Beim gestrigen Superwahltag haben die Regierungsparteien fast aller europäischen Länder hohe Stimmeneinbußen erlitten. Die EU-Krise ist nicht beigelegt worden, sondern hat sich vertieft.
In Deutschland haben CDU/CSU und SPD zusammen nur noch 44 Prozent der Stimmen. Von „groß“ kann bei dieser Koalition nicht mehr die Rede sein! Die SPD schnitt mit 15,5 Prozent ab, ein Minus von 11,8 Punkten, die CDU/CSU mit 28,3 Prozent, das sind minus sieben Punkte. Diese Regierung hat keine Legitimation mehr! So hat sich auch in Deutschland die latente politische Krise vertieft.
Dass die Grünen mit 20,3 Prozent, fast einer Verdoppelung ihres Stimmenanteils, Wahlsieger geworden sind, ist Ausdruck davon, dass Umweltfragen eine immer wichtigere Rolle spielen, viele aber noch nicht durchschaut haben, dass die Grünen sich längst vom Kampf gegen die großindustriellen Umweltzerstörer verabschiedet haben und, wie die Regierungsparteien auch, nur den Interessen des Großkapitals nach Höchstprofiten dienen.
Die AfD bekam 10,8 Prozent. Das sind 3,7 Punkte mehr als 2014, aber fast zwei Punkte weniger als bei der Bundestagswahl vor knapp zwei Jahren – und schon gar nicht das Ziel von 20 Prozent, das sie selbst sich gesteckt hatten. Hier trägt der wachsende antifaschistische Kampf Früchte. Schlimm ist jedoch, dass in Sachsen und Brandenburg die AfD nun stärkste Partei ist, was zeigt, dass viele Menschen dort immer noch denken, diese Wegbereiterin des Faschismus sei eine Protestpartei.
Der Kampf gegen Rechtsentwicklung und faschistische Tendenzen muss gestärkt werden! Gute Ansätze gab es dazu in den letzten Wochen: Vorletzten Sonntag demonstrierten über 150.000 Menschen in mehreren Städten in Deutschland und vorgestern nochmals 5.000 in Bremen gegen Rechts.
Die Linkspartei kam bundesweit nur noch auf 5,4 Prozent. Die „Internationalistische Liste/MLPD“ erhielt 18.340 Stimmen. Sie hat als einzige konsequent den imperialistischen Charakter der EU aufgedeckt. Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen erhielten nach bisherigem Auszählungsstand die CDU 26,2, die SPD 25,1, die Grünen 17,6, „Die Linke“ 11,1 und die AfD 6,4 Prozent, wobei letzteres Ergebnis immer noch viel zu hoch ist.
Wenn Carsten Sieling nun aber meint, mit nur noch 25 Prozent weiterregieren zu können, das sind 17 Prozent der Wahlberechtigten, dann hat er sich geschnitten. Die Parole „Wir lieben Bremen“ auf den SPD-Plakaten beruht nicht auf Gegenseitigkeit. Es wird in Zukunft schwieriger werden, Regierungen zu bilden, und sie werden eine immer kürzere Lebensdauer haben.
Das soll uns nicht kümmern: Entscheidendes passiert nicht bei den Wahlen, sondern auf der Straße und in der Fabrik. Organisieren wir uns! Gemeinsam gegen Sozialabbau, Kriegsvorbereitung und Zerstörung unserer Lebensgrundlagen auf dem Altar des Profits!
Bei der Bürgerschaftswahl sind verschiedene kurdische Kandidaten auf der Liste der Linkspartei angetreten. Herzlichen Glückwunsch für ihr zum Teil gutes Abschneiden! Der Hungerstreik von mehreren Tausend Kurden wurde inzwischen beendet, nachdem Öcalan wieder von seinen Anwälten besucht werden darf. Der Hungerstreik hatte sich gegen die menschenrechtsverletzende Isolationshaft Öcalans gerichtet. Herzlichen Glückwunsch und hoffentlich vollständige Genesung der Hungerstreikenden!