selbst FDP-Fraktionschef Woltemath wünscht vorsichtig ein „Nachdenken über die Nutzungsmöglichkeiten“ und will das Thema in die nächste Bürgerschaftsfragestunde einbringen. Noch einmal „nachgedacht“ wird anscheinend auch wieder im Senat: Bausenator Loske habe den Abriss noch nicht genehmigt, berichtete am 13. November 2007 der „Weser-Kurier“. Bekommt Herr Böhrnsen jetzt kalte Füße?
Bisher fürchtete der Senat hohe Schadenersatzansprüche seitens „Radio Bremen“, falls der Sendesaal stehen bleibt und die Käufer den Sender regresspflichtig machen. Schließlich wurde mit dem Geld unter anderem der Umzug in das neue Sendezentrum im Faulenquartier finanziert. Der „Weser-Kurier“ schreibt weiter, dass jetzt „diverse rechtliche Möglichkeiten“ geprüft würden, um den Abriss doch noch zu verhindern. Der wurde bekanntlich vor zwei Monaten mit der Aufhebung des Denkmalschutzes für den Saal beschlossen und mit der Behauptung begründet, dass „kein wirtschaftlich tragfähiges Konzept“ für den Erhalt eingereicht worden sei. Das ist eine glatte Lüge, denn erstens gibt es längst ein exakt durchgerechnetes Modell, und zweitens wurde dies auch fristgerecht bis zum Stichtag Ende September vom Verein „Freunde des Sendesaals“ vorgelegt!
Das Konzept sieht vor, ein Musikdorf namens “Campus Music-Village” mit gemischter Wohnform für Studierende und Senior(inn)en ab 50 mit Übungsräumen, Wohnanlagen, Restaurants und einem Ärztehaus rund um den Sendesaal zu errichten. Kürzlich ergriff sogar der ehemalige FDP-Innenminister Gerhart Baum in einem offenen Brief an alle ARD-Intendanten Partei für Saal und Musikdorf. Anlass für den Brief ist die Einweihung des neuen Sendezentrums am 26. November 2007. Er hob hervor, dass der historische Sendesaal zur Musikgeschichte „Radio Bremens“ und der ARD gehöre und ein unersetzbares Baudenkmal sei. Der Sender werde im neuen Funkhaus im Faulenquartier über kein vergleichbar hochwertiges Tonstudio verfügen. In der Tat! Nach einem Bericht der „Tageszeitung“ vom 17./18. November 2007 schildern Experten die Akustik in dem neuen Raum als „beschissen“, und dieser miserable Höreindruck lässt sich nach Kennermeinung weder mit architektonischen Nachbesserungen noch mit tontechnischen Tricks korrigieren.
Zurück zu Gerhart Baum. Bei ihm heißt es weiter, dass der Saal aus dem Jahre 1952 ebenso denkmalwürdig sei wie der große Sendesaal des „Westdeutschen Rundfunks“, der schon längst unter Denkmalschutz stehe. Er habe sich wiederholt für den Kulturauftrag des Öffentlichen Rundfunks eingesetzt. Dann schreibt er wörtlich: „Ich appelliere an Sie“ (die ARD-Intendanten), „den Erhalt des Bremer Sendesaals sicherzustellen, damit er weiterhin genutzt werden kann, wofür er gedacht ist: für Konzerte und hochwertige öffentlich-rechtliche Musikproduktionen“.
Diesen Einsatz nehmen wir mit Freude zur Kenntnis. Das Musikdorf ist ja auch eine tolle Idee. Doch hat sie gesellschaftliche Schattenseiten, denn viele Menschen sind von vornherein ausgegrenzt, weil ihnen entweder das Geld für eine gute Musikausbildung fehlt oder sie sich die hohen Mietkosten nicht leisten können. Viele Konzertbesucher werden die relativ teuren Eintrittskarten nicht bezahlen können. Das sollten wir nicht hinnehmen! Der Koalitionsvertrag wird gebrochen, denn im Kultur-, Sozial- und jetzt wieder ganz massiv im Jugendbereich wird überall gestrichen. Von Streichungen im Bau- und Betonbereich hört mensch hingegen nichts! Politische Lösungen müssen her, denn Kunst und Kultur hat für alle da zu sein!
1. Mit Kranzniederlegungen und Gedenkstunden wurde gestern an die Opfer von schwersten Auseinandersetzungen und Gewaltherrschaft erinnert. So wird am Volkstrauertag der Toten beider Weltkriege und der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Der Gedenktag mahnt zu Versöhnung, Verständigung und Frieden. Ich wünsche mir, dass unsere Regierungsvertreter bei ihren Bekundungen nicht nur in die Vergangenheit gucken, sondern auch ein Augenmerk auf die Gegenwart legen würden, wo Deutschlands Grenzen „am Hindukusch verteidigt“ werden sollen und im eigenen Land immer mehr Menschen mit ihren Familien absichtlich von der Regierung in hoffnungsloseste Armut getrieben werden! Das nenne ich Krieg gegen weite Teile der eigenen Bevölkerung! Wann wird dieser Menschen gedacht, praktisch meine ich, nicht als bloßes Lippenbekenntnis mit Niederlegung einiger Kränze, nachdem das Kind Jahre zuvor sehenden Auges in den Brunnen fallen musste?!
Obwohl die Konjunktur angeblich so doll boomt und die Arbeitslosigkeit mutmaßlich zurückgeht, steigt die Kinderarmut in Deutschland weiter dramatisch an. Seit Inkrafttreten des menschenverachtenden Hartz IV vor knapp drei Jahren hat sich die Zahl der auf Sozialhilfe angewiesenen Jungen und Mädchen auf mehr als 2,5 Millionen verdoppelt, wie der „Kinderreport Deutschland 2007“ des „Deutschen Kinderhilfswerks“ ausweist. Eine der bitteren Folgen davon: Jedes dritte Kind gilt bereits bei seiner Einschulung als therapiebedürftig! Laut „Report“ gelten mittlerweile 14 Prozent aller Kinder offiziell als arm. Schätzungsweise 5,9 Millionen leben in Haushalten mit einem Jahreseinkommen der Eltern von bis zu 15.300 Euro – rund ein Drittel aller kindergeldberechtigten Kinder.
War 1965 nur jedes 75. Kind unter sieben Jahre auf Sozialhilfe angewiesen, ist es heute mehr als jedes sechste. Die materielle Armut von Kindern habe sich etwa alle zehn Jahre verdoppelt, rechnete der Mitautor der Studie und Sozialrichter aus Darmstadt, Jürgen Borchert, vor. Dabei sind Kinder aus Einwandererfamilien besonders betroffen. Der Präsident des „Kinderhilfswerkes“, Thomas Krüger, machte eine „kurzsichtige Politik“ dafür verantwortlich und forderte einen „schnellen und radikalen Paradigmenwechsel in der Familien- und Kinderpolitik“. Denn Armut hat erhebliche Auswirkungen: Die finanziell benachteiligten Kinder ernähren sich ungesünder, bewegen sich weniger, bleiben immer häufiger in isolierten Wohnvierteln unter sich, ohne gute Schulen, Ausbildungsmöglichkeiten und ausreichend soziale Unterstützung. Zudem sind gerade die vielfach fehlenden Bildungschancen ein Problem, das Armutskarrieren vorprogrammiert!
Auf diese Weise gehen wichtige Potenziale der Kinder und Jugendlichen verloren, was mittelfristig auch gravierende Folgen auf die volkswirtschaftliche Leistung haben wird. Dies muss auch mal gesagt werden, weil anscheinend der momentane Kostenfaktor das einzige Argument zu sein scheint, das überhaupt noch zählt! Jedes vierte Schulkind habe die Schule „ohne Beherrschung des Mindestmaßes an Kulturtechnik“ verlassen, das selbst Hilfsarbeiten voraussetzen – mit stark steigender Tendenz. Deutschland nehme wegen seiner Familien- und Bildungsverarmung im Kreis der Industrienationen eine negative Spitzenstellung ein.
2. Dass Arbeitslosigkeit vor allem die Ungebildeten treffe, ist ein hartnäckiger Mythos. Auch Robert Misik schreibt in seinem Kommentar „Diagnose: Asozialität“ bezüglich der Unterschicht-Debatte in Deutschland: „Bildungspolitik ist das Wichtigste, um die Fatalität der negativen Sozialvererbung zu unterbrechen.“ Sicher gibt es dieses Phänomen, aber auch eine gute Bildung schützt schon lange nicht mehr vor Arbeitslosigkeit. Spätestens seit Barbara Ehrenreichs Buch „Qualifiziert und arbeitslos“ sollte dieser Mythos erledigt sein.
Es sind also bei weitem nicht nur – wie Misik meint – die ohne Chancen, die am falschen Ort lebten, in die falsche Schule gingen, die falsche Muttersprache hätten oder in die falsche Familie hineingeboren seien. Auch für jene, bei denen sehr wohl „alles richtig“ ist, sind die Aussichten oft nicht rosig. Hier einige Vermutungen, was das Bild von der Unterqualifiziertheit der Chancenlosen nährt: Arbeitslose Akademiker sind „unsichtbar“, sie verstecken sich regelrecht. Viele melden sich gar nicht arbeitslos, weil sie sich den Schikanen der Arbeitsbehörden nicht aussetzen wollen. Sie leben oft von Erspartem, Geerbtem, einer vermieteten Wohnung oder vom Partner, der noch gut oder halbwegs gut verdient.
Gerade unter den Jungakademikern ist zwar die Arbeitslosigkeit sehr hoch, aber diese scheinen in der Statistik immer seltener aufzutauchen. Um in den Genuss einer Unterstützung zu kommen, müssten sie nämlich erst ein Jahr lang fix angestellt, also arbeitslosenversichert, gearbeitet haben – was immer seltener der Fall ist. Sie könnten sich zwar auch ohne Bezugsberechtigung arbeitslos melden, aber das macht selten jemand. Bei der Behörde erwarten einen ja statt Hilfe meist Schikanen: sinnlose Kurse, zweiwöchiges „Stempelngehen“, keine Urlaubsmöglichkeit, nicht ins Ausland fahren dürfen – und vor allem: so behandelt werden, als hätte man etwas verbrochen. Überdies sprechen arbeitslose Akademiker selten über ihre soziale Lage, weder privat noch gar öffentlich. Was aber macht den Mythos von der Wichtigkeit der Bildung so unerschütterlich? Warum wird uns ständig eingebläut, wir hätten gefälligst lebenslänglich zu lernen, ansonsten wir zum alten Eisen kämen und die ganze Nation ins Hintertreffen?
Es geht also um pure Nützlichkeit und Anpassung an die Vorgaben einer in vielem fragwürdigen Wirtschaft. Gelernt werden soll, was einem angeblich beruflich nützt. Es wird suggeriert, Arbeitslosigkeit sei nur eine Frage der Behebung individueller Defizite. Wenn der Erfolg trotz Bildung ausbleibt, habe ich das Falsche gelernt. Zurück an den Start! Aber das Heer der Arbeitslosen erhofft sich von Bildung nicht nur eine Jobchance, sondern all die Aus- und Weiterbildungen dienen oft schlicht ihrer Existenzberechtigung. Diese wird Arbeitslosen als nicht vollwertigen Mitgliedern der Gesellschaft ja abgesprochen. Positiver Nebeneffekt solcher Pflichtübungen: Die eine Hälfte sonst Arbeitsloser schult die andere Hälfte. Es lebe das potemkinsche Dorf! Wir simulieren Vollbeschäftigung! So wird Bildung zur Fortsetzung der sinnlosen Lohnarbeitstretmühle mit anderen Mitteln degradiert.
3. Sozialabbau, Arbeitslosigkeit, Gewalt und Kriminalität – damit verbinden sich nach wie vor die dominierenden Sorgen und Ängste der Überfünfzigjährigen in Ostdeutschland. Gehen in der Gesamtbevölkerung ab dem 18. Lebensjahr durchschnittlich elf Prozent von verbesserten Zukunftschancen und 35 Prozent von Verschlechterungen aus, so erwarten bei den Überfünfzigjährigen nur noch zwei Prozent Verbesserungen; fast die Hälfte der Befragten sieht für sich schlechtere Zukunftschancen. Der „9. Sozialreport des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums Berlin-Brandenburg“ seit 1990 zeige deutlich, dass „Wohlstandsgewinnen“ in den Jahren bis 1999 inzwischen zunehmende „Wohlstandsverluste“ gegenüberstehen. Weder der konjunkturelle Aufschwung noch die „Hartz-Reformen“ haben Verbesserungen für ältere Ostdeutsche gebracht.
Dies ist insofern bitter, als es gerade Menschen dieser Jahrgänge gewesen sind, die 1989/90 Träger der friedlichen Revolution in der DDR waren. Es ist besorgniserregend, dass die Schwierigkeiten im sozialen Bereich und die Defizite in der sozialen Infrastruktur nicht nur mit sinkendem Vertrauen in die Politik und die demokratischen Institutionen einhergingen, sondern auch zunehmend zur Entsolidarisierung in der Gesellschaft führten. Dem „Sozialreport“ wurde erstmals die Studie „Volkssolidarität gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit“ hinzugefügt. Der Kampf gegen Rechtsextreme sei umso wichtiger, je mehr diese versuchten, sich sozialpolitisch zu profilieren. Sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch Mitglieder der „Volkssolidarität“ sollten gegen Rechtsextremismus, aber auch gegen Rechtspopulismus sensibilisiert werden.
4. Spannend und politisch brisant war die Zusammenkunft von 30 Arbeits- und Sozialrichtern, die sich auf Einladung des DGB zum Thema „Hartz IV in der Rechtsprechung“ austauschten. Die Richter berichteten von einer wachsenden Zahl an Streitsachen, die am Gelsenkirchener Sozialgericht um Leistungen nach den ALG II geführt werden. Fehlerhafte Bescheide der „Hartz-IV-Behörden“ seien der Hauptgrund für viele Verfahren. Die Richter beklagten, dass für zahlreiche wegweisende Streitfälle noch immer keine rechtskräftigen Urteile der Obergerichte vorlägen und deshalb den zuständigen Behörden keine klaren Grenzen aufgezeigt werden könnten.
Rechtsanwalt Klaus Kettner, Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht, verwies auf zahlreiche Gerichtsverfahren, die von „Hartz-IV-Behörden“ zwar verloren wurden, aber noch nicht rechtskräftig geworden seien. Die Ämter setzten deshalb ihre fehlerhafte Praxis einfach fort. Dieses „Spielen auf Zeit“ führe in der Regel nicht dazu, dass die Behörden alle ihre Bescheide „rechts- und gerichtsfest“ erstellten. Beispielsweise würden in den Argen häufig laufende Leistungen durch Mitarbeiter der Behörde gekürzt, ohne dass zuvor ein Abänderungsbescheid ergeht.
Die Vertreter(innen) der DGB-Rechtsschutzstelle wiesen darauf hin, dass es immer schwieriger werde, im Bereich der „Hartz-IV-Leistungsgewährung“ das „Recht der kleinen Leute“ durchzusetzen. Viele Bescheide seien zwar fehlerhaft, aber die schwierige Überprüfung der Bescheide und deren häufige Abänderung bereite neben den Betroffenen auch den Rechtsberatern häufig Schwierigkeiten. Viele Betroffene scheuten aber selbst bei erkennbaren Rechtsverstößen die Einforderung der ihnen rechtlich zustehenden Leistungen.
5. Fast jede fünfte Frau in Thüringen hat ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze. Nach Informationen des DGB sind im Freistaat vor allem Frauen arm: 171.000 – knapp 20 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter – haben damit ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 458 Euro. Die meisten von ihnen sind zwar berufstätig, verdienen aber zu wenig. Die Zahl der Armen ist in Thüringen zwischen 1996 und 2005 von 10,7 auf 14,3 Prozent angestiegen. Die Zahl derer, die in extremer Armut leben, kletterte um 21,8 Prozent auf 207.000 Personen.
„Die Armut in Thüringen ist weiblich, und Frauen arbeiten hier in großer Zahl zu Armutslöhnen“, sagte Silke Bemmann, Landesfrauensekretärin des DGB. Viele erwerbstätige Frauen hätten aufgrund ihres nicht existenzsichernden Einkommens einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, gingen aber wegen der Anrechnung des Einkommens des Partners leer aus. „Frauen werden durch die niedrigen Löhne nicht nur in die Armut, sondern durch das Fehlen eines eigenständigen Anspruches auf Sozialleistungen auch noch in die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner getrieben“, erklärte Bemmann. Sie forderte Ministerpräsident Dieter Althaus auf, sich im Bundesrat für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von mindestens 7,50 Euro je Stunde einzusetzen.
Mit einer Armutsquote von 17,1 Prozent liegen Alleinerziehende im Freistaat über dem bundesweiten Durchschnitt von 14,3 Prozent. Knapp 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. „Statt durch Maßnahmen wie das Landeserziehungsgeld, das als Prämie für das Zuhausebleiben ausgezahlt wird, Mütter in der Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu behindern, sollte die Landesregierung endlich wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Frauen auf dem Erwerbsarbeitsmarkt ergreifen“, forderte Bemmann.
Unterdessen wollen die beiden Landtagsfraktionen von SPD und Linkspartei mit einem gemeinsamen Änderungsantrag zum Landeshaushalt die Ziele des Eltern-Volksbegehrens „Für eine bessere Familienpolitik in Thüringen“ unterstützen. Dazu gehören der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Geburtstag, die Gebührenfreiheit für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung sowie eine bessere Personalausstattung und die verbindliche Umsetzung des Bildungsplanes.
6. Letzte Woche forderte die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion der „Linken“, Katja Kipping, die Zahlung von 40 Euro Weihnachtsbeihilfe für ALG-II-Beziehende und Asylsuchende. Ihre Fraktion startet hierzu eine parlamentarische Initiative. Weihnachten ist in diesem Land für viele das wichtigste Familienfest. Ein solches Fest ist mit höheren Ausgaben verbunden, die vom Hartz-IV-Regelsatz nicht zu bestreiten sind – von den Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes ganz zu schweigen. So sind in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die der Ermittlung des Regelsatzes zugrunde lag, für Geschenke an Kinder gerade mal 1,47 Euro im Monat eingeplant!
Das alte Bundessozialhilfegesetz beinhaltete aus gutem Grund eine Weihnachtsbeihilfe. Eine solche sieht die Hartz-IV-Gesetzgebung bisher leider nicht vor. Das soll sich nun ändern. Auch Menschen, die aufs Arbeitslosengeld II beziehungsweise auf Asyl angewiesen sind, sollten in der Lage sein, mit ihren Lieben ein schönes Weihnachtsfest zu feiern. Hierzu gehört natürlich viel mehr als Geld. Aber ganz ohne Geld lässt sich kein Fest ausrichten. Deswegen fordert „Die Linke“ eine Weihnachtsbeihilfe von 40 Euro. Ich glaube zwar, dass sie bereits im letzten Jahr ergebnislos gefordert wurde, aber auf diesem Wege wird zumindest deutlich, dass es seit Einführung von Hartz IV nicht – wie oft behauptet – mehr, sondern weniger Geld für ALG-II-Empfänger gibt! Und dies natürlich auch zu Weihnachten, dem ach so christlichen Fest der Liebe.
Letzten Donnerstag haben wir das Streikmobil der Lokführer am Bremer Hauptbahnhof besucht. Unsere Delegation wurde mit großem Hallo begrüßt. Wir überbrachten solidarische Grüße und machten den Kollegen Mut: „Ihr zeigt Rückgrat und setzt ein Zeichen für andere Belegschaften. Kämpfen wie die Lokführer! So denken inzwischen viele Bürger, die es satt haben, dass die Reichen immer reicher und das Volk immer ärmer wird.“
Stolz berichteten uns die Lokführer von der großen Zustimmung, die sie von den Fahrgästen bekommen: „In unserer Umfrage haben 80 Prozent dem Streik zugestimmt. Es gibt nur wenige Gegenstimmen, obwohl die Leute die Auswirkungen zu spüren bekommen. Und die wenigen, die dagegen sind, wurden falsch informiert. Wer weiß schon, dass ein Lokführer netto mit 1.500 Euro nach Hause geht?“
In großer Runde diskutierten wir lange über ein vollständiges Streikrecht, das wir auch in Deutschland brauchen; über Gewerkschaften, die endlich wieder richtige Kampforganisationen werden müssen; über die internationale Kampfgemeinschaft, zum Beispiel mit den streikenden Bahnbeschäftigten in Frankreich gegen die Erhöhung des Rentenalters oder gegen die Privatisierung und den Börsengang der Bahngesellschaften in Europa.
Durch den Streik und die große Sympathie in der Bevölkerung wurde der Bahn-Vorstand in die Defensive gebracht. Am Dienstag will er plötzlich doch ein neues Angebot vorlegen. Ob es ein echtes oder nur ein Schau-Angebot ist, wird sich zeigen. Die Lokführer werden nicht klein beigeben: „Wir sind wild entschlossen, den Streik unbefristet durchzuziehen!“
„Bleibt hart, wir stärken euch den Rücken! Unsere Solidarität habt ihr!“ So verabschiedeten wir uns und luden die Lokführer zur Montagsdemo ein, um dort von ihrem Streik live zu berichten. Sie wollen gerne kommen und weiter mit uns zusammenarbeiten. Unser Besuch war für uns eine tolle Erfahrung in der praktischen Solidarität zwischen Arbeitslosen und kämpfenden Arbeitern.
In Rathaus, Parlament, den Banken und Büros war noch was los, und auch über den dunklen Marktplatz kamen noch einige Leute: Am 19. November 2007 um 17:30 Uhr hatten sich zur 159. Montagsdemo um die 20 Teilnehmer zusammengefunden, die Zahl wuchs dann auf fast 45 Zuhörer während der Beiträge an. Auch Jugendliche fragten, was denn die Montagsdemo sei. Sie waren froh, dass wir keine Faschisten sind.
Es wurde über den Besuch der Montagsdemo-Abordnung bei den streikenden Lokführern berichtet. Auch ging es um die Diätenerhöhung in Bundestag und Bürgerschaft: Warum verteidigen die bürgerlichen Medien so vehement die Diätenerhöhungen und die „parlamentarische Demokratie“? Welche Prinzipien und Forderungen setzt die Montagsdemo-Bewegung dagegen, um die politische Willensbildung und Demokratie für die Massen zu entwickeln? Gesprochen wurde auch über die 1,47 Euro, die ein ALG-II-Bezieher im Monat für Weihnachten „ansparen“ darf und noch anderes mehr.
Kommt zahlreich zur 160. Montagsdemo am 26. November 2007! Treffpunkt ist um 17:30 Uhr die „Glocke“ an der Domsheide. Wenn Gerhard Schröder an diesem Abend nach Bremen kommt und die ehrenamtlichen Spendensammler der „Willhelm-Kaisen-Bürgerhilfe“ mit einer Rede zu „erfreuen“ und zu „gewinnen“ sucht, werden wir ihm schon eine andere Meinung entgegenhalten! Die Begrüßung des „Verarmungskanzlers“ durch Bürgermeister und Bürgerschaftspräsident erfolgt bereits um 16:50 Uhr in der Oberen Rathaushalle. Wir wollen uns daher rechtzeitig mit Transparent und Trillerpfeifen vor dem Seiteneingang versammeln.