Der alltägliche große Wahnsinn mit Hartz IV geht weiter! Unsere Spitzenpolitiker werden nie gescheiter: Deutschland braucht Kinder, so rufen sie aus, doch gemeint sind nur Kinder aus „besserem“ Haus!
Wer gut verdient, wird noch belohnt für sein Gör! Der Kleinverdiener kriegt wenig, das ist sein Malheur! Akademikerkinder bekommen Zuckerbrot mit Butter, die Arbeiterkinder kriegen Margarinebrot als Futter!
Wer keine Kinder hat auf dieser kalten Welt, dem nimmt man noch was weg von seinem bisschen Geld! Doch wehe, deine Kinder sind arm und nicht so schlau: Dann kommen sie in Hartz IV, das wissen wir genau!
Sind sie unter 25 und immer noch bei dir, dann steht ab heute Hartz IV auch an deiner Tür! Hartz IV wird die Familien erzürnen in manchem Haus! Wer es kann von den jungen Leuten, wandert sofort aus!
Hartz IV kürzt den Armen noch mehr das Geld, mit Hartz IV wird noch kälter, noch kälter die Welt! Junge Leute können sich schon nicht mehr als Menschen fühlen, sie sitzen jetzt ständig zwischen den Hartz-IV-Stühlen!
Wollen sie aus dem Elternhaus fliehen, muss es schon brennen, sonst sollen sie bis 25 bei den Eltern pennen! Hartz IV hat gezeigt: Die Wohnungen sind knapp! Darum schiebt man die Sprösslinge zu den Eltern ab!
Ob im Haus nicht bald die Fetzen fliegen, wenn der Sprössling bleibt im Bette liegen? Steh auf, junger Mensch, mit Würde und Gefühl in dir! Du kannst mit zerschlagen das menschenverachtende Hartz IV!
„Denk’ ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“. Ich leihe mir dieses Heine-Zitat aus, weil es momentan so zutreffend ist. Am 17. Februar 2006 jährte sich zum 150. Mal der Todestag des großen deutschen Dichters Heinrich Heine. Just an diesem Tag peitschte die Bundesregierung mit Affenzahn ihre gnadenlosen Änderungen beim Arbeitslosengeld II durch.
Nein, das ALG II wurde nicht etwa um 19,4 Prozent erhöht, damit es endlich auf der Höhe des früheren Warenkorbes bei der Sozialhilfe ankommen würde. Nein, jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren, die noch bei ihren Eltern wohnen, wird das ALG II zum 1. April 2006 um 20 Prozent gekürzt. Begründet wird es damit, dass sie ja sowieso mehr Geld von ihren Eltern bekämen, deshalb nicht den Bedarf von 345 Euro für alleinstehende Erwachsene hätten.
Außerdem dürfen junge Arbeitslose nur noch in Ausnahmefällen eine eigene Wohnung beziehen. Mit kaum zu überbietendem Zynismus wird behauptet, die Bundesregierung sei nicht dazu da, Jugendlichen den Einzug in die eigenen vier Wände zu finanzieren, was den Anteil der Single-Haushalte bei Hartz-IV-Empfängern in die Höhe schnellen ließe. Mit 69 Euro weniger in der Tasche sollen junge Arbeitslose an ihrem natürlichen Ablösungsprozess von den Eltern gehindert und zum weiteren Verbleib in ihrer Herkunftsfamilie gezwungen werden.
Da wird so getan, als ob ein umzugswilliges Massenheer von jungen Arbeitslosen gerade eben noch dabei gestoppt werden könnte, die Bundesregierung durch ihr Vorhaben in den finanziellen Ruin zu stoßen. Genauso absurd ist die Erwartung, dass dadurch ein dramatischer Anstieg beim Bedarf an Einpersonenhaushalten so eben noch verhindert werden konnte. Es wird der Anschein erweckt, als ob durch diese Sündenbockfunktion junger Arbeitsloser erklärt werden könnte, wann der Anteil an bezahlbarem Wohnraum derartig knapp geworden ist. Nein, nicht die Mietobergrenzen sind unrealistisch zu niedrig, sondern zu viele junge Arbeitslose blockieren unnötigerweise den Wohnungsmarkt.
Mir drängt sich der Verdacht auf, dass dies erst der Anfang einer Kürzungswelle bei den Hartz-IV-Empfängern sein soll, was ich nicht widerstandslos hinnehmen werde. Wenn Jugendliche bei ihren gut verdienenden Eltern wohnen, ist diese Kürzung nicht so gravierend, wenn auch nicht hinnehmbar, wie wenn die Eltern ebenfalls arbeitslos sind. Denn das kommt dann einer faktischen Schmälerung des ohnehin sehr knappen Familieneinkommens gleich! Wenn mein Sohn demnächst von dieser Kürzung betroffen sein wird, ist es ja nicht so, dass er vom 1. April an auch 20 Prozent weniger äße, 20 Prozent weniger Strom verbrauchte usw. Ich werde ihm auch nicht 20 Prozent weniger Suppe auf den Teller füllen.
Außerdem ist mein Sohn gar nicht arbeitslos, sondern ein Abiturient, der das finanzielle Pech hat, Sohn einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin zu sein. Manchmal frage ich mich, wieviel Ausblendung in den Köpfen dieser herzlosen Politiker vor sich gehen mag, dass sie es sich noch immer getrauen, ein Bad in der Menge zu nehmen und nicht schamesrot durch die nächste Hintertür verschwinden müssen.
Einen Tag vor der verabschiedeten Gesetzesänderung druckte der „Weser-Kurier“ einen beeindruckenden Bericht über ein Projekt, das sich mit „Kinderarmut in Bremen“ befasst. Die SchülerInnen guckten sich die Zahlen beim Statistischen Landesamt genau an und interpretierten sie dann:
„207 Euro zahlt der Staat für Kinder bis 14 Jahre, 60 Prozent des Regelsatzes für einen Erwachsenen. Diese Kinder haben jeden Tag 3,88 Euro zu wenig für die Ernährung, jeden Monat neun Euro zu wenig für die Körperpflege, jedes Jahr 44 Euro zu wenig für Schuhe. Drei Monate müssen Kinder in dieser Altersgruppe für eine Kinokarte sparen, sieben Monate für ein Buch, sechs Jahre für ein gebrauchtes Fahrrad vom Flohmarkt. Dabei liegen die Kosten für Kinder eher höher als niedriger. Weil Kinder schnell aus Kleidung und Schuhen herauswüchsen, müssten sie öfter eingekleidet werden. Auch für Ernährung in der Wachstumsphase seien die Kosten höher.“
Obwohl die Grünen auf Bundesebene mit verantwortlich für Hartz IV sind, fordert zumindest der Bremer Grüne Dirk Schmidtmann, dass Kinder vom 10. Lebensjahr an den vollen Regelsatz erhalten, genau wie ein Erwachsener. Es ist doch wirklich befremdend, wenn offenbar nur SchülerInnen erfassen können, was die Umsetzung dieser menschenverachtenden Hartz-IV-Gesetze mit den Betroffenen macht. Politiker aller Länder, nehmt endlich die Scheuklappen von euren Augen!
Was muss eigentlich noch alles passieren, bis die ständig wachsende untere Schicht in diesem Land endlich aufsteht gegen die zunehmenden Repressionen? Für jemanden, der sich auch als Betroffener für das stets kälter werdende soziale Klima interessiert, ist die Realität schon lange ein Alptraum geworden!
Letzte Woche gab es mehrere Aufmacher in den Zeitungen, die mich zweifeln lassen, ob wir überhaupt noch als Menschen gesehen werden. Bei diesem Aktionismus kann ich nur mit Nein antworten! Arbeitslose Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren dürfen jetzt nicht mehr aus dem Elternhaus ziehen. Hinzu kommt eine Regelsatzkürzung von 20 Prozent, hinfort die Wahl eigenen Wohnraums zur Entfaltung der Selbständigkeit. Der junge Erwachsene wird in den ersten Jahren bestraft und seiner Unabhängigkeit beraubt! Schlechtere Startbedingungen sind das Ergebnis!
Auch in Hamburg drohen Zwangsumzüge; es ist zu befürchten, dass diese Maßnahme durchgeboxt wird. In derselben Woche beschloss der Bundestag mit Regierungsmehrheit die West-Angleichung des ALG-II-Satzes im Osten der Republik zum Sommer 2006. Man hatte das schon länger vorgehabt, doch gab es einen Fehlschlag wegen sogenannter Softwareprobleme bei der Agentur. Die in Ostdeutschland lebenden Langzeitarbeitslosen, derer es dort mehr gibt als im Westen, haben eigentlich seit Anfang 2005 das Recht auf den ganzen Satz, bekommen aber schlappe 333 Euro statt 345 wie in Westdeutschland!
Die einzige Partei im Parlament, die forderte, die vorenthaltenen Gelder nachträglich auszuzahlen, war „die Linke“. Die Regierung schmetterte dies nieder. Bei der Abstimmung zeigte sich, dass die durchs Netz Gefallenen eigentlich keine Lobby mehr im Parlament haben. Die „Linke“ stärkt des öfteren der außerparlamentarischen Opposition den Rücken, hat aber von der Forderung, Hartz IV ganz zu streichen, Abstand genommen und begnügt sich jetzt mit der Forderung nach Erhöhung des Regelsatzes auf 420 Euro.
Zu guter Letzt werden Arbeitslose sogar als Streikbrecher benutzt: Der öffentliche Dienst, die Müllabfuhr sind im Streik, und Ein-Euro-Jobber machen deren Arbeit. Selbst auf Rügen, wo die Vogelgrippe grassiert, werden die Kadaver der verendeten Tiere von Ein-Euro-Jobbern aufgesammelt. Schamlos wird sich dieser Kräfte bedient, als ob man rechtlos ist und nur zu springen hat, wie es der Regierung gefällt! Dagegen muss mehr Widerstand stehen!
Die derzeitige Entwicklung schiebt den Arbeitslosen immer weiter in einen rechtlosen Status, der an die Anfänge der Industrialisierung in England Anfang des 19. Jahrhunderts erinnert. Zu dieser Zeit mussten sich die Menschen dem Taktschlag der Maschinen unbarmherzig unterwerfen, was letztlich zu Aufständen der Arbeiterschaft führte. Vergleiche mit heute liegen nicht fern!
Die nächste miese Nachricht flatterte vielen schon um die Ohren: Erntehelfer sollen verstärkt von Arbeitslosen gestellt werden. Von 32.000, die nachgefragt wurden, haben erst 8.600 zugesagt zu helfen. Bezahlt werden für diese Schinderei gerade mal 3,50 Euro bei guten Verhältnissen. Noch funktioniert das System, da der Widerstand zu klein und somit unbedeutend ist. Wann wird endlich dem Arbeitslosen, der jahrelang im Amt vegetieren musste, klar, dass er keine Nummer ist? Er ist nicht rechtlos, und er hat viel Würde!
Darum die Montagsdemo! Um zu motzen, um zu zeigen: Wir lassen uns nicht verdummen! Wir haben Rückgrat, in unserer Situation können wir nur gewinnen! Wir machen weiter, weil wir das wissen. Wir streuen neue Informationen, die Mut machen. Komm zu Montagsdemo! Misch dich ein, nimm das offene Mikrofon! Es ist aber trotzdem wichtig zu sehen, welche Forderungen der Montagsdemo die „Linke“ im Parlament aufnimmt.
Sechstausend Arbeitsplätze sind im letzten Jahr im Land Bremen abgebaut worden, und weiterer Abbau steht bevor: 2.700 bei Daimler-Chrysler, fast zweitausend bei den Bremer Krankenhäusern, über zweihundert bei Kraft Foods; Unilever verlagert Arbeitsplätze von Bremerhaven nach Tschechien.
Im Handel, auf dem Bau, im Handwerk, bei Banken, im Dienstleistungsbereich und im Öffentlichen Dienst: Überall werden Arbeitsplätze abgebaut oder reguläre Arbeitsplätze durch nicht sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse ersetzt. Allein im Öffentlichen Dienst wurden in den letzten zehn Jahren 5.700 Stellen abgebaut, 20 Prozent aller Arbeitsplätze! Die hohe Arbeitslosigkeit belastet unser Steuer- und Sozialsystem. Weniger Geld für Schulen und Kindergärten, für öffentlichen Nah- und Fernverkehr, für das Gesundheitswesen und die Rentenkasse sind die Folgen, die wir alle zu tragen haben!
Die dafür Verantwortlichen sitzen in erster Linie in den Zentralen großer international agierender Konzerne, die gute Gewinne machen. Sie kennen keine Verantwortung für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, deren Schaffen diese Gewinne erst ermöglicht. Sie kennen auch keine Verantwortung gegenüber dem Gemeinwesen, das ihnen die notwendige Infrastruktur, Straßen und Schienen, qualifizierte Arbeitskräfte und sozialen Frieden zur Verfügung stellt. Sie überlassen ihre überflüssigen Mitarbeiter der Arbeitslosen- und Rentenversicherung und beklagen sich über zu hohe Lohnnebenkosten!
Es sind nicht nur die Beschäftigten in den Betrieben und Verwaltungen betroffen, sondern vor allem die Schüler, Auszubildende, Studenten und Erwerbslosen, denen in Zukunft eine Teilhabe am Erwerbsleben versagt wird. Deshalb unterstützen wir die unter dem Motto „Gemeinsam gegen Arbeitsplatzvernichtung“ stattfindende DGB-Demonstration und rufen die Bürgerinnen und Bürger Bremens auf, sich daran zu beteiligen: Am Mittwoch, dem 1. März 2006, um 15.30 Uhr Treffen auf dem Bahnhofvorplatz, um 16 Uhr Marsch zum Marktplatz!
Die Bremer Montagsdemo tritt ein gegen die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze, gegen Verarmung und Verdummung, für soziale Gerechtigkeit für alle in Deutschland, für eine lebenswerte, gesicherte Zukunft für Jung und Alt!
„Ich bin dabei, weil ich auch später von meiner Rente leben möchte, ohne Sozialhilfe zu beantragen!“ – Udo, Rentner
„Ich komme zur Montagsdemo, weil ich das Gespräch mit anderen Betroffenen brauche!“ – Gerhard, Geschichtswissenschaftler
„Ich gehe zur Montagsdemo, weil es mich ärgert, dass ich mich als ausgebildete Pädagogin mit einfachen Jobs über Wasser halten muss, während an den Schulen Lehrer auf 400-Euro- oder Honorarjob-Basis beschäftigt werden. Außerdem sind Ein-Euro-Jobs Zwangsjobs, und von Hartz IV sind nicht nur ALG-II-Bezieher betroffen, sondern auch Arbeitnehmer, deren Jobs gefährdet sind!“ – Stefanie, Diplom-Pädagogin und Hygienefachkraft
„Ich gehe zur Montagsdemo, weil es so nötig wie wohltuend ist, als Gleiche unter Gleichen Verbundenheit und Widerstand zu erleben und für einige Zeit nicht mehr das Gefühl haben zu müssen, wie ein bunter Hund von allem ausgegrenzt zu sein!“ – Elisabeth, Alleinerziehende
„Ich bin dabei, weil meine Wohnung für eine ALG-II-Empfängerin nicht als angemessen gilt und ich befürchten muss, sie zu verlieren. Ohne den regelmäßigen Rat und die Tat der Montagsdemo würde ich die mich ständig begleitenden Ängste nicht verkraften!“ – Marie, Lehrerin
„Ich gehe zur Montagsdemo, weil wir eine starke soziale Bewegung von unten brauchen gegen die Verelendungspolitik von Staat und Konzernen und weil wir dabei stark werden!“ – Wolfgang, Dreher
„Ich bin dabei, weil ich mich um die Zukunft meiner Enkelkinder sorge!“ – Hannelore, Hausfrau
„Ich habe über 25 Beitragsjahre und bin arbeitssuchend gemeldet, bekomme aber kein Arbeitslosengeld, weil ich verheiratet bin. Mein Mann ist ebenfalls ohne Arbeit und von diesem Geld, seinem Arbeitslosengeld, leben wir beide. Gegen diese Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit wehre ich mich mit Protest, darum bin ich jeden Montag dabei!“ – Gudrun, Hausfrau
„Ich gehe zur Montagsdemo, weil die Tröge unten zu leer und oben zu voll sind!“ – Ursula, Rentnerin
Reden Sie mit, am Offenen Mikrofon! Machen Sie mit, wehren Sie sich! Demonstrieren Sie mit! Wir helfen mit Rat und Tat. Unsere Hilfe ist prompt, kompetent, individuell, kostenlos. Sprechen Sie mit uns!
Die bundesweite Montagsdemobewegung, die mit mehreren tausend Mitstreitern in über 30 Städten aktiv ist, lädt ein zur zentralen Delegiertenkonferenz am Samstag, dem 4. März 2006 in Hannover. Dort sollen örtliche Erfahrungen beraten und die Aktionen am 5. November 2005 in Berlin sowie gegen die „Bolkestein“-Richtlinie in Straßburg und Berlin ausgewertet werden. Zu überlegen ist, was wir als bundesweite Montagsdemobewegung weiter machen und welche neuen Aktionen wir in Angriff nehmen wollen. Für diese kommenden Aktionen soll auf der Konferenz eine neue zentrale Koordinierungsgruppe gewählt werden.
Außer dem Offenen Mikrofon haben wir weitere Formen der direkten Demokratie entwickelt, sodass jede und jeder Interessierte ihre oder seine Stimme kundtun kann. Darum wird am Montag, dem 27. Februar 2006, ab 17:30 Uhr hier auf dem Marktplatz im Rahmen der Montagsdemo die Wahl der stimmberechtigten Bremer Delegierten zu dieser Konferenz stattfinden. Ebenfalls wollen wir durch Wahl unsere Kandidaten für die zentrale Koordinierungsgruppe aufstellen, deren Mitglieder auf der Konferenz in Hannover von den Delegierten gewählt werden.
Es erfolgt also am nächsten Montag eine Vorstellung der Kandidaten für Delegiertenkonferenz und Koordinierungsgruppe. Bis dahin können Vorschläge gemacht werden. Danach organisieren wir eine geheime Abstimmung. Bitte kommt zahlreich und sagt Freunden und Bekannten Bescheid, damit sie sich auch an dieser Wahl beteiligen können!
Am letzten Donnerstag haben sich einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Montagsdemo einen netten Abend gemacht und sind zusammen ins Theater gegangen. Das war für uns möglich, weil das Bremer Theater jedem arbeitslosen Menschen pro Spielzeit zwei Freikarten schenkt!
Man benötigt die grüne Arbeitslosenkarte, die vom Arbeitsamt beziehungsweise von der Bagis ausgestellt wird. Damit bekommt man beim Theater zwei Karten für eine Aufführung eigener Wahl aus dem normalen Spielplan. Wir haben uns „Café Umberto“ angesehen. Das Stück wurde von Moritz Rinke, der aus Worpswede stammt, geschrieben. Nicolai Sykosch hat es perfekt inszeniert, und von den Schauspielerinnen und Schauspielern wird es glaubwürdig und realitätsnah dargestellt. Kompliment!
„Café Umberto“, das klingt harmlos und nach Boulevardtheater. Aber weit gefehlt! Es ist ein aktuelles sozialkritisches Stück, das sich mit Hartz IV äußerst scharfsinnig und mit dem Galgenhumor, den wir im wirklichen Leben mit Hartz IV brauchen und zu schätzen gelernt haben, auseinandersetzt. Was für ein Zusammentreffen, dass dieses Stück in dem Theater aufgeführt wird, das gerade selbst in einer von der Politik gewollten und gemachten Krise steckt, an deren Ende Folgen wie Kündigung und Arbeitslosigkeit stehen können!
„Wir haben den Kasten dick!“, heißt es an einer Stelle. Dass das Stück und die Inszenierung gelungen sind, können wir am besten beurteilen, denn es ist ein Stück über uns, und wir erkennen uns in den unterschiedlichen Situationen und Reaktionen der Darsteller wieder. „Café Umberto“ hat kein Happy End, was bei einem Thema wie Hartz IV auch nicht zu erwarten war. Ein gelungenes Stück! Empfehlenswert, es sich anzusehen!
Ihr könnt auch eine andere Aufführung aus dem gesamten vielfältigen Programm des Theaters am Goetheplatz, des Schauspielhauses, des Brauhauskellers, des Moks und des Concordia wählen, und das bis zu drei Wochen im voraus! Nehmt das großzügige Geschenk des Theaters an und löst die Freikarten ein! Wann bekommen wir schon mal etwas geschenkt? Macht euch ein paar schöne Stunden, geht ins Theater!
Obwohl letzten Dienstag weit über 100.000 Menschen in Straßburg demonstriert haben, beschloss das EU-Parlament am Donnerstag die Bolkestein-Richtlinie. Dies aber mit wesentlichen Einschränkungen, ein Erfolg unseres Kampfes!
Das „Herkunftslandprinzip“ ist jetzt gestrichen, nicht nur als Begriff, wie zuvor geplant, sondern ersetzt durch eine „gegenseitige Anerkennung“ beispielsweise der Tarifverträge. Die Richtlinie findet auch keine Anwendung auf Verkehr, Zeitarbeit, den Gesundheitsbereich sowie soziale Dienste wie Kinder- oder Altenbetreuung. Dementsprechend sind die Unternehmer jetzt ganz schön sauer!
Nun ist es wichtig, zehn Euro Mindestlohn durchzusetzen und eine Arbeitszeitverkürzung auf dreißig Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich! Wir müssen wachsam bleiben, denn immer mehr Produktionsbereiche werden zur „Dienstleistung“ erklärt. Deshalb muss Bolkestein komplett weg, genau wie Hartz IV!
Am Freitag beschloss das Bundeskabinett wesentliche Änderungen beim Arbeitslosengeld II. Das einzig Positive ist die Angleichung des Regelsatzes im Osten auf 345 Euro wie im Westen. Schlimm ist jedoch die drastische Kürzung des ALG II für junge Erwachsene, auf 276 Euro im Monat! Davon kann man nicht existieren!
Schlimm auch die Streichung jeglicher Unterstützung für eine eigene Wohnung: Erwachsene unter 25 Jahren werden wie Kleinkinder behandelt, ein Verstoß gegen Menschenrechte und Gleichheitsgrundsatz! Ausländer aus anderen EU-Ländern, die in Deutschland arbeitslos gemeldet sind, werden vom ALG-II-Bezug ganz ausgeschlossen, eine Spaltung der Arbeiterschaft und Einstieg in die allgemeine Kürzung von ALG II, wie sie von Unternehmerverbänden seit langem gefordert wird!
Und was geschah sonst noch in den letzten Tagen? Ein-Euro-Jobber wurden in 0snabrück als Streikbrecher bei der Müllabfuhr eingesetzt und mit Polizeieinsatz gegen Streikposten durchgepeitscht! Gewerkschafter wurden mit Schutzhaft bedroht! Bundesbeamte müssen eine Stunde länger arbeiten, für sie gilt nun die 41-Stunden-Woche, und das kostet 3.000 Arbeitsplätze!
Derweil ist Wolfgang Clement, der die Arbeitslosen als Schmarotzer beschimpft hat, in den Aufsichtsrat von RWE Power gewechselt und künftig für Strom und Kraftwerke zuständig. Die Politiker und Unternehmer werden härter! Da wird es Zeit, dass auch wir in unseren Kämpfen härter werden!
Es war wieder einmal kalt, aber die Teilnehmerzahl mit circa 40 Leuten bei der 75. Montagsdemo in Bremen um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz war dafür gut.
Gleich zu Beginn bekundete ein Redner die große Bedeutung des Streiks im öffentlichen Dienst. Die Geschlossenheit der Streikenden zeigt auch, was für eine Wut über die Regierungspolitik des letzten Jahrzehnts dahintersteckt. Unsere Unterstützung gilt auch der kämpferischen Aktivität der Streikenden bei AEG Nürnberg. Überall gilt: Nein zur Arbeitsplatzvernichtung! Nein zu Bolkestein und Hartz IV!
Das in kürzester Zeit von der Regierung Merkel/Müntefering durch den Bundestag gepeitschte Gesetz, das die Arbeitslosen unter 25 Jahren betrifft, stand im Mittelpunkt der Beiträge und Kritiken. Diese Regelungen sind nichts anderes als menschenverachtender Zynismus auf Kosten derer, denen dieses verkommene kapitalistische System nichts zu bieten hat. Wir können nur alle Jugendlichen, alle Eltern auffordern, sich zusammenzuschließen und aktiv zu werden. Kommt her, beratet euch!
Bis zum nächsten Montag, wieder um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz! Wir wollen dann die zentrale Delegiertenkonferenz in Hannover vorbereiten, Delegierte und Kandidaten für die Koordinierungsgruppe in geheimer Wahl auf dem Marktplatz bestimmen.