325. Bremer Montagsdemo
am 18. 04. 2011  I◄◄  ►►I

 

Tschernobyl wirkt seit 25 Jahren

Wolfgang Lange Vor 25 Jahren war der Super-GAU in Tschernobyl. Von 800.000 „Liquidatoren“ sind 112.000 tot, Hunderttausende verstrahlt, 90 Prozent krank. Zehntausende Kinder sind an Schulddrüsenkrebs erkrankt, der sonst bei Kindern äußerst selten ist. 240.000 zusätzliche Krebsfälle werden durch Tschernobyl erwartet. 800.000 Kinder wurden weniger geboren, vor allem weniger Mädchen. Über 200.000 Kinder mit Fehlbildungen wurden seither geboren. In Skandinavien gibt es eine um 16 Prozent höhere Säuglingssterblichkeit. Tschernobyl war nicht vor 25 Jahren – der GAU von Tschernobyl wirkt seit 25 Jahren! Für 1,7 Milliarden Euro soll jetzt eine neue Schutzhülle gebaut werden – das übersteigt die Möglichkeiten der Ukraine.

Und da behaupten die Verbrecher aus der Tepco-Zentrale, sie wollen Fuku­shima in neun Monaten „stabil“ haben? Gar nichts ist stabil! Wir werden weiter belogen und betrogen. Statt die Menschen in Sicherheit zu bringen, wird getan, als ob man die Lage im Griff habe. Was wird sich hier in den nächsten Jahren entwickeln? Im Unglückskraftwerk lagern 2.000 Tonnen radioaktives Material, ein Vielfaches von dem in Tschernobyl, darunter 6,5 Tonnen Plutonium. Der Austritt erfolgt nicht so schnell wie damals, ist aber nicht zu stoppen. Boden, Grundwasser, Meer und Luft werden verstrahlt. Die Folgen werden wir und unsere Kinder und Enkel in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu spüren bekommen. Es gibt keinen Fleck auf der Erde, wo die erhöhte Radioaktivität nicht nachgewiesen werden kann. Dass Japan unbewohnbar wird, ist noch längst nicht ausgeschlossen!

Die Energiekonzerne halten jedoch an ihren Atomplänen fest. Der RWE-Vorstandsvorsitzende Großmann sagte am 20. April 2011 auf der Aktionärsversammlung: „Wir machen weiter!“ Der Wechsel des Stromanbieters reicht da nicht. „Atomausstieg selbermachen“ durch Wechsel zu „Ökostrom“ ist nicht möglich. Zwar ist es richtig zu wechseln, aber wer meint, dass dann die AKWs eines nach dem anderem vom Netz gehen, ist auf dem Holzweg. Die Konzerne werden auf ihre sprudelnden Profite niemals freiwillig verzichten. Dafür sind sie bereit, über Leichen zu gehen und Verbrechen an der Menschheit zu verüben. Das ist unser System! Aktiver Widerstand ist notwendig!

Blockaden sind vielleicht nicht immer legal, aber auf jeden Fall legitim, so drückte es eine Rednerin in Rodenkirchen bei der Umzingelung des AKW Unterweser aus. Die Umweltkatastrophe ist eine Gesetzmäßigkeit geworden, denn die international organisierte Produktion verlangt die Unterordnung aller Lebens- und Menschenrechte unter den Maximalprofit als alleinige Maxime. Beim „Umweltgipfel der Völker“ in Cochabamba sagte Evo Morales vor einem Jahr: „Entweder der Kapitalismus stirbt – oder die Mutter Erde!“ Aber der weltweite Widerstand kommt voran: Am Ostermontag demonstrierten 20.000 Menschen in Fessenheim und 3.000 in Cattenom, am Sonntag 5.000 in Tokio und 4.000 in Osaka, außerdem Tausende in Indien und Zehntausende in der Türkei. Stilllegen sofort!

Am Tschernobyl-Gedenktag demonstrierten in Deutschland circa 140.000 Menschen an zwölf Standorten. In Esenshamm waren es sicher viel mehr als die in der Zeitung vermeldeten fünf- bis sechstausend. In Grohnde protestierten 20.000, in Grafenrheinfeld und Gronau jeweils 15.000 Menschen. Gefordert wurde dort die Abschaltung der Urananreicherungsanlage der Firma Urenco. Nach einem geplanten Ausbau soll die britisch-holländische Urenco, an der auch RWE und EON Anteile halten, in Gronau den Bedarf von 30 bis 35 Atomkraftwerken decken können. Eine zweite Anlage im niederländischen Almelo soll für 50 Kraftwerke Uran aufbereiten. „Moratorium“ und „Atomkonsens“ sind bloß Betrug! Nur der weltweite aktive Widerstand kann die Stilllegung aller AKWs weltweit erzwingen! Nicht dem Lügenpack vertrauen!

Wolfgang Lange (MLPD)

 

Die erfrischende Ehrlichkeit der Betreiber von Atomanlagen weltweit

Elisabeth Graf1. Sollen wir nun, knapp fünf Wochen nach dem GAU im Atomkraftwerk Fukushima, einfach wieder zur „Normalität“ übergehen und so tun, als ob jetzt alles im Griff sei? Warum hören wir fast nichts Aktuelles mehr aus Japan, beziehungsweise nur unter „ferner liefen“? Laut Betreiberfirma Tepco wird es voraussichtlich etwa drei Monate dauern, bis durch das Schließen von Lecks das Austreten von Radioaktivität aus der Anlage im Nordosten des Landes verringert sei. Nach weiteren drei bis sechs Monaten könnten die radioaktiven Lecks auf ein sehr geringes Maß zurückfahren werden, indem man die Temperatur in den Reaktoren und den Abklingbecken für gebrauchte Brennstäbe senke.

Das ganze Ausmaß des Atomunfalls ist noch unklar. Tepco und die Behörden versuchen seit mehr als einem Monat, die Katastrophe zu verschleiern, äh: einzudämmen. Dabei stufte Japan letzte Woche die Strahlengefahr nach dem Atomunfall in Fukushima jetzt so hoch ein wie die Folgen der Katastrophe von Tschernobyl. Die Atomaufsicht in Tokio hob die Einschätzung aller Auswirkungen des Unglücks am Dienstag offiziell von Stufe 5 auf die höchste Stufe 7 an. Dennoch sieht Regierungschef Naoto Kan auch Fortschritte im Kampf gegen einen möglichen Super-Gau und bekräftigte, es gebe keine Pläne, die japanischen Atomkraftwerke sofort abzuschalten.

Die offiziellen Reaktionen der japanischen Behörden auf den Atomunfall in Fukushima bewegten sich am Wochenende zwischen Hü und Hott. Strahlung ungefährlich, erstes Schiff aus Japan nach Atomunglück in Bremerhaven, erster Frachter aus Japan in Bremerhaven untersucht, so lauten die Meldungen. Bevor die Ladung abgefertigt werden könne, prüften Strahlenexperten der Bremer Landesmessstelle eine mögliche radioaktive Belastung. Allerdings gehen die Behörden nicht davon aus, dass erhöhte Strahlung festgestellt wird.

Wenn tagelang aus Block 2 eine hochgiftige Brühe unkontrolliert in den Ozean strömte, ist nicht weiter verwunderlich, dass die Strahlung im Meer­wasser vor Fukushima zuletzt wieder deutlich nach oben ging und in Proben eine um das 2.800-Fache erhöhte Jod-Belastung gefunden wurde. Wirklich erstaunlich, wenn dann die Schiffe aus Japan keine erhöhte Strahlung mitbringen, wenn sie in Europa einlaufen! Aber schließlich ist auch die Strahlung in den eingelagerten Fässern im maroden Atommülllager Asse höher als bislang angegeben. Weil die Angaben des früheren Asse-Betreibers zu den Inhalten der Fässer zweifelhaft sind, lässt sie das Bundesamt für Strahlenschutz neu bewerten.

Letzte Woche gab das Bundesamt bekannt, dass sich die Radioaktivität vor einer Atommüllkammer im ehemaligen Bergwerk Asse in den vergangenen drei Jahren verdoppelt habe. In einem Bohrloch wurde eine Aktivität von 240.000 Becquerel des strahlenden Cäsium-137 pro Liter gemessen. Das radioaktive Cäsium-Isotop entsteht bei der Atomspaltung, die Halbwertszeit beträgt 30 Jahre. Cäsium-137 lagert sich vor allem in Leber, Milz und Nieren an. Bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und beim Atomunfall in Fukushima wurden große Mengen Cäsium-137 freigesetzt. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass laut Bundesamt für Strahlenschutz von der belasteten Lauge keinerlei Gefahr für Beschäftigte und Anwohner ausgehe. Ich begrüße die erfrischende Ehrlichkeit der Betreiber und Entsorger von Atomenergieanlagen weltweit!

 

2. Weil ein Bundesfreiwilligendienst den bisherigen Zivildienst ersetzen sollte, aber offenbar als so reizlos empfunden wird, dass es bundesweit statt der mindestens benötigten 35.000 Helfer erst wenige tausend Bewerber gebe, sollen nun die Erwerbslosen herhalten und für die Zivis in die Bresche springen, um bei den sozialen Einrichtungen erhebliche personelle Engpässe abzuwenden. CDU-Politiker sollen sich bereits an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gewandt haben, um zu prüfen, ob ergänzend zu den Freiwilligen auch Hartz-IV-Bezieher zur Verrichtung sozialer Arbeit verpflichtet werden können. Natürlich kam aus dem CDU-Lager viel Zuspruch zu dem Vorstoß, dass es „keine Denkverbote“ geben dürfe. Klar, die Alten- und Pflegeheime, die Krankenhäuser planten in ihrem Budget natürlich die Zivis mit ein. Nun müssen diese Lücken auf Teufel komm raus geschlossen werden – unter der Prämisse, dass es nichts kosten darf.

Da kommen die Erwerbslosen doch genau zur richtigen Zeit bei der Umwandlung des Sozialstaates in einen Wohlfahrtsmarkt, wo es keine Sozialgelder mehr ohne Gegenleistung geben soll! Dabei ist der Sozialstaat im Grundgesetz verankert, wonach Bedürftige ein Recht auf Sozialleistungen haben. Wie hätten Sie es denn gern: als Zwangsarbeit, Lohndumping oder Verdrängung von regulären Arbeitsplätzen? Die rechtliche Begründung möchte ich sehen! Als Ein-Euro-Job lässt sich das In-die-Bresche-springen wohl nicht verkaufen, weil solche Tätigkeiten nicht zusätzlich sind. Deshalb dürfte es auch nicht als Bürgerarbeit zu bezeichnen sein! Gegen die Jobs an sich spräche nichts, wenn sie anständig bezahlt und nur von denen verrichtet würden, die das möchten und sich dazu eignen. Was fällt diesen Politikern eigentlich ein? Mit welcher Berechtigung sollen denn die meisten Menschen für ihre Arbeit anständig bezahlt werden, während ein wachsender Teil der Beschäftigten keinen Lohn, sondern nur noch einen Abklatsch davon, aber mit zermürbender Verfolgungsbetreuung im Handgepäck bekommt? Ich wünsche jedem dieser verantwortungslosen Politiker, einmal unmotivierten, ungeeigneten und unempathischen „Zwangspflegern“ ausgeliefert zu sein!

 

3. Letzte Woche zeigte das ZDF einen Film mit dem Titel „Die Heimlichtuer“. Mit der Kamera begleitet wurden drei erwerbslose Menschen, die eben dies vor ihrer Umwelt zu verheimlichen suchten und Familie und Freunden ein geregeltes Arbeitsleben vorspielten. Es ist erbärmlich, wenn sich das Selbstwertgefühl einer Gesellschaft zu großem Teil über das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein einer Arbeitsstelle definiert. Ich finde es traurig und schlimm, wenn Betroffene meinen, auf diese Weise ihre Arbeitslosigkeit vertuschen zu müssen! Angesichts der unglaublichen Hetze quer durch alle Medien kann ich durchaus nachvollziehen, dass Menschen nicht zur Kaste der ausgeschlossenen und verachteten „Paria“ gehören möchten. Doch die gezeigten Beispiele im Film empfinde ich als untypisch, unrealistisch und nur auf wenige zutreffend. Welcher Erwerbslose kann es sich leisten, wie einst mit dem eigenen Auto zu fahren wie früher? Welcher Erwerbslose hat noch eines? Das kann doch nur, wer zuvor gut verdiente, jetzt ALG ! bezieht und außerdem über finanzielle Rücklagen verfügt. Wer hat das schon? Deutschland ist auf dem besten Wege dazu, ein Billiglohnland zu werden. Wir müssen gegenarbeiten! Nicht die Erwerbslosen sind individuell an ihrem Schicksal schuld, sondern das gesellschaftliche System, das nicht für jede(n) Arbeit hat.

 

4. Der „Weser-Kurier“ „korrigierte“ allen Ernstes am 12. April 2011 seinen Bericht vom 9. über die Meldung, dass in Bremen jedes dritte Kind arm sei: Es gälten nicht 20,2 Prozent der Kinder bundesweit als arm, sondern „nur“ 15,6 Prozent. Die Zeitung bittet, den Fehler zu entschuldigen. Dass leider bei jeder dieser Meldungen beständig unterschlagen wird, dass nur die Kinder von ALG-II-Beziehern unter 15 Jahren erfasst werden, nicht aber jene, deren Eltern Kindergeldzuschlag, Wohngeld oder Asylgeld beziehen, auch nicht die Kinder zwischen 15 und 17 Jahren, das empfinde ich als unentschuldbare Manipulation! Meiner Meinung nach wird die Kinderarmut ebenso genial „bekämpft“ wie die Erwerbslosigkeit: Bestimmte Gruppen werden einfach nicht mitgezählt, sodass der „Kampf“ wahrhafte „Fortschritte“ in der entsprechenden Statistik verzeichnet. Also, liebe Redakteure, gebt fein acht und schreibt nicht mehr so unbedacht!

 

5. Auch wenn Bundesarbeitsministerin lovely Zensursula von der Leyen die Start­probleme beim Bildungspaket für bedürftige Kinder für ganz normal hält, weil es ein solches Programm noch nie gegeben habe und niemand von den Kommunen erwarten könne, dass so etwas „innerhalb von 14 Tagen„ perfekt funktioniere, untertreibt sie schamlos. Allerdings könnte ihr stark beworbenes Projekt für eine bessere Zukunft ein gewaltiger Flop werden. Die Resonanz der armen Familien, in denen rund 2,5 Millionen Kinder leben, ist äußerst bescheiden. Ich würde das Bildungspaket für meine Kinder nicht beantragen, weil es vor Diskriminierung nur so strotzt und alternativlos nur ein angemessener Regelsatz für Kinder ohne zusätzliche bürokratische Hürden sein kann!

Martin Behrsing vom „Erwerbslosenforum Deutschland“ macht die schlechte Informationspolitik der Regierung verantwortlich, dass Familien, die ohnehin wenig haben, geschenktes Geld für ihre Kinder liegen lassen. Angeblich, so die Hetze, beantragten vor allem jene Eltern Geld, die sich auch früher schon viel um ihre Kinder gekümmert hätten. Behrsing fordert eine Fristverlängerung, um das Geld für die ersten drei Monate rückwirkend beantragen zu können, und gibt dem Bundesarbeitsministerium die Schuld daran, dass das Bildungspaket bisher nur von etwa zwei Prozent der Betroffenen genutzt wurde. Das Verfahren sei absichtlich so kompliziert gestaltet, dass viele Eltern nichts vom Anspruch ihrer Kinder wissen und Anträge für rückwirkende Leistungen nur diesen Monat stellen können.

Es entstehe der Eindruck, dass von der Leyens Ministerium Kinder um circa 250 Millionen Euro abzocken und somit um ihre Rechte bringen wolle. Eltern können für ihre Kinder einen Antrag auf rückwirkende Leistungen für die Monate Januar bis März stellen und so 108 Euro für jedes Kind geltend machen. Diese Beträge müssen bar ausgezahlt werden, ohne dass dafür Nachweise erforderlich sind. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, warum die ausführenden Behörden – Bundesagentur für Arbeit, Wohngeldstellen und Sozialämter – die anspruchsberechtigten Eltern nicht wie sonst anschrieben.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Antrag auf Bewilligung von Sozialleistungen in verfassungsgemäßer Höhe
stellen! (siehe auch „Erwerbslosenforum“ und „Grundrechteforum“)
 
Widerspruch gegen Nichtbewilligung von Sozialleistungen
in verfassungsgemäßer Höhe stellen!

 

Die Kernschmelze unter freiem Himmel hat längst begonnen

Harald BraunAufgrund der wachsenden Proteste in Japan und auf der ganzen Welt war die japanische Atombehörde am 12. April 2011 gezwungen, die Atomkatastrophe in Fukushima in die höchste Störfallskala 7 einzustufen. Kritische Atomwissenschaftler hatten schon mehrfach nachgewiesen, dass es sich um einen Super-Gau wie in Tschernobyl handelt. Die ARD-Sendung „Monitor“ hat am 7. April ein internes Papier des Atomkonzerns Areva enthüllt: „Der Atomunfall ist ein Desaster. Die Kernschmelze unter freiem Himmel hat längst begonnen.“ Einen Tag später haben die „Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs“ eine neue Studie über die Folgen von Tschernobyl veröffentlicht.

Sie weist nach, dass sich ein Großteil der gesundheitlichen Folgen erst nach Jahren und Generationen auswirkt und von 1986 bis heute 600 Millionen Menschen in ganz Europa betroffen sind. Bei niedrigen Strahlenbelastungen dauert das Auftreten sichtbarer Folgen wie Krebserkrankungen, Immunerkrankungen, Zeugungsunfähigkeit, genetischen Defekten, Herz-Kreislauf- und psychischen Erkrankungen deutlich länger. Bei akuter radioaktiver Strahlung, wie sie die 830.000 sogenannten Liquidatoren erlebt haben, sind die Folgen sehr viel schneller zu sehen: 112.000 von ihnen sind verstorben, 90 Prozent erkrankt. Nach dieser Studie ist die heutige Verlautbarung des japanischen Betreibers Tepco, dass spätestens in neun Monaten alles überstanden sei, die nächste grausame Lüge.

Angesichts dieser Tatsachen müssen alle Atomanlagen weltweit sofort stillgelegt werden! Aber die Atomkonzerne und die Regierungen denken nicht daran. Auch Frau Merkel hat jetzt ihre allgemeinen Eckdaten genannt: „Die Energieversorgung muss sicher, umweltfreundlich und bezahlbar sein“ („Weser-Kurier“ vom 17. April 2011). Was bedeutet „sicher“, Frau Merkel? Ohne AKWs gingen die Lichter aus, diese Lüge wird uns seit 50 Jahren erzählt. Jetzt wird sie mit dem Argument „Wir brauchen AKWs als Brückentechnologie“ neu aufgewärmt. Die Stromerzeugungskapazität liegt in Deutschland 40 Prozent über der bisherigen Spitzenauslastung, dabei machen die AKWs nur 21 Prozent aus.

Bereits heute werden verfügbare erneuerbare Energien nicht genutzt. In Schleswig-Holstein werden regelmäßig Windparks abgeschaltet, damit Kohle- und Atomkraftwerke weiter auf Vollauslastung fahren können. Was bedeutet „umweltfreundlich“, Frau Merkel? Sollen die Atomkraftwerke noch zehn bis 20 Jahre weiterlaufen, um das Klima durch sogenannten sauberen Strom zu retten? Wer ist denn dafür verantwortlich, dass die fossile Verbrennung durch Kohlekraftwerke und Verkehr die Erde an den Rand einer globalen Klimakatastrophe gebracht hat? Die Energie- und Autokonzerne verdienen sich daran eine goldene Nase und widersetzen sich aus Profitgier seit Jahren einer Umstellung der Energieversorgung.

Allein Norwegen könnte mit seinem aus Wasserkraft produzierten Strom 60 europäische AKWs ersetzen. Was soll eine „bezahlbare“ Energieversorgung sein“, Frau Merkel? Sie haben da sicherlich Ihre alte Logik im Sinn, dass Atomkraft scheinbar die billigste aller Energiequellen ist. Damit können Sie uns nicht täuschen! Nach einer neuen Studie von „Greenpeace“ sind Atomkraft und Kohlekraft nur deshalb billiger, weil sie massiv durch Steuergelder finanziert werden. Von 1970 bis 2010 wurde die Atomstromproduktion mit 186 und der Kohlestrom mit 222 Milliarden staatlich gefördert.

Die erneuerbaren Energien haben davon im gleichen Zeitraum nur 6,4 Prozent erhalten: 28 Milliarden! Frau Merkel, wir wissen nicht, wie die Regierung im Einklang mit den großen Energiekonzernen Ihre Zwickmühle lösen will. Wir wissen aber, dass wir eine Energiewende und die sofortige Stilllegung aller AKWs nur durch einen breiten, weltweiten Widerstand gegen die Umweltzerstörer bekommen. Wir stehen auf, damit es nie wieder einen Super-GAU gibt und die Umwelt und die Zukunft der Menschheit gerettet werden. Kommt alle zu den Aktivitäten anlässlich des 25. Jahrestages der Katastrophe von Tschernobyl und zu den weiteren Montagsdemos!

Harald Braun

 

Die Nato schießt in Libyen
wieder mit Urangranaten

1. Noch immer sind Millionen Menschen von der Katastrophe in Tschernobyl gesundheitlich betroffen. Dies geht aus der neuesten Studie der „Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges“ und der „Gesellschaft für Strahlenschutz“ hervor. An den Folgen ihrer hohen Verstrahlung litten und leiden die Schadensbegrenzer vor Ort am meisten. Von den 830.000 Liquidatoren sind über 112.000 gestorben, über 90 Prozent sind erkrankt. Forscher gehen davon aus, dass durch Tschernobyl in ganz Europa bis 2056 knapp 240.000 zusätzliche Krebsfälle auftreten werden. Auch nach Abbau der hohen Strahlenwerte bleibt die Radioaktivität weiter hoch gefährlich! In der Studie heißt es: „Je niedriger die Strahlung, desto länger die Latenzperiode bis zum Ausbruch der Krebserkrankung. Die genomische Instabilität des Erbguts potenziert sich mit jeder Generation. Sie wird mit dem Erbgut weitergegeben.“

Wieland von HodenbergEs fand sich auch ein Anstieg von anderen Erkrankungen. Gefunden wurden Magen-Darm-Defek­te, Herz-Kreislauf-Krankheiten und psychiatrische Krankheitsbilder als Folge der sogenannten Niedrigstrahlung. Bis 2050 werden in ganz Europa noch unendlich viel mehr Krankheitsfälle diagnostiziert werden, die ursächlich mit der Katastrophe im Zusammenhang stehen. Das Schicksal Tausender Kinder, die tot geboren wurden oder mit Fehlbildungen und Erbkrankheiten zur Welt kamen und noch kommen werden, ist dabei besonders tragisch! Die Verzögerungen zwischen Ursache und körperlicher Auswirkung werden uns noch sehr lange beschäftigen, weil Tschernobyl noch längst nicht vorüber ist, und Fukushima uns erst noch bevorsteht!

Wissenschaftler haben abgeschätzt, welch unvorstellbar fürchterliche Folgen ein Super-GAU in der Bundesrepublik haben würde. Hierbei wurde die sieben- bis zehnfach höhere Bevölkerungsdichte Deutschlands berücksichtigt. Es wurden 500 beziehungsweise 1.000 Leukämietote je 10.000 Personen angenommen. Nach dieser Studie könnte es im Extremfall bis zu zwölf Millionen Krebstote geben! Ich zitiere aus einer Rede eines ehemaligen Mitstreiters der „Internationalen Ärzte“, die er am 6. August 2008 an dieser Stelle hielt. Er sagte: „Seit Beginn des Atomzeitalters kann menschliches Irren tödlich sein für eine unvorstellbar große Zahl von Pflanzen, Tieren und Menschen. Das ist neu, das ist ungeheuerlich, das macht krank. Die Welt befindet sich derzeit quasi auf Intensivstation. Es gilt als Sofortmaßnahme: Abschalten, abrüsten. Nie wieder Tschernobyl, nie wieder Hiroshima!“

Für die Atomwaffenproduktion dient bekanntlich Plutonium aus AKWs. Deshalb werden wir die Verantwortlichen für die Strahlengefahren niemals aus ihrer Verantwortung entlassen! In Esenshamm haben am Ostermontag 5.000 Demonstrant(inn)en den Schrottreaktor an der Weser umzingelt. Bundesweit protestierten etwa 145.000 Menschen gegen die Gewissenlosigkeit der Betreiber. Wir werden so lange weiter demonstrieren, bis alle Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet sind!

 

2. Wenn wir hier jeden Montag die Abschaltung und Stilllegung der Atomkraftwerke fordern, dann müssen wir auch über die Abschaffung aller Atomwaffen reden. Sie bilden die größte Gefahr für die Menschheit, auch wenn sie nicht militärisch eingesetzt werden, denn sie töten schon im Frieden! Denken wir beispielsweise an den großen Schiffsfriedhof in Murmansk, wo zahlreiche alte Atom-U-Boote vor sich hinrosten und gewaltig strahlen. Oder an die schweren Unglücke in den militärischen Sperrgebieten in Zentralrussland. Es ist zu befürchten, dass auch in anderen Teilen der Welt schon ähnliche Unglücke passiert sind, die uns nur von den Medien unterschlagen wurden.

Insgesamt befinden sich auf der Erde circa 21.900 Atomwaffen, wobei die Uranmunition noch nicht einmal mitgezählt ist. Auf der Welt gibt es neun Länder, die schon seit langer Zeit Atomwaffen besitzen, wobei die USA mit 10.656 Sprengsätzen und Russland mit ca. 10.000 Sprengsätzen eine absolute Spitzenposition einnehmen. Es folgen China, Großbritannien, Frankreich und Israel mit insgesamt 1.135 Sprengsätzen. Indien, Pakistan und Nordkorea verfügen zusammen über etwa einhundert Nuklearwaffen. Dies alles würde reichen, um nicht nur unsere Erde, sondern sämtliche Planeten im Sonnensystem zu verstrahlen!

In der Bundesrepublik lagern unter dem Fliegerhorst Büchel noch etwa 20 US-Uralt-Bomben. Die USA haben sich bis jetzt nicht bereit erklärt, diese Sprengkörper zurückzunehmen und zu vernichten, obwohl der Kalte Krieg längst zu Ende ist und Präsident Obama vor Jahren vollmundig eine „atomwaffenfreie Welt“ gefordert hatte. Die Bundesregierung und die Mehrheit des Bundestages bestehen ebenfalls auf dem Verbleib der Bomben. Das Pentagon soll sogar planen, die in Europa gelagerten US-Waffen eventuell im Mittleren Osten einzusetzen! Fordern wir deshalb immer wieder den Abtransport und die Zerstörung dieser Atombomben!

Am 24. April 2008 sprach sich UN-Generalsekretär Ban Ki-moon für das Entwickeln einer Atomwaffenkonvention aus. Im Vertragsentwurf heißt es in Abschnitt I: „Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals Kernwaffen einzusetzen, Vorbereitungen dafür zu treffen oder damit zu drohen; sie zu entwickeln, zu testen, herzustellen, zu lagern oder weiterzugeben. Die Atomwaffenstaaten müssen ihre Arsenale in mehreren Phasen vollständig vernichten, dazu gehört auch das Zerstören der oder Untauglichmachen für nukleare Sprengköpfe der Trägersysteme. Ebenso verboten ist die Herstellung waffentauglicher spaltbarer Materialien.“

Ein besonders düsteres Kapitel bilden die Urangranaten. Sie sind die fiesen kleinen Verwandten der Atombombe. Von der Nato erstmalig in Jugoslawien eingesetzt, wurde und wird Uranmunition in allen Kriegen von Afghanistan bis Libyen verschossen. Sie besteht zum größten Teil aus abgereichertem Uran 238, einem Abfallprodukt aus Brennstäben der Atomkraftwerke. Diese Geschosse werden gegen Panzer oder Bunker eingesetzt, wobei ein weites Gebiet verstrahlt wird. Beim Aufprall wird die Bewegungsenergie in Hitze umgewandelt, das Uran verbrennt die Innenräume. Das Metall verwandelt sich zu 75 Prozent in einen hochgiftigen Feinstaub, wobei laut dem Göttinger Chemieprofessor Ralf Bertram die Radioaktivität um den Faktor zehn Millionen ansteigt!

Die chronische Uranvergiftung, der Soldaten wie Bevölkerung gleichermaßen ausgesetzt sind, führt zu Immundefekten und schwersten Krebserkrankungen, insbesondere zu Leukämie wie in der Nähe von Atomanlagen. Schließlich verursacht das abgereicherte Uran ähnlich den Hiroshima-Folgen schwerste genetische Schäden, die unter anderem zu einer extremen Häufung von Tot- oder Fehlgeburten, sowie zur Geburt lebensunfähiger Kinder führen, so der Köln Journalist und Filmemacher Frieder Wagner. All dies sind mehr als genug Gründe, Uranmunition in eine Atomwaffenkonvention der Uno aufzunehmen und international zu ächten! Wir vom „Bremer Friedensforum“ fordern die Abschaffung aller Atomwaffen und aller Uranmunition sowie den sofortigen Ausstieg aus der zivilen Nutzung von Atomenergie! Wir wollen eine Welt frei von Atomwaffen und Atomenergie!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Montag ist Widerstandstag

Die überparteiliche Bremer Montagsdemo hat bei einem Bündnistreffen beschlossen, jeden Montag zu einem Widerstandstag gegen die verbrecherische Umwelt-und Sozialpolitik der Regierung zu machen.

„Wir sind Teil einer bundesweiten und internationalen Bewegung, die weltweit die sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke und eine sofortige Wende hin zum Ausbau erneuerbarer Energien fordert. Jeden Montag sind in über 700 Städten Menschen auf den Straßen, um der Atomlobby das Handwerk zu legen“, erklärt Bruce Jackson von „Ausgestrahlt“.

Treffpunkt in Bremen ist auf dem Marktplatz ab 17:30 Uhr. Nach einer Kundgebung mit Offenem Mikrofon und einer Schweigeminute zur Solidarität mit den Opfern von Fukushima findet eine Demonstration zum Hauptbahnhof statt. Bei der Abschlußkundgebung findet gegen 19:30 Uhr auch der „Schwabenstreich“ als Protest gegen das Wahnsinnsprojekt „Stuttgart 21“ statt.

Initiative Bremer Montagsdemo

Limerick der Vorwoche
Es läuft an der Weser unten ganz prima
Ein Kraftwerk, viel sicherer als in Fukushima.
Doch wie die Strahlung schnell mit dem Jet
Reist unsere Forderung rings um die Welt:
Wir stoppen's - und retten das Klima!
 
Das Atomkraftwerk Esenshamm (Unterweser) wird am Ostermontag, dem 25. April 2011, umzingelt. Der Zeitplan: 13:45 Uhr Treffen in Rodenkirchen am Marktplatz, 14 Uhr: Demo zum AKW, 15 Uhr: Umzingelung steht, anschließend zurück nach Rodenkirchen, 16:30 Uhr Abschlußkundgebung.
 
Am Dienstag, dem 26. April 2011, beginnt um 17:30 Uhr
auf dem Marktplatz eine Gedenkveranstaltung anlässlich
der Atomkatastrophe in Tschernobyl vor 25 Jahren.
 
Das antifaschistische Bündnis „Keinen Meter“, dem die Bremer Montagsdemo beigetreten ist, ruft auf zur Verhinderung eines Nazi-Aufmarsches am Sonnabend, dem 30. April 2011, (ursprünglich geplant für den Folgetag) in Bremen. Die NPD hat für 10 Uhr eine Kundgebung am Bahnhof Neustadt angemeldet. Wir treffen uns an der Ecke Neuenlander Straße/Friedrich-Ebert-Straße und machen um 10 Uhr eine Kundgebung am Leibnizplatz.
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz