241. Bremer Montagsdemo
am 03. 08. 2009  I◄◄  ►►I

 

Einmal Hartz IV, immer Hartz IV

Udo RiedelZum Glück berichten jetzt immer mehr Medien davon, dass es bei den sogenannten Hartz-Gesetzen sehr viele Ungereimtheiten gibt. Ich schildere hier nur einmal ein paar ganz krasse Fälle: Die sogenannten Ein Euro-Jobs verdrängen immer mehr reguläre Arbeitsplätze. Zeitarbeit gleicht Lohndumping und Abschussposten, denn zuerst werden die Zeitarbeiter entlassen. Es gibt eine Stigmatisierung, denn der Arbeitergeber sieht sofort, dass man Hartz-IV-Empfänger ist, und stuft denjenigen deshalb gleich niedriger ein. Das sind schon drei Gründe, warum man nicht mehr auf die Beine kommen kann. Ausnahmen gibt es wie überall.

Ein weiterer Grund ist es, dass man sich nach der regulären Arbeitszeit kaum etwas dazuverdienen darf. Nach Angabe des Hinzuverdienstes wird sofort entsprechend verrechnet und gekürzt. Also bleibt man dadurch auch wieder auf Hartz-IV-Niveau stehen, selbst wenn man sich noch so anstrengt. Einmal Hartz IV, immer Hartz IV! Wer nach einem Jahr Arbeitslosigkeit in Hartz IV fällt, hat ganz schlechte Karten. Das betrifft vor allen die älteren Mitarbeiter, die kaum noch Arbeit finden. Sie steigen dann rapide ab in ihrem Lebensstandard. Wenn sie sich Eigentum angeschafft haben, darf das nicht zu groß sein, sonst gibt es keine Unterstützung.

Mit anderen Worten: Sie müssen erst einmal bedürftig werden, und dann bleiben Sie bedürftig! Ich selbst bin Rentner, und eigentlich brauchte ich gar nicht hier zu stehen, doch sonst würde einer fehlen. Wenn ihr hier stehen bliebet und euch solidarisch zeigtet, wären viel mehr da, die sagen: „Ich bin nicht einverstanden mit euren Maßnahmen!“ Darum, liebe Leute, kommt hierher und zeigt: „Ich mache es nicht mehr mit, dass ihr Arbeitgeber und Politiker uns Menschen immer weiter das Leben erschwert! Deshalb erkläre ich mich solidarisch mit den Montagsdemonstranten!“

Udo Riedel (parteilos)

 

Perfekter kann eine Nachrichtensperre nicht sein

Wieland von Hodenberg Normalerweise ist Krieg immer mit erheblicher Geräuschentwicklung verbunden, auch wenn Minister Jung die Panzeroffensive in Afghanistan nicht „Krieg“ nennen will. Nur selten hat es einen Feldzug gegeben, der so lautlos vonstatten ging oder noch geht wie die „Operation Adler“. Es ist noch nicht einmal klar, ob dieser Krieg überhaupt noch stattfindet. Die Medien berichten nicht, die Politiker reden nicht – mit Ausnahme von Minister Jung, der einmal wieder die Bevölkerung von den Taliban befreien und die Demokratie ins Land bringen will. Seltsam ist auch, dass es in diesem Krieg scheinbar keine Toten, keine Verletzten und keine Flüchtlinge gibt.

Das Ganze ist wie ein Phantom, wie eine Fata Morgana im afghanischen Wüstensand. Perfekter kann eine Nachrichtensperre nicht sein! Es soll wohl nicht ins Bewusstsein dringen, dass die Panzeroffensive der Bundeswehr nach dem Luftkrieg 1999 gegen Jugoslawien ein erneuter historischer Einschnitt ist. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg haben deutsche Soldaten in einem anderen Land einen schweren Bodenkrieg geführt! Der Afghanistaneinsatz ist ohnehin von der Bevölkerung mehrheitlich nicht gewollt, und deshalb soll auch nicht wahrgenommen werden, was die Bundeswehr derzeit in Afghanistan so treibt. Das könnte ja die Kriegsparteien im Berliner Parlament erheblich Stimmen kosten!

Apropos Kosten: Der deutsche Militäreinsatz verschlingt jedes Jahr 530 Millionen Euro! Im Verhältnis dazu steht nur ein Viertel dem Wiederaufbau zur Verfügung. Insgesamt hat der Bundeswehreinsatz in Afghanistan seit seinem Bestehen weit über zwei Milliarden Euro gekostet! Um die Bankprofite und die Rüstungsausgaben in die Höhe zu treiben, hat Berlin im Sozialbereich stets brutalstmöglich gekürzt. Doch für das Leben wäre dieses Geld weitaus besser ausgegeben als für den Tod, beispielsweise für ein besseres Leben aller Hartz-IV-Betroffenen! Fordern wir deshalb immer wieder: Die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Trotz Lautsprecherverbot: Montagsdemo Hannover kämpft
seit fünf Jahren gegen Hartz IV („Sat 1“)

 

Nach dem Arbeitslosigkeitshalbierer kommt der Arbeitslosenbeseitiger

Elisabeth Graf1. Es ist nicht zu glauben: In Bergisch-Gladbach bietet die stadteigene „GL Service gGmbH“ einen Plakatierservice durch Ein-Euro-Jobber an – zum Dumpingpreis. Der Bürgermeisterkandidat von CDU und FDP, Lutz Urbach, griff zu und ließ seit Tagen Wahlplakate mit seiner Internetadresse von Ein-Euro-Jobbern der „GL Service gGmbH“ in den Straßen aufhängen. Hier wird mal wieder offenbar, wie leicht Erwerbslose ausgebeutet werden „dürfen“, die dann nebenbei auch noch reguläre Arbeitsplätze vernichten. Es kann wohl niemand behaupten, dass solche Arbeiten gemeinnützig und zusätzlich seien!

Dazu dürfte diese Art der Wahlwerbung wohl kaum noch legal zu nennen sein. Solch eine Aktion ist auch in meinen Augen als unanständig zu bezeichnen und zeigt auf, welch Geistes Kind die Politik der „Christ“-Demokraten und der „Für-wen-frei“-Demokraten sind. Sind die Ziele dieser Parteien wirklich gemeinnützig oder eher als gemeinschaftsschädigend zu begreifen? Für mich ist die Ausbeutung der Ein-Euro-Sklaven jedenfalls ein Paradebeispiel für eine unsoziale Politik! Die „GL Service gGmbH“ gehört zu hundert Prozent der Stadt Bergisch Gladbach und beschäftigt unter dem Deckmäntelchen der Gemeinnützigkeit Ein-Euro-Jobber für Tätigkeiten im „öffentlichen Interesse“. Seit geraumer Zeit nutzt die Stadt nun auch Erwerbslose in der „GL Service gGmbH“ dazu, kommerzielle Plakate aufzuhängen. Sicherlich sind diese Arbeiten nicht nur in den Augen der „Linken“ als grob rechtswidrig zu bezeichnen. Sie werden wohl kaum den Vorgaben des SGB III entsprechen!

Weil die Leistungen praktisch umsonst ausgeführt werden, sind die Träger natürlich nicht mehr zu unterbieten und können die Arbeit der staatlich entlohnten Ein-Euro-Jobber zu unmoralischen Dumpinglöhnen anbieten! Die „GL Service gGmbH“ kann dieses Tätigkeiten nur so billig offerieren, weil sie ihren Beschäftigten nur einen Euro pro Stunde auszahlt. Obwohl dort eine Menge Menschen arbeiten, ist es diesen nicht erlaubt, sich in einem Betriebsrat zu organisieren. Arbeitnehmerrechte „dürfen“ auf diese Weise mal eben ausgehebelt werden. Dies stellt meiner Ansicht nach einen Rückschritt ins 19. Jahrhundert dar, zu Gutsherrenallüren! Mit dieser modernen Form der steuerfreien und „gemeinnützigen“ Sklaverei und Zwangsarbeit macht die Stadt auch noch Gewinn. Ich unterstütze „Die Linke“ mit ihrer Forderung nach der Beseitigung dieser rechtswidrigen Situation!

 

2. Der Streit um mehr Lohn und besseren Arbeitsschutz für Beschäftigte in Kitas ist offiziell beigelegt. Der Städte- und Gemeindebund erwartet von der Einigung im Kita-Tarifstreit eine Mehrbelastung für die Kommunen in Höhe von 500 bis 750 Millionen Euro pro Jahr. Wegen des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren ab 2013 werden dann noch einmal weitere 70.000 Erzieherinnen gebraucht – und müssen bezahlt werden. Leider stimmte auch Verdi dem Kompromiss zu, wonach Erzieherinnen etwa 120 Euro brutto mehr im Monat kriegen und sich die Arbeitsbedingungen verbessern sollen. Ja, die Eltern können in der Tat aufatmen, weil die Betreuung ihrer Kinder nun wieder sichergestellt ist. Sie taten mir auch immer leid, da sich der Streik nie gegen sie richten sollte. Aber schließlich hätte der Arbeitgeber auch früher einlenken können. Können sich die Erzieherinnen nun auch entspannt zurücklehnen? Wie sollte das möglich sein, wenn sie noch immer unterbezahlt bleiben müssen?

Die beruflichen Anforderungen an die Erzieherinnen sind in den letzten Jahren ständig gewachsen. Die meisten Kitas arbeiten inzwischen nach dem Rahmenbildungsplan und sichern Qualitätsstandards in allen städtischen Einrichtungen zu. Die Erzieherinnen belegen die Entwicklungsschritte der Kinder durch eine Lern-Entwicklungs-Dokumentation und öffnen ihr Betreuungsangebot auch für die Unterdreijährigen. Diese benötigen ganz andere Zuwendung, weil sie erst noch laufen und sprechen lernen und intensiverer Körperpflege bedürfen. All diese Anforderungen schlagen sich bisher nicht in der Bezahlung nieder. Auch wenn die Gewerkschaften von einem Teilerfolg sprechen, so sind sie doch unter dem Strich gescheitert, weil sich nichts Grundlegendes an der Unterbezahlung verändert hat!

Es stimmt etwas Entscheidendes nicht, wenn Erzieherinnen schlechter bezahlt werden als die Bediensteten der städtischen Müllabfuhr. Aber wahrscheinlich geht es um das alte Lied der finanziellen Anerkennung sogenannter weiblicher Arbeit. Nicht umsonst bekommen in Deutschland die Frauen auch noch im 21. Jahrhundert im Schnitt ein Drittel weniger Gehalt als Männer. Frauenarbeit wird nicht für voll genommen, je näher sie inhaltlich mit Hausarbeit, also Pflege, Reinigung und Erziehungsaufgaben zu verknüpft ist. Sie soll vermutlich aus Liebe geleistet werden und darf am besten nichts kosten. Schade, dass es sich mit Luft und Liebe allein so schlecht haushalten lässt! Wenn bedacht wird, dass 66 Prozent der Sozialarbeiterinnen in der Jugendarbeit und 20 Prozent in den Gesundheitsdiensten tätig sind, tritt überdies die geringe Bedeutung zutage, die der Jugend und der Volksgesundheit beigemessen wird. Die Politik hat immer noch nicht verstanden, dass eine moderne Familienpolitik nicht zum Nulltarif zu haben ist!

 

3. In Heilbronn ereignete sich schon wieder ein Kündigungsprozess wegen einer Bagatelle. Es ging um den angeblichen Diebstahl zweier Brötchen, weswegen eine 60-jährige Küchenhelferin angeklagt wurde. Dabei zog die Hohenloher Krankenhaus GmbH den Vorwurf zurück, und im Gegenzug erklärte sich die Beklagte mit ihrer Kündigung zum 30. September einverstanden. Bis dahin bekommt sie weiter ihr Gehalt und erhält außerdem eine erhebliche Nachzahlung. Im Spind der Küchenhelferin wurden Anfang des Jahres zwei Brötchen entdeckt. Ist das nun ein Verbrechen? Die Beklagte beteuerte, dass ein Auslieferungsfahrer den Mitarbeitern regelmäßig Brötchen geschenkt habe, was dieser allerdings vor Gericht bestritt. Es legt jedoch die Vermutung nahe, dass er nicht auch seinen eigenen Job in Gefahr bringen wollte. Weiterhin wurde der Verdacht genährt, dass sich das Krankenhaus seiner langjährigen Mitarbeiterin entledigen wollte.

Heutzutage scheint dies den Arbeitgebern von Otto und Ottilie Normalverdiener geradezu leicht gemacht zu werden, wohingegen schwerkalibrige Manager nicht ohne zu murren gehen, sondern immer sicher sein dürfen, noch mit einer millionenschweren Summe abgefunden zu werden, obwohl ihnen der nächste wohldotierte Job schon fast nachgeworfen wird. „Mit Vitamin B“ lebt es sich entschieden leichter! Wie wird es die Arge finden, wenn sie erfährt, dass die Küchenhelferin mit 60 Jahren eine Kündigung akzeptierte? Oder bekommt sie von dort gar kein Geld? Wird sie um ihre Einzahlungen in die Arbeitslosenkasse betrogen, weil sie vielleicht einen Partner hat, der „zu viel“ verdient und deswegen für sie mit aufkommen muss? Ob es ihr noch etwas nutzen kann, wenn sie als langjährige Mitarbeiterin nun ein „qualifiziertes Zeugnis mit der Führungs- und Leistungsbewertung ‚gut‘“ erhalten wird? Oder geht sie bei gewichtigem Verlust früher in ihre bescheidene kleine Rente?

 

4. Der „Spiegel“ weiß sich auch bei seinen Katastrophenmeldungen nicht für eine klare Richtung zu entscheiden. Erst heißt es „Vom Ingenieur zum Tellerwäscher“, wo akribisch die Chancenlosigkeit junger Ingenieure beschrieben wird, die als größte Verlierer der Krise feststünden, die Jobs entweder gar nicht erst bekämen oder ihn gleich als erste wieder verlören. Dies sei eine glatte Vollbremsung für die junge Generation, der zum großen Schrecken anstelle einer Akademikerkarriere der steile Absturz in Hartz IV droht. Unternehmen schützten in erster Linie ihre Stammbelegschaft, und die Zahl der freien Stellen schrumpfe gewaltig. Sichere Jobs seien immer seltener. Eine Woche zuvor jedoch blies der „Spiegel“ ins entgegengesetzte Horn und beklagte, dass der Fachkräftemangel die Wirtschaft alarmiere. Demnach warnten Pädagogen vor fehlenden Lehrern, Wirtschaftsverbände beklagten einen massiven Mangel an Fachkräften. Laut BDA und BDI fehlten schon jetzt 60.000 „Spezialisten“ – mit „gravierenden Folgen“ für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Das Problem werde noch zunehmen. Die Fachkräftelücke liege derzeit bei rund 61.000, die durch die Hochschulen bei weitem nicht gedeckt werden könne. Deswegen regt der Philologenverband den verstärkten Einsatz osteuropäischer Lehrer an deutschen Schulen an. Alles nur Arbeitgeberpropaganda, je nachdem, wer gerade bedient werden möchte oder muss? Panikmache ist immer gut!

 

5. Der Kanzlerkandidat der Spezialdemokraten, Frank-Walter Steinmeier, legt in seinem „Deutschland-Plan“ fest, dass er bei einem Wahlsieg vier Millionen neue Stellen in der Wirtschaft schaffen wolle und die Arbeitslosigkeit bis 2020 sogar besiegt haben will. Zwei Millionen Arbeitsplätze sollen in der Industrie durch den sparsameren Einsatz von Energie und Rohstoffen sowie die Förderung grüner Schlüsseltechnologien entstehen. Steinmeier träumt davon, dass unter ihm als Kanzler Deutschland zum „Silkicon-Valley umweltschonender Industrieproduktion“ avancieren könne. Eine Million neue Jobs verspricht der amtierende Kanzlerkandidat in der Gesundheitswirtschaft, wo er mehrere Hunderttausend Stellen für Kranken- und Altenpflege bereitstellen will. Eine halbe Million neue Arbeitsplätze sollen in der Kreativwirtschaft entstehen, eine weitere halbe Million in den sonstigen Dienstleistungen und im Handel. Ferner will er eine „Allianz für den Mittelstand“ gründen, in der ihr Wirtschaft, Gewerkschaften und Banken „an einen Tisch“ geholt werden sollen, um Branchen- und Beschäftigungsstrukturen zu sichern sowie die „Kreditklemme“ zu bekämpfen.

Da arbeitslos und erwerbslos nicht das Gleiche bedeutet, dürfen wir getrost davon ausgehen, dass Steinmeier vier Millionen neue Ein-Euro-Jobs schaffen möchte. Das hört sich für mich ganz stark nach Workfare oder irgendeiner anderen Schweinerei von billigen Zwangsjobs an. Oder was sind das für Fantastereien, die an Größenwahn denken lassen? Bei Einführung von Hartz IV sonnte sich der Spezialdemokrat Schröder an der Vorstellung, die Arbeitslosenzahlen in drei Jahren zu halbieren. Nun geht der amtierende Kanzlerkandidat sogar so weit, die Arbeitslosigkeit bis 2010 gar beseitigen zu wollen. Zeichnet sich die Spezialdemokratie dadurch aus, nicht mehr auf dem Teppich bleiben zu können, oder warum versuchen einzelne Herren mit derartigen Wolkenkuckucksheim-Geschichten offenbar ihre narzisstische Aufwertung zu betreiben? Übrigens, Herr Nullmeier, äh Steinmeier: Die Erde ist eine Scheibe! Oder ist die Meldung etwa ganz anders zu verstehen – dass Herr Steinmeier verspricht im Sinne von sich zu versprechen?

 

6. Nach Ansicht der Wirtschaft könnte die Zahl der Erwerbslosen bei einer bes­seren Vermittlung durch die Arbeitsagenturen deutlich niedriger liegen. Angeblich habe es im Juli 480.000 offene Stellen gegeben, die unbesetzt blieben. Sind das wirklich so enorm viele, bei nur für acht Millionen Erwerbslosen, die eine Stelle suchen? Bei den gegenseitigen Schuldzuweisungen – die CDU habe die nötigen Reformen bei den Jobcentern blockiert und die Betriebe klagten noch immer viel zu häufig darüber, dass die vorgeschlagenen Bewerber dem Stellenprofil nur unzureichend entsprächen – scheint niemandem aufzufallen, dass es nun mal keine Vollbeschäftigung mehr geben wird, wenn die Arbeit nicht auf mehr Schultern verteilt wird! Ganz abgesehen von angebotenen Stellen, die schon lange besetzt sind und nicht aus der Datenbank gelöscht wurden, oder von doppelten Einträgen. Existiert hier noch irgendeine Art von Bodenhaftung? Wenn die Argen „für eine breitere Vermittlung“ viele Erwerbslose durch unsinnige Maßnahmen zu Hilfsarbeitern degradieren, braucht sich niemand darüber wundern, wenn die vorgeschlagenen Bewerber nicht zum Stellenangebot passen. Müssen sich Arbeitssuchende vom Sachbearbeiter Sätze anhören wie „Wenn Sie glauben, dass Sie von mir Stellenangebote bekommen, sind Sie hier falsch!“, dann braucht sich niemand über den Artikel zu wundern. Ebenso nicht, wenn Rollstuhlfahrer als Dachdecker vermittelt werden sollen, Beinamputierte als Spargelpflücker und Leute mit massiver Pollenallergie in Landschafts- und Gartenbaubetriebe.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke

 

Die obersten Zwölftausend zahlen keine Reichensteuer

Pete OrdingZunächst möchte ich mich bei Elisabeth bedanken, die meine Kritik an der Ein-Euro-Job-Angstgeschichte gleich aufgenommen hat und darauf eingegangen ist. Ich hätte mir das jedoch etwas intensiver vorgestellt, da ich meine, dass es noch einen weit wichtigeren Aspekt gibt als den, dass die Bagis jeden dazu zu bewegen versucht, dies zu tun – nämlich, den Leuten bewusst zu machen, dass die Bagis einen dazu gar nicht zwingen kann, solange man selbst seiner Mitwirkungspflicht nachkommt. Solange der Hartz-IV-Empfänger dem Bagis-Mitarbeiter deutlich klarmacht, dass man selbst dahinter steht, auch etwas zu erreichen und möglichst schnell wieder aus dem Bezug von Sozialleistungen herauszugelangen, ist die Bagis im Gegenzug wiederum dazu verpflichtet, alles daran zu setzen, was nötig ist, um es geschehen zu lassen – egal, was das sein mag. Nur wenn man selbst dies nicht macht, kann einen die Bagis zu einem Ein-Euro Job zwingen, sonst nicht!

Viel schlimmer, als dass man mit 359 Euro nicht auskomme, ist eigentlich, woher dieses Geld kommt. Man muss daran arbeiten, dass die Quelle des Bezugs geändert wird, denn weder komme ich mit 359, noch mit 10.000 oder auch einer Million im Monat aus, wenn ich es hätte – ich persönlich schon, das soll aber kein Regelzustand sein, nur weil ich der Beweis dessen bin, dass es geht. Es sollte gar nicht einmal um die Summe, den Betrag gehen, den Hartz-IV-ler erhalten, als vielmehr darum, dass nicht mehr die, die wirklich mehr oder weniger hart dafür arbeiten und schwitzen, dafür herhalten müssen. Es müssten vielmehr diejenigen sein, die von der großen Masse der Konsumenten, also nicht aus ihrer eigenen Arbeit, die Supersummen beziehen. Ich möchte hier gar nicht einmal von „verdienen“ sprechen, da ich denke, dass kein Mensch mehr als 100 Euro pro Stunde mal 80 Stunden pro Woche mal 48 Wochen (einschließlich Urlaub) gleich 384.000 Euro im Jahr durch eigene Arbeit verdienen kann.

Nun kann und sollte man sicherlich auch noch mit eigenen Kreationen und mit Arbeitschaffen für andere weiteres Geld verdienen, doch das dürfte insgesamt sicherlich keine Million jährlich übersteigen. Das Steuersystem müsste so gestaltet sein, dass ein Arbeitnehmer bis zu 20, wenn nicht gar 30.000 Euro jährlich weder Steuern noch Abgaben zahlen muss. Ich habe es anhand von Zahlen des Statistischen Bundesamtes berechnet, es geht! Darüber hinaus wäre die Besteuerung progressiv so weit zu steigern, dass diejenigen, die mehrere Millionen beziehen, weit über 50 Prozent zahlen müssen. Man überlege sich nur einmal, was sie nach Steuerzahlungen übrig haben, trotz hohen Lebensstandards, der ihnen sogar absolut gegönnt sei! Was demgegenüber ein Arbeitnehmer mit bis zu 5.000 Euro monatlich nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und seinen persönlichen Kosten übrig hat, brauche ich wohl nicht vorzurechnen: Jeder weiß, wie viel er hat!

Dann kommt das Thema der Rente, für die erst kürzlich die „Nichtsenkung“ garantiert wurde – was für ein Hohn, da in den Medien gleich noch erklärt wurde, diese Garantie sei natürlich nur eine inoffizielle „Absicherung“ zur Nichterhöhung statt zur offiziellen „Nichtsenkung“. Sinken die Löhne, wie sie es aktuell tun, dann sinken die Renten zwar nicht – doch steigen die Löhne wieder, steigen die Renten nicht ebenso. Wann sie aufgrund welcher Fakten steigen mögen, wurde nicht einmal erwähnt. Die „Garantie“ zur Nichtsenkung ist eigentlich nichts anders als eine verarschende inoffizielle Klarmachung, dass sie nicht steigen werden. Somit wird schon vorab „entschuldigt“, was nicht entschuldbar ist, und das noch in Form eines vermeintlichen „Wahlgeschenkes“!

Dazu kommt noch die List der Politiker und ihrer Helfer, das Steuersystem, teils gar unbewusst, so hinzustellen, als sei es sozial äußerst gerecht, da doch diejenigen, die mehr verdienen, auch progressiv mehr zur Steuerzahlung herangezogen würden, was man mit einer hingestellten Statistik glauben kann. Als ich vor circa 15 Jahren meine Umschulung zum Kaufmann machte und diese Themen regelrecht studiert und mich immer intensiver mit Wirtschaft und Politik beschäftigt habe, da lernte ich auch, was man mit Statistiken machen kann. Man kann sie so interpretieren, dass man mit nahezu jeder Statistik, richtig angewandt, zwar nicht alles, aber nahezu alles aussagen kann, was man will. Unsere Steuerstatistik besagt nun, dass das oberste Zehntel unserer Steuerzahler über die Hälfte aller Steuern leistet. Das Dumme dabei ist nur, dass die Reichsten nicht einmal ein Promille ausmachen. Von diesem Zehntel gehören somit ganze 99,9 Prozent noch zum Mittelstand.

Es sind gerade einmal 12.000 Steuerzahler, die über fünf Millionen Euro verdienen, wo der Superverdiener doch wohl erst beginnt. Über diese Zahl kann man sicherlich streiten, doch das ist der Punkt, wo Statistiken aufhören! Diese zahlen laut Statistik im Schnitt gerade 40 Prozent Steuern, obwohl es doch eine Reichensteuer von 45 Prozen ab einer Viertelmillion Euro gibt. Da dies eine Durchschnittszahl ist, zahlen entweder einige nur 35 Prozent oder sogar überhaupt nichts an Steuern. Das muss anders werden! Wenn man überlegt, dass ein Arbeiter mit 4.000 Euro Monatseinkommen brutto immerhin ganze 42 Prozent Steuern und gut 20 Prozent Sozialabgaben, also nahezu zwei Drittel an Abgaben zahlt, ist das wohl mehr als ungerecht – noch dazu angesichts der Tatsache, was der Gering- bis Mittelverdiener nach Abzug aller Kosten, auch der privaten, noch übrig hat. Den Gutverdienern seien ihre hohen Privatausgaben ja gegönnt. Die Sache schaut vollkommen anders aus, wenn ich noch einige Millionen übrig habe, statt nur noch ein paar Tausend oder gar Hundert Euro, wenn überhaupt: Dann brauche ich nicht einmal groß zu kalkulieren, was ich kann und was geht. Dieser Missstand darf einfach nicht so sein!

Ein Kollege hat neulich gesagt, er sei nicht zur Eingliederung in die EU befragt worden, ob er das will oder nicht. Keiner hier wurde dazu gefragt. Immer wieder wird von CDU und teils auch SPD behauptet, der Volksentscheid auf Bundesebene sei hier nicht zulässig. Das ist so jedoch nicht korrekt: Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz besagt: „Alle Staatsgewalt geht von Volke aus.“ Das rein Technische, wie das in Wahlen geschehen soll, ist dabei sicherlich weniger wichtig, es kann laufen, wie es will. Doch wie soll es möglich sein, dass alle Staatsgewalt von Volk ausgeht, wenn keine Partei, die doch grundgesetzlich zur Willens- und Meinungsbildung der Bürger zuständig ist, diese überhaupt je fragt, was sie wollen, außer sich schlicht für ihre Diäten und Machtspielereien von uns wählen zu lassen – um dann zu sehen, was das Volk eigentlich will, und dies dann entsprechend dem Grundgesetz praktiziert und nicht andauernd dagegen verstößt?

Hier muss ich einmal eine Form von Selbstkritik über diese Demo anbringen. Wir (auch ich) beschweren uns darüber, dass wir nicht gefragt werden, aber fragen wir selbst denn eigentlich? Wir reden hier, beschweren uns und kritisieren alles Mögliche, was ich auch für richtig und wichtig halte, doch fehlt mir bei all dieser Anstrengung und diesem Aktionismus, dass wir doch selbst vielleicht einmal damit beginnen, was wir den anderen vorwerfen. Warum gehen wir selbst nicht hin und fragen die Leute, was sie gern hätten? Wir beschweren uns über die anderen, über die da oben, haben selbst theoretisch die größte Macht, üben sie jedoch nicht aus! Warum machen wir selbst nicht etwas in der Richtung? Ich stelle hier nun die Aufforderung an die Montagsdemo, dahingehend selbst etwas zu organisieren, um den Menschen zu zeigen, dass jeder Einzelne gefragt ist. Praktizieren wir selbst den Artikel 20 Absatz 2 und machen es den Parteien vor – und wenn es sein muss, gehen wir, je nachdem, wer dann vom Volk gewünscht sei, selbst in die Regierung und machen es halt besser! Nicht nur anklagen – selbst auch besser machen!

Pete Ording (parteilos)
 
Kompetenz im Blutsaugen: Ulla Schmidt ist unverzichtbar für
Schleimeimers Flohzirkus („Spiegel-Online“)
 
Rülps: Die tödliche Leere der Sprechblasen von
Sprudel-Merkel („Kein CO2-Endlager“)

 

Wir führen den Kampf weiter!

Wolfgang LangeNach Ullas Dienstwagenaffäre und den katastrophalen Umfragewerten für die SPD holt Steinmeier zum finalen Rettungsschlag aus: Er will vier Millionen neue Arbeitsplätze schaffen und die Arbeitslosigkeit bis 2020 beseitigen. Das hat sich nicht mal Schröder getraut! Der versprach nur eine die „Halbierung“, und selbst das war gelogen.

Die CDU zieht es vor, sich mucksmäuschenstill zu verhalten: Nur keine Fehler machen, bloß nicht auffallen! Entgegen der Wahlkampflügen werden sich die Folgen der tiefen Wirtschaftskrise erst nach den Wahlen richtig zeigen. Dann ist die Staatsverschuldung in Deutschland auf 1,7 Billionen Euro geklettert, die Sozialkassen haben ein Minus von 30 Milliarden, und die absehbaren Folgen lauten: Kürzung von Hartz IV, Lohnsenkung, Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Mehrwertsteuererhöhung.

Steil steigt schon jetzt die Zahl der Arbeitslosen. 6,5 Millionen Menschen arbeiten unterhalb der OECD-Niedriglohngrenze von 9,52 Euro in West- und 7,18 Euro in Ostdeutschland, jeder Dritte sogar unter sechs Euro brutto. Trotz Vollzeitarbeit verdient ein Viertel davon weniger als 800 Euro brutto monatlich, die meisten sind Frauen. Es ist eine bewusste Irreführung der Bundesregierung, wenn sie behauptet, das liege an mangelnder Qualifikation: 80 Prozent der im Billiglohnsektor Beschäftigten haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Gegen diese Entwicklungen hat die Montagsdemo vor fünf Jahren den Kampf aufgenommen. Wir führen ihn weiter, jetzt erst Recht!

Wolfgang Lange ist Bremer Kandidat der MLPD (Offene Liste)
für die Bundestagswahl 2009

 
Am Freitag, dem 7. August 2009, trifft sich um 19 Uhr die „Wählerinitiative Wolfgang Lange“ im „Jugendfreizeitheim Buntentor“, Geschwornenweg 11a. Das Thema lautet: „Was unterscheidet den Wahlkampf der MLPD
von dem der bürgerlichen Parteien?“
 
Die Bremer Montagsdemo feiert ihr diesjähriges Sommerfest am Samstag, dem 8. August 2009, ab 14 Uhr im Rondell am Südbad in den Neustadts­wallanlagen an der Delmestraße. Es gibt Gegrilltes, Salate, Kuchen und Getränke zu gemäßigten Preisen, außerdem einen Kinder-Basar und Stände der Parteien gegen Hartz IV sowie des „Umsonstladens“. Ideen für kulturelle Beiträge sind erwünscht.
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz