310. Bremer Montagsdemo
am 03. 01. 2011  I◄◄  ►►I

 

Es gab kaum Anlass, die
Jahreswende groß zu feiern

Wieland von HodenbergAm Silvesterabend wurden bundesweit über 100 Millionen Euro verballert. Aber eigentlich gab es für zu viele Menschern kaum Anlass, die Jahreswende groß zu feiern! Mit Ausnahme der Ackermänner dieser Republik und deren Vasallen in den Regierungsparteien gab es fürs Volk und erst recht für die in die Armut getriebenen Menschen nur Katastrophen. Auch die SPD, der wir letztlich die neoliberale Kahlschlagspolitik zu verdanken haben, hat sich in Sachen Rückbesinnung auf „sozialdemokratische Grundwerte“ weiß Gott nicht mit Ruhm bekleckert.

Noch mehr Grundrechte wurden abgebaut, die AKW-Laufzeiten unerträglich verlängert, der Überwachungsstaat ausgebaut, der Krieg am Hindukusch ausgeweitet und weiter verschärft. Nachvollziehbare Abzugsperspektive: Fehlanzeige! Die Armen wurden immer ärmer, Elend und Drangsal immer größer, die Hetze zunehmend unverschämter, und schon manch ein Mensch sah als einzigen Fluchtweg aus dieser Vorhölle nur den Weg in den Tod!

In der Charta der Menschenrechte von 1948 steht geschrieben, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind, dass Sklaverei, Folter und erniedrigende Strafen verboten sind, und dass Anspruch auf Schutz des Privatlebens sowie Recht auf Freizügigkeit bestehen. Die Bundesregierung tritt all dies mit Füßen! Für sie ist die Charta das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Nichts deutet darauf hin, dass in diesem Jahr etwas besser werden könnte – ganz im Gegenteil.

Es geht nicht nur um die miese, heuchlerische Fünf-Euro-Regelsatzerhöhung und die Farce des Kinder-„Bildungspakets“. Es geht auch um die damit einher schleichenden neuen Schikanen und Demütigungen gegen die Hartz-IV-Betroffenen, was von den Mainstream-Medien geflissentlich falsch dargestellt oder totgeschwiegen wird. Letztlich geht es um die restlose und endgültige Zerstörung unserer demokratischen und sozialen Wertesysteme, wobei ein Großteil der etablierten Medien untertänigst Schützenhilfe leistet! Auf den Montagsdemos haben wir im letzten Jahr auf all das kommende Unheil bereits hingewiesen.

Apropos Montagsdemo: Wir werden auch weiterhin dem zynischen Treiben der Herrschenden nicht tatenlos zusehen und hoffen, dass sich immer mehr Menschen den kommenden Protestaktionen anschließen. Wir werden unseren Widerstand noch weiter verstärken und um neue wirkungsvolle Varianten bereichern. Ein Beispiel ist die geplante Massenklage gegen die unsäglichen Hartz IV-Regelsätze. Wir werden uns nicht unterkriegen lassen! Für uns, für die Friedens- und Anti-Atom- sowie für die Stuttgarter Anti-„S21“-Bewegung gilt jetzt erst recht: „Oben bleiben! Proteste verstärken! Widerstand verbreitern!“

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Danke für die Eingangsbestätigung: Aber fünf Euro Nachzahlung machen
noch keine verfassungsgemäße Regelsatzhöhe („Jobcenter Bremen“)

 

Schottern und Kies gewinnen!

Hans-Dieter Binder Die besten Wünsche für 2011! War das nicht ein herrliches Winterwetter – mit Schnee zu Weihnachten? Doch nun zum Alltag: Die gesetzliche Grundlage für die Regelsatzhöhe ist seit dem 1. Januar 2011 außer Kraft. Die Politik hat bisher keine verfassungsgemäße Regelsatzhö­he ermittelt. Die angebotenen fünf Euro wurden zurechtgeschummelt und ergeben bestimmt nicht die verfassungsgemäße Regelsatzhöhe! Daher die Anträge „Hiermit beantrage ich die Bewilligung von Sozialleistungen in verfassungsgemäßer Höhe“ runterladen und ausgefüllt – auch mit dieser langen Namensnennung – gegen Stempel abgeben (siehe Gerolfs Beiträge auf den vorherigen Bremer Montagsdemos).

Die Langsamkeit der Politik hat auch einen Vorteil: Die geplanten Verschlechterungen im Kleingedruckten sind noch nicht in Kraft und auch noch nicht verabschiedet. Der Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X kann somit zurzeit noch vier Jahre rückwirkend gestellt werden, bis zum 1. Januar 2007, somit für ein Jahr weniger als noch vor einer Woche. Die Gründe und die Anleitung stehen auf den vorherigen Bremer Montagsdemos. Lesen und nachdenken! Es werden dort bereits viele Gründe genannt, aber die Aufzählung ist nicht vollständig!

Zum Jahresausklang wurde vom Bundessozialgericht die Praxis der pauschalen Berechnung für die Warmwasserkosten und die damit verbundene Kürzung rückwirkend verworfen und die Kürzung bei stationärem Klinikaufenthalt für unrechtmäßig erklärt. Der von einigen Krankenkassen erhobene Zusatzbeitrag ist von den Jobcentern zu übernehmen, wenn kein weiteres Einkommen erzielt wird. Dies ändert sich mit den geplanten Änderungen eventuell ebenfalls.

Ein Antrag auf Überprüfung kann nicht zu einer Leistungskürzung führen; auch dies wird mit den geplanten Änderungen erwogen. Nicht einmal für ihre eigenen Fehler wollen und sollen die Jobcenter einstehen! Geplant ist auch eine erweiterte Antragspflicht für die Zahlung von Leistungen. So sollen die Teilhabeleistungen bei Hartz IV für Kinder nur aufgrund eines Extraantrags gezahlt werden. Zusätzlich ist geplant, diese Leistungen anteilig monatlich verfallen zu lassen, falls ein solcher Antrag nicht vorliegt.

Die Extraleistungen für Kinder sind eine Begründung zur Beibehaltung der bisherigen Regelsatzhöhen für sie. Daher sind diese Leistungen rückwirkend ab 1. Januar 2011 zu zahlen. Mit einer Einigung rechne ich nicht vor dem März, einer Auszahlung somit nicht vor Mai. Sie sollte eigentlich rückwirkend erfolgen, nur mangelt es eventuell an der Antragstellung. Daher Antrag stellen: „Hiermit beantrage ich die zusätzlichen Leistungen zur Teilhabe und Bildung sowie für eine Klassenfahrt und andere Schulveranstaltungen und Sonderbedarfe für die Kinder meiner Bedarfsgemeinschaft.“

So weit ein möglicher Text. Falls bereits eine Mitgliedschaft in einem Verein besteht, Nachhilfeunterricht oder Klassenfahrt oder anderes bereits gezahlt wird oder kurz bevorsteht, so beantragt diese Ausgabe. Wie dies geht? Wir gehen mit! Zum Schottern und Kies gewinnen einfach den Kugelschreiber zücken und machen! Bis zum nächsten Montag um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Ersatzdebatte: Wie viel Kommunismus ist
in der Linkspartei? („Spiegel-Online“)

 

Sollen sich ALG-II-Bezieher nicht mehr gegen das ihnen angetane Unrecht zur Wehr setzen können?

1. Nun gehen wir mit frischem Elan ins neue Jahr! Während der „Aufschwung“ Bourgeoisie und Bundesregierung erreichte, werden die lohnabhängigen Bürger im kommenden Jahr weniger im Portemonnaie haben, und Hartz-IV-Beziehende mussten bereits zum sechsten Mal ein Weihnachtsfest in absoluter Bescheidenheit verbringen, da solche Anlässe im Regelsatz nicht vorgesehen sind. Martin Behrsing, der Sprecher des „Erwerbslosenforums Deutschland“, brachte es auf den Punkt: „Während Erwachsene sich eventuell damit arrangieren können, wird den Kindern aus Hartz-IV-Haushalten besonders drastisch gezeigt, dass sie unserem Staat nichts wert sind.“ Die siebenfache Mutter, Bundesarbeitsministerin von der Leyen, die es eigentlich besser wissen müsste, erdreistete sich Ende September zu der Behauptung, es gebe für Kinder keinen Cent mehr, weil ihr Eckregelsatz eigentlich „viel zu hoch“ sei. Schlimmer geht Verhöhnung nimmer!

Elisabeth GrafNatürlich durften auch Kinder von Hartz-IV-Beziehern über den Weihnachtsmarkt in ihrer Stadt gehen und sich vom Duft gebrannter Mandeln locken, von den Karussells zum Mitfahren anziehen und an den Buden von Spielzeug reizen lassen. Aber mehr als gucken und schnuppern war für sie sicher nicht drin! Dennoch wünscht sich Ursula von der Leyen, dass alle Kinder „mit Musik aufwachsen“ mögen. Sie will zwar nicht mit der SPD um eine Erhöhung des Satzes „um fünf Euro feilschen“, doch will sie mit ihrem unsäglichen „Bildungspaket“ den Kindern sowohl „Lernförderung“ in der Schule als auch „Teilhabe“ im Alltage ermöglichen. Das „Bildungspaket“ ist im Schnitt 320 Euro pro Kind und Jahr wert. Darin enthalten sein sollen Mitgliedschaft in Sportvereinen wie dem Schwimmklub, Teilnahme an Musikunterricht, Nachhilfe und last not least noch das Mittagessen an der Schule. Die Chipkarte lenkt ganz nebenbei davon ab, dass die Bundesregierung die Kinder im Stich lässt. Sie werden mit Sachleistungen stigmatisiert, wenn einzig und allein eine billige Lösung „nach Kassenlage“ gesucht wird.

Mit der Debatte um Geld- und Sachleistungen drückt sich von der Leyen um die Frage, wie hoch die Regelsätze tatsächlich liegen sollen. Es ist wirklich herzallerliebst anrührend, wenn die Supermutterpowerfrau findet, dass alle Kinder „mit Musik aufwachsen“ sollten, mit Sport und Gemeinschaftserfahrung, aber sie kann doch nicht ernsthaft annehmen, dass dies alles für 320 Euro im Jahr, also für 26,66 Euro pro Monat je Kind zu haben sei! Wenn Klein-Elise Hunger hat, bekommt sie dann einfach einen Gutschein, eine halbe Stunde auf dem Klavier „Für Elise“ zu spielen? Danach ist sie bestimmt pappsatt! Mir fehlt auch eine vernünftige Erklärung, wie davon der Musikunterricht, der Sportverein, das Instrument, die Sportbekleidung, die Fahrkarten und die Begleitung durch einen Elternteil finanziert werden können. Das ist selbstverständlich alles im eigentlich zu hohen Eckregelsatz für Kinder enthalten! Ich kann verstehen, dass Frau von der Leyen gern zum Mond fliegen möchte und würde es ihr sogar von Herzen gönnen, wenn sie es sich dort oben ein bisschen gemütlich machte!

 

2. Als ob es nicht wesentlich wichtigere Probleme zu lösen gäbe, beschäftigten sich der Vize-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Björn Jotzo (FDP), und die Bundestagsabgeordnete Cornelia Seibeld (CDU) mit der elementar wichtigen Frage, ob ein Hartz-IV-Bezieher Böller kaufen dürfe. Nach Ansicht dieser beiden Politiker sollten Hartz-IV-Bezieher auf den Kauf von Böllern verzichten. Den Politkern sei es angeblich von Händlern zugetragen worden, manche Transferleistungsbezieher gäben an die 150 Euro für Feuerwerkskörper aus. Haben die beiden Politiker Informanten in der Silvester-Böller-Szene? Woher wissen diese „Händler“, ob jemand Grundsicherung bezieht? Dürfen sie neuerdings auch den Personalausweis nebst einer Verdienstbescheinigung verlangen? Sollen Hartz-IV-Bezieher einer besonderen äußerlichen Kennzeichnungspflicht unterliegen?

Vor der Forderung eines Verkaufsverbotes von Böllern für Hartz-IV-Bezieher schreckten die beiden Politiker dann aber doch zurück. Seibeld fand, dass ein solches Verbot nicht umsetzbar und der bürokratische Aufwand zu groß sei. Aber sonst wäre sie nicht abgeneigt? Was soll die Bevölkerung daraus lernen? Wenn Hartz-IV-Bezieher keine Böller für 150 Euro kaufen und auch nicht noch so viel Geld verrauchen und versaufen würden, dann reichten 359 Euro monatlich selbstverständlich zum Leben vollkommen aus! Neben den Chips und dem Sekt auf dem Wohnzimmertisch macht sich – nicht nur zu Silvester – auch eine „Packung Volksverhetzung“ ganz gut, gesalzen oder gepfeffert!

 

3. In Bremen sind 4.000 Menschen auf ergänzendes ALG II angewiesen, obwohl sie einer Vollzeitarbeit nachgehen. Die Tatsache, dass jeder vierte Hartz-IV-Bezieher arbeiten geht, widerlegt eindeutig das medial hochgezüchtete Vorurteil, dass die Leistungsbezieher nicht „arbeitswillig“ seien, denn von ihrem Zuverdienst bleibt den Betroffenen nur wenig. Erst wenn eine alleinstehende Person bei einer 35-Stunden-Woche auf einen Brutto-Monatslohn von 1.265 Euro kommt, hat sie keinen Anspruch mehr auf ergänzende Sozialleistungen. Ihnen bleiben nach Abzug von 50 Euro Steuern und den Sozialversicherungsbeiträgen im Schnitt 950 Euro netto übrig, also ein verdammt mieser Hungerlohn. Die Behauptung, dass die niedrigen Löhne oder auch Teilzeitjobs für Menschen, die länger arbeitslos sind, den „Einstieg“ in einen richtigen Job bedeuten könnten, wird von den Zahlen der „Arbeitnehmerkammer“ nicht bestätigt, weil für mehr als die Hälfte von ihnen dieser Zustand schon mehr als zwei Jahre anhält. Im Durchschnitt müssen Bund und Kommunen 500 Euro im Monat für jeden „draufzahlen“, der in seinem Job entweder nicht genug Lohn erhält oder zu wenig Stunden arbeiten kann. Fast die Hälfte davon zahlen die Kommunen.

Immer handelt es sich dabei um eben die enorme Summe, die Firmen ihren Angestellten zu wenig als Lohn auszahlen. Hierbei steht Bremen im Städtevergleich ganz weit oben. Arbeit, Arbeit über alles – auf den Lohn für die Erwerbstätigen kommt es dabei offenbar nicht so an. Dabei ist es keineswegs egal, woher der Lohn kommt, denn die Arbeitnehmer zweiter Klasse, die „Aufstocker“, müssen stundenlang bei der Bundesagentur für Arbeit Schlange stehen, Kontoauszüge vorlegen und sich durch die Verfolgungsbetreuung gängeln lassen, also etwa Ortabwesenheit beantragen. In Branchen wie der Gastronomie tauchen besonders viele prekäre Jobs und entsprechend viele „Aufstocker“ auf. Zeitarbeiter haben das Problem, dass sie für gleiche Arbeit meist nicht den gleichen Lohn bekommen. Schlimm dran sind auch diejenigen Hartz-IV-Bezieher, die sich einen 400-Euro-Job „an Land gezogen“ haben, weil sie von dem verdienten Geld nur schlappe 140 Euro behalten dürfen: 260 Euro werden wieder abgezogen! Von den 18.000 „Aufstockern“ im Land Bremen sind 8.560 Mini-Jobber, 2.900 Menschen haben einen Teilzeitjob, 4.000 arbeiten Vollzeit, und 1.400 sind „Selbständige“.

 

4. Eine Studie der Landesbausparkasse Bremen und des „Deutschen Kinderschutzbundes“ ging der Frage nach, „wie gerne“ Kinder in Bremen leben. Dazu wurden 1.079 Kinder von neun bis 14 Jahren in vier strukturell unterschiedlichen Stadtteilen in Bremen und Bremerhaven befragt. Untersucht wurden Schwachhausen, Sebaldsbrück, Gröpelingen sowie Geste-Münde. Es verwundert nicht, wenn aus den Ergebnissen hervorgeht, dass Kinder, die in Einfamilienhäusern leben, ein besseres Wohlbefinden in der Wohnung hätten als Kinder aus Mehrfamilienhäusern oder Hochhäusern. Je größer die Wohnung sei, desto wohler fühlten sich die Kinder. Außerdem zeigte die Studie, dass Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder Alleinerziehender und Kinder, deren Eltern arbeitslos sind, ihre Wohnungen deutlich als zu klein empfänden. Das werden sie mit Sicherheit sein, denn für die zustehende Quadratmeterzahl können die Betroffenen keinen als angemessen angesehen Wohnraum anmieten. Dafür braucht doch niemand eine Studie! Dazu muss sich jemand bloß mal über die Bedingungen schlau machen, unter denen die genannten Ausgegrenzten vegetieren müssen. Mit dem Geld für diese Studie hätte sich in den vier Stadtteilen bestimmt ein tolles Kinderfest veranstalten lassen, und ich bin mir sicher, dass es besser angelegt gewesen wäre („Weser Kurier“ vom 2. Januar 2011).

 

5. Sozialexperten prognostizieren, dass sich bis 2025 die Zahl der älteren Menschen, die von staatlicher Grundsicherung leben, auf zehn Prozent vervierfachen wird. Die Kommunen warnen vor einem „finanziellen Sprengsatz“. Unterbrochene Erwerbsbiografien, mehr Teilzeit- und Niedriglohnjobs, rückläufiges Renten­niveau und steigende Lebenserwartung – alle diese Faktoren werden die Zahl der armen Senioren in den kommenden Jahrzehnten in die Höhe treiben. Der Ökonom Rürup forderte die Regierung auf, eine „Aufstockrente“ einzuführen. „Geringverdiener, die ihr Leben lang gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben, sollten eine Rente knapp oberhalb der Grundsicherung bekommen“, sagte Rürup. Die Aufstockrente habe die CDU auf ihrem letzten Bundesparteitag bereits beschlossen, „jetzt muss sie die auch in die Tat umsetzen“. Eigentlich dachte ich mal, dass ein Staat dazu da sein soll, Gesetze für seine Bürger und einen Rahmen zu bilden, innerhalb dessen alle Bürger leben können. Offenbar denke ich da falsch, wenn ich immer mehr mitbekomme, dass der Staat nur diejenigen gut versorgt, die das gar nicht nötig haben. Wir brauchen vernünftige Arbeitsplätze für die jungen Menschen und ausreichende Renten für die Alten! Aufgrund unterschiedlicher Erwerbsbiografien müsste es endlich unterschiedliche Rentenberechnungen für Männer und Frauen geben, für die Mütter oder manchmal auch Väter, die wegen der Kinder zu Hause geblieben sind, dazu ein Kindersplitting für Alleinerziehende oder ein bedingungsloses Grundkommen als Basis.

 

6. Ist es mal wieder so weit? Diesmal fordert der brandenburgische CDU-Poli­tiker Danny Eichelbaum die Einführung einer pauschalen „sozialverträglichen“ Gerichtsgebühr? Seiner Meinung nach gebe es viele „unbegründete Klagen“ von ALG-II-Beziehern. Gerichtsgebühren würden die „Hemmschwelle absenken“, die Sozialgerichte mit der Einreichung „erfolgloser“ Klagen zu überschwemmen. Offenbar hat er vor lauter Übereifer, Hartz-IV-Beziehern auch mal etwas senken zu können, das logische Denken vergessen, denn sicherlich meinte er, dass die Hemmschwelle erhöht werden müsse. Für eine steigende „Hemmschwelle“ wären 75 Euro ein „angemessener“ Betrag! Eigentlich ist es eine Frechheit, Erwerbslose für das völlige Versagen von Politikern und das Erstellen chronisch falscher Bescheide von den argen Argen büßen lassen zu wollen. Offenbar soll verhindert werden, dass sich ALG-II-Bezieher gegen das ihnen angetane Unrecht zur Wehr setzen können! Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, so dachte ich einmal. Aber manche sind eben ein bisschen gleicher – und das sind wie immer jene, die eine gut bezahlte Arbeit oder ein Erbe haben und es sich finanziell leisten können, Recht zu bekommen. Gerechtigkeit sieht anders aus!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 

 

 
Danke fürs Wort zum Sonntag: Wer sich am Hartz-IV-Billigfraß
mit Dioxin vergiftet, hat selber Schuld („Bild“-Zeitung)

 

Wer soll das Land
vom Schnee befreien?

1. Mein Freund Peter äußert sich manchmal raubeinig, vertritt aber immer eindeutig die Interessen der Lohnarbeitslosen. Da „aus dem Heißen Herbst nichts geworden“ sei, sollten sie den Frühling dazu machen, indem sie Gewerkschaftsversammlungen besuchen und die Forderung nach zehn Euro Mindestlohn „mitbringen“. Sie sollten unbedingt auch zu Streiks hingehen und mitstreiken. So werde die Solidarität belebt und die Auseinandersetzung gefördert – nicht aber, indem hingegangen werde mit der Haltung „uns vom Elend der Welt Betroffenen muss geholfen werden“. Ich kann daran leider nichts Falsches erkennen. Der Berliner CDU-Innenexperte Peter Trapp machte nun den Vorschlag, Hartz-IV-Empfänger gegen „Lohn“ zum Schneeschieben einzusetzen. Nach einer Umfrage seien 57 Prozent der Befragten dafür, dass Hartz-IV-Bezieher dazu verpflichtet werden.

Hans-Dieter WegePeter meint: „Es sind Politiker und viele Menschen aus der sogenannten Mittelschicht, die diese Forderungen stellen. Warum sollten wir Hartz-IV-Emp­fänger(innen) eigentlich nicht darauf eingehen? Wir sollten zu den Argen und Arbeitsämtern gehen und dort Hartz-IV-Empfänger ansprechen. Dann sollten wir möglichst zu Hunderten gemeinsam vor die Rathäuser, Gemeindebüros und Landratsämter ziehen und dort das einzige verkaufen, was wir zum Verkaufen besitzen, nämlich unsere Arbeitskraft. Das geht den Menschen aus der Mittelschicht nicht anders. Dort sollten unsere Forderungen von jedem Lohnarbeitslosen schriftlich den Bürgermeistern, Gemeindevorstehern oder Landräten übergeben werden: zehn Euro-Mindestlohn, 30-Stunden-Woche, Rente mit 60, bedingungsloses Einheitsgrundeinkommen!

Für die sofortige Arbeit an der Schippe sind warme Winterstiefel, Winterbekleidung, Schaufeln und Schneeschieber zur Verfügung zu stellen. Aufwärmräume und Möglichkeiten für den Toilettengang sind zu benennen, und schon kann es losgehen mit Schneeschaufeln! Genau das muss man auch fordern. Spieglein, Spieglein an der Wand, was wäre dann los in diesem Land? Ist das nicht, was die Mittelschicht von ihren Mitmenschen erwartet? So wie Dieter Bohlen im Fernsehen verlauten lässt, dass er Menschen bewundert, die ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen und für ihr Geld arbeiten wollen. Wird das nicht schon von den Kindern der Menschen aus der Mittelschicht erwartet, die behaupten, Orangensaft der Marke „Valensina“ werde ihren auf Hartz IV angewiesenen Mitschüler(inne)n von den arbeitenden Eltern bezahlt? Dass diese Eltern für den Profit ihrer Arbeitgeber arbeiten, scheinen Gymnasiasten noch nie gehört zu haben!

Muss man jetzt nicht wirklich solche Aktionen starten und mit Forderungen nach einem zum Leben ausreichenden Lohn allen Menschen wie Politikern und diesem deutschen Mittelstand einen Spiegel vorhalten, indem man die Unfähigkeit der Politik und der Behörden beweist, dass sie selbst für die Organisation solcher Tätigkeiten nicht in der Lage und kaum gewillt sind, das eine, was Hartz-IV-Empfänger garantiert noch besitzen, nämlich ihre Arbeitskraft, auch angemessen zu bezahlen? Lohnarbeitslose, Erwerbslose, junge Leute von 16 bis 50 Jahren und 50- bis 67-Jährige sollten sich einer solchen Aktion anschließen. Meiner Meinung nach kann man so am Besten dieser Zweidrittelgesellschaft mit ihren Vordenkern und Politikern vorhalten: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer sind die Unfähigsten im Land?“ Man kann nur hoffen, dass sich möglichst viele Erwerbslose diesen Vorstellungen von Aktionen zum Protest anschließen und so etwas in ihren Wohnorten mitorganisieren. Stigmatisierung ade könnte es gleichzeitig heißen! Vielleicht würden dann selbst Politiker die Forderung der Arbeitslosen übernehmen: Weg mit Hartz IV!

Es wäre deshalb schade, wenn hier nicht auch eine andere Meinung zum Schneeschippen, der Gurkenernte oder dem Spargelstechen öffentlich gemacht werden dürfte. Ich finde vollkommen richtig, was Peter herüberbringen will: Es ist wirklich so, dass die offiziellen Stellen oder die bürgerlichen Politiker immer gleich mit dem Widerstand der Lohnarbeitslosen hierzu rechnen. Prompt passiert das dann auch so, wie Elisabeth mit ihrem Beitrag über die Forderung nach zum Leben ausreichender Bezahlung beweist. Die Idee von Peter ist, dass man eine Aktion daraus macht, zum Beispiel vor die Argen zieht und versucht, Arbeitslose „einzusammeln“ und sich beispielsweise zum Schneeschippen meldet. Damit nimmt man der Mittelschicht den Wind aus den Segeln mit der Behauptung vom „faulen Arbeitslosen“. Peter geht berechtigterweise davon aus, dass die Behörden gar nicht dazu in der Lage sein werden, solche Einsätze zu organisieren.

Das wäre mal eine vollkommen andere Aktion, mit der weder Politiker noch die Arbeitsverwaltung oder die kommunalen Behörden rechnen. Auch diese Vorstellungen gehören auf eine Seite der Arbeitslosenbewegung, denn sie wären in meinen Augen ein geeignetes Kampfmittel. Ob die Demonstranten der Bremer Montagsdemo nach jeder Teilnahme zufrieden nach Hause gehen, möchte ich mir nicht zu beurteilen erlauben. Auch bei uns neigen Teilnehmer(innen) gelegentlich zur Resignation mit anschließender Depression, selbst wenn sie sich aus dieser fast immer selbst wieder herausziehen können. Man muss zusätzlich auch andere richtige Wege zulassen. Ich will hiermit keinesfalls zur Teilnahme an der Zwangsarbeit aufrufen, was sich auch ausschließen würde, da man nur Freiwillige an der Aktion gewinnen will. Ich finde die Idee sehr gut.

Man stelle sich einmal vor, die Bremer Montagsdemo sammelt vor dem Jobcenter einige Hundert Arbeitslose, drückt allen ein Flugblatt in die Hand mit der Forderung nach Einheitsgrundeinkommen und zehn Euro Mindestlohn, zieht dann vor die Bürgerschaft und fordert Schaufeln und Schippen, um Schnee zu räumen! Dann kommen sie alle ins Rotieren. Praktizierte die bundesweite Montagsdemo das gleichzeitig in allen Orten, wäre mal richtig was los! – Peter ist arbeitsloser Hartz-IV-Empfänger, er kann nicht aus seiner Haut und muss handeln, wie er handelt. Das wird gerade bei dieser Idee und diesem Vorschlag nicht falsch sein. Genauso wie ich mich euch gegenüber solidarisch verhalte, auch wenn ich mich manchmal kritisch zum Beispiel gegenüber der „Linken“ äußere, so verhalte ich mich auch absolut solidarisch zu Peter. Jeder muss das Recht bekommen, sich zu äußern, außer Faschisten, so steht es in den Grundsätzen der bundesweiten Montagsdemobewegung. Nur diesen Prinzipien sehe ich mich auch verpflichtet.

 

2. Im Aufruf zur Teilnahme an der DemonstrationWir haben es satt“ von Landwirten, Umweltschützern und Verbrauchern am 22. Januar 2011 in Berlin ist mir eines unverständlich: Wieso fordert man „Mindestlöhne“ und nicht einen Mindestlohn, und wieso wird diese Forderung, die vom „Aktionsbündnis Sozialproteste“ schon lange mit zehn Euro in der Stunde beziffert wird, in diesem Aufruf nicht eindeutig gefordert? Will man einen Gang zurück einlegen, um mit dem Mindestlohnvorschlag der SPD in Höhe von 8,50 Euro die Stunde in Einklang zu kommen? In meinen Augen muss man, wenn man schon die notwendige radikale Verkürzung der Lohnarbeit in diesem Aufruf wieder einmal nicht erwähnt, zumindest ganz eindeutig einen einheitlichen Mindestlohn von zehn Euro in der Stunde fordern! Ansonsten verliert dieser Aufruf für Erwerbslose und Niedriglohnbeschäftigte an Wert, und sie dürften kaum daran interessiert sein, sich solchen windelweichen eigenen Forderungen durch eine aktive Teilnahme anzuschließen. Deshalb nicht „Mindestlöhne“, sondern zehn Euro Mindestlohn pro Stunde!

Es ist schön, dass dieses Bündnis die Idee zur Mitfinanzierung der Busse aufgenommen hat. So könnte es jetzt eigentlich solidarisch gegen Berlin gehen. Schade nur, dass wieder einmal die wichtigsten Forderungen für alle Arbeitnehmer(innen) und Erwerbslosen in diesem Aufruf nicht auftauchen, beispielsweise zehn Euro Mindestlohn pro Stunde, 500 Euro Regelsatz als Sofortforderung und radikale Verkürzungen der Lohnarbeitszeit. Ansonsten erinnert dieser Aufruf eher an einen der Ur-Grünen, welcher zwar richtig ist, aber nur im Einklang mit richtigen Forderungen aller Arbeitnehmer(innen) und der Erwerbslosen. Daran mangelt es in meinen Augen in diesem Aufruf. Die Arbeitslosen und Arbeitnehmer(innen) müssen genau hierzu Nachbesserungen von diesem Bündnis und auch weiterhin „Weg mit Hartz IV!“ fordern.

Derweil setzt Herr Alt anscheinend mal wieder ein altes Gerücht als neu in die Welt. Welches Unternehmen dürfte noch Interesse an Schwarzarbeitern haben, wenn es doch Arbeiter(innen) für einen Stundenlohn von ungefähr drei Euro auch schon so bekommen kann? Gerade Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur, war es doch, der die Argen anwies, erst bei Löhnen von deutlich unter drei Euro gegen diese Firmen beziehungsweise ihr Lohndumping einzuschreiten. Herrn Alt sollte man schnell seine Entlassungsurkunde aushändigen! Fraglich wäre natürlich, ob auch er dann einer solchen „Trainingsmaßnahme“ ausgesetzt würde, wie er sie jetzt anstelle von Ein-Euro-Jobs erwägt. Vielleicht sollte man eine Jobbörse im Internet einrichten, in der sich melden kann, wer einen Job mit einem Mindestlohn von zehn Euro in der Stunde vergeben will oder einen solchen Job sucht? Man würde sich vor Nachfragen von Jobsuchenden nicht retten können! Eigentlich müsste dies doch die Vorgehensweise der Bundesagentur werden, um die Menschen von Hartz IV unabhängig werden zu lassen. Alles andere ist lediglich ein Schmierentheater!

Hier noch ein wichtiger Punkt für den Vermittlungsausschuss: Das „Essen auf Rädern“ dürfte für Personen, die auf SGB II angewiesen sind, unbezahlbar sein, mit durchschnittlichen Kosten von ungefähr 180 Euro im Monat allein für das Mittagessen. Doch wozu muss man „Essen auf Rädern“ hinzurechnen: Ist es „häusliche“ Ernährung oder „außerhäusliche“? In letzterem Fall wird es zumindest von der „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“ nicht erfasst, in ersterem ist hiermit bewiesen, dass der Punkt Ernährung um mindestens 120 Euro erhöht werden müsste. In meinen Augen kann die EVS überhaupt nicht geeignet sein, menschenwürdige Bedarfe festzulegen! Selbst Nichtgehbehinderte haben bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen Probleme mit dem Laufen. Sollen alle Personen verhungern, die aufgrund ihrer Angewiesenheit auf Gehhilfe oder Rollstuhl nicht mehr einkaufen können oder auch sonst nicht dazu in der Lage sind, sich selbst warmes Essen zuzubereiten? Oder sollen sie alle ins Heim? Das dürfte dann aber noch wesentlich teurer werden.

Wenn Brigitte Vallenthin, die ja selbst von Hartz IV betroffen ist oder zumindest war und die ebenfalls gegen die Höhe der Regelsätze klagte oder klagt, zum Jahreswechsel „die sich überschlagenden Massenklage-Aufrufe“ als „sinnlosen Aktionismus“ bewertet, dann ist diese Bezeichnung zumindest unverständlich, und ich finde sie auch überhaupt nicht hilfreich. Schon vor Jahren gab mir ein Richter am Verwaltungsgericht Oldenburg den Rat, prinzipiell gegen jeden Bescheid einer Behörde zumindest deshalb immer einen Widerspruch zu schreiben, um die Fristen zu wahren. Wer jetzt den Eindruck erwecken will, es werde schon einige ganz clevere Leute geben, die alles für die anderen armen Hartz-IV-Empfänger tun, der streut den betroffenen Menschen einfach nur Sand in die Augen.

Nicht nur die Regelsätze ganz allgemein sind verfassungswidrig, sondern auch die speziellen Hilfen für verschiedene Altersgruppen, die eigentlich in rechtmäßiger Höhe erforderlich wären. Zu berücksichtigen sind beispielsweise Klein- und Schulkinder, Auszubildende, Aufstocker(innen), Grundsicherungsrentner(innen) oder Asylbewerber(innen) mit unterschiedlichsten berechtigten Forderungen. Es dürfte kaum eine Person in Deutschland geben, die ganz genau wissen kann, was die oder der Einzelne an dieser asozialen Gesetzgebung Hartz IV für verfassungswidrig hält und warum diese Person dagegen klagen will. Auch Brigitte Vallenthin kann das wohl kaum von sich behaupten. „Ich bin dann mal Hartz IV“: Diese Aussage sollte in Deutschland so schnell wie möglich niemand mehr treffen müssen, auch wenn derzeit wohl einige Personen, Organisationen oder vielleicht auch Parteien davon profitieren!

Auf der Internetseite der Partei, die sich „Die Linke“ nennt, findet man Angaben beispielsweise zu Dagmar Enkelmann, Diplom-Historikerin, Parlamentarische Geschäftsführerin und Sicherheitsbeauftragte der Fraktion. Eigentlich sollte jede Wählerin und jeder Wähler der „Linken“ davon ausgehen dürfen, dass diese Partei ihre Experten zum Thema Sozialpolitik in den Vermittlungsausschuss schickt. Aber anscheinend weit gefehlt: Ausgewählt wird ihre „Sicherheitsbeauftragte“! Die Fragen, die sich jedes Mitglied und jede(r) Wähler(in) stellen sollte, lauten: Warum? Welcher Logik entspringen solche Handlungsweisen? Um welche „Sicherheit“ soll es hier gehen: die Sicherheit, koalitionsfähig zu bleiben oder zu werden, oder die Sicherheit der Partei? Um die Lebenssicherheit der betroffenen Hartz-IV-Empfänger geht es, wie aus der Beschlusslage der Partei zu folgern ist, wohl eher nicht! Jedem Betroffenen dürfte klar sein: Je niedriger die Anfangsforderungen sind, umso geringer fällt auch der Abschluss aus. Wenn man sich dann über die Expertenmeinungen hinwegsetzt, kann wohl kaum noch von einer „Politik im Interesse der Betroffenen“ gesprochen werden!

Sollte sich der gesamte Bundesvorstand über die geltenden Beschlüsse der Partei hinwegsetzen, so sollte man in meinen Augen alle Mitglieder des Vorstandes, die diese Positionen der Frau Enkelmann mit vertreten, vor das Bundesschiedsgericht bringen. Mit den Zielen eines demokratischen Sozialismus dürften solche Handlungsweisen kaum noch begründbar sein. Eher dürfte es sich um Vorgaben eines Politkaders handeln, die sich einen Scheiß um die Vorgaben der Mitglieder und die Interessen ihrer Wähler(innen) kümmern. Sollte „Die Linke“ wirklich im Vermittlungsausschuss die 420 Euro Regelsatz fordern, die sie bereits 2005 forderte, dann hat diese Partei, zumindest ihr Bundesvorstand, diese letzte Nagelprobe nicht bestanden! Möglichst viele Mitglieder sollten dann auch ausdrückliche Konsequenzen fordern, beispielsweise sofortige Rücktritte.

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik, derzeit Kläger
gegen Hartz IV beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen)

 
Neulich bei der Arbeitslustprüfung: Manche Leute müssen
ihren Schnabel in alles reinstecken („Ehapa“)

 

Schluss mit
Arbeitslosenbeschimpfung!

Jobst Roselius Allen anwesenden wie auch nicht anwesenden Montagsdemonstrantinnen und Montagsdemonstranten und Sympathisanten ein frohes und kämpferisches neues Jahr! Frau von der Leyen wollte ja die Hartz-IV-Betroffenen noch mit einem „Heiermann“ zu Neujahr beglücken, sich aber den „Christtag“ nicht verderben lassen. Welch Heuchelei! Das ganze Jahr herumeiern, wie die Statistik nur gegen die Arbeits- und Erwerbslosen manipuliert werden kann - und dann Krokodilstränen vergießen, wenn der Bundesrat nicht mitspielt!

Im sogenannten Vermittlungsausschuss wird nichts Gutes rauskommen, das ist schon mal klar. Aber gut ist, dass die Forderung auch im neuen Jahr auf der Tagesordnung bleibt: Hartz IV muss weg! Hartz IV macht arm und krank. Wichtig sind daher die Frage vom Mindestlohn und die Einschränkung der Tagelöhnerei zugunsten fester sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Das wird auch in den Wahlkampf führen! Merkel und von der Leyen flöten schon mal, dass sie das Thema Arbeitslosenförderung „ganz neu angehen“ wollen. Aber auf eines können wir uns gefasst machen: Die niedrigen Löhne sollen bleiben und noch mehr Zwang zur Arbeit kommen.Aber nicht mit uns!

Die Montagsdemobewegung wird aufklären und sich einmischen in die verschiedenen Wahlkämpfe der Parteien und Volksbetrüger. Wir fordern die vollständige Rücknahme der unsozialen Gesetze und die Weiterentwicklung alternativer Forderungen. Zu diesen gehören die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und die Zahlung von Arbeitslosengeld und anderen Sozialgeldern, solange den Arbeitssuchenden keine angemessene Arbeit angeboten wird. Mit der Beschimpfung der Erwerbslosen muss Schluss sein!

Ohne von unserem Kampf auf der Straße abzulassen, unterstützen wir die Bewegung für Massenklagen gegen die neuen Regelsatzfestlegungen, aber der politische Kampf ist die Hauptseite. Die Montagsdemo verbindet sich auch 2011 immer wieder mit anderen Bewegungen – sei es gegen den Krieg in Afghanistan, die AKW-Laufzeiten, das Durchdrücken von Endlagerfestlegungen in Gorleben oder den Stopp der Kohlendioxid-Emissionen – und thematisiert viele andere Fragen.

Zum 8. März, dem internationalen Frauentag, geht es um die Unterstützung für die Weltfrauenkonferenz in Venezuela, wo sich aus der ganzen Welt Frauen von der Basis treffen wollen, um losgelöst von Vorgaben der jeweiligen Regierungen Forderungen und ihre Umsetzung zu beraten. Dass muss und kann auch hier anfangen: In Bremen hat sich ein Kreis gebildet, der die konkrete Förderung und Unterstützung der Aufgaben begonnen hat. Darüber werden wir auch auf der Montagsdemo sprechen.

Das neue Jahr ist an jedem Tag voller Aufgaben und Anspannungen. Das ist manchmal nicht ganz leicht. Aber die Montagsdemonstranten feiern auch und unterstützen sich gegenseitig. Das gibt jedem Kraft und spornt neu an. Die Jahresabschlussfeier am Montag vor Weihnachten im „Naturfreundejugendhaus“ ist wieder ein Beleg dafür. Weg mit Hartz IV, das Volk sind wir! Wir werden oben bleiben beim Kampf gegen das Lügenpack! Wir bleiben laut, solange man uns, ob alt oder jung, die Zukunft klaut.

Jobst Roselius

 

Solidarität mit Peter Rosenbaum

Lieber Peter Rosenbaum, wir protestieren aufs Schärfste gegen deine Verur­tei­lung zu 20.000 Euro durch das Braunschweiger Amtsgericht wegen angeblicher Verstöße gegen das Demonstrationsrecht und sichern dir unsere Solidarität und Unterstützung zu. Nutzung eines Megafons bei weniger als 50 Teilnehmern, Demo auf der Straße statt auf dem Gehweg, Blockade einer Straße, „Hausfriedensbruch“ im Wald: Wenn das verboten sein soll, dann gibt es kein Demonstrationsrecht mehr! Dieses Urteil steht in einer Reihe von Angriffen auf demokratische Rechte und Freiheiten. Das ist die Begleitmusik zur offenen Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der breiten Bevölkerung zugunsten der Großkonzerne. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! Es wird den Herrschenden nicht gelingen, den erstarkten Widerstand gegen Umweltzerstörung, Atomkraftwerke oder „Stuttgart 21 “ mit solchen Maßnahmen zu brechen. Mit solidarischen Grüßen!

Initiative Bremer Montagsdemo
 
Falsche Veranstaltung: Sarrazin-Lesung mit Polizeihundertschaften
und Ablenkungsmanövern durchgesetzt („Business on“)

 

Einen Zahn zulegen
im Kampf gegen Hartz IV

Wolfgang Lange Uns allen ein frohes Neues Jahr – und dass wir dieses Jahr einen Zahn zulegen im Kampf gegen Hartz IV und alle anderen Hartz-Gesetze! Frau Merkel behauptet in ihrer Neujahrsansprache, Deutschland gehe „gestärkt aus der Krise“ hervor. Was meint sie damit? Durch die AKW-Laufzeitverlängerung macht RWE Zusatzprofite von 17 Milliarden Euro – und das, nachdem 2010 die vier großen Strommonopole bereits 30 Milliarden Reingewinn eingesackt haben und lustig die Strompreise weiter erhöhen! Die deutschen Banken profitieren weltweit am meisten von der Verschuldungskrise bis hin zum drohenden Staatsbankrott.

Griechen müssen 5,8 Prozent für ihre „Rettung“ zahlen, Iren 5,6 Prozent – und die deutschen Banken nehmen das Geld für unter drei Prozent auf. Das ist wie eine Lizenz zum Gelddrucken, aber auch ein Spiel mit dem Feuer. Nach wie vor droht der Staatsbankrott in immer mehr Ländern, mit unübersehbaren Folgen für den Euro, für Europa und für das Wachstum. Weltweit nehmen die Kämpfe zu, mit Generalstreiks wie in Frankreich, Portugal, Spanien und Griechenland. Aber auch hierzulande nehmen die Kämpfe zu, vor allem gegen Atomkraft, „S21“ und Bildungsabbau. Nicht akzeptiert wird auch die Hartz- „Reform“, denn sie ist eine weitere Verschlimmerung für alle Arbeitslosen und ihre Familien.

Ein Beispiel: 15,55 Euro sind im Regelsatz für Gesundheitsleistungen vorgesehen. Der Eintritt beim Arzt beträgt schon mal zehn Euro. Die Antibabypille kostet pro Monat circa 16 Euro, also mehr als der ganze Regelsatzanteil. Sie wird seit Einführung von Hartz IV für Arbeitslose nicht mehr kostenlos verschrieben. Waren es 2005 noch zwei Drittel aller betroffenen Frauen, die mit der „Pille“ verhüteten, sank deren Anteil seither auf unter ein Drittel. Die Folge ist ein starker Anstieg ungewollter Schwangerschaften. Nach der neuen Steuergesetzvorlage der Bundesregierung sind die Kosten für Kinderbetreuung nicht mehr als Werbungskosten absetzbar. Auf dem Papier steigt dadurch das theoretische Einkommen – mit der Folge steigender Beiträge für Kita und Krippen. Pro Jahr werden 500 bis 1.000 Euro mehr fällig! Das ist die „familienfreundliche“ Bundesregierung.

Vor diesem Hintergrund gibt es dauerhafte Änderungen im Denken der Menschen, eine immer stärkere Ablehnung des ganzen kapitalistischen Systems, eine immer größere Suche nach gesellschaftlicher Alternative. Da kam kurz vor Weihnachten die ICOR-Gründung gerade recht: Seit Jahrzehnten gibt es nun zum ersten Mal wieder eine Weltorganisation, die die internationale Revolution vorbereitet. Als Mitglied in der MLPD bin ich jetzt auch Mitglied der ICOR. Darauf bin ich richtig stolz! Es herrschen gute Bedingungen, um weltweit den Kampf aufnehmen gegen die Abwälzung der Krisenlasten, gegen die Zerstörung unserer Umwelt und für ein System ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen!

Wolfgang Lange (MLPD)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz