76. Bremer Montagsdemo
am 27. 02. 2006  I◄◄  ►►I

 

Das Messer gewetzt

Ursula GatzkeWenn ich per Gesetz ausgenommen werden muss, dann ist mit der Menschenwürde endgültig Schluss! Deutschland ist total pleite, nun fängt man schon an: „Wie komme ich an die ‚Ersatzteile‘ der Menschen ran?

Wenn wir dem Michel die ‚Ersatzteile‘ stehlen, braucht er nicht mehr ‚für‘ Organspende zu wählen! Es ist schon hart genug, sich für eine Organspende zu entscheiden, drum nehmen wir dem Michel die Entscheidung ab, dann muss er nicht leiden!

Zerlegen wir den Menschen in viele Einzelteile, auch den, der geraucht! Es darf nichts übrig bleiben, denn es wird alles, aber auch alles gebraucht!“ – Doch wir geben unser Leben allezeit in Gottes Hand hinein und wollen als Menschen nicht enden im Schlachthof wie ein Schwein!

Sparen, sparen müsste man genauso bei den Toten! Wer haut den Organ­spendepflicht-Denkern auf die Pfoten? Organspendepflicht-Denker, wir sagen: Fort mit solchen Gesetzen! Wir brauchen keine Menschen, die billig das Messer wetzen!

Ein Gesetz wacht über uns und wartet, dass wir sterben! Wer will uns dann so schamlos beerben? Scheußlich, scheußlich, der grässliche Gedanke ist bei mir! Passen wir auf und schlagen zu dem Pflichtgesetz die Tür!

Ursula Gatzke (parteilos)
 
Umfrage: Soll Organspende
Pflicht werden? („Kreiszeitung“)
 
Armutsquote gestiegen: 60 Prozent aller Haushalte,
die früher Arbeitslosenhilfe bezogen, stehen mit
Hartz IV finanziell schlechter da („Spiegel-Online“)

 

Die Firmen entlasten

Aktionäre und Manager leben nicht schlecht: Das ganze Jahr Fasching, ’s wird fröhlich gezecht. Doch nähern wir uns dem Tariflohnstreit, dann sagt man zu uns plötzlich: „Fastenzeit! Übt das Verzichten und übt das Fasten! Man muss jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!“

Ob Talkshow am Abend bei Frau Christiansen, ob Börsennachrichten, wo Kurse tanzen, ob Doku, ob Spielfilm, ob Interview bei Tag und bei Nacht und immerzu dieselbe Leier tönt aus dem Kasten: „Man muss jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!“

Ob die Krise Konkurse bringt, die Konjunktur grad steigt oder sinkt, Wirtschaftsexperten sagen stets munter: „SOS, Hilfe, wir gehen unter! Wir sind am Ende vom Fahnenmasten! Man muss jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!“

Konzerne, die ächzen schwer unter der Steuer: Sie zahlen fast nichts mehr, und doch ist’s zu teuer. Der Wettbewerb ist ja so hart, so hart, wir suchen das Land, das uns Steuern erspart! Und wieder hör’n wir den Spruch, den verhassten: „Man muss jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!“

Gesundheit und Arbeit und auch bei den Renten, die magische Formel seit vielen Jahrzehnten: Entlastung der Firmen in einem Flug – Wenn’s nicht greift, war’s nicht Entlastung genug! Weil wir schon all diese Chancen verpassten, muss man jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!

Stell dir mal vor, mehr Geld könnte man auch für Bildung ausgeben, so viel jeder braucht. Gesundheit wär gratis und jeder wär reich! Und wie wir so träumen, da mahnt man uns gleich: „Es nützt nichts, nach schönen Idealen zu hasten, man muss jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!“

Und wenn wir es dann mal nicht mehr akzeptieren, gegen den Arbeitsplatz-Klau rebellieren, selbstbewusst handeln, Betriebe besetzen, verstehn sie uns plötzlich und schrein voll Entsetzen: „Hört auf zu streiken, ihr blinden Phantasten! Man muss jetzt die Firmen entlasten, entlasten, entlasten!“

Die Mächtigen klagen, die Macht sei so schwierig: Sie streiten um Pöstchen, und jeder ist gierig. Sie müssten viel ackern und täglich sich plagen, müssten die schwere Verantwortung tragen! Wie wär’s, wenn wir aus ihren Sesseln sie schassten? Wir können sie gerne entlasten, entlasten, entlasten!

Büttenrede von Pit Bäuml zum politischen Rosenmontag 2006,
vorgetragen von Wolfgang Lange

 
Ätschibätschi: Jeden dritten angebotenen Job
gibt es gar nicht („Spiegel-Online“)

 

Fördern und Fordern –
Anspruch und Wirklichkeit

Gudrun BinderGefordert wird, dass junge Menschen eigenverantwortlich ihr Leben in die Hand nehmen und ihre Zukunft planen. Gefördert wird die Abhängigkeit junger Menschen von ihren Eltern, weil sie bis zum 25. Lebensjahr bei ihnen wohnen bleiben sollen.

Gefordert wird von den jungen Menschen, dass sie den Fortbestand der Bevölkerung für angeblich sichere Renten sichern sollen. Gefördert wird die unsichere Zukunft für junge Menschen, in der nicht berechenbar ist, wie sie für eventuelle Kinder sorgen können.

Gefordert wird von den jungen Menschen, dass sie intelligenter werden müssen; die PISA-Ergebnisse sind eine Blamage für Deutschland. Gefördert wird die Verdummung der jungen Menschen durch Einsparungen im Schulwesen.

Gefordert wird von den jungen Menschen, dass sie sich um einen Aus­bildungs- und Arbeitsplatz bemühen. Gefördert wird der Frust der jungen Menschen, weil sie massenweise Absagen auf ihre Bewerbungen erhalten.

Gefordert wird von den jungen Menschen, dass sie jede noch so unsozial gestaltete Arbeitsstelle annehmen müssen. Gefördert wird der Druck auf die jungen Menschen durch sofortige, rigorose finanzielle Einbussen, nehmen sie die Arbeit nicht an.

Gefordert wird dynamischer Einsatz und Durchsetzungskraft der jungen Menschen für ihre berufliche Zukunft. Gefördert wird das Schwinden des Selbstwertgefühl der jungen Menschen durch die Behandlung der Mitarbeiter der Bagis.

Gefordert wird von den jungen Menschen, dass sie sich für ihre persönlichen Belange selbständig und selbstverantwortlich einsetzen sollen. Gefördert wird bei jungen Menschen, dass eine Entfaltung ihrer Persönlichkeit aufgrund politischer Unfähigkeit und sozialer Abhängigkeit nicht stattfinden kann.

Gefordert wird von uns von den Politikern die Absicherung für ein menschenwürdiges Leben für jeden in Deutschland lebenden Menschen! Gefördert werden muss die Umverteilung der Gelder von oben nach unten!

Gudrun Binder
 
Böses Gutachten: Tarifverhandlungen am Bremer Theater
sind vorerst gescheitert („Frankfurter Rundschau“)

 

Ist Bremen absolut
insolvenzgefährdet?

Hans-Dieter Binder1. Hilft der Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen mit, diesen Zeitpunkt hinauszuschieben? Was käme bei einer echten stichtagsbezogenen Bilanzierung der bremischen Gesellschaften heraus? Wahrscheinlich die Zwangsverwaltung durch einen Sparkommissar!

Bremen leistet sich den externen Prüfungsaufwand für über 250 Gesellschaften, ohne einen Durchblick zu erzielen. Jeder, der an einem echten Überblick interessiert ist, würde die Wirtschaftszeiträume der Gesellschaften dem Haushaltsjahresabschluss anpassen! Alles andere ist Verwirrspiel, bewusst und vorsätzlich! Dieses Verwirren wird nicht eingeschränkt, sondern ausgebaut, zum Beispiel bei Theater GmbH und Theater Grundstücks-GmbH & Co. KG!

Wie ich zu dieser Vermutung komme? Bremen hat einen Rechnungshof; unabhängig soll dieser die Verwaltung prüfen und anleiten. Das Ergebnis wird im Jahresbericht festgehalten und veröffentlicht. Im Jahr 2002 wurde die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Jahres 2000 geprüft. Gegenstand dieser Prüfungen war auch das Bremer Theater, ab Seite 67.

Auf Seite 70 steht (Ziffer 227): „Seit 1998/99 hat das Ressort eine Auszahlung der Zuschüsse zur Verlustabdeckung ausdrücklich ausgeschlossen. Der Rechnungshof bezweifelt, ob die letztgenannten Bescheide Grundlage für eine Aktivierung der Forderung sein können. Er hat das Ressort gebeten, die Bescheide so zu fassen, dass sie für eine Bilanzierung geeignet sind“. Das muss mensch sich auf der Zunge zergehen lassen!

Die Forderungen gegen die Freie Hansestadt Bremen stehen in den Bilanzen des Theaters, nach Feststellung des Rechnungshofs zu Unrecht! Die falsche Bilanzierung ist für Außenstehende nicht ersichtlich: Diese Bilanzen sind falsch! Trotzdem erhielten sie das Testat der Wirtschaftsprüfer, die Genehmigung des Aufsichtsrates, und die Geschäftsführer wurden entlastet!

Glücklicherweise hat bisher niemand einen Schaden erlitten, doch die Auswirkungen dieser falschen Bilanzansätze wirken nach: Das Theater hat diese Geldmittel nicht erhalten, und in den letzten beiden Jahresabschlüssen die nicht kassenwirksamen Forderungen ausgebucht, ohne Geld dafür zu erhalten! Die entsprechende Bilanz des Theaters ist bisher nicht beim Amtsgericht hinterlegt, somit noch nicht endgültig, aber längst überfällig!

Der Rechnungshof hat einen Betrug festgestellt und keine Abhilfe geschaffen? Er hat einen guten Rat für die Zukunft erteilt, aber die Vergangenheit nicht geheilt? Ein Fazit daraus wäre: Bremen hat wesentlich mehr Schulden als zugegeben, Bremen ist erheblich insolvenzgefährdet!

Der Rechnungshof hat auch noch eine Rüge an das Kulturressort erteilt (Ziffer 287): „Das zuständige Senats... hat die Verpflichtung, unter anderem die Finanz- und Vermögenslage sowie die Aufgabenwahrnehmung der GmbH ... sowie die Berichte des Überwachungsorgans und der Jahresabschlussberichte ... zu überprüfen. Das Ergebnis der Prüfung ist dem Rechnungshof mitzuteilen“. (Ziffer 288): „Diese Verpflichtung hat das Kulturressort zuletzt für das Geschäftsjahr 1989/1990 erfüllt“. (Festgestellt vom Rechnungshof am 20. Februar 2002.)

Fazit: Auch der Finanzsenator hat sein Fachgebiet nicht im Griff! Die Nichteinhaltung der Vorlagepflicht hätte der Finanzsenator bemerken und rügen müssen. Aber wer pleite ist, hat andere Sorgen, oder? Herr Senator Kastendiek möchte nach vorne schauen. Na klar, bei der Vergangenheit! Ausbaden sollen die Beschäftigten des Theaters die Unfähigkeit des Kulturressorts. Ansatz für die Prüfung des Bremer Rechnungshofes im Jahr 2002 war die Vermutung, das Theater zahle zu hohe Löhne und Gehälter. Dies wurde detailliert widerlegt!

Der neue Geschäftsführer des Bremer Theaters hat einen Lösungsvorschlag: Die Beschäftigten sollen verzichten und die Suppe auslöffeln! Der Neue ist für Senator Kastendiek ein Alter: Herr Wolfgang Patzelt war bis August 2004 Prokurist bei Bremen-Ports, jetzt ist er Geschäftsführer bei EEH Automobile Logistics, einer Tochterfirma der BLG. Er ist somit aufgestiegen, noch relativ frisch!

Bremen-Ports hat einen Aufsichtsrat, Vorsitzender ist Senator Kastendiek! BLG hat einen Aufsichtsrat, Vorsitzender ist Herr Kastendiek! Das Bremer Theater hat einen Aufsichtsrat, Vorsitzender ist Senator Kastendiek! Nichts mit unabhängig, oder? Wie sagte der noch amtierende Intendant: „Bestellte Wahrheiten“. Diese Überschrift sagt alles! Dieser Kultursenator gibt viel Geld aus für Gutachten: Eine Nebensächlichkeit, die viel besagt.

Nur Herr Wolfgang Patzelt kann die Theater GmbH allein vertreten! Die Frankfurter Rundschau vom 21. Februar 2006 hat es auf den Punkt gebracht: Die Freie Hansestadt Bremen will das Tarifgefüge des öffentlichen Dienstes aufbrechen und benutzt dazu das Theater! Aber wer zu Schaden kommt, kann und sollte den Schuldigen in Regress nehmen! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

 

2. Anträge auf Weihnachtsbeihilfe wurden in Bremen teilweise recht spät gestellt, verursacht durch Frau Röpke. Bremens Senatorin für Soziales hat festgestellt, Weihnachtshilfe sei durch die Hartz-Gesetze abgeschafft: „Wir werden daher auch keine Weihnachtshilfe zahlen!“ Eine genauere Quelle hat Frau Röpke nicht genannt. Die AWO Bremen hat den Betroffenen geraten, trotzdem einen Antrag zustellen und bei einer eventuellen Ablehnung Widerspruch einzulegen.

Die Hartz-Gesetze wurden am 19. Dezember 2003 verabschiedet (Quelle: Tacheles). Mit der Verabschiedung wurde klargestellt, dass die Weihnachtsbeihilfen nicht in den Regelsatz eingegangen sind, siehe Presseerklärung der Bundesregierung vom gleichen Tag. Dort steht auf der zweiten Seite: „Nicht in den Regelsatz einbezogen werden Leistungen für Miete und Heizung, Erstausstattung für Wohnung und Bekleidung (...), Weihnachtsbeihilfen, Kosten für mehrtägige Klassenfahrten, Bedarfe in Sonderfällen“.

Auf den Gesetzgeber ist Verlass, die Abweichung zum Gesetzestext ist sicherlich erklärbar. Die Bundesregierung hat mit ihrer Presseerklärung genau die angestrebte Regelung bekanntgemacht. Gesetzestexte gehen oftmals daneben; in solchen Fällen kommt es auf den Regelungswillen an, und dieser Regelungswillen wurde, sofort nach der Beschlussfassung, klar in der Presseerklärung wiedergegeben!

Notfalls die Hilfe des Gerichts gegen einen eventuellen Ablehnungsbescheid in Anspruch nehmen und gleichzeitig Prozesskostenhilfe beantragen! Ein Eilbedarf für die Klage ist nicht gegeben. Die geplanten Gaben können erst nach dem Geldeingang gekauft werden. Mit der Entstehungsgeschichte kann mensch jeden Tag Weihnachten feiern! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Für eine friedliche, weil gerechte Zukunftsperspektive!

Hans-Dieter Binder

 

Niedriglohn wird Gesetz

Jens SchnitkerIn letzter Zeit fallen öfters die Begriffe Kombilohn und Mindestlohn. Die Regierung beabsichtigt, den Arbeitsmarkt in Schwung zu bringen; das wäre zu begrüßen. Doch was verbirgt sich hinter der Fassade dieser ständig fallenden Worte, und warum kommen immer mehr Tempo und Schärfe in die Diskussion?

Der Kombilohn ist schon mehrfach in Deutschland ausprobiert worden, bekannt wurde er durch das „Mainzer Modell“. Staat oder Kommune subventionieren im „Arbeitsmarkt“ einen Niedriglohnsektor. Arbeitslose mit geringer Qualifikation bekommen Arbeit, die aber zu niedrig bezahlt wird. Um über das Existenzminimum zu kommen, wird der Lohn aufgestockt.

Diese Idee klingt vernünftig, doch scheiterten solche Programme bisher ständig an „Mitnahme-Effekten“ seitens der Unternehmer, die einfach ihre Mitarbeiter auswechseln. Reguläre Arbeitsplätze werden abgebaut und ersetzt durch Stellen auf Kombilohnbasis. Für den Unternehmer ein lohnendes Geschäft, da sich sein Eigenanteil am Lohn verringert!

Der Arbeiter, der vormals diese Arbeit hatte und jetzt den Kombilohn kriegt, hat dabei verloren, da er schneller auswechselbar ist. So entsteht neue, mit Steuergeldern bezahlte Arbeitslosigkeit! Diese Programme wurden nach kurzer Zeit wieder beendet. Auf der Regierungsbank muss die Verzweiflung groß sein, wenn jetzt eine Neuauflage geplant ist! Mit dem Mindestlohn verhält es sich ähnlich: Nur der Schein lässt Freude aufkommen!

Das Fordern der SPD nach schneller Findung eines Mindestlohns kann als Imagepflege gesehen werden. Ob es reicht, der SPD mehr Sympathie einzubringen, bleibt fraglich. Die rot-grüne Regierung hat den Niedriglohnbereich bereits massiv ausgebaut: Weit über sieben Millionen Arbeitsverhältnisse sind während ihrer Amtszeit entstanden, Minijobs ohne nennenswerte soziale Sicherung. Die Forderung der SPD nach einem Mindestlohn kommt einem danach wie Hohn vor.

Es gibt vehemente Gegner des Mindestlohns, Wirtschaftminister Glos (CSU) und die hohe Riege aus der Wirtschaft zählen dazu. Erst im Herbst dieses Jahres sollen entsprechende Vorschläge diskutiert werden. Arbeitgeberpräsident Hundt meint, der Mindestlohn dürfe nicht höher sein als das Arbeitslosengeld II. Die Linksfraktion fordert acht Euro. Der DGB meint, 7,50 Euro reichen. Noch darunter liegen SPD und CDU mit sechs Euro!

In Deutschland arbeiten 2,5 Millionen Menschen für 2,50 Euro pro Stunde. Vollzeit! Das reicht nicht zum Leben! Die aktuelle Entwicklung lässt Mieses ahnen: Ende Februar lud Frau Merkel zu Tisch, Gäste waren die Oberen aus Industrie und Wirtschaft. In den privaten Gemächern der Kanzlerin plauderte man zwischen den Happen über Kombi- und Mindestlohn, anschließend „stellte man sich“ der Presse. Unverschämt grinsend sah die Gruppe auf den Fotos aus!

Die erste Tischrunde ist vorbei, es folgt eine weitere mit den Gewerkschaftern. Das „Foto danach“ dürfte eher verhalten ausfallen. Da man in der Politik nicht an Zufälle glauben darf, fällt der Zeitpunkt der Tischgespräche auf: Mehrere Landtagswahlen stehen an, der öffentliche Dienst weitet seine Streiks aus. Ist alles bloß Gerede, Opium fürs Volk, jeder Aktionismus wieder nur Wischi-Waschi?

Die Unternehmer fordern schon lange die Erweiterung des Niedriglohnbereiches. Informationen, die der Öffentlichkeit zugespielt werden, ebnen den Weg für die ersten Schritte dorthin. Ist der Niedriglohnbereich erst einmal gesetzlich festgeschrieben, verliert auch das Wort Billiglohn seinen erniedrigenden Charakter. IG-Metall-Chef Peters kommentierte: „Die Gehälter der Manager richten sich nach den USA, die Löhne der Arbeiter aber nach China!“

Kommt Bewegung ins Land, nicht nur durch den Frühling? Der kritische Geist erkennt die Lügen und sieht die Gründe hinter der Tat. Im März kann eine nüchtern geplante und mit langem Atem vorangetriebene Lawine durch das Land rollen. Gegen die verordnete Alternativlosigkeit gilt es sich zu wappnen!

Jens Schnitker (parteilos)
 
Bremer Erzieher(innen) im Streik: Die Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche bedeutet für Teilzeitbeschäftigte vier Prozent Lohnkürzung („TAZ“)

 

Volksfeindliche Innen-, aggressive Außenpolitik: Das ist die Merkel-Müntefering-Regierung

Wolfgang LangeIch begrüße euch herzlich zur 76. Bremer Montagsdemonstration, heute am Rosenmontag! Was die Berliner Regierung so treibt, ist allerdings weniger komisch, auch wenn sie die Narrenkappen schon aufhaben!

Letzten Montag sprachen wir über die Änderungen bei Hartz IV, vor allem die Kürzungen für Unterfünfundzwanzigjährige und das Auszugsverbot für sie. Das ist aber erst der Anfang: Der Einstieg in eine allgemeine Kürzung des sowieso schon viel zu geringen Arbeitslosengeldes II.

Die Deutsche Industrie und Handelskammer fordert die Ausweitung der Kürzungen auf alle Leistungsbezieher und spricht sich für schärfere Zumutbarkeitskriterien und Sanktionen gegen Langzeitarbeitslose aus. Zumutbar sollen alle Jobs ab einem Stundenlohn von drei Euro sein! Wer diesen dann nicht annimmt, kriegt sein ALG II erst gekürzt und schließlich gestrichen!

Dass die neue Regierung diese Schweinereien in solchem Tempo und fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzieht, zeigt, dass sie von ihrer Vorgängerregierung gelernt hat. Ob sie damit aber lange Erfolg haben wird, wage ich zu bezweifeln. Auch unser Widerstand wird steigen!

Allgemein ist eine härtere Gangart spürbar. Letzte Woche berichtete ich vom Polizeieinsatz gegen Verdi-Streikposten in Osnabrück: Die Polizei prügelte Ein-Euro-Jobber als Streikbrecher durch! Jetzt war zu lesen, dass in Hamburg, erstmals seit Jahrzehnten, im öffentlichen Dienst ausgesperrt wurde. Der Streik gegen die Arbeitszeitverlängerung ist ein Streik gegen Entlassungen, für Arbeitsplätze. Ihm gehört unser aller Solidarität! Diese Woche wird er auch in Bremen beginnen. Tun wir uns mit den Streikenden zusammen!

Der härteren Gangart von Regierung und Unternehmern gegen die Arbeiter und Arbeitslosen entspricht die wachsende Aggressivität der Außenpolitik. Jetzt wurde bekannt, dass BND-Mitarbeiter aktiv durch Auskundschaftung von Angriffszielen im Irak und Weitergabe von Verteidigungsplänen an die USA deren Krieg unterstützten. Da bleibt nicht viel übrig vom Heiligenschein der Friedensengel Schröder und Fischer!

Die neue Regierung hetzt zum Krieg gegen den Iran und erklärt einen Atomwaffeneinsatz für legitim. Widerstand tut not! Heute wählen wir die Delegierten und Kandidaten für die zentrale Konferenz der Montagsdemos am kommenden Sonnabend in Hannover. Von ihr werden, so hoffe ich, wichtige Impulse für den weiteren Kampf gegen Hartz IV und die ganze reaktionäre Regierung ausgehen!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
„Hände weg vom Iran!“ – Die MLPD Bremen lädt ein zum Diskussionsabend am Samstag, dem 4. März 2006, um 20 Uhr im Clubzimmer der Gaststätte „Paganini“, Isarstraße/Ecke Erlenstraße (Neustadt). Thema sind die laufenden Kriegsvorbereitungen gegen den Iran: Was steckt hinter dem „Kulturenstreit“? Was wollen die USA? Hierbei geht es natürlich auch um die Rolle Deutschlands und den internationalen Widerstand!

 

Solidarität mit dem Streik
im Öffentlichen Dienst

Es war immer noch kalt, als sich die circa 30 Teilnehmer zur 76. Montagsdemo in Bremen um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz trafen. Natürlich begrüßen wir es, dass der Streik im Öffentlichen Dienst und bei AEG in Nürnberg weitergeht! Die Politik und die Medien wollen mit Lügen und Behauptungen den Unmut der Bevölkerung schüren, aber das gelingt ihnen nicht. Viel zu viele sind von der gleichen Politik betroffen und fordern zum Durchhalten auf!

Unsere Demonstrationen gegen die „Bolkestein“-Richtlinie haben auch etwas gebracht: Das „Her­kunftsland-Prinzip“ ist gekippt! Aber es sind noch genügend üble Sachen drin, daher ist es ist richtig, weiter zu fordern: „Bolkestein“ muss komplett vom Tisch!

Im Mittelpunkt der heutigen Montagsdemo stand die geheime Wahl der Delegierten zur Bundeskonferenz in Hannover am 4. März 2006. Drei Delegierte und zwei „Berater“ reisen nun mit dem Niedersachsen-Ticket nach Hannover. Weiter nominierten wir zwei Kandidaten für die Koordinierungsgruppe und einen für die Revisionsgruppe.

Aber es kamen auch wieder Neuigkeiten aus dem Bremer „Staatsleben“ auf den Tisch. Wenn man an das „Bremer Theater“ denkt, fallen einem nur Wörter wie „Trickserei“ und noch Schlimmeres ein. Ein dicker Filz scheint Senat und städtische Gesellschaften zu umgeben und zu durchziehen. Ein „Rechnungshof“ ist noch dabei behilflich herauszufinden, wie „besser“ getrickst werden müsste!

Senator Kastendiek, Vorsitzender des Aufsichtsrates mehrerer städtischer Gesellschaften, darunter BLG und Theater, steuert und trickst bald dieses, bald jenes: Da werden wieder teure Gutachten bezahlt zur „Optimierung“ des Theaters, die von den Mitarbeitern ausgebadet werden soll. Herr Kastendiek will „populäres“ Theater, also weg mit dem alten „Bremer Theater“!

Schon sein Vorgänger Perschau, der als notorischer Theaterignorant bekannt ist, kämpfte gegen kritisches Theater. Schön für diese Herren ist auch, dass sie, wie ihre Staatsräte, die Aufwandsentschädigungen für die Aufsichtsrats­tätigkeiten behalten dürfen. Das ist pro Sitzung „bei der vielen Arbeit“ fast so viel, wie ein ALG-II-Betroffener im Monat bekommt!

Der Bremer „Weser-Kurier“ versucht zur Zeit, mit Interviews die „kluge Senatspolitik“ rüberzubringen. Beim Bürgermeister Böhrnsen war das Bild bald größer als der Artikel! Aber die leitenden Redakteure Murzlaff und Bauer, der ja als Gast bei der „Schaffermahlzeit“ seine Verdienste abessen durfte, verstehen es vorzüglich, entweder nichts auszusagen oder nichts ernsthaft zu problematisieren und hartnäckig zu sein! Wie der Herr, so sein Gescherr!

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo

 

Bagis fordert Teil-Untervermietung einer 40-Quadratmeter-Wohnung

Vor kurzem habe ich ein Schreiben von der Bagis erhalten, bezüglich der Unterkunftskosten. Ich habe in Walle eine 40-qm-Wohnung und nun erfahren, dass laut Berechnungen der Bagis die Kosten um 40 Prozent zu teuer seien und ich entweder untervermieten, die Miete drücken oder umziehen müsse, zum Ende des Jahres. Ich dachte, mich tritt ein Pferd! Das ist der richtige Weg, um Existenzängste zu schüren!

Ich habe heute, nachdem ich in den letzten Tagen im Internet recherchiert und auf die Montagsdemo gestoßen bin, gleich den Widerspruch zur Bagis losgeschickt. Es wurde nur mitgeteilt, dass die Unterkunftskosten zu hoch seien, aber eine konkrete Berechnung darzulegen ist nicht möglich, oder die Sachbearbeiter haben es nicht nötig!

Wenn ich bösartig denke, wird absichtlich mit verdeckten Karten gespielt. Da sagt ein Sachbearbeiter mit süffisantem Lächeln: „Der wird so geschockt sein und brav umziehen und bestimmt nicht nach der Berechnung fragen“, doch hier irrt sich der gute Mann. Ich war erstaunt über den offiziell nicht vorhandenen Mietspiegel und wie die Realität aussieht, aufgrund des von Matthias Brittinger erstellten 1. Bremer Mietspiegels!

Die Bagis gesteht mir 245 Euro zu und beruft sich auf § 8 WoGG, obwohl dieser Betrag dort nicht aufgeführt wird, womit wir bei der Willkür angelangt sind. Nach Abzug der Nebenkosten müsste die Grundmiete für die 40 qm 170 Euro betragen. Mal ernsthaft, dafür gibt es eventuell ein kleines möbliertes Zimmer!

'ALG-II macht frei': 'Angemessener Wohnraum' 
nach dem Zwangsauszug

Nachtrag: Ich bin gestern auf der Montagsdemo gewesen. Es war schweinekalt, aber informativ. Ich habe kurz mit Hans-Dieter gesprochen. Es ist gut, wenn man nicht mit seinen Problemen allein dasteht!

Zuschrift von Holger aus Bremen
 
Müßiggehen: Jetzt wieder generell zusammen mit neuer,
idiomatisierter Gesamtbedeutung („Spiegel-Online“)
 
Surfen gehen: Im Februar erstmals durchschnittlich mehr als 200
Besucher pro Tag auf der Homepage der Bremer Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz