623. Bremer Montagsdemo
am 17. 07. 2017  I◄◄  ►►I

 

Von wem ging die Gewalt
beim „G20“-Gipfel aus?

Harald BraunDie Medien sind voll von Bildern der Zerstörung durch Hooligans und Chaoten im Schanzenviertel. Diese Zerstörungswut und der Vandalismus haben nichts mit dem Anliegen der über 100.000 Demonstranten zu tun, die während des „G20“-Gipfels die herrschende Politik von Trump, Erdogan, Merkel und Konsorten im Interesse des internationalen Finanzkapitals kritisiert haben und für gesellschaftliche Veränderungen auf der Straße waren.

Mit diesen Bildern sollen der Bankrott der „G20“ verdeckt, der massive Abbau demokratischer Rechte, die Bürgerkriegsübung und der Polizeiterror gerechtfertigt und das massive Vorgehen gegen die linke Bewegung vorbereitet werden. Die Provokation und die Gewalt gingen von der „Null-Toleranz“-Strategie der Regierungen Merkel und Scholz aus. Dafür gibt es viele Erfahrungen. Ein Beispiel ist ein Bericht von Jugendlichen des „Internationalistischen Bündnisses“, die beim Camp dabei waren:

„Am Freitagvormittag wurde der Demo-Zug der ‚G20‘-Camper im Altonaer Volkspark auf dem Weg in die Innenstadt von mehreren Polizeihundertschaften mit großer Brutalität überfallen. Es gab etliche verletzte ‚G20‘-Gegner, auch mit Knochenbrüchen. Elf von uns wurden verhaftet, dabei waren wir weder schwarz gekleidet noch vermummt. Wir wurden in die Gefangenensammelstelle nach Harburg verfrachtet und in Gemeinschaftszellen eingesperrt. Es dauert bis zu zwölf Stunden, bis wir zu Anwälten Kontakt bekamen.

Vom Schnellgericht wurde uns zunächst ‚schwerer Landfriedensbruch‘ vorgeworfen. Weil die Beweise dafür fehlten, wurde vom Gericht keine U-Haft gegen uns verhängt, sehr wohl aber eine Ingewahrsamnahme für drei Tage. Begründung: ‚Behinderung der Polizei bei der Durchführung ihrer Aufgaben‘, als hätten wir die Polizisten überfallen. Es war umgekehrt! Danach wurden wir nach Billwerder und Hannöversand verfrachtet. In Einzelhaft haben wir uns aber durch Luftschlitze und laute Rufe verständigt, gemeinsam Lieder gesungen und Parolen gerufen. Bei unserer Entlassung wurden wir vor dem Gefängnistor von unseren Freunden empfangen. Es war eine herzliche und kämpferische Atmosphäre.“

Harald Braun
 
Die nächste Bremer Montagsdemonstration beginnt am 24. Juli 2017
wieder um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz. Im Anschluss, etwa ab 19:15 Uhr, findet im Seemannsheim eine Besprechung statt, bei der über das neue Flugblatt entschieden und unser Sommerfest vorbereitet werden soll. Wir haben vom Umweltbetrieb Bremen die Bestätigung bekommen, dass wir es wie geplant am Samstag, dem 5. August 2017, von 16 bis 21 Uhr am Rondell in den Parkanlagen am Hallenbad Süd machen können.

 

„Linksterror“ soll Faschisierung des Staatsapparats begründen

Wolfgang Lange1. Bereits 27 Polizeibeamte sind wegen Körperverletzung im Amt angeklagt worden. Sieben davon wurden sogar von der Polizei selbst angezeigt. Es stimmt einfach nicht, dass die Gewalt während der Proteste gegen den „G20“-Gipfel hauptsächlich von den Demonstranten ausging: Von der Polizei gab es zum Teil wahre Gewaltorgien.

Natürlich ist es nicht zu akzeptieren, wenn marodierende, oft betrunkene Leute Autos anzünden und Geschäfte zerstören. Das hat mit „Linkssein“ nichts zu tun. Bei manchen sich autonom Nennenden war es eine völlige Unterschätzung des Staates zu meinen, mit solchen Scharmützeln könne „G20“ verhindert oder gar die Staatsmacht gebrochen werden.

Ich würde aber gern auch mal wissen, wie viele staatliche Provokateure dabei waren. Die „Hamburger Morgenpost“ hat aufgedeckt, dass Bilder von werfenden „Demonstranten“ vom Dach gemacht wurden, als die Beschuldigten sich bereits seit einer Viertelstunde in Polizeigewahrsam befanden. Die Anfrage „Wer war auf dem Dach?“ hat die Polizei nicht beantwortet. Zuvor war Journalisten willkürlich die Akkreditierung entzogen worden, darunter dem „Weser-Kurier“-Fotografen Heygster und dem „Junge-Welt“-Reporter Effenberger. Erdogan lässt grüßen!

Während jedoch Kipping („Linke“) und Ströbele (Grüne) völlig zu Recht den bewusst brutalen Polizeieinsatz kritisieren, dessen Ziel es war, alle Linken zu kriminalisieren, indem nun von „Linksterror“ gesprochen wird, um die zunehmende Faschisierung des Staatsapparats zu begründen, da faselt Wagenknecht („Linke“) davon, die Polizei verteidigen zu müssen.

Fazit von „G20“: Die Krise der Imperialisten hat sich vertieft, herausgekommen ist nichts, die Widersprüche untereinander sind kaum mehr zu kaschieren – und die Taktik der Kriminalisierung der „G20“-Gegner ist auch nur zum kleinen Teil aufgegangen. So haben sich zum Beispiel zahlreiche Ladenbesitzer im Schanzenviertel mit den „G20“-Gegendemonstranten solidarisiert und den brutalen Knüppeleinsatz der Polizei kritisiert – und das trotz zum Teil erheblicher Schäden an ihrem Eigentum.

 

2. Beim „G20“-Gipfel ist herausgekommen, dass nicht nur die USA unter Trump, sondern auch andere Länder wie die Türkei das Pariser Klimaabkommen nicht anerkennen wollen. Es ist Zeit, die Umweltverbrecher an den Pranger zu stellen und zu bekämpfen! So hat sich die VW-Krise inzwischen auf die meisten Autokonzerne ausgedehnt, darunter auch Daimler. Nachweislich wurde von 2008 bis 2016 eine betrügerische Abschaltsoftware eingesetzt: Auf dem Prüfstand wurde vorgegaukelt, die Abgaswerte einzuhalten, aber in Wirklichkeit waren sie bis zu 40 Mal höher, und das bei Millionen von Autos.

Zetsche wurde der Lüge überführt. „Wir betrügen nicht“, hatte er behauptet, aber nicht er als Hauptverantwortlicher wird vor Gericht gestellt, sondern zwei Manager werden es, und nicht wegen Betrug und Körperverletzung mit Todesfolge in Tausenden von Fällen, sondern wegen „irreführender Werbung“. Ich bin sicher, das ist erst der Beginn der Krise. Bis über die Ohren steckt die Regierung mit drin. Von Dobrindt bis Merkel verteidigen alle die „deutschen Diesel“, aber in Wirklichkeit die Profitherrschaft der Monopole, die über Leichen geht. Für den 2. August wurde ein „Dieselgipfel“ geplant. Was dabei wohl herauskommt?

Die Krisenlasten werden voll auf die Bevölkerung versucht abzuwälzen. So machte Volkswagen in Wolfsburg 16 Milliarden Euro Rückstellungen für Schadenersatzansprüche als Verlust geltend und senkte entsprechend die Steuerzahlungen, was zur Folge hatte, dass unter anderem Kita-Gebühren und Hundesteuer drastisch angehoben wurden. Daimler nutzt die geplante Umstellung auf E-Mobilität zur Vernichtung Zehntausender Arbeitsplätze und will die noch viel totalere Flexibilisierung: rollierende Pause, noch mehr Leih- und Ferienarbeiter. Dagegen gibt es Widerstand: In Untertürkheim streikten die Kollegen in den letzten Wochen mehrmals.

 

3. Es ist eine neue Broschüre des „Internationalistischen Bündnisses“ erschienen mit dem Titel: „Die VW-Krise offenbart die Diktatur der Monopole – dem Übel an die Wurzel gehen“. Um das zu erreichen, müssen die kleinen und großen Kämpfe zusammenkommen und offensiv gegen die kriminellen Umweltzerstörer in Regierung und Konzernspitzen geführt werden.

Letzte Woche brach in der Antarktis ein Eisberg in der doppelten Größe des Saarlandes ab. Das Schelfeis droht zu verschwinden und damit die Barriere für das Inlandeis. Wenn das über die Jahre ins Meer treibt und abschmilzt, würde der Meeresspiegel um 1,2 Meter steigen – nicht eingerechnet die anderen Ursachen für den Anstieg des Meeresspiegels.

Hunderte Millionen Menschen müssten ihr Land verlassen und fliehen. Dagegen ist die heutige Fluchtwelle mit 65 Millionen Menschen erst ein Vorgeplänkel. Es hilft also nichts: Ein System, das Mensch und Natur um kurzfristiger Profite willen die Lebensgrundlage raubt, muss abgeschafft werden! Dafür lohnt es sich zu kämpfen und sich zusammenzuschließen.

Wolfgang Lange (MLPD)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz