668. Bremer Montagsdemo
am 25. 06. 2018  I◄◄  ►►I

 

Gegen den offenen Kriegskurs ist die Einheit aller Linken notwendig!

Wolfgang Lange1. Die offene Regierungskrise verschärft sich: Seehofer will Merkels Richtlinienkompetenz nicht anerkennen. Alles läuft momentan auf einen Bruch der Koalition hinaus. Dabei sind sich beide Parteivorsitzenden in den wesentlichen Fragen einig, auch bei der faktischen Abschaffung des Asylrechts und bei „62,5 von 63 Punkten“ von Seehofers geheimem Masterplan, bei dem nicht der aufgebauschte halbe Punkt, sondern der unstrittige Rest den Skandal bildet.

Einig ist man sich über „Ankerzentren“ zur Erfassung und Rückführung der Schutzsuchenden gleich nach ihrer Ankunft und über „Schutzzentren“ außerhalb der EU, in der Türkei, in Libyen und anderen afrikanischen Staaten – früher nannte man solche Riesenknäste Konzentrationslager. Geplant sind die ausgeweitete Einstufung auch von Kriegsländern wie Afghanistan als „sichere Herkunftsländer“ sowie die Kürzung der Sozialhilfe für Flüchtlinge. Sie soll nur noch als Sachleistung, etwa in Form von Essensgutscheinen, gewährt werden. Angestrebt werden willkürliche Abweisungen an den Grenzen. Um die Außengrenzen Europas abschotten, soll die europäische Grenz- und Küstenwache „Frontex“ von 1.200 auf 10.000 Mann aufgestockt werden.

Inzwischen sind 68,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, dreieinhalb Millionen mehr als vor zwei Jahren – so viele wie überhaupt noch nie! Worum geht dann der Streit zwischen Seehofer und Merkel? Seehofer will im Auftrag der reaktionärsten Teile des deutschen Finanzkapitals eine generelle Verschiebung der Außen- und Innenpolitik: weg vom System der kleinbürgerlichen Denkweise, das scheinbar auf Konsens setzt, hin zum offen reaktionären und rassistischen Antikommunismus, zur offenen brutalen Unterdrückung. Seehofer steht dabei in einer Reihe mit Trump (USA), Kurz (Österreich), Orbán (Ungarn). Berlin, Wien, Budapest und Rom sollen eine neue „Achse der Willigen“ bilden.

Aufrüstung und Kriegsgefahr steigen wie noch nie. Salvini von Italiens faschistischer „Lega“ spricht von „Menschenfleisch“, wenn er Flüchtlinge meint. Er will sie ertrinken lassen, so wie dieses Jahr schon über 1.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken sind. Dieser offen reaktionäre Kurs ist gegen den fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter den Massen gerichtet und stellt einen offenen Kriegskurs dar, wobei auch die Angst vor der großen Wirtschaftskrise mitspielt, in die das kapitalistische Weltsystem hineinschlittert. Dagegen ist die Einheit aller Linken, Demokraten, Antifaschisten und Internationalisten nötig und muss aufgebaut werden!

 

2. Am Sonntag waren in der Türkei Wahlen. Erdogan hat sie laut amtlichen Mitteilungen gewonnen, sowohl als Präsident wie auch die Mehrheit im Parlament, letztere aber nur mithilfe der faschistischen MHP, den „Grauen Wölfen“, die noch vor Kurzem nur bei der Hälfte der Zehn-Prozent-Hürde lag. Das riecht nach Betrug! Immerhin hat die HDP diese Hürde übersprungen, trotz brutalster Behinderung und der Inhaftierung vieler ihrer Kandidaten. Die Wahlen waren alles andere als fair.

Vielen Menschen, vor allem im kurdischen Südosten, blieb die Wahl verwehrt. Sie wurden aus ihren Häusern vertrieben und diese zerstört, ihre Wahllokale kurzfristig geschlossen. Viele Wahlbeobachter, auch aus Deutschland, durften nicht einreisen, mehrere wurden verhaftet. OSZE-Wahlbeobachter trauten sich nicht nach Suruç, wo schwer bewaffnete AKP-Schergen herumliefen. Körbeweise wurden gefälschte Wahlzettel gefunden. Ob Erdogan nun tatsächlich als „neuer Sultan“ oder neuer faschistischer Diktator schalten und walten kann, wird sich herausstellen.

Auch in der Türkei weht wieder ein anderer Wind, Erdogan ins Gesicht: Der „Geist von Gezi“ ist wieder wach. Wirtschaftlich geht es in der Türkei bergab, deshalb die vorgezogenen Wahlen. Das Volk wird sich nicht auf die Dauer unterdrücken lassen. Eine wichtige Rolle spielen die Arbeiter etwa der Autoindustrie. Sie haben vor einem Jahr gestreikt, obwohl Erdogan es ausdrücklich verbieten ließ und als Hochverrat bezeichnete. Sie streikten trotzdem und gewannen! Hier wächst die Kraft, die Erdogans Diktatur wegfegen wird. Gemeinsam werden sie die Diktatur abschütteln!

 

3. Letzten Montag wurde endlich ein Vorstandsvorsitzender eines großen Autokonzerns verhaftet: Audi-Chef Rupert Stadler kam wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft. Er war und ist einer der Hauptverantwortlichen für die kriminellen Abgasbetrügereien. Abteilungsleiter Giovanni Pamio war ebenfalls verstrickt und wurde von Audi entlassen. Als er jetzt auspacken wollte, zahlte ihm Audi 1,5 Millionen Euro Schweigegeld. Auch die dafür Verantwortlichen in der Chefetage gehören wegen Verdunkelung eingesperrt!

Die Dax-Vorstandsgehälter haben sich in dreißig Jahren fast verzehnfacht: 1987 betrugen sie umgerechnet 451.000 Euro, das 15-Fache eines Durchschnittsverdienstes, 2017 waren es schon 4,35 Millionen Euro, das 85-Fache. Die deutschen Banken haben 3,5 Milliarden Zinsgewinne von den Griechenland-„Hilfspaketen“ kassiert. Das Geld ist nicht auf den Bäumen gewachsen, es wurde der griechischen Bevölkerung herausgepresst, etwa durch Rentenstreichung.

Eine Krankenversicherung hat dort fast niemand mehr. Wer ins Krankenhaus muss, wird nur behandelt, wenn er bar bezahlen kann. Die Verbrecher in diesem System sind die Milliardäre. Für ihre Profite gibt es kein Verbrechen an Mensch und Umwelt, das sie nicht zu begehen bereit sind. Es liegt nicht an der Bösartigkeit der Einzelnen, sondern das ist das System. Deswegen muss es weg!

Auf der letzten Montagsdemonstration war es auch ein Thema, dass in den USA die Kinder illegaler Einwanderer ihren Eltern weggenommen werden. Es sind bereits über 2.300. Darüber herrscht in der ganzen Welt Entsetzen und Empörung. Jetzt musste Trump reagieren: Die Kinder sollen nicht mehr getrennt werden, sondern zusammen mit ihren Eltern ins Gefängnis kommen. Über den Verbleib der 2.300 verschwundenen, gestohlenen Kinder gibt es keinen Überblick. Es sind Zustände wie zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien. Weg mit Trump und allen anderen Despoten!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
So eine Ka-tas-tro-phe: Und alles nur wegen Bözili („Der Postillon“)
 

 
Platsch der Seehopfer: Die Linienrichterin ist nicht mit einem
Foulspiel zu beeindrucken – oder doch? („Focus“)
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