1. Im Ruhrgebiet wurden vergangene Woche die Festlichkeiten zur „Kulturhauptstadt“ begonnen. Erstmals wurde eine Region hierzu erklärt. Es war viel politische Prominenz vor Ort, auch aus der EU. Es ist eine gigantische Veranstaltung. In den Nachrichten wurde selten erwähnt, dass die Region Ruhr eine „Metropolregion“ ist. Eben diese wurde zur „Kulturhauptstadt“ ernannt.
Die EU hat Deutschland neu eingeteilt in elf Metropolregionen. Sie haben bereits eigene „Regierungen“ gebildet, im Norden als Verein, in denen auch Vertreter von Unternehmen sitzen. Diese Unternehmensvertreter sitzen dort neben den gewählten Volksvertretern, obwohl sie nicht durch das Volk gewählt wurden. Bremen ist ebenfalls in eine Metropolregion aufgegangen, zusammen mit Oldenburg.
Welche Gemeinden alle dazugehören, ist in der Arbeitslosenstatistik nachzulesen. Sie wird jetzt nach Metropolregionen geordnet, wie bereits aus Tabelle 1b ersichtlich. Die Bremer Politiker haben dies erst bemerkt, als ihre Förderanträge unbearbeitet zurück kamen: Anträge kann nur noch die Metropolregion stellen. Und wir in Bremen glauben immer noch an den Erhalt der Freien Hansestadt Bremen im Bundesland Bremen! Oder geht es uns wie beim Kanzlerbrief, dass der Bürgermeister plötzlich sagt: „Es war doch immer klar, dass daraus nichts wird!“?
2. Der Betriebsrat von „Beck’s Bier“ ist sauer: Die Geschäftsleitung will im Konzern deutschlandweit 386, in Europa insgesamt circa 800 Arbeitsplätze vernichten, so der „Weser-Kurier“ vom 9. Januar 2010. Gleichzeitig hat „Beck’s“ eine Aktion zur Sicherung der Boni für die Geschäftsleitung durchgeführt: Circa 200.000 Hektoliter Bier wurden an Getränkegroßhändler in Süddeutschland „verramscht“, und zwar mit großen Preisnachlässen und Beteiligung an Lagerkosten verkauft. Dadurch wird das Umsatzziel in Hektolitern erreicht und die Bonuszahlung „verdient“. Diese Belastung wäre einzusparen! Der Betriebsrat wird sich mit der Belegschaft standortübergreifend gegen die Konzernpläne wehren. Er bezeichnet sie als Gier! –
Dieses Jahr wieder sind Betriebsratswahlen. Für jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ist ein Unternehmen mit Betriebsrat besser als eines ohne. Das Betriebsverfassungsgesetz hat für viele Entscheidungen die Mitwirkung des Betriebsrates zwingend vorgeschrieben. Bei Massenentlassungen ist ein Sozialplan verpflichtend vorgeschrieben, aber nur bei Unternehmen mit Betriebsrat! Außerdem ist jede Personalentscheidung, also jede Einstellung oder Entlassung, unter Mitwirkung des Betriebsrates zu treffen. Auch Beschäftigungsträger sind Unternehmen. Gerade hier sind Betriebsräte dringend nötig! Betriebsratswahlen werden von den Gewerkschaften und der „Arbeitnehmerkammer“ Bremen unterstützt. Wer Betriebsratswahlen anregen möchte, sollte sich mit den Kolleg(inn)en und seiner Gewerkschaft unterhalten. Der „Bund-Verlag“ hat eine Anleitung herausgegeben, die von den Gewerkschaften kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Vorträge vor Ort werden bei einem gewissen Organisationsgrad ebenfalls angeboten.
Warum sage ich Mitarbeiter(innen) und nicht Arbeitnehmer(innen)? Ein-Euro-Mitarbeiter(innen) sind keine Arbeitnehmer(innen)! Auch Ein-Euro-Mitarbeiter(innen) profitieren von angemessenen Rahmenbedingungen wie Pausenraum, Kantine, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Wie viel Arbeitnehmereigenschaften den Ein-Euro-Mitarbeiter(inne)n zugestanden werden, ist in der Veränderung. Ich kenne eine Berufsgenossenschaft, die für Ein-Euro-Mitarbeiter(innen) Beiträge erhebt. Damit sind diese gegen Arbeitsunfälle versichert. Auch hier hat sich die Rechtslage geändert. Wer einen Arbeitsunfall als Ein-Euro-Mitarbeiter(in) hatte und von der Berufsgenossenschaft keine oder nur eine geringe Leistung erhielt, sollte dies noch mal hinterfragen. Wie dies geht? Wir gehen mit! Und was die Beschäftigungsträger angeht: Nur in einem Betrieb mit Betriebsrat kann sich dieser – auch gegen die Spielregeln – für die Ein-Euro-Mitarbeiter(innen) einsetzen. Zuständigkeiten lassen sich erklagen. Spielregeln ändern sich dann! Wie dies geht? Wir gehen mit!
3. Das neue Jahr bringt auch wieder die Frage mit: Welche Steuerklasse ist für mich richtig? Die Steuerklasse beeinflusst auch die Höhe eventueller Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld I, Mutterschaftsgeld oder Elterngeld. In 2009 wurde das „Faktorverfahren“ neu geschaffen, für die Steuerklasse IV/IV bei Ehepaaren. Die anteilige Lohnsteuer wird anhand der geschätzten Einkommen aufgeteilt. Allerdings muss in jedem Fall der Besserverdienende mehr Lohnsteuern zahlen als ohne das Faktorverfahren. Daher auch hier vorher alles bedenken, auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Gesundheit. Das Finanzamt hat für dieses Thema zwei Merkblätter veröffentlicht.
Das Arbeitsamt zahlt ALG I nach der am 1. Januar 2010 eingetragenen Lohnsteuerklasse. Wenn allerdings die neue Lohnsteuerklasse zu einem geringeren Anspruch auf ALG I führt, wird diese berücksichtigt. Daher bei einem Steuerklassenwechsel immer die Ausführungen der Bundesagentur für Arbeit beachten! Ein Wechsel in das „Faktorverfahren“ ist kein Lohnsteuerklassenwechsel, so steht es in der Handlungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zum ALG I (siehe Abschnitt DA 2.4 Absatz 2). Unter gewissen Voraussetzungen kann auch jetzt noch ein Steuerklassenwechsel zum 1. Januar 2010 erfolgen und ist damit auch für die Berechnung von ALG I bindend. Ein zweiter Wechsel der Lohnsteuerklasse im laufenden Kalenderjahr ist ohne zwingenden Grund nicht möglich. Dies alles steht in den Merkblättern. Ansonsten gilt: Wir gehen mit! Und: Die Möglichkeiten der Eintragung von Freibeträgen nutzen. Auch hierdurch erhöhen sich eventuelle Lohnersatzleistungen. Dieser Ratgeber war der Lohnsteuerkarte beigefügt. Arbeitnehmer(innen) mit Lohnsteuerklasse V können den Anspruch auf erhöhtes Kurzarbeitergeld auch haben, obwohl auf der Lohnsteuerkarte mit Steuerklasse V die Kinder nicht vermerkt sind. Die Kinder können dem Lohnbüro anders nachgewiesen werden. Dies geht auch rückwirkend.
4. Die Rechtsschutzversicherung muss bereits für die Gegenwehr gegen eine eventuelle Kündigung Unterstützung leisten, bevor diese überhaupt ausgesprochen wird. Diese Entscheidung von November 2008 war dem „Weser-Kurier“ am 5. Januar 2010 eine Veröffentlichung unter „Aktuelle Urteile“ wert. Der Arbeitgeber hatte dem Kläger mitgeteilt, dass aufgrund eines „Restrukturierungsprogrammes“ und „der damit verbundenen Stellenreduzierung“ beabsichtigt sei, ihm zu kündigen, falls er nicht einen ihm angebotenen Aufhebungsvertrag annehme. Das ist eine nicht zu beweisende Behauptung, wenn die Gegenwehr erfolgreich ist und die Kündigung nicht ausgesprochen wird. Daher steht die Pressemitteilung zu diesem Urteil unter der Überschrift „Eintrittspflicht des Rechtsschutzversicherers bei vom Versicherungsnehmer behaupteten Rechtsverstoß durch Kündigungsandrohung des Arbeitgebers“. Die Entscheidung hat das Aktenzeichen IV ZR 305/07. Eine frühe Gegenwehr der Kolleg(inn)en ist wichtig! Wie dies geht? Wir gehen mit! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
5. Es ist schon erstaunlich, wie Politiker die Statistiken nutzen, genauer: deren aufgrund geänderter Zählweise verfälschten Aussagen. So wird verlautbart: „Wir halten trotz Krise die Zahl der Arbeitslosen fast konstant!“ Laut Statistik ist das so. Wer am Zähltag arbeitsunfähig ist, zählt nicht mit. Wer am Zähltag eine hundertprozentige Leistungskürzung hat, zählt nicht mit. Wer keine Leistungen erhält, weil der Partner oder die Partnerin zu viel verdient, zählt nicht mit. Wer ein Kind unter drei Jahren erzieht, zählt nicht mit. Und so weiter.
„Wir haben die Erwerbstätigkeit gesteigert!„ Laut Statistik ist das so, weil vor der Änderung Teilzeitbeschäftigungen nicht mitgezählt wurden. Jetzt wird jede Tätigkeit mitgezählt. Auch wer nur eine Stunde pro Woche arbeitet, ist „erwerbstätig“. Wenn dies eine zweite Beschäftigung ist, zählt er oder sie sogar doppelt.
„Es gibt genug Ausbildungsplätze!“ Laut Statistik ist das so, weil die Jugendlichen darin als „vermittelt“ erscheinen. In Wirklichkeit sind sie in Maßnahmen geparkt oder als nicht vermittlungsfähig abgestempelt.
„Es gibt genug Arbeitsplätze!“ Ein Spruch der Nazis lautet: „Wer arbeiten will, findet auch Arbeit!“ Daher kann jeder ein Arbeitsplatzangebot in die Datenbank der Bundesagentur einstellen. Jeder Eintrag wird mitgezählt, in jeder Datenbank. Doppelte Einträge werden nicht herausgefiltert. Prüfungen dieser Einträge sollen jetzt vorgenommen werden. Eintragungen in verschiedene Datenbanken werden aber nicht beseitigt.
Allein mit der Aufarbeitung der Zahl der Erwerbslosen hat die Bundesagentur für Arbeit Probleme. Es sind immer noch die gleichen, fast könnte ich sagen: gehegt und gepflegt, damit nur das Ergebnis wunschgemäß ist! Aber die Schere zwischen Wirklichkeit und dem Schein der Statistik war nicht mehr zu vertuschen. Daher konnte Herr Weise sich durchsetzen! Es wurde eine Ergänzung um „Personen in Unterbeschäftigung“ vorgenommen. Eventuell wird der „Weser-Kurier“ Vorreiter und diese Quote veröffentlichen!
Im Arbeitsmarktbericht 2009 steht in Tabelle 8 auf Seite 4, dass die Arbeitslosigkeit laut Statistik nur mit 73,8 Prozent in Bremen beziehungsweise 70,5 Prozent in Bremerhaven für die Unterbeschäftigung ausschlaggebend ist. Wer nun glaubt, diese Zahl sei es, irrt. Die Erwerbslosen ohne Leistungsbezug sind auch in dieser Quote nur enthalten, wenn die IAB diese Zahl ermittelt hat. Diese stille Reserve wird hinzugeschätzt. Im Methodenbericht der Bundesagentur stehen auf Seite 20 die Rahmenbedingungen, unter denen bei gleichem Begriff immer unterschiedliche Quoten ermittelt werden.
Fehlen die Kurzarbeiter in der Statistik, weil die Meldewege zu lang sind? Im Bremer Arbeitsmarktbericht steht auf Seite 4: „Nicht enthalten sind Beschäftigte in Kurzarbeit, weil diese Daten erst mit mehrmonatiger zeitlicher Verzögerung erhoben werden können, siehe gesonderte Presseinformationen zur Kurzarbeit. Die Unterbeschäftigung betrug im Land Bremen nach vorläufigen Angaben...“ Dieses Defizit scheint gewollt zu sein, weil bisher die Betriebe mit Kurzarbeit im laufenden Monat die Zahl der Kurzarbeiter und den Umfang der Kurzarbeit einschätzen und an die Bundesagentur für Arbeit melden mussten. Jetzt muss diese Meldung erst zum Quartalsende erfolgen (siehe Seite 20).
In Bremen ist die Arbeitslosigkeit Seite 7 zufolge um 18 Köpfe in ALG I und 63 in ALG II gestiegen. Es geht weiter mit: „Zu- und Abgänge von Arbeitslosen Insgesamt beendeten im Land Bremen im Dezember 6.644 Personen ihre Arbeitslosigkeit, 9,3 Prozent beziehungsweise 684 weniger als im Vormonat und 4,8 Prozent beziehungsweise 302 mehr als im Vorjahr. 1.972 Arbeitslose wurden in Erwerbstätigkeit integriert. Das waren 15,5 Prozent beziehungsweise 361 weniger als im Vormonat und 6,9 Prozent beziehungsweise 146 weniger als im Vorjahr.“
Von den 6.644 Menschen, die ihre Arbeitslosigkeit beenden konnten, sind 1.972 in Erwerbstätigkeit integriert. Wo sind die anderen 4.672 Menschen geblieben? Dies wird nicht festgehalten! Die anderen sind im besten Fall „in Rente gegangen“, haben möglicherweise aber auch Leistungskürzungen von 100 Prozent oder dev Verlust von ALG I erlitten, ohne dass ein Anspruch auf ALG II besteht, oder sie sind verstorben, verzogen oder untergetaucht. Dies ist eine Zahl für Bremen, die sich Monat für Monat wiederholt. Bundesweit sieht es genauso aus.
Wie waren die Schlagworte? „Wir halten trotz Krise die Zahl der Arbeitslosen fast konstant! Wir haben die Erwerbstätigkeit gesteigert! Es gibt genug Ausbildungsplätze! Es gibt genug Arbeitsplätze!“ Das sind nichts als Worthülsen, die Wahrheit sieht anders aus. Mein Angebot gilt weiterhin: Wetten, dass nicht einmal Herr Weise weiß, wie viele Arbeitsuchende bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind? Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
6. Kaufleute aus Bremen galten einst als mutige Vorreiter und Vordenker! Auf der 221. Bremer Montagsdemo habe ich Bedenken zur Gemeinnützigkeit des Schaffermahls geäußert. Die Schaffer haben inzwischen klargestellt: Auch Frauen können am Schaffermahl teilnehmen! Nur: Sie trauen sich nicht. Nein, nicht die Frauen haben Angst – die Schaffer trauen sich nicht, eine Frau zur Schafferin zu ernennen! Sie trauen sich auch nicht, eine Frau einzuladen! Darüber hat sich auch Ulrike Hauffe im „Weser-Kurier“ vom 12. Januar 2010 gewundert. Nur bei der Bundeskanzlerin konnten sie sich nicht drücken! Wagemut und Beherrschung der Situation sieht anders aus. Wie sehr sich der Ausschluss auf die Karrieremöglichkeiten auswirkt, dürfte klar sein, denn die meisten Führungspositionen werden über „Vitamin B“ vergeben. Wer nicht präsent ist, hat keine Chance!
Diese Anmerkungen gelten auch für die Eiswette. Beizukommen ist diesen Brüdern wohl nur übers Geld: Wenn keine Frauen eingeladen werden, ist die Gemeinnützigkeit verwirkt! Wenn schon die Schaffer der Mut verlassen hat, so muss jemand anders „Hand“ anlegen, um den guten Ruf Bremens zu bewahren. Beim „Club zu Bremen“ galt auch die Ankündigung nicht als Tat. Die Gemeinnützigkeit blieb nur erhalten, weil Frauen aufgenommen wurden! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
Nun war Karl-Theodor zu Guttenberg bei der Eiswette in Bremen. Davor war er am Hindukusch, er wollte sich vor Ort informieren. Fazit: „Unsere Soldaten, die dort Dienst leisten, dürfen nicht zu Hause mit dem Strafgesetzbuch bedroht werden.“ Herr Verteidigungsminister, wir wollen keine Verhältnisse wie bei der Wehrmacht, wie im Buch über das Reserve-Polizeibataillon 105 im Kriegseinsatz beschrieben. Ich meine nicht die Geschichte von Hans Hespe! Daher geht es nur mit dem Staatsanwalt im Marschgepäck.
Sie waren in Afghanistan! Haben Sie die Auswirkungen der uranhaltigen Munition sehen können? Sicher nicht. Eltern dieser Kinder werden bestraft, wenn sie ihre Kinder zeigen! Hoffentlich findet sich auch hier bald juristische Unterstützung für die Strahlenopfer. Unsere Soldaten laufen ebenfalls ohne Strahlenschutz Patrouille. Was sagen die Messdaten? Die „Linke Zeitung“ schreibt, wie die Amerikaner mit verstrahltem Gelände umgegangen sind. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
7. Die gesetzliche Krankenversicherung hat viele Nachteile – die private hat sehr viele. Die „Stiftung Warentest“ hat im Januar-Heft 2010 eine Liste mit Hinweisen zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung veröffentlicht. Die angebotenen Preisvergleiche berücksichtigen die Negativabweichungen nicht. Ich habe folgende Lesermail geschrieben.
„Im Artikel über die private Krankenversicherung stehen viele zu versichernde positive Abweichungen zur GKV. Dies ist zu ergänzen durch einen Hinweis auf negative Leistungsabweichungen der PKV zur GKV. Dazu zählen auch die unterschiedlichen Auswirkungen bei langer Krankheit, Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit. Die von Ihnen angesprochenen hohen Kosten im Alter entstehen durch die Schubladenpolitik der PKV. Sie bieten die Leistungen gemäß Tarif an. Dieser wird nach einer gewissen Zeit geschlossen und ein neuer Tarif angeboten, meistens mit geringfügigen Änderungen. Die Versicherten eines Tarifs werden älter und damit leistungsanfälliger. Der Aufwand für diese Gruppe wird auf alle Köpfe dieses Tarifs umgelegt. Dadurch erhöht sich der Beitrag überdurchschnittlich.
All dies steht im krassen Widerspruch zu den Werbeaussagen der privaten Krankenversicherungen. Wer dorthin wechseln will, sollte sich als Anlage zum Versicherungsantrag folgende Frage schriftlich beantworten lassen: ‚Welche Negativabweichungen gibt es zur gesetzlichen Krankenkasse?‘ (Platz für die Aufzählung, Schlusssatz:) „Diese Aufzählung ist abschließend und vollständig.‘ (Ort, Datum, Unterschrift wie Police.) Wer diesen Rat befolgt, wird nie eine private Krankenversicherung abschließen! Selbst wenn der Schlusssatz geändert wird auf ‚Diese Aufstellung ist nach dem heutigen Stand abschließend und vollständig‘ und damit die Hauptausrede entfällt, dass keiner die Zukunft kennt, wird keine Versicherung dazu bereit sein. Falls doch, wird wohl der Antragssteller nicht mehr zum Wechsel bereit sein, denn die Aufstellung der möglichen Nachteile wird detailliert nicht auf eine Seite passen!“
Die privaten Krankenversicherungen sollen dazu beitragen, die im Lissaboner Vertrag vereinbarte Abschmelzung der sozialen Sicherungssysteme voranzubringen. Der neue Gesundheitsminister Philipp Rösler hat den Verbandsführer der PKV „abgeworben“ und zum Abteilungsleiter für Grundsatzfragen gemacht, so der „Weser-Kurier“ vom 14. Januar 2010. „In dieser Funktion soll er sich mit der schrittweisen Umstellung der beitragsfinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung auf Prämien und der Reform der Pflegeversicherung befassen.“ Dazu habe ich auf der 90. Bremer Montagsdemo gesagt: „Gesundheitsreform und Steuerreform sind zwei neue Drohungen, aber nur für die kleinen Leute.“ Die Vorgaben stehen im Lissabonner Vertrag! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
8. Die aktuellen Ereignisse und „Aufgelaufes“ haben diesmal meinen Beitrag etwas verlängert. Im „Weser-Kurier“ vom 18. Januar 2010 steht: „9.200 Hartz-IV-Familien müssen Kindergeld zurückzahlen“. Kindergeld wird bei den Leistungen nach dem SGB II zu 100 Prozent gekürzt. Die Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2009 wurde bei den Bescheiden der Bagis aber nicht berücksichtigt. Dies hat die Bagis jetzt gemerkt und möchte die 20 Euro pro Kind nachträglich wiederhaben. Dies wird so einfach nicht gehen! Wenn die Menschen diesen Betrag im Vertrauen auf die Richtigkeit des Bescheides ausgegeben haben, ist eine Rückforderung ausgeschlossen. Wer eine solche Rückforderung erhält, kann sich wehren: Widerspruch einlegen und notfalls die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen! Einfach einbehalten kann die Bagis diese Beträge ebenfalls nicht. Falls dies dennoch geschieht, Widerspruch einlegen und notfalls die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen! Wie dies alles geht? Wir gehen mit!
Anzumerken ist noch, dass diese Gesetzesänderung bei den Bescheiden zu berücksichtigen war. Dies wäre möglich gewesen, wurde jedoch unterlassen. Es wäre auch möglich gewesen, auf die Möglichkeit der Überzahlung und die Rückforderung hinzuweisen. Auch dies wurde unterlassen. Die Bagis steht damit nicht allein. Scheinbar hat die Bundesagentur für Arbeit keine entsprechende Weisung herausgegeben – und ohne Weisung der Bundesagentur für Arbeit geht bei den Argen gar nichts, darf gar nichts geschehen! Auch die Kindergeldkasse ist der Bundesagentur für Arbeit zugeordnet.
Wie war es bei der letzten Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2009 um zehn Euro? Den Leistungsbeziehern wurden diese zehn Euro Erhöhung für die jeweilige Restlaufzeit der Bescheide belassen. Wer einen Bescheid bis zum 31. Mai hatte, konnte für diese fünf Monate die zehn Euro behalten. Verändert wurde der Kürzungsbetrag im neuen Bescheid. Wieso soll es diesmal anders gehandhabt werden – und warum rückwirkend? Wer Kindergeld zurückzahlen soll, kann sich erfolgreich wehren! Wer gestalten kann, wird sparen! Warum wollen die Argen mit viel Aufwand und Kosten zu erstellende Rückforderungen ermitteln, wenn diese nicht gerichtsfest sind?
Zum Thema Kindergeldüberzahlungen gibt es nun zwei parlamentarische Anfragen der Grünen (Verzicht auf Rückforderung von überzahlter Grundsicherung nach Kindergelderhöhung) und der CDU (Verwaltungsfehler bei der Bagis). Spannender ist die Frage: Warum waren nicht alle Bescheide der Bagis an Familien oder Bedarfsgemeinschaften mit Kindern falsch? Es gibt Bescheide aus dem Jahr 2009, bei den die Erhöhung zum 1. Januar 2010 berücksichtigt wurde. Bei diesen Bedarfsgemeinschaften ist es zu keiner Überzahlung gekommen. Werden weitere Überzahlungen wissentlich verursacht? Der Artikel im „Weser-Kurier“ stammt vom 18. Januar 2010, die Zahlungen der Bagis gehen am 20. an den Zentralrechner. Abhilfe ist nur per Änderungsbescheid möglich! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
1. In der eiskalten ersten Januarwoche stürzte die Bremerin Marlies Tegtmeier in der Innenstadt so unglücklich, dass sie sich ihr Knöchelgelenk brach. Zwei Tage später wurde sie in einem Bremer Krankenhaus operiert und in ihr Fußgelenk, das sie nun sechs Wochen nicht belasten darf, eine Metallplatte eingesetzt. Sie bekam einen einfachen Gipsverband um den operierten Fuß und einen Gummistrumpf für das gesunde Bein, um einer Thrombose vorzubeugen. Mit viel Mühe gelang es ihr einmal, unter Zuhilfenahme eines Gehbockes zur Toilette im Krankenzimmer zu gelangen. Daraufhin wurde prompt in ihrem Krankenbericht vermerkt, Frau Tegtmeier könne problemlos (!) „gehen“. Gemäß diesem Wunschdenken wurde sie nur einer Woche nach der Operation gegen ihren Willen entlassen. Es ist schön, wenn die Wundheilung von Marlies Tegtmeier – deren Namen ich hier geändert habe – normal vonstatten geht und angeblich keiner stationären Behandlung mehr bedarf. Leider wurde in keiner Weise dem Umstand Rechnung getragen, dass an dem gut heilenden Fußgelenk noch ein Restmensch mit individueller Lebensgeschichte und persönlichen Lebensumständen dranhängt.
Marlies Tegtmeier ist eine stark übergewichtige Frau von Mitte 40, die allein in einer kleinen Wohnung im ersten Stock am Stadtrand von Bremen lebt und eine wirklich bescheidene Rente bezieht. Sie leidet unter Störungen ihres Gleichgewichtes und der Feinmotorik. Dessen vollkommen ungeachtet wurde Frau Tegtmeier von zwei Pflegern in ihrem Bett zu Hause abgeliefert und bekam noch einen Toilettenstuhl daneben gestellt. Da lag sie nun hilflos und kam nicht allein aus ihrem niedrigen Bett heraus, geschweige denn zur Toilette. Ihr war zwar eine Haushaltshilfe für vier Stunden am Tag zugesprochen worden, und zur täglichen Anti-Thrombose-Spritze sollte auch eine Krankenschwester vorbeischauen, doch durften diese ihr nicht bei der Körperhygiene helfen oder beim Wechseln des Gummistrumpfes. Diese völlig unzureichende Hilfe nützte ihr auch gar nichts, als sie nachts zur Toilette musste und sich in ihrer Not nicht anders zu helfen wusste, als um vier Uhr morgens telefonisch einen Freund um Hilfe zu bitten. Der rüstige 72-Jährige, der als einzige weitere Person einen Schlüssel zur Wohnung besitzt, eilte auf seinem Rad durch Schnee und Eis herbei. Der am nächsten Vormittag herbeigerufene Hausarzt tat endlich das einzig Vernünftige und wies Frau Tegtmeier erneut ins Krankenhaus ein. Von dort soll sie nun für wahrscheinlich vier Wochen zur Kurzzeitpflege in ein Pflegeheim gebracht werden.
Marlies Tegtmeier ist leider kein Einzelfall, weil seit 2004 die Leistungen der Krankenhäuser nicht mehr tageweise abgerechnet werden, sondern nach einer ominösen Fallpauschale, je nach Art der Krankheit. Die tägliche Unterfinanzierung der Krankenhäuser wird durch die unsäglichen Fallpauschalen natürlich auch nicht gerade beseitigt. Wie bei Pauschalen üblich, werden sie immer viel zu niedrig „bemessen“, um „überflüssige“ Kosten an momentan oder dauerhaft ökonomisch nicht verwertbaren Menschen zu sparen. Diese menschenverachtende, neoliberale Art der Abrechnung tobt sich natürlich auf dem Rücken der Patienten aus, die dann „blutig entlassen“ werden. Wer sich zu früh belastet, riskiert, nochmals operiert zu werden. Weil die Krankenkassen gesetzlich nicht unbedingt dazu verpflichtet sind, eine Haushaltshilfe zu bezahlen, kann hier von einer nicht hinnehmbaren Versorgungslücke gesprochen werden. Gerade angesichts der steigenden Zahl alter und alleinlebender Menschen ist dieser Praxis unbedingt ein Riegel vorzuschieben! Wo, wenn nicht im Krankenhaus – wie der Name schon sagt – sollen gebrechliche, kranke Menschen gesund gepflegt werden?
Auch wenn das schwarz-gelbe Gruselkabinett alles dransetzt, den Sozialstaat immer weiter abzubauen, muss die Fallpauschale dringend abgeschafft und die Einführung einer Kopfprämie unbedingt verhindert werden! Die viel beschworene sogenannte Eigenverantwortung kann bei einer durch Dumpinglöhne und Massenarbeitslosigkeit beständig wachsenden (Alters-)Armut von immer weniger Menschen bezahlt werden. Die Bremer Rentnerin Elsbeth Rütten gründete eine Interessengemeinschaft „Ambulante Versorgungslücke“, nachdem sie zwei Male erfahren musste, wie hilflos sie sich selbst nach Operationen zu Hause überlassen wurde, ohne sich die notwendige Hilfe von ihrer schmalen Rente kaufen zu können (siehe auch Hans-Dieter Binder, 185. und 201. Montagsdemo).
2. Nun ist es amtlich, dass jeder dritte Hartz-IV-Bescheid falsch ist und sogar der Chef der Bundesagentur seine Mitarbeiter für inkompetent hält. Die Arbeitsverwaltung hat im vergangenen Jahr knapp 280.000 Hartz-IV-Bescheide korrigieren müssen. In 36,4 Prozent aller Fälle wurde den Widersprüchen gegen Hartz-IV-Bescheide ganz oder teilweise stattgegeben. Ich vermute, dass die Anzahl von falsch ausgestellten Bescheiden noch um ein Vielfaches höher ausfiele, wenn sich endlich mal alle zur Wehr setzten! Das für „Grundsicherung“ zuständige Bundesagentur-Vorstandsmitglied Heinrich Alt führte die hohe Zahl falscher Bescheide auf „erhebliche Qualifikationsdefizite“ zurück, die durch eine hohe Personalfluktuation in den Arbeitsgemeinschaften noch verschärft würden. Die Geschäftsführer der argen Argen beklagten sich darüber, dass sie über zu wenig ausgebildetes Personal für das Ausstellen der Bescheide verfügten. Die riesige Schlamperei ist also kein Fehler der Mitarbeiter, sondern der Politiker, die dieses Gesetz mit viel zu heißer Nadel gestrickt haben! Wenn Hartz-IV-Bezieher so schlampig agierten wie viele Mitarbeiter der Job-Center, dann wären sie schon dreimal auf null Prozent sanktioniert worden und vermutlich obdachlos.
3. Einerseits forderten in Leipzig zahlreiche Zeitungsleser per Anruf oder E-Mail den Einsatz von Erwerbslosen zum Schneeschippen. Die Leipziger Arge verlautbarte, dass es keine Rechtsgrundlage für einen generellen Einsatz von arbeitslosen Menschen zu Tätigkeiten im Winterdienst gebe – ausnahmsweise und vorübergehend seien aufgrund der meteorologischen Ausnahmesituation aber Wege gefunden worden, Teilnehmer aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zum Schneeräumen an besonders neuralgischen Abschnitten einzusetzen. Ab 8 Uhr sollten zusätzlich etwa 150 Arbeitskräfte des geförderten Arbeitsmarktes dem Schnee „zu Flocke“ rücken. Andererseits sollen Ein-Euro-Jobber in Völschow Ärger bekommen, die einen ganzen Tag Schnee geschippt haben: Weil sie von der Landentwicklungsgesellschaft Rosenow zum Ästeschneiden eingesetzt werden, ist ihnen das Schneeräumen ohne Sondergenehmigung strikt verboten. Das hört sich ja nach einer ungemein „zusätzlichen“ Beschäftigung an!
Einen Lohn werden sie für die Schufterei nicht bekommen, sondern sich für den Tag mit der Schneeschaufel sogar noch „Urlaub“ nehmen müssen, als ob es sich dabei um ihr Privatvergnügen gehandelt hätte, und wie wir alle wissen, bekommen Ein-Euro-Jobber keine Lohnfortzahlung im Urlaub! Aber das Schneeschippen ist Ein-Euro-Jobbern selbst dann grundsätzlich verboten, wenn Gefahr im Vollzuge ist. Das hat die Arge nun mal so festgelegt, und daran ist auch überhaupt nicht zu rütteln, selbst wenn der Bürgermeister persönlich die Ein-Euro-Jobber mit dem Schneeräumen beauftragte. Basta! Dieser Herr hatte nämlich den herzallerliebsten Gedankengang, dass die Ein-Euro-Jobber ruhig den Bürgersteig räumen könnten, weil ihnen schließlich auch der Weg freigemacht wurde, damit sie zu ihrem Bauwagen und zu ihrem Arbeitsort kommen. Gerne wüsste ich, warum dann nicht der Bürgermeister oder die Trägergesellschaft Ärger bekommen sollen, sondern die Ein-Euro-Jobber, die hier zu bloßen Befehlsempfängern degradiert wurden und mit einer Kürzung ihrer Bezüge zu rechnen haben, wenn sie sich widersetzen. Das kennen wir doch! Wenn auch mühsam, ist Widerstand aber oft erfolgreich.
4. In der letzten Woche versammelten sich Hafenarbeiter vor dem Gebäude des „Gesamthafenbetriebsvereins Bremen“. Die Tarifverhandlungen wurden von massiven Protesten begleitet, weil sich die Arbeitgeber erdreisten, eine neue „unterste“ Lohngruppe für die Fahrer im Automobilumschlag schaffen zu wollen, nach der nur noch neun statt bisher 13 Euro (oder mehr) bezahlt werden sollen. Eine solche „Ergänzung“, besser: Aushöhlung des laufenden Tarifvertrages lehnten die Arbeiter selbstverständlich ab, denn wer möchte wohl trotz Vollzeitarbeit dauerhaft arm bleiben und zugleich zusätzlich am Tropf der Verfolgungsbetreuung hängen müssen? Bei diesem Treffen richtete sich der Protest nicht nur gegen die Arbeitgeber, sondern auch gegen die eigene Gewerkschaft. Die Rede des Verhandlungsführers der Gewerkschaft Verdi, Klaus Lindner, wurde mit Tröten, Knallern und Trillerpfeifen untermalt. Die Arbeiter fühlen sich von der Gewerkschaft nicht mehr gut vertreten. Meiner Meinung nach ist es an der Zeit, dass die Gewerkschaften sich als Vertreter der Arbeitnehmer verstehen und nicht als die der Unternehmer, nach dem Motto: Hauptsache, der Arbeitsplatz bleibt erhalten! Von Seiten vieler Unternehmen scheint ganz unverhohlen und offen eine Verschleckerisierung, also fast die Halbierung des Stundenlohns, ins Visier genommen zu werden!
5. Der designierte Baden-württembergische Regierungschef Mappus will Hartz-IV-Leistungen kürzen. Ausgerechnet bei den finanziell Schwächsten will er seine Sparleistungen abzwacken, im Klartext: lebensbedrohliche Hartz-IV-Kürzungen vornehmen. Weil die Ausgaben für Hartz IV mit rund 40 Milliarden Euro den größten Batzen im Ausgabenbereich darstellten, dürfe Hartz IV nicht zur Tabuzone erklärt werden, weil ansonsten die geplanten Steuersenkungen für die begüterte Klientel der schwarzgelben Koalition nicht zu finanzieren wäre. Das hat er so natürlich nicht gesagt, sondern ich lege ihm diese Worte in den Mund, weil ich vermute, dass sie seiner wirklichen Denkart eher entsprechen! Mappus machte mit seinen Äußerungen deutlich, dass die Kontinuität der neoliberalen Verabschiedung vom Staat weiter forciert werden soll.
6. Die Angriffe auf Hartz-IV-Bezieher gehen auf übelste Art weiter. Das „Erwerbslosenforum Deutschland“ bezeichnete die vom CDU-Vize und hessischen Ministerpräsident Roland Koch geforderte Arbeitspflicht für Hartz-IV-Bezieher als eine neue Runde übler Hetze gegen Erwerbslose und furchtbare Verdrehung der Realität. Er könne aber davon ausgehen, dass er mit seinen Vorschlägen nicht nur auf erhebliche Widerstände in seiner eigenen Partei stoßen sondern, bei Verwirklichung seines „brutalstmöglichen“ Kampf gegen Arbeitslose, ein Feuer der sozialen Unruhen entfachen werde, dass er nicht so schnell gelöscht bekommt. Martin Behrsing sagte, dass Koch diesmal allerdings den Bogen überspanne, indem er ein Leben mit Hartz IV als angenehme Variante ansieht. Meiner Meinung nach drückt sich damit eine völlige Unkenntnis der Bedingungen eines Dahinvegetierens in Ausgeschlossenheit von der Gesellschaft aus, das in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von angenehm bedeutet!
Offenbar vertritt Koch einzig die Interessen des Kapitals nach immer niedrigeren Löhnen und Plünderung der Sozialkassen, deren Vertreter maßgeblichen Anteil an der Erwerbslosigkeit haben. Verkleistern sich hier Staat und Unternehmer zusammen mit den Argen und den Trägerfirmen zu einer Art von „Einheitsbrei“, der sich Arbeitgeber nennt, aber immer mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichtet, um dann als Sklavenhalter die Erwerbslosen am liebsten lebenslangin prekäre Dumpinglöhne zu zwingen und sie dabei jeglicher Arbeitnehmerrechte zu berauben? Wo liegt der Unterschied zwischen Arbeitspflicht und Zwangsarbeit? In meinen Augen gibt es den nicht: Beides heißt jetzt auf Neudeutsch Workfare. Oder soll jetzt ein Testballon nach dem anderen für die Zündung der Endstufe zur Zwangsarbeit losfliegen? Ich könnte mich kringeln, wenn es nicht so traurig wäre, dass Koch Anreize zum Arbeiten geben will! Woher will er denn die Arbeitsplätze nehmen? Selber backen als euphemistischer Zuckerbäcker?
Statt die Verantwortlichen für die steigende Arbeitslosigkeit durch ihre Raffgier an den Pranger zu stellen, versucht er, den Erwerbslosen die Schuld dafür als persönliches Versagen in die Schuhe zu schieben. Koch kreiert sich damit selbst sozusagen zum höchst gefährlichen Brandstifter sozialer Unruhen. Verdammt noch mal, wenn ein Herr Koch es selbstverständlich findet, dass Menschen für den Erhalt von Transferleistungen als Gegenleistung arbeiten sollen, dann verlange ich als Gegenleistung für meine geleistete Arbeit in aller Selbstverständlichkeit, dass ich davon auskömmlich leben kann, also ein kleiner Urlaub mit der Familie im Jahr an der Nordsee drin ist und sich Geld ansparen lässt, ohne dabei von der Hand in den Mund leben zu müssen! Schließlich stelle ich mein Hirn, meine fachliche Qualifikation, mein Mitgefühl, meine Kraft, eben mich als kompetente Arbeitskraft ganz zur Verfügung! Das will ich natürlich angemessen honoriert sehen! Eine Arbeitspflicht und eine Ausweitung der Minijobs ist wirklich das Letzte, was wir gebrauchen könnten. Wenn in Deutschland jeder Politiker werden kann, notfalls auch lebenslang, sollten wir uns dann nicht, natürlich nur verbal, dafür einsetzen, dass bestimmte Dampfplauderer das Leben als Politiker nicht als angenehme Variante ansehen können? Die angenehme Variante ist ganz bestimmt nicht Hartz IV und Nichtstun, sondern eine qualifizierte Arbeit bei fair bezahltem Lohn! Das würden die Erwerbslosen sehr gerne tauschen.
1. In meinen Augen hat Ulrich Schneider vom „Paritätischen Wohlfahrtsverband“ Recht, wenn er von einer „Placebo-Diskussion“ spricht, weil nur 0,2 Prozent der Hartz-IV-Antragsteller von der groß angekündigten Erhöhung des Schonvermögens profitieren würden. Hartz IV ist schlecht, Hartz IV muss weg, denn es wird in vielen Punkten dem Grundgesetz nicht gerecht, insbesondere nicht dem Artikel 3 und damit dem Punkt Chancengleichheit. Zumindest die Frage der Chancengerechtigkeit muss von den Politikern dieses Landes wirklich ernst genommen werden. Dazu müssen in meinen Augen die folgenden Fragen von einer verantwortlichen Regierung beantwortet werden: Was ist überhaupt Arbeit? Was ist gute Arbeit? Welche dieser Arbeiten muss gesamtgesellschaftlich auch bezahlt werden?
Kommt man zu dem Ergebnis, nur die Lohnarbeit dürfe auch bezahlt werden, hat unbedingt die Prüfung zu erfolgen, wie viele Lohnarbeitstunden überhaupt in einem Kalenderjahr auf wie viele erwerbsfähige und erwerbswillige Menschen entfallen. Genau hieran hat sich eine zeitgemäße gerechte Verteilung auf alle erwerbsfähigen Menschen zu orientieren, damit man überhaupt den Artikel 3 des Grundgesetzes einhalten kann! Hierzu gehört selbstverständlich, dass jeder Erwerbstätige von seiner Lohnarbeit, für die er seine Zeit einsetzt, auch leben kann, ohne dass der Staat ihn zusätzlich subventionieren muss.
Forderungen, die diese Voraussetzungen missachten, dürften in meinen Augen nicht dem Grundgesetz entsprechen, und die Forderung von Roland Koch sollte man auf gar keinen Fall hochstilisieren, denn sie hat mit Sicherheit nicht den Stil einer demokratischen und freien Gesellschaft! Dem derzeitigen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen dürfte Koch mit seinen Verkündungen einen Bärendienst erwiesen haben. Ich schlage vor, dass alle Hartz-IV-Empfänger und ihre Familienangehörigen in Zelte oder Erdhöhlen einziehen, dann könnte die CDU schon ungefähr die Hälfte der Kosten für sie einsparen! Aber dann hätte sie ihre Klientel am Hals, die Vermieter. Herr Koch, müssen Hartz-IV-Empfänger vor dem Antritt der öffentlichen Beschäftigung zum Duschen oder danach?
2. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Wulff! Ich bin Vater von fünf Kindern, drei davon sind erwachsen und berufstätig, zwei meiner Kinder besuchen noch weiterführende Schulen. Im Interesse meiner siebzehnjährigen Tochter, die derzeit hier bei uns in Oldenburg ein Fachgymnasium besucht, wende ich mich an Sie in der Hoffnung, dass Sie ihr und damit unserer Familie, aber auch vielen anderen betroffenen Familien jetzt endlich einmal helfen.
Meine Familie und ich leben derzeit von ergänzendem Hartz IV. Leider ist es bisher im niedersächsischen Beförderungsgesetz für Schulkinder nicht vorgesehen, dass auch die Kinder, die die Klassen elf bis 13 besuchen, kostenlos befördert werden. Allerdings lehnen auch die Argen die Erstattung der Fahrtkosten in Form von Monatskarten für die betroffenen Kinder ab, da für die Schulausbildung in den Regelsätzen nach dem SGB II keine Mittel vorgesehen sind. In Kürze wird eine Entscheidung zu den Regelsätzen nach Hartz IV vom Bundesverfassungsgericht bekannt gegeben werden, mit der die Politiker in Deutschland mit Sicherheit in die Pflicht genommen werden.
Meiner Meinung nach ist es ein Unding, wenn die Politik auf der einen Seite eine gute bis bestmögliche Bildung für möglichst alle (?) Kinder fordert und empfiehlt und außer vom „Fordern“ auch vom „Fördern“ spricht, aber gleichzeitig die Kinder von finanzschwachen Eltern im Regen stehen lässt. Hunderte, vielleicht Tausende von Eltern in Niedersachsen versuchten bereits mit Hilfe der Sozialgerichte ein kostenloses Beförderungsrecht beziehungsweise die Kostenübernahmen zu erstreiten, einige wenige wohl auch schon mit Erfolg. In einer Entscheidung des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen wird angemerkt, dass insgesamt eigentlich das Land für die Beförderung von Schülern zuständig ist.
Dieser Meinung schließe ich mich an. Dass dieses Problem für viele Schülerinnen und Schüler sogar zum Schulabbruch führen kann, weil die Eltern sich die Kosten für die Beförderung ihrer Kinder nicht leisten können, ist in meinen Augen eine Schande für dieses Bundesland! So wie ich als Vater eine Verantwortung für meine Kinder habe und diese auch bestmöglich zu erfüllen versuche, so haben Sie als „Landesvater“ eine noch viel größere Verantwortung, der Sie sich in meinen Augen keinesfalls länger entziehen dürfen. Was in einem CSU-geführten Bayern funktioniert, sollte mit Sicherheit auch in Niedersachsen möglich werden, und da die Zeit hierzu drängt, möglichst schnell!
Ich möchte Sie daher bitten, sich persönlich für die Änderungen der entsprechenden Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien einzusetzen. Die Förderung von Schulabbrüchen sollte die Landesregierung nicht länger unterstützen! Ich bitte Sie um eine möglichst schnelle Antwort. Mit freundlichen Grüßen.
20.000 Kinder aus 9.200 Familien in Bremen sollen die 20 Euro Kindergelderhöhung zurückzahlen. Das ist schon Skandal genug: Eine Kindergelderhöhung müsste erst Recht für Hartz-Betroffene gelten, aber die versucht man ja an den Rand der Gesellschaft zu drängen, der immer größer wird. Der Hohn bei der Geschichte: 20.000 mal 20 Euro macht 400.000 Euro. Dem stehen „Verwaltungskosten“ in Höhe von 80 Euro mal 9.200, also 736.000 Euro gegenüber, so die Berechnung von Th. Lenz, Chef der Hartz-IV-Verwaltung in Wuppertal. Warum also macht man das? Jedenfalls offenbar nicht, weil kein Geld da ist! Es geht wohl eher ums Prinzip: Ihr da unten habt auch nichts verdient – dann nehmen wir euch das wenige, was ihr habt, halt auch noch weg!
Dazu passt gut, dass Hessens Ministerpräsident Roland Koch sowie der zukünftige Ministerpräsident von Baden-Württembergs, Mappus, die Forderung der „Wirtschaftsweisen“ nach Kürzung von Hartz IV um 100 Euro unterstützen. Koch fordert den „Arbeitszwang, auch niederwertige Arbeit anzunehmen, damit niemand das Leben von Hartz IV als angenehme Variante ansieht“. Das ist eine unverschämte Provokation angesichts fast sieben Millionen Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind und angesichts zehn Millionen fehlender Vollarbeitsplätze. Wo sind denn die Arbeitsplätze? Koch und seine reaktionären Spießgesellen wollen doch nur, dass noch mehr reguläre Arbeitsplätze durch Billigstlohnplätze verdrängt werden!
Begleitet wird diese Sauerei mal wieder von der „Bild“-Zeitung, die in „Umfragen“ entdeckt haben will, dass über 50 Prozent der Bevölkerung dafür sei, „Hartz-IV-Faulenzern“ das Geld zu streichen. So fordert „Bild“ auch, statt Leiharbeitern aus Osteuropa Hartz-IV-Empfänger einzusetzen, die Schneeverwehungen bei der Bahn zu beseitigen. Dass dafür aber überhaupt Leiharbeiter eingesetzt werden, hat doch als Grund, dass bei der Bahn in den letzten Jahren Zehntausende von Arbeitsplätzen abgebaut wurden!
Seit Anfang an waren die Hartz-Gesetze nicht nur ein ökonomischer Angriff auf einen immer größer werdenden Teil der Gesellschaft, sondern vor allem auch eine widerliche Ausgrenzung und Diskriminierung. Mit all den Bespitzeln, Verfolgen und Unter-Generalverdacht-stellen und geht der Versuch einher, die Arbeiterklasse zu spalten und ihre Angehörigen gegeneinander aufzuwiegeln. Deswegen war unser Kampf auch von vornherein ein politischer Kampf: Gegen eine Regierung, die mit Haut und Haaren den Interessen der Banken und Konzernen verpflichtet ist, gegen eine Gesellschaftsordnung, bei der sich die Spekulanten die Taschen vollstopfen wie Ingrid Flick, Profiteurin des Ruins und der Rettung der österreichischen Hypo Alp-Adria, oder der frühere AEG- und Bahn-Chef Dürr.
Wie Hohn klingt es da, wenn beim großen Eiswett-Fressen letzten Samstag dessen Präsident Braun, in feinem Frack, zwischen Champagner und Kaviar predigt: „Die Krise müsste uns den Weg weisen, unsere viel geliebten und gelebten Standards zu hinterfragen und zu reduzieren. Aber bitte erst ab morgen! Was der Staat gibt, muss er zuvor nehmen. Und wir müssen alle lernen, dass nur das verteilt werden kann, was zuvor erarbeitet wurde. Dies gilt gleichermaßen für die Hartz-IV-Empfänger wie auch für Eliten.“ Welch salomonische Weisheit! Was haben die Spekulanten, die Großbörsianer, die Profiteure denn erarbeitet, diese Eliten?
Die Angriffe zielen nicht nur auf Arbeitslose, sondern immer mehr auch auf die Menschen, die noch Arbeit haben:1,5 Millionen „Aufstocker“ haben trotz Arbeit kein Auskommen, Hafenarbeiter erleiden Lohnkürzungen von zum Teil 20 auf 9 Euro, in Bremen sind zwei Drittel der offenen Stellen Zeitarbeit, womöglich nach dem ungünstigeren Ost-Tarif. Letzten Donnerstag gab es eindrucksvolle Demo der Hafenarbeiter, unter denen der Gedanke reift, den ganzen Hafen dichtzumachen, denn vor drei Jahren wurde das EU-Gesetz „Port Package 2“ im internationalen Kampf verhindert, einschließlich Blockaden und Steinwürfen in Straßburg. Wer kämpft, kann gewinnen und kriegt auch Solidarität!
200.000 Tote nach dem Erdbeben auf Haiti, und ausgerechnet George W. Bush als Koordinator der Spendensammlung? Warum braucht die Hilfe so lange? Warum müssen erst Luftaufnahmen gemacht werden, ehe mobile Kliniken errichtet werden? Geht es den Imperialisten denn um die Menschen, oder haben sie nur Angst vor einem „politischen Vakuum“ oder davor, für sie noch schlimmer, dass das Volk sein Geschick in die eigene Hand nimmt? Deswegen Bush, der erfahrene Krisenhelfer?
In Asse soll jetzt für zehn Milliarden Euro alles raus – und ins nächste marode Bergwerk rein, den Schacht Konrad. Merkel sagte letzten Donnerstag: „Wir werden die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke umsetzen.“ Wir fordern: Sofortige Stilllegung aller AKWs auf Kosten der Betreiber! Umweltverträgliche Sanierung von Asse und aller anderen Anlagen auf Kosten der Stromkonzerne!
Wintersport der besonderen Art betrieben am 16. Januar etwa 40 Friedensaktivist(inn)en unter anderem des „Bremer Friedensforums“ und der „Deutschen Friedensgesellschaft“ vor dem Kongresszentrum auf der Bremer Bürgerweide (siehe Foto von Joachim „Bommel“ Fischer). Anlass war das alljährliche traditionelle Festessen der „Stiftung Eiswette“ mit dem Auftritt Karl-Theodor zu Guttenbergs als Gast- und Hauptredner. Die Demonstrierenden empfingen die etwa 700 ausschließlich männlichen Teilnehmer mit einer Mahnwache. Auf Pappschildern und Transparenten forderten sie den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. In einem Offenen Brief, den sie an die Gäste verteilten, riefen sie den „Verteidigungs“-Minister auf, schnellstmöglich einen Plan zur Reduzierung der deutschen Truppen mit dem Ziel ihres vollständigen Abzuges vorzulegen. Der Brief hat folgenden Wortlaut.
„Sehr geehrter Herr von und zu Guttenberg, am Samstag, dem 16. Januar 2010, werden Sie beim Essen der ‚Bremer Eiswette‘ zu Gast sein. Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit der Teilnehmer dieses Essens für die Fortführung des Einsatzes der Bundeswehrtruppen am Hindukusch ist. Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ‚Bremer Friedensforums‘ und der ‚Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner(innen)“, vertreten dagegen mit der Forderung nach einem schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehrtruppen aus Afghanistan die Mehrheit der deutschen Bevölkerung wie auch jener der Freien Hansestadt Bremen.
Seit über acht Jahren ist Deutschland am von den USA begonnenen Krieg in Afghanistan beteiligt. Er hat bisher über 300.000 Menschen das Leben gekostet. Dabei nimmt die Zahl der Zivilisten, die dabei umkommen, von Jahr zu Jahr zu. Nach Aussage der UN-Mission in Afghanistan kamen im vergangenen Jahr 2.412 afghanische Zivilisten um, das sind 14 Prozent mehr Menschen als im Jahr zuvor. Die Zahl der Verletzten wird um ein Mehrfaches höher liegen, unter ihnen Menschen, die für ihr Leben lang verkrüppelt und verstümmelt sind. Sie, Herr Minister, erwägen als Zusage für die Londoner Afghanistan-Konferenz eine Truppenerhöhung der Bundeswehr. Das würde zu einer Eskalation der kriegerischen Auseinandersetzungen in diesem Lande wie in Pakistan beitragen. Stattdessen wäre es angebracht, einen Plan zur Reduzierung deutscher Truppen mit dem Ziel ihres vollständigen Abzuges vorzulegen. Das würde den Weg zum Frieden ebnen, und dadurch würden Gelder frei werden, die zum Wiederaufbau dieses geschundenen Landes verwendet werden könnten. Darüber hinaus würden Sie damit auch der Sorge um das Leben der deutschen Soldaten entgegenkommen.
Wir appellieren an Sie: Geben Sie dem Druck der US-Regierung zum Zwecke der Truppenerhöhung nicht nach! Legen Sie einen Plan zur schnellstmöglichen Rückführung der deutschen Truppen vor! Werden Sie als Verteidigungsminister ein Friedensminister! Mit freundlichen Grüßen.“
Gestern habe ich meinen Weiterbewilligungsantrag zur Bagis gebracht und mir eine Eingangsbestätigung geben lassen, da bekam ich die neueste skurrile „Verbesserung“ zu Gesicht, die sich die Bremer Arge kurz vor ihrer Zerschlagung noch hat einfallen lassen: einen Flachbildschirm im Wartebereich, der einen Stummfilm mit Untertiteln wie „Ausweis bereithalten“ zeigt. Der Inhalt: Kundengespräche mit Bagis-Mitarbeitern. So etwas Ähnliches haben wir bisher nur im Hartz-IV-Theaterstück gesehen.
Hauptdarsteller war ein Jungmitarbeiter vom Typ Frauenschwarm mit modischer Stirntolle und feschem Dreitagebart, ihm beigesellt eine Altkundin in den Vierzigern mit hängenden Haaren und Mundwinkeln. Unterschwellige Botschaft: Ihre Erfahrung ist nicht gefragt. Nicht die reife Dame erklärt dem Jungspund die Formulare, sondern umgekehrt – der fotogene Smartie ist Sieger im Kampf um die raren Arbeitsplätze. Am Empfangstresen, wo sich eine Warteschlange gebildet hatte, war er in natura zu bewundern, als sei das Video eine Live-Übertragung oder der Held geklont worden. Er erwies sich in der Tat als vorbildlich freundlich.