144. Bremer Montagsdemo
am 06. 08. 2007  I◄◄  ►►I

 

Das verzweifelte Händeringen

Unser Mitstreiter Wieland hat kürzlich ein „Kleines Lexikon der Falschwörter“ zusammengestellt. Man kann es von der Homepage des „Bremer Friedensforums“ herunterladen. Wieland entlarvt darin die Banalisierung und Zerstörung, die dem Kulturgut Sprache durch die täglich wiederholte Verwendung verlogener Begriffe in den Medien droht. Zwei bekannte Beispiele, die wir auf der Montagsdemo schon oft aufgespießt haben, sind die „Reform“ als Beschönigung für das Kürzen sozialer Leistungen oder auch die „Interessenvertretung am Hindukusch“, bei der es in Wahrheit um die Beteiligung an einem Angriffskrieg geht. Letzten Mittwoch las ich nun im „Weser-Report“ die Schlagzeile „Lehrlinge verzweifelt gesucht“, die mir eine Ergänzung zu Wielands „Falschwörterlexikon“ nahelegt.

G. D. BrettschneiderDas neue Stichwort lautet „hände­ringend“. Hiermit wie auch mit dem etwas weniger bildmächtigen Begriff „ver­zweifelt“ beschreibt man beispielsweise ein Verhältnis von – wie aktuell in Bremen – 1.352 unversorgten Ju­gendlichen zu 629 freien Ausbildungsplätzen. Die Presse schreibt allerdings nicht über die Verzweiflung der betroffenen Jugendlichen, sondern über die des „Bremer Ausbildungsbüros“, das für 184 Lehrstellen in der Kraftfahrt-Branche und im Einzelhandel trotz intensiver Werbung und Informationsbesuchen in Schulen die „händeringend“ gesuchten Azubis einfach nicht finden kann, weil es angeblich keine geeigneten oder auch nur interessierten Bewerber gibt.

Dieselbe „dramatische“ Lage besteht auch bei der weiterhin hohen Ingeni­eursarbeitslosigkeit, dem sogenannten „Fachkräftemangel“. Trotz noch so verzweifelten Händeringens und über Monate immer wieder neu geschalteter An­noncen in der „Jobbörse“ der „Arbeitsagentur“ ist es einfach nicht möglich, unter den Hunderten von Bewerbern den dringend benötigten Ingenieur mit mehr­jähriger Erfahrung in den allerneuesten Programmiersprachen zu finden. Schließlich gab es diese vor mehreren Jahren noch gar nicht. Kurzfristige Linderung kann möglicherweise das „Insourcen“ indischer Ein-Rupien-Mathematiker via „Green Card“ schaffen. Dauerhafte Abhilfe verspricht hingegen nur das „Outsourcen“ der gesamten Entwicklungsabteilung eines Konzerns auf den Subkontinent, wie von Siemens und SAP vorgemacht. Diese Entwicklung ist allerdings nicht zum Händeringen, sondern zum Haareraufen.

Gerolf D. Brettschneider (parteilos)

 

Olivgrüner Opportunismus

Wieland von Hodenberg1. Vor wenigen Stunden fand hier auf dem Marktplatz die alljährliche Mahnwache aus Anlass der Atom­bombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki statt. Mit reger Beteiligung, denn immerhin nahmen fast 150 Menschen daran teil. Bürgermeister Jens Böhrnsen schickte eine Grußbotschaft, in der er schreibt: „Das ‚Bremer Friedensforum‘ hält die Erinnerung an diese Ereignisse wach. Dafür danke ich dem ‚Friedensforum‘ im Namen der Freien Hansestadt Bremen“. Weiter schreibt er, dass es zur Abschaffung aller Atomwaffen keine Alternative gebe und dass der Hiroshima-Tag mahne, im Streben für eine atomwaffenfreie Welt nicht nachzulassen. Wir nehmen Sie beim Wort, Herr Böhrnsen, und werden Sie daran erinnern, wenn Sie mal hohe Staatsgäste aus Ländern empfangen, die neuerdings wieder kräftig atomar aufrüsten. Fordern Sie mit uns den Abzug der US-Sprengköpfe aus Büchel!

Im krassen Widerspruch dazu steht, was die frischgebackene grüne Bürgermeisterin Karoline Linnert kürzlich tat. Sie feierte am 28. Juli zusammen mit der Besatzung des Kriegsschiffs „Bremen“ Fregatten-Geburtstag. Mit Kriegsschiffen dieser Größenordnung lässt sich auch atomare Munition verschießen. In einem Interview der „Tageszeitung Bremen“ vom selben Tag sagte sie: „Ich bin Bürgermeisterin aller Bremerinnen und Bremer und vertrete den Präsidenten des Senats, Jens Böhrnsen. Da ist es selbstverständlich, dass ich den Termin wahrnehme. Ich mache meine Arbeit, über meine Gefühlslage sage ich nichts. Ich werde der Besatzung danken und ihr ein Geschirr überreichen.“

Auf die Feststellung der „Tageszeitung“, dass Animositäten zwischen Grünen und Bundeswehr wechselseitig seien, sagte sie: „Animositäten gibt es nicht. Die militärische Ausbildung beinhaltet Staatsbürgerkunde, davon können sich andere Institutionen etwas abgucken. Das sind Demokraten. Die Einsätze werden vom Bundestag legitimiert. Selbst wenn ich einen Einsatz persönlich für falsch hielte, ändert das nichts an der Rechtsgrundlage. So etwas darf nicht zu persönlicher Feindseligkeit führen. Ich weiß natürlich, dass es einige Leute degoutant finden. Ich verstehe das schon, aber ich halte es für falsch.“

Das sagt dieselbe Frau Linnert, die noch vor wenigen Wochen hier auf der Montagsdemo mit warmen Worten eine bessere Sozialpolitik versprach. Eine gute Sozialpolitik geht nicht ohne Friedenspolitik! Ihren olivgrünen Opportunismus gegenüber der Rüstungsindustrie finde ich enttäuschend und bestürzend, Frau Linnert! Sie sagten, die militärische Ausbildung beinhalte Staatsbürgerkunde. Seit wann gehört zur „Staatsbürgerkunde“ das Töten auf Befehl? Für mich sind Soldaten in der Regel keine Demokraten, da halte ich es mit Tucholsky, der in den 1920-ger Jahren einmal sagte „Soldaten sind Mörder!“ Bei so viel Doppelzüngigkeit fällt es mir extrem schwer, an die Friedfertigkeit des neuen rot-grünen Senats zu glauben!

 

2. Das „Friedensforum“ ruft auf zum Antikriegstag in Bremen! „Der Krieg ist kein Naturgesetz, sondern Ergebnis menschlichen Handelns. Deshalb gilt es, diesem Handeln auf die Spur zu kommen. Wir müssen der Geißel neuer Kriege entschlossen begegnen“, so Bundespräsident Gustav Heinemann in seiner Ansprache am 1. September 1969 zum 30. Jahrestag des Kriegsbeginns 1939 über alle Rundfunk- und Fernsehsender der ARD und des ZDF. Kriege beginnen mit der Vorstellung, dass Konflikte nicht zivil, sondern nur mit Gewalt und militärischen Mitteln lösbar sind.

Sie beginnen mit der Rüstungsproduktion und dem Einsatz kleiner und großer Waffensysteme. Sie werden angeheizt durch Rüstungsexport und immer mehr Ausgaben für den weltweiten Einsatz modernster Waffensysteme – auch bei der Bundeswehr. Hier in Bremen werden militärische Großsysteme im Schiffbau (Fregatten, Korvetten mit modernster Bestückung) und der Luftfahrt (Beteiligung an Kampf- und Transportflugzeugen, Logistik) produziert. Wir können in Bremen wahrlich nicht „stolz“ darauf sein, den Kriegsideologen und Waffenproduzenten wegen weniger Arbeitsplätze bei der Kriegsproduktion und den militärischen Einsätzen behilflich zu sein!

Deshalb wenden wir uns heute mit aller Deutlichkeit gegen die Rüstungsproduktion, auch hier im Lande Bremen; gegen die Kriegsvorbereitungen und alle Versuche, Konflikte militärisch zu lösen; gegen den Rüstungsexport von Kleinwaffen, Minen, Großgerät bis hin zu U-Booten; gegen die Beteiligung an Bundeswehr- und Waffeneinsätzen weltweit; gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, denn unsere Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt; gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren; gegen die Abschottungs- und Ausbeutungspolitik der EU. – Die Kundgebung beginnt am Freitag, dem 31. August 2007, um 17 Uhr am Bahnhofsvorplatz in Bremen.

 

3. Das „Bremer Friedensforum“ ruft außerdem auf zur Demonstration „Bundes­wehr raus aus Afghanistan“ in Berlin! Wir fordern: Frieden für Afghanistan! Keine Verlängerung der Bundeswehreinsätze! „Dann gibt es nur eins: Sag nein!“, schrieb Wolfgang Borchert 1947.

Afghanistan ist heute von demokratischen Verhältnissen weit entfernt. Die Bevölkerung, die immer häufiger Zielscheibe der Angriffe ist, lebt in ständiger Angst und unter unwürdigen sozialen Bedingungen. Durch den „Tornado“-Einsatz wurde die – seit Anbeginn betriebene – deutsche Kriegsbeteiligung ausgeweitet und die Verquickung von „Operation Enduring Freedom“ und ISAF fortgeführt. Deutschland beteiligt sich damit an der militärischen Eskalation und nimmt den Tod vieler weiterer Menschen, auch deutscher Soldaten, in Kauf.

Der zivile Wiederaufbau in Afghanistan sowie eine humane Entwicklung können überhaupt erst gelingen, wenn der Krieg beendet ist. Die Kriegsschäden müssen durch die kriegführenden Staaten beseitigt, alle Truppen abgezogen und die somit freiwerdenden Mittel für humanitäre Arbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen genutzt werden. Seit 2002 wurden in Afghanistan 85 Milliarden Dollar für Militärmaßnahmen, dagegen nur 7,5 für den zivilen Wiederaufbau eingesetzt.

Die Beendigung der Bundeswehreinsätze kann ein erster Schritt zum Frieden sein. Das würde die Bush-Administration unter Druck setzen, die US-Truppen ebenfalls zurückzuziehen. Wir fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, einer Mandatsverlängerung nicht zuzustimmen!

Die Demonstration am 15. September 2007 in Berlin beginnt um 12 Uhr am Roten Rathaus und endet um 14:30 Uhr am Brandenburger Tor. Die Busse fahren in Bremen um 6 Uhr ab. Karten gibt es bei Barbara Heller, Saarlauterner Straße 32, Telefon 434-1852, E-Mail Barbara.Heller(at)BremerFriedensforum.de.

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Ein Glückwunsch
den mutigen Streikwilligen!

1. Vor uns ist mit Blumen das „Peace“-Zeichen auf dem Pflaster ausgelegt. Heute Mittag fand hier auf dem Marktplatz eine Mahnwache der Friedensbewegung statt, aus Anlass es 62. Jahrestages des furchtbaren Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki. Dies soll uns daran erinnern, dass Krieg und Unterdrückung immer noch alltägliche Begleiter der Menschheit sind. Wir sind aufgefordert, den Kriegstreibern und Räubern immer wieder aufs Neue unseren Widerstand entgegenzuhalten und ihnen in den Arm zu fallen.

Es ist darum das Interview zu beachten, dass Bürgermeisterin Karoline Linnert der „Tageszeitung“ am 28. Juli 2007 zum Geburtstag der Fregatte „Bremen“ gewährte. Sie leugnete darin das Bestehen von „Animositäten“ zwischen Bundeswehr und Grünen. Die Bundeswehr sei in diesem Staat eine demokratisch legitimierte Institution, und die Grünen legten Wert darauf, dass das Militär keine von der Gesellschaft getrennte Veranstaltung sei. „Davon können sich andere Institutionen etwas abgucken, das sind Demokraten“.

Nach Belobhudelung des „demokratischen“ Charakters der Bundeswehr und Hintanstellung ihrer persönlichen Auffassung bei Erfüllung der Amtsaufgabe, einer Fregatte zu gratulieren, möchte ich diese Haltung der Grünen kritisieren. Bei allem, was sie jetzt an guten Ansätzen in anderen Politikbereichen entwickelt haben mögen, ist ihr Festhalten an der offiziellen Außen- und Kriegspolitik seit der „rot-grünen“ Schröder-Regierung entschieden zu verurteilen. Die deutsche Bevölkerung hat keine Interessen am Hindukusch und lehnt die Auslandseinsätze mit großer Mehrheit ab!

 

Das große Redebuch2. Die Kollegen der Lokführer-Gewerkschaft GdL haben mit fast 96 Prozent für einen unbefristeten Streik gestimmt. Herzlichen Glückwunsch, liebe Kollegen, für euren Mut und euren Willen! Viele Teilnehmer der Montagsdemo erleben am eigenen Leib, was Verarmungspolitik und Ausplünderung für sie bedeuten: Auf dem Rücken der Arbeitenden und Arbeitslosen sollen die großen, ehemals staatlichen und kommunalen Unternehmen „fit gemacht“ werden für den Weltmarkt!

Es geht bei der Bahn nicht um den Aufbau eines optimalen Verkehrsinstrumentes, nein, es geht allein um die Herstellung eines Börsen- und Weltmarktobjekts, das sich die größten Monopolunternehmen der Erde unter den Nagel reißen möchten. Dabei unterstützt die deutsche Regierung besonders die deutschen Monopolunternehmen und Banken. Scheinheilig wird in den Medien auf die „armen Ferienreisenden“ abgehoben, die von dem Streik betroffen sein würden, um damit Unmut zu schüren!

Die Lokführer-Kollegen werden ihren Streik schon gegen die Richtigen zu führen wissen, zum Beispiel gegen Züge, in denen hochsensible, zeitlich terminierte Lieferungen des internationalen Produktionsverbundes gefahren werden. Das wird Wirkung zeigen. All denen, die Streikende als Rechtsbrecher hinstellen wollen, hat Eduard Picker, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Tübingen, in einem Interview erklärt: „Die Lokführer haben generell das Recht zu streiken.“ Er kritisierte die Begründung des Arbeitsgerichts Düsseldorf als fehlerhaft: „Es ist die Freiheit der Leute, eine eigene Gewerkschaft zu gründen.“

In Deutschland wird das Streikrecht – im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen es in der Verfassung verankert ist – aus der „Koalitionsfreiheit“ abgeleitet und ist auf „Tariffragen“ beschränkt. Alle Schadensersatzdrohungen von Mehdorn sind zurückzuweisen! Die Dame und die Herren da oben wissen sowieso, dass die Sympathie der Bevölkerung auf Seiten der Streikenden ist. Wir sollten uns überlegen, ob wir den Bahn-Kollegen zu gegebener Zeit als Montagsdemo mal einen Besuch machen können!

 

3. Die Bundesregierung genießt gerade ihren Sommerurlaub. Angela ist fast nur über SMS zu erreichen und probt schon die Arien aus Wagners „Walküre“: Sie will ab 2008 „ältere“ Empfänger von Arbeitslosengeld II zwangsweise in Rente schicken, mit dauerhaften hohen Abschlägen. Dies hat das von Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) „geleitete“ oder besser pervertierte Arbeitsministerium auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion „Die Linke“ bestätigt.

Die Abschläge betragen 3,6 Prozent pro Jahr vorgezogener Rente und können sich damit auf rund ein Drittel der Bruttorente summieren. Wenn die Regierung das unter „Maßnahmen gegen Übergewicht in der Bevölkerung“ versteht oder als „altersgerechte Produkte für die wohlhabenden Rentnergenerationen“, dann wird ihr Sarkasmus durch unsere sich Bahn brechende Antwort darauf übertrumpft werden!

 

4. Heute schreibt der „Weser-Kurier“, dass der Senat vorhat, die 100 Millionen Euro Deicherhöhungskosten auf die Grundsteuer umzulegen, was jede(r) einzelne dann als Mieterhöhungskosten für jede noch so kleine Butze wiederfinden wird. Das Radfahrerprinzip gilt auch hier: kein Protest bei der Berliner Regierung gegen die weltweite Kumpanei mit den multinationalen Monopolen, die die Klimaveränderung verursacht haben, aber die Massen verhungern lassen, knebeln und knechten!

Nein, Herr Loske! Wenn Sie mit Ihren halbgaren Vorschlägen so weitermachen, werden Sie und Ihre grüne Alibi-Politik bald am Ende sein. Alle Maßnahmen gegen die nahende Umweltkatastrophe sind von den Verursachern zu tragen! Das ist eine Forderung, die immer mehr Unterstützung findet, nicht nur bei uns. Das muss auch für Bangladesh und für Dürre-Gebiete in Afrika oder sonstwo gelten!

 

5. In Essen hat ein internationales Seminar über die Neuordnung der internationalen Produktion und die Vorbereitung zur Entwicklung eines neuen, anderen Gesellschaftssystems stattgefunden. Es kamen über 1.000 Teilnehmer. Rund 150 Vertreter aus fast 40 Ländern dieser Erde hörten Erfahrungsberichte und diskutierten miteinander. Wir erkannten, dass eine bessere Vereinheitlichung nur darin bestehen kann, dass wir bereit sind, voneinander zu lernen, unsere eigenen Erfahrungen immer besser auszuwerten, richtige Schlüsse daraus zu ziehen und sie anderen in noch engerer Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen.

So können die praktische wie auch die theoretische Zusammenarbeit der Arbeiter- und Volksbewegungen auf der ganzen Welt vorangebracht werden. Ich als Marxist-Leninist will dabei helfen, dass die Menschen und die Massen Kraft gewinnen, ihre Sache in die eigene Hand zu nehmen.

Ein besonderes Erlebnis beim Seminar und dem Geburtstagsfest der MLPD, das ich für die Montagsdemo-Bewegung erwähnen möchte, waren der Enthusiasmus und die Fähigkeit, über zweitausend Besucher mit Essen und Trinken ohne „Catering-Service“ selbst zu versorgen. Ich sehe noch die unendlichen Platten mit Salaten und selbstgebackenen Kuchen vor mir. Ich habe an einem Tage noch nie so viele Torten und Kuchen schneiden müssen! Aber alle Finger sind noch dran. Auch Handschuhe musste man tragen.

Ich habe dabei eine Organisation erlebt, wo jeder seine Aufgabe im großen Ganzen hatte, mit Menschen und nicht mit Maschinen zu tun hatte, und wo nicht kommandiert wurde. Natürlich gab es kleine Pannen und Fehler, aber die wurden mit Kritik und Verbesserungsvorschlägen und auch besonderem Einsatz ausgebügelt. Schon bei unserem Montagsdemofest gab es bei mir dieses Hochgefühl, jetzt war es fast überwältigend. Leider kann ich euch nur erzählen und nichts zum Abbeißen geben!

Jobst Roselius

 

Altenpflege für zwei Euro

Info-MichelEndlich ein Grund zu jubeln! Endlich können wir uns die Betreuung alter Menschen leisten: nur zwei Euro! Die Anbieter solcher Leistungen wurden mit Freude aufgenommen. Was will man mehr? Aber ich habe mich wohl verlesen, das rechnet sich doch gar nicht. Oder nur für die eine Seite?

Rechnen wir mal nach: Der Anbieter will zwei Euro. Wer ist der Kunde? Wenn es der Betroffene ist, der die Leistungen in Anspruch nehmen kann, ist es ja egal. In diesen zwei Euro ist alles enthalten, Lohn- und Allgemeinkosten. Natürlich sind die Mitarbeiter hoch motiviert: Sie warten geradezu darauf, für diesen Hungerlohn ihre Arbeit zu verrichten. Auch die Firma möchte noch verdienen, bloß wie?

Auf der anderen Seite gibt es Dumpinglöhne, mit denen wir gar nicht konkurrieren können. Der Wettbewerber wird vor Freude Luftsprünge machen. Aber was ist, wenn wir mit diesen Löhnen, also von unserer Arbeit nicht mehr leben können? Den Rest muss der Steuerzahler dazuzahlen. Wie gut, dass es Harz IV gibt! Damit rechnet es sich wieder, weil die Allgemeinheit zur Kasse gebeten wird. Sie muss zahlen, nicht der Arbeitgeber. Dem ist es sowieso egal.

Der Gesetzgeber schläft, die Allgemeinheit zahlt, die Patienten haben das Nachsehen, und das Ganze nennen wir „reformiertes“, also „verbilligtes“ Gesundheitssystem. Gute Nacht, ihr Lieben, die ihr mal älter und hilfsbedürftiger werdet! Wer so etwas zulässt, wird hoffentlich selbst mal betroffen sein. Er braucht überhaupt keine Angst davor zu haben, denn er wird für zwei Euro pro Stunde rund um die Uhr gepflegt, und das von hochmotivierten Kräften.

Udo Riedel (parteilos)

 

Die Diskussion um eine Hartz-IV-Erhöhung reißt nicht ab

Elisabeth Graf1. Lebensmittel und Energie werden teurer, doch das Arbeitslosengeld II steigt nicht. Diese Tatsache kritisieren immer mehr Politiker und Verbände. Zugleich hat die Zahl der Menschen, die von Hartz-IV-Leistungen abhängig sind, nach Angaben des Deutschen Landkreistages einen neuen Höchststand erreicht.

Grünen-Fraktionsvize Thea Dückert sagte, die Berechnung des Regelsatzes müsse insgesamt zeitnaher erfolgen und die Lebenshaltungskosten realistisch widerspiegeln. Milch sei kein Luxusgut und dürfe auch keines werden. Auch die in den vergangenen Jahren sprunghaft gestiegenen Energiepreise seien nicht ausreichend berücksichtigt. Linksfraktionsvize Klaus Ernst erklärte, das bisherige Berechnungssystem bedeute Armut per Gesetz.

SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler verwies darauf, dass sich die Grundsicherung aus einem großen Übersichtskorb errechne, in dem manche Preise fielen und andere stiegen. Wenn sich herausstellen sollte, dass der Lebensbedarf nicht mehr gedeckt ist, werde er der Erste sein, der eine Anpassung fordere. Der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner sagte der „Blöd“-Zeitung, das Arbeitslosengeld II sei nicht mehr existenzsichernd, weil es keine Orientierung der Leistung an den Lebenshaltungskosten gebe.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla jedoch wies die Forderungen als „absurd“ zurück. Das Arbeitslosengeld II könne sich nicht an „einzelnen Produkten“ orientieren, die gerade teurer würden. Er wies darauf hin, dass die Höhe der Hartz-IV-Leistungen ohnehin alle zwei Jahre überprüft werde. „Dabei wird auch die Marktentwicklung insgesamt berücksichtigt“, behauptete Pofalla.

Es gibt Leute, die wissen nicht, wovon sie reden, sonst würden sie nicht so unkontrolliert ins Sommerloch hineinblubbern! Herr Profalla södert auf eine Weise herum, die vermuten lässt, dass Hartz-IV-Leistungen üblicherweise überarbeitet und angepasst würden. Das menschenverachtende Hartz-IV-Gesetz ist aber erst zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Es löste den sogenannten Warenkorb ab. Bei dieser Umstellung hat man uns klammheimlich um 30 Prozent der uns zustehenden Leistungen bestohlen! Jetzt ist es ja nicht mehr möglich, bei der Bagis zum Beispiel die Reparatur einer Waschmaschine zu beantragen.

 

2. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger erreicht einen neuen Höchststand! Der Deutsche Landkreistag machte darauf aufmerksam, dass die Zahl der Hartz-IV-Empfänger die in der Arbeitslosenstatistik erfassten Langzeitarbeitslosen um ein Mehrfaches übersteigt und stetig wächst. Demnach waren im April dieses Jahres 7,4 Millionen Menschen auf Hartz IV angewiesen – der höchste Wert seit dessen Einführung.

DLT-Präsident Hans Jörg Duppré kritisierte, dass die Zahl der Hartz-IV-Be­zieher bislang auf die Langzeitarbeitslosen verengt werde. Ein-Euro-Jobber mit mehr als 15 Wochenstunden, Kranke oder Ausbildungsplatzsuchende etwa fänden sich dagegen nicht in der Arbeitslosenstatistik wieder, obwohl deren Lage oft nicht besser sei. Gleiches gelte für Erwerbstätige im Niedriglohnbereich, die zusätzlich auf Hartz IV angewiesen sind. „Es wird endlich Zeit, dass wir uns den vielschichtigen Problemen offen stellen und uns eingestehen, dass die Zahl der Personen wächst, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind“, mahnte Duppré.

In der aktuellen Arbeitslosenstatistik seien von den 7,4 Millionen Hartz-IV-Sozialfällen lediglich rund 2,5 Millionen Menschen erfasst, betonte DLT-Sprecher Markus Mempel. Die von der Politik verkündete „positive, hoffnungsvolle Botschaft“ sei ein Trugbild. „Es geht nicht bergauf, ganz im Gegenteil.“ Das bedeutet, zwei Drittel der Hartz-IV-Bezieher werden schlicht ausgeblendet! Da wird der sogenannte Aufschwung glatt vom gelangweilt gähnenden Sommerloch verschluckt.

 

3. Lernen mit knurrendem Magen? Wenn die Schulkantine unerschwinglich wird, können sich Kinder von Hartz-IV-Empfängern das Essen nicht mehr leisten. „Haben Sie sich schon mal überlegt, warum McDonald’s Gerichte für einen Euro anbietet?“, fragt Wolfgang Büscher vom Kinderprojekt „Die Arche“ in Berlin. Vom Schulessen würden viele Kinder abgemeldet. Oft laute die Begründung, es sei zu teuer.

Dem Armutsbericht des Berliner Senats zufolge lebt fast jedes vierte Kind in der Hauptstadt in Armut. Vor allem Kinder von Arbeitslosen haben Probleme, das Essen in der Schulkantine zu bezahlen. Für die Mahlzeiten ihrer Kinder können Hartz-IV-Empfänger am Tag zwischen 2,57 und 3,43 Euro ausgeben, so sehen es jedenfalls die Regelsätze vor. Ein warmes Mittagessen in der Schule kostet im Schnitt aber schon zwei Euro fünfzig. Da bleibt für Frühstück und Abendessen nicht mehr viel übrig!

In der „Arche“ können Kinder kostenlos zu Mittag essen. 680 Mahlzeiten gibt das Haus in Berlin-Hellersdorf täglich aus. Der Verein hat sich darauf eingestellt, dass von Seiten der Kommune nicht viel Hilfe zu erwarten ist. Vom Bezirk bekommt die Arche 18.000 Euro pro Jahr, allein für Mittagessen verbraucht sie jedoch 250.000 Euro. Ohne Spenden wäre das nicht möglich.

Die Schulen lassen ihre Küchen oft von Firmen beliefern. Der Sprecher des bayerischen Kultusministeriums meint dazu nur lapidar, dass seine Behörde den Firmen ja nicht die Preise vorschreiben könnten. Dort weiß man zwar, dass sich manche Kinder das Schulessen nicht leisten können, sieht aber – mit dickfelliger Ignoranz – nicht unbedingt die Schulen in der Pflicht, das Problem zu lösen.

Vielerorts kümmern sich dennoch Schulen, Elternvereine und Sozialverbände darum, günstige Essen zu organisieren, ob nun die „Trierer Nothilfe“, der „Sozialdienst katholischer Frauen“ oder die „Arche“. Vieles, was Staat und Familien nicht leisten, kann durch gesellschaftliches Engagement aufgefangen werden – aber das Netz hat Löcher. Erstens gibt es nicht überall entsprechende Vereine, zweitens muss ein Notstand überhaupt erst einmal bekannt werden. Sich Hilfe von außen zu holen, kostet die Schulleiter und die Familien Überwindung!

In einigen Bundesländern gibt es das Modell des Ein-Euro-Essens: Kinder von Hartz-IV-Empfängern oder Asylbewerbern brauchen für ein warmes Mittagessen nur noch einen Anteil von einem Euro zu bezahlen. Ein ähnliches Programm soll nach den Sommerferien in Nordrhein-Westfalen anlaufen. Zehn Millionen Euro pro Schuljahr will die Landesregierung dem Fonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“ zur Verfügung stellen. Auch hier trägt das Land zwei Drittel der Kosten, ein Drittel sollen die Kommunen beisteuern.

 

4. Obwohl die jüngste Debatte um Preiserhöhungen bei Lebensmitteln Forderungen nach einer Anpassung der Hartz-IV-Leistungen laut werden lassen, fordert der sogenannte Arbeitsmarktexperte Schneider – völlig an der Realität vorbei –, den Bezug von Hartz IV an eine „Gegenleistung“ zu koppeln. Der Neoliberale verlangt, dass jemand, der als Bedürftiger Geld bekomme, der Gesellschaft etwas „zurückgeben“ müsse, etwa in Form einer gemeinnützigen Arbeit. Schneider södert weiter, wer arbeiten müsse, um staatliche Unterstützung zu erhalten, habe plötzlich auch einen Anreiz, einen Job zu suchen, der ihm 100 Euro mehr im Monat bringe.

Heute dagegen laute die Alternative: Nichtstun oder 170 Stunden im Monat arbeiten, um 100 Euro mehr zu erhalten. Derzeit werde den Menschen signalisiert, dass sie mit Arbeit ohnehin nicht viel mehr verdienen könnten als mit Arbeitslosengeld II. Dann dürfe man sich nicht wundern, wenn die Menschen die Konsequenz zögen und auf Arbeit verzichteten, behauptet Schneider. Aha, ich schlussfolgere, dass Arbeitslose nicht mehr zur Gesellschaft dazugehören, wenn sie dieser etwas zurückgeben sollen! Abgesehen davon gibt es all die geforderten Arbeitsplätze überhaupt nicht.

Außerdem sind wir verpflichtet, uns sozialversicherungspflichtige Arbeit zu suchen. Diese Pflicht sollte als Gegenleistung genügen. Es entsteht nicht plötzlich ein „Anreiz“, sich Arbeit zu suchen, weil man in einem Ein-Euro-Job steckt, ganz im Gegenteil, dieser stiehlt uns die Zeit, die nötig wäre, „richtige“ Arbeit zu suchen! Heutzutage ist das ein Vollzeitjob. Vom Finden rede ich lieber gar nicht erst!

Vermutlich soll uns mit der Verpflichtung zu einem Ein-Euro-Job die Zeit zur Schwarzarbeit genommen werden. Das machen wir ja viel lieber als einen der unglaublich vielen Jobs annehmen zu wollen, die überall auf der Straße nur so herumliegen! Dass derartige Arbeit eher gemein als gemeinnützig ist, möchte ich an den folgenden Beispielen erläutern.

 

5. Im Kreis Recklinghausen gehen die Fallbearbeiter der Arbeitsagentur auf arbeitslose Musiker oder zumindest musizierende Arbeitslose zu. Wenn sie seit mehr als einem Jahr keine reguläre Arbeit mehr haben, können sie bei den „Awocados“ mitspielen. Der Ein-Euro-Job führt die arbeitslosen Musiker in Altersheime, Kindergärten oder Wohnheime für Behinderte. Sozialarbeiter Jürgen Schell leitet die Ein-Euro-Band „Awocados“. Das „Awo“ im Namen steht mal wieder für die „Arbeiterwohlfahrt“. Der frühere Musiker und heutige Sozialarbeiter entwickelte das Konzept auf Wunsch der Arge im Kreis Recklinghausen.

Das eigentliche Ziel, die Musiker in den normalen Arbeitsmarkt zu integrieren, ist schwer zu erreichen. Die Musiker spielen in Altersheimen oder vor geistig behinderten Menschen. Es ist natürlich absolut einleuchtend, dass das Musizieren in Bands für die Altenheimbewohner unbedingt zusätzlich und gemeinnützig ist. Deswegen werden die Stellen nur mit Ein-Euro-Jobbern besetzt. Schließlich würden normal bezahlte Musiker mehr kosten. Das macht das Ganze dann so ungemein gemeinnützig. Wenn ich als Ein-Euro-Job-Musikerin arbeiten müsste, würde ich aber nur ein sehr gekürztes Programm anbieten, adäquat für einen Euro!

Manche Stadtväter oder -mütter lassen sich noch allerhand mehr an eher gemeinem als nützlichem Unsinn einfallen: Strandvergnügen ohne störende Gänse garantiert seit kurzem ein Ein-Euro-Jobber am Chiemseeufer im bayerischen Rimsting. Die Idee zu dieser Arbeitsbeschaffungsmaßnahme hatte Bürgermeister Florian Hoffmann. Der Kot der Graugänse habe immer wieder den Strand verschmutzt. Daraufhin wandte sich Hoffmann an die Agentur für Arbeit mit dem Anliegen, einen „Gänsevergrämer“ einzustellen. Bis Mitte September soll der Ein-Euro-Jobber die Vögel am Strand behutsam verscheuchen. Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man sich schieflachen über diese Jobbezeichnungen!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
Neulich im Wald: Leben von Luft und Liebe („Bild“-Zeitung)

 

Die Statistik verschweigt
4,9 Millionen Erwerbslose

Hans-Dieter Binder1. Am 5. August 2007 stand im „Bremer Anzeiger“ ein Artikel über Energiegewinnung mit dem Titel „Brennstoffzelle ist in Fahrt“. Vorgestellt wurde ein Auto. Die Brennstoffzelle produziert Strom für den Elektromotor durch „kalte Verbrennung“ von Sauerstoff und Wasserstoff.

Aus dem Auspuff entweicht lediglich Wasserdampf. Verschiedene Entwickler wurden zitiert. Die Serienreife soll nach 2012 erreicht sein. Das jetzige Manko: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt „nur“ 160 Stundenkilometer. Der Wagen ist auch zu schwer und zu groß!

In den neuen Bundesländern werden bereits dezentrale Heizwerke und Stromerzeuger erfolgreich mit dieser Technik betrieben, so eine Sendung des MDR vor einiger Zeit. Und wir in Bremen wollen ein Kohlekraftwerk? Allerdings ist mit einer Brennstoffzelle keine Müllverbrennung möglich! Für die Politiker, die trotzdem für ein Müll-Kohle-Kraftwerk sind, wird es immer enger! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Die Medien haben bis vor einigen Wochen weit verkündet, das Elterngeld habe einen „Baby-Boom“ ausgelöst! Kritische Jouralisten haben die Meldung überprüft und widerlegt. Sie wollten keine Aussage zur Ursache machen! Jetzt ist eine weitere Kampagne zu Ende: die vom Aufschwung. Er war gar nicht da, leider!

Die „Kauflust“ sollte angeblich ab Januar 2007 ausgebrochen sein, hat jedoch den Einzelhandel bislang noch nicht erreicht. „Dies wird aber im zweiten Halbjahr nachgeholt“, haben sich die Medien überboten – leider auch die Wirtschaftsforscher, denn Gutachten werden jetzt europaweit ausgeschrieben. Institute, die negativ berichtet haben, geloben Besserung und kündigen personelle Konsequenzen an!

Ein kleiner Artikel im „Weser-Kurier“ vom 1. August 2007 meldet: „Einzelhandel steckt noch im Minus“, und am 3. August lautet eine Überschrift: „Die ‚Aufschwung-Party‘ wird gestört“. Was Verbraucher mehr ausgeben müssen, fehlt ihnen an anderer Stelle! Dies hat Udo bereits auf der 143. Bremer Montagsdemo festgestellt, und dem ist nichts hinzuzufügen.

Hoffentlich hinterfragen die Medien die vorbereiteten Pressemeldungen wieder. Wir als Verbraucher sollten ebenfalls hinterfragen und dies der Zeitung und dem Rundfunksender auch mitteilen! Jeder, der den Aufschwung betont oder angekündigt hat, leitete diesen von der „guten Entwicklung“ des Arbeitsmarktes ab: Der Aufschwung geht aus der amtlichen Statistik hervor! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

3. Rentner sind auch Menschen! Auch alte Menschen haben Anspruch auf Leistungen der Krankenkasse, wenn diese ihnen Linderung verschaffen, oder um eine Verschlechterung zu verhindern, selbst wenn eine Besserung nicht zu erwarten ist!

Eine 88-Jährige mit Gelenkfunktionsstörungen hat vom behandelnden Arzt Krankengymnastik verordnet bekommen. Die Krankenkasse hat abgelehnt: Die aktivierende Pflege, unter anderem die Begleitung zur Toilette, sei Bewegung genug, da sich der Zustand der Patientin ohnehin nicht mehr bessern werde (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Aktenzeichen L16 B9/07 KR).

Dieses Urteil ist richtungweisend, weil oftmals Behandlungen wegen mangelnder Aussicht auf Besserung abgelehnt werden! Es kann auf viele Fragen und Probleme übertragen werden. So ist es üblich, Leistungen davon abhängig zu machen, ob der Patient arbeitet oder Rentner ist. Bestimmte Leistungen werden Rentnern vorenthalten! Allerdings fängt die Überzeugungsarbeit beim Arzt an. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen, auch als Rentner: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

4. Der Untersuchungsausschuss Murat Kurnaz wurde schon vor langer Zeit dem Verteidigungsministerium zugeordnet, was die Medien damals heftig kritisierten, weil damit jegliche Berichterstattung unmöglich wird. Alles, was diesen Ausschuss betrifft, ist automatisch geheim! Viele Medien haben trotzdem berichtet. Bundestagspräsident Lammert hat nun Anzeige wegen Geheimnisverrates erstattet.

Herr Kauder hat es gefördert, veranlasst oder auch nur begrüßt. Dies ist nicht mit dem Recht der Bürger auf Informationen vereinbar! Was müssen diese Politiker verstecken! Wann erhält Herr Kurnaz moralische Unterstützung von der Politik und eine angemessene Abschlagszahlung auf die Entschädigung? Diese Handlung wird vom politischen Mandat nicht gedeckt! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Am Dienstag, dem 7. August 2007, findet um 19 Uhr wieder der Gesprächs­kreis „Begleitung“ des Vereins „Sozialer Lebensbund“ im „Hibiduri“ in der Thedinghauser Straße 2 statt. Es ist ratsam, nicht allein zu den Ämtern zu gehen! Der Verein „so:leb“ begleitet daher betroffene ALG-II-Bezieher(innen) zur Bagis. Wir möchten unsere Erfahrungen weitergeben und uns mit anderen austauschen. Dies ist also ein Workshop für Betroffene und Interessierte. Themen sind Vorbereitung und Ziele der Gespräche mit Fallmanager(inne)n, Kostensenkungsaufforderungen für die Wohnung und Eingliederungsvereinbarungen.

 

5. Noch einmal: Jeder, der den Aufschwung betont oder angekündigt hat, leitete diesen von der „guten Entwicklung“ des Arbeitsmarktes ab: Der Aufschwung geht aus der amtlichen Statistik hervor! Diese wurde allerdings Ende 2005 geändert, wir haben mehrfach darüber berichtet. Der „Deutsche Landkreistag“ hat uns bestätigt: In der aktuellen Arbeitsmarktstatistik seien von den 7,4 Millionen „Hartz-IV-Sozialfällen“ lediglich rund 2,5 Millionen Menschen erfasst. Die von der Politik verkündete „positive, hoffnungsvolle Botschaft“ sei daher ein Trugbild. Es gehe nicht bergauf, ganz im Gegenteil, betonte der Sprecher des „Landkreistages“ Markus Mempel.

Diese Pressemeldung stammt vom 31. Juli 2007. Die Aussage bezieht sich auf den April 2007 und somit auf die Statistik per 15. April 2007. Diese Statistik „verschweigt“ somit circa 4,9 Millionen Erwerbslose! Am 1. August 2007 erfolgte die Präsentation der neuen Zahlen von Herrn Weise, vermeldet im „Weser-Kurier“. Die amtlichen 3,175 Millionen Erwerbslosen bleiben weiterhin ohne die vorstehend erwähnten circa 4,9 Millionen. Erwerbslos sind somit über acht Millionen Menschen. Diese Zahl erhöht sich noch um die ALG-I-Betroffenen, die aus ähnlichen Gründen wie die ALG-II-Betroffenen nicht in dieser Zahl enthalten sind. Somit haben wir über neun Millionen Erwerbslose, plus die Mitmenschen mit geminderter Erwerbsfähigkeit, die vom Sozialamt betreut werden!

Herr Weise hat wohl die Pressemitteilung des DLT noch nicht gelesen, wenn er bei der Präsentation der aktuellen Arbeitsmarktzahlen nach alter Art und Weise herausstellt, gleichzeitig sei die Zahl der offenen Stellen auf fast eine Million angestiegen, 80 Prozent davon auf dem ersten Arbeitsmarkt. Dies bestätigt, dass geförderte Stellen als offene mitgerechnet werden und circa 200.000 davon nicht besetzt wurden. Öffentlich geförderte Stellen sind unter anderem Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Herr Weise stellte heraus, die Zahl der Langzeitarbeitslosen sei um 8.000 gesunken.

In Bremen hat die Senatorin für Soziales die Arbeitslosenzahlen kommentiert: „Zu- und Abgänge von Arbeitslosen und Entwicklung der Stellenangebote: Insgesamt konnten im Juni 6.847 Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden, 65 beziehungsweise 0,9 Prozent weniger als im Vormonat. 2.683 Arbeitsuchende wurden in Erwerbstätigkeit integriert. Das waren 261 beziehungsweise 10,8 Prozent mehr als im Vormonat.“ 4.167 Menschen sind somit in Bremen „verschwunden“ – und da hebt Herr Weise 8.000 hervor, bundesweit! Bei den 2.683 Menschen, die Arbeit gefunden haben, wurden die Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse und ABM-Stellen mitgezählt. Annelie Buntenbach liegt fast richtig mit ihrer Schätzung: „Nur jeder dritte Hartz-IV-Empfänger, der sich aus der Arbeitslosigkeit abmeldet, findet tatsächlich eine Beschäftigung.“

Zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit schreibt die Senatorin für Soziales: „Auch im Land Bremen ist die Arbeitslosigkeit von Juni auf Juli saisonbedingt leicht angestiegen. Infolge des Ferienbeginns und durch das Auslaufen zahlreicher betrieblicher Ausbildungsverhältnisse meldeten sich im Juli vermehrt Jugendliche vorübergehend arbeitslos. Die Zunahme um insgesamt 579 Personen beziehungsweise 1,4 Prozent auf 41.553 beruht damit fast ausschließlich auf dem saisonüblichen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit.“ Laut „Glossar“, Stichwort „Bedingungen für die Arbeitsmarktstatistik“ gelten „Schüler, Studenten und Schulabgänger, die nur eine Ausbildungsstelle suchen“, nicht als arbeitslos! Diese Bewerber um einen Ausbildungsplatz sind somit nicht in den Zahlen dieser Statistik enthalten! Allerdings passt dies nicht zur vorstehenden Verlautbarung.

Zur Arbeitslosigkeit der Jüngeren unter 25 Jahren heißt es: „Die Jugendarbeitslosigkeit stieg, ebenso wie in Niedersachsen, aufgrund des Schuljahresendes und des Auslaufens zahlreicher Ausbildungsverträge auch im Land Bremen gegenüber dem Vormonat deutlich um 490 (+13,5 Prozent) auf 4.109 Personen an. Diese nicht ungewöhnliche Entwicklung wird sich jedoch wegen des Beginns des neuen Ausbildungsjahres und des Semesterbeginns vermutlich spätestens im Verlauf der nächsten beiden Monate relativieren. Im Vergleich zum Vorjahr verringerte sich die Arbeitslosigkeit Jüngerer erheblich um 1.397 (-25,4 Prozent). Die Arbeitslosenquote, bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen, lag mit 11,9 Prozent unterhalb der vergleichbaren allgemeinen Quote von 12,8 Prozent. Vor einem Jahr betrug die Quote der Jugendlichen noch 16,1 Prozent.“

„Unterschieden nach Rechtskreisen hat sich die Jugendarbeitslosigkeit folgendermaßen entwickelt: Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen im Bereich des SGB III stieg gegenüber dem Vormonat um 394 (+44,4 Prozent) auf 1.282 an. Grund für den starken Anstieg im SGB-III-Bereich ist im Wesentlichen, dass Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung in der Regel einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Im Vergleich zum Vorjahr gab es im Juli im Rechtskreis SGB III jedoch 286 beziehungsweise 18,2 Prozent weniger Arbeitslose unter 25 Jahren. Im Bereich des SGB II nahm die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen um 96 (+3,5 Prozent) auf 2.827 zu. Gegenüber dem Vorjahr konnte allerdings ein beträchtlicher Rückgang um 1.111 Personen (-28,2 Prozent) verzeichnet werden. Dies ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass auch langzeitarbeitslose Jüngere vom Aufschwung profitieren.“

Anmerkung: Das SGB II wurde geändert! Jugendliche unter 25 Jahren gehören in der Regel zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern. Dadurch bleiben viele Jugendliche ohne Anspruch auf ALG II und sind somit nicht in dieser Statistik enthalten! Die Senatorin rechnet wohl damit, dass niemand von dieser Änderung weiß und feiert die falschen Zahlen auch noch als Erfolg! Die Verlautbarungen der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesregierung und nicht zuletzt unserer Senatorin für Soziales werden sich hoffentlich ändern! Nachfragen führt auch hier zu mehr Ehrlichkeit. Das „Glossar für Bedarfsgemeinschaften“ ist lesenswert! Es sind viele „Arten“ von Erwerbslosen aufgeführt, die nicht in der Statistik enthalten sind. Aber selbst diese Aufstellung ist nicht abschließend!

Die Zahl der Beschäftigten wird geschätzt, obwohl die Arbeitgeber inzwischen nur noch eine Frist von 14 Tagen für die Meldung des Beginns einer Beschäftigung haben. Das Beschäftigungsende muss innerhalb von sechs Wochen gemeldet werden. Das Arbeitsplatzwunder ist somit geschätzt! Mitgeschätzt wird jede noch so geringfügige Tätigkeit. Die Beschäftigungszahlen hinken mindestens drei Monate hinterher und sind dennoch nur geschätzt. Diese Zahlen werden mit großem Abstand revidiert, was in der amtlichem Statistik nicht auffällt, weil diese Korrekturen nicht in der aktuellen Statistik ersichtlich sind. Dort lesen wir zur Entwicklung der Beschäftigung: „Nach den hochgerechneten Ergebnissen von Ende Mai 2007 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Land Bremen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7.416 beziehungsweise 2,7 Prozent auf 278.800 (Westdeutschland: +431.000 beziehungsweise +2,0 Prozent). Die positive Entwicklung der vergangenen Monate hat sich damit fortgesetzt.“

Die Bundesagentur für Arbeit weist die Zahl der Erwerbstätigen in der Statistik per 15. Juli 2007 für die Monate Juni und Juli nicht aus. Dort steht ein Strich. Für die Monate April und Mai sind die Zahlen als „geschätzt“ gekennzeichnet! Die Bundesagentur schreibt selbst über die „richtige Statistik“, in der sich so viele nicht wiederfinden – beziehungsweise nur als Arbeitssuchende und eventuell Leistungsempfänger, nicht als Arbeitslose –: „Die statistische Erfassung der Inanspruchnahme arbeitsmarktpolitischer Leistungen wird erst nach drei Monaten endgültig abgeschlossen. Damit wird die Qualität der Daten deutlich verbessert, weil Nacherfassungen und Datenkorrekturen bis zu drei Monaten nach dem Berichtsmonat noch berücksichtigt werden können. Um trotzdem monatlich aktuell berichten zu können, werden die Ergebnisse des Berichtsmonats hochgerechnet, und zwar nach dem Verhältnis von vorläufigen zu endgültigen Werten in den zurückliegenden Monaten. Die aktuellen Ergebnisse sind deshalb für drei Monate als vorläufig anzusehen.“

Fazit: Alles was veröffentlicht wird, ist vorläufig! Die Statistik hat nur den aktuellen Monat und drei Vormonate. Somit ist aus der aktuellen Statistik nur der Monat April 2007 mit Stand 15. April 2007 aussagefähig! Aber Vorsicht, im Kleingedruckten stehen weitere Einschränkungen. Ein Beispiel: „Die Bezugsgrößen für die Berechnung der Arbeitslosenquoten werden einmal jährlich aktualisiert, und zwar bis auf die Kreisebene. Dies geschieht üblicherweise ab Berichtsmonat April oder Mai; Rückrechnungen werden nicht vorgenommen. Die Bezugsgrößen sind zweckgebundene Berechnungsgrößen. Dabei wird auf verschiedene Statistiken (Beschäftigtenstatistik, Arbeitslosen- und Förderstatistik, Personalstandsstatistik und Mikrozensus) zugegriffen, deren Ergebnisse erst nach einer gewissen Zeitverzögerung zur Verfügung stehen. Deshalb beruht die Bezugsbasis zum Beispiel für 2007 überwiegend auf Daten aus dem Jahr 2006.“ Darum den gesunden Menschenverstand einschalten und die Politiker der Wahrheit näherbringen!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Haushaltssanierung mit Ein-Euro-Jobs: Stadt berechnet 20.000 Euro
für 200 Stunden Müllsammeln („Eßlinger Zeitung“)
 
Hetze gegen Erwerbslose: Antriebsloses „Prekariat“ schafft Arbeitsplätze
für Sozialarbeiter („Spiegel-Online“)

 

Die Widersprüche wachsen in knapp 100 Tagen

Jens SchnitkerWir Bremer haben einen neuen Senat gewählt, weil wir eine andere und bessere Politik für diese Stadt wollen. In der alten Zusammensetzung ging es nicht weiter. Vor allem die CDU fiel unangenehm aus der Reihe. Nun hat Bremen einen rot-grünen Senat, und man hofft, dass die Schieflage, die sich in der vorherigen Großen Koalition zugespitzt hat, ausbalanciert wird. Der neue Senat fing vielversprechend an, doch schon innerhalb der ersten 100 Tage drückt ihn der politische Alltag, und die Aufbruchstimmung verfliegt.

Bei den neuesten Entwicklungen muss man den Senat beim Wort nehmen.Ein Vergleich lohnt sich bei Forderungen und Zielen, die vor der Wahl oder während der Sondierungsgespräche genannt wurden. Da schneiden beide Parteien bisweilen schlecht ab. Ein wichtiges Thema für beide war und ist sicherlich noch der Mindestlohn, den man, wenn schon nicht auf Bundesebene, so zumindest in Bremen durchsetzen will. Der Senat möchte 7,50 Euro, die „Linke“ 8,50 Euro pro Stunde im Niedriglohnsektor. Ihr Vorstoß im Bundesrat scheiterte an der CDU-Mehrheit.

Wirkliche Mühe, einen anständigen Mindestlohn durchzusetzen, gibt sich der Senat bisher nicht. Er ließ nun im Personennahverkehr neue Verträge ausschreiben. An diesem Verfahren können auch private Unternehmen teilnehmen. Die Stadt ist verpflichtet, eine öffentliche Ausschreibung für den Betrieb des Personennahverkehrs zu gewährleisten; eine EU-Verordnung muss bundesweit umgesetzt werden. Da Bremen sparen muss, wird das rationellste Unternehmen den Zuschlag bekommen. Im Klartext heißt das: Es wird an den Löhnen gespart. Derzeit treten die Lokomotivführer zum Streik an. Werden die Bus- und Straßenbahnfahrer folgen?

Nicht nur hier, auch in seiner Energiepolitik verhält sich der Senat widersprüchlich. Stellvertretend für die Grünen sagte Karoline Linnert: „Um das Kohlekraftwerk zu verhindern, kündigen wir als Stadt und Körperschaft die Verträge mit der SWB.“ Auch Reinhard Loske, Senator für Umwelt, hat kurz nach seiner Amtsübernahme wiederholt gesagt, unter ihm werde es kein Kohlekraftwerk geben. Er wurde deswegen schon öfters kritisiert, vor allem von SWB und Handelskammer. Seit er letzterer einen Besuch abstattete, ist Herr Loske verstummt.

Er wollte seinem Ressort auch das Wort „Klima“ hinzufügen, aber das durfte er nicht; die Altherrenriegen von SPD und Handelskammer verweigerten ihm diese Freiheit. Im Herbst soll die Entscheidung fallen, ob ein weiteres Kohlekraftwerk in Bremen gebaut wird. Kommt es zum Bau, schafft Bremen sein Klimaziel nicht, die Verringerung von 20 Prozent Kohlendioxid bis 2020. Dass in Bremen auch anders Strom erzeugt wird, zeigt das von der SWB betriebene Gaskraftwerk in Hastedt.

Bei den Vertragsverhandlungen über den noch in diesem Jahr geplanten Baubeginn des Kohlekraftwerks gab die SWB bekannt, dass sie für ein französisches Unternehmen baut. Der hier erzeugte Strom ist für den Export gedacht, auch in andere EU-Länder. Blockt der Senat, geht der Auftrag verloren. Die SWB sprach sich in diesem Fall für einen anderen Standort in Norddeutschland aus. Der Senat muss zustimmen, weil er die Gewerbefläche zur Verfügung stellt. Diese Planungssicherheit gab man der SWB schon vor der Wahl.

Mehrere Millionen Euro hat die SWB bereits in Planung und Umsetzung des Projektes investiert. Die Stadt kann keinen Einfluss mehr auf die Energiepolitik der SWB ausüben, weil Bremen seine Anteile verkauft hat. Die SWB gehört jetzt unter anderem den Aktionären von EON und RWE. Diese Konzerne verfolgen eine aggressive Ausrichtung. Obwohl das Kohlekraftwerk nun doch nicht gebaut wird, ist noch lange keine Entwarnung zu geben: Die Energiekonzerne planen, in der ganzen Republik zehn Kohlekraftwerke sowie einige Müllverbrennungsanlagen zu bauen. Standorte im Norden sind Brunsbüttel, Hamburg, Stade und Wilhelmshaven.

Die Müllverbrennung ist ein lukratives Geschäft. Selbst Giftmüll aus den Entwicklungsländern verbrennt man in Deutschland, denn Transport und anschließende Verbrennung des Mülls sind billiger und sicherer als in afrikanischen Ländern. Der Druck muss weiter wachsen, damit die Energiepolitik sich ändert! Die Proteste der Grünen waren aber nur Windmühlenkämpfe, damit sie nicht als Umfaller erscheinen. In solchen Zwangsjacken steckt der Senat. Innerhalb von 100 Tagen hat der politische Alltag die Regierung im Griff. Alternative Politik ist mit dem neuen Senat nicht möglich.

Auch die Opposition lässt mit ihrer Arbeit zu wünschen übrig. Insbesondere die „Linke“ macht bisher eine zu schwache Figur. Sie müsste beim Thema Mindestlohn mehr Biss zeigen. Gemutmaßt wurde, dass sie in die Fänge der Macht gekommen ist: Sie kriegt für ihre parlamentarische Arbeit insgesamt 600.000 Euro. Bei dieser „Linken“ ist es ärgerlich, dass sie ein Hauptthema wie den Mindestlohn so wenig beachtet. Gerade bei der bevorstehenden Ausschreibung des Betriebes für den Nahverkehr müsste sie mehr Paroli bieten!

Dies gilt auch für die häusliche Krankenpflege. Ein Bremer Anbieter mit Namen McPflege wirbt mit einem Stundenlohn von zwei Euro. Die monatlichen Gesamtkosten belaufen sich auf insgesamt 2.000 Euro. Die Pflegekraft, die aus Osteuropa kommt, wohnt auch bei dem Patienten. Da muss die „Linke“ mehr reingrätschen und es nicht dabei belassen, Protest via Internet und Zeitung zu äußern! Schließlich hat die „Linke“ gesagt, sie möchte auch den außerparlamentarischen Widerstand stärken.

Jens Schnitker (parteilos)

 

Unterstützung für den
Streik der Lokführer

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlVor uns das „Peace-Zeichen“, mit Blumen gelegt aus Anlass des Jahrestages der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 62 Jahren, über uns die gleißende Sonne, suchten wir wieder den Schatten der Gebäude auf. Wir hatten Redebeiträge wie lange nicht mehr, sodass wir fast eineinhalb Stunden Kundgebung abhielten. Da gab es genügend Zuhörer, die mal enger, mal weiter standen und uns ihre Aufmerksamkeit widmeten. Wir waren wohl an die 60 Teilnehmer und Zuhörer bei der 144. Bremer Montagsdemo am 6. August 2007 ab 17:30 Uhr auf dem Marktplatz. Nicht nur Touristen, auch Bremer, mit dem Fahrrad unterwegs, Familien und einige wenige junge Leute waren dabei.

Großen Jubel rief die 96-prozentige Streikbereitschaft der Lokführer-Gewerk­schafter hervor. Mit einiger Sympathie aus der Bevölkerung im Rücken erklären sie ihren Mut und ihren Willen, dem Bahndiktat und den Regierungsplänen nach profitablem Börsengang entgegenzutreten. Dem Kampf um höhere Löhne und der selbständigen Organisierung ihres Kampfes kommt große Bedeutung zu. Immer mehr Kollegen aus allen Bereichen der Großindustrie sind sauer auf die abgekartete Politik der SPD-hörigen Gewerkschaftsspitze mit den Konzernbossen und der Regierung, die allein die Interessen der Monopole vertritt und aus Deutschland ein „konkurrenzfähiges Billiglohnland“ machen will.

Die Verängstigung der Ferienreisenden verfängt nicht, aber die Monopole haben sehr wohl Angst, wenn ihre „just-in-time“-Züge ungewohnte Verzögerungen erleiden. Die Monopole werden Mehdorn und Merkel schon den Marsch blasen, wenn ihre Produktion ins Stocken gerät! Die Montagsdemo-Bewegung wird die Streikenden unterstützen und ihre Solidarität zeigen.

In Bremen fallen immer mehr die Hüllen der Grünen, mit denen sie sich vor der Wahl um neue Wählergunst verkleidet hatten. Die Bürgermeisterin Linnert belobhudelt die Bundeswehr und zeigt damit, dass die Grünen die aggressive Politik der Schröder-Fischer-Regierung gegen die Völker der Welt mit den Bundeswehreinsätzen fortsetzen wollen. Die Eiertänze um ein neues Kohlekraftwerk, die Außenweservertiefung oder den Straßenausbau in Bremen zeigen, dass Opportunismus und Wählertäuschung kurzfristig zum warmen Senatssessel führen können, aber schnell auch massive Proteste hervorrufen werden.

Und was ist mit der „anderen Sozialpolitik“? Es gibt schon erste Anzeichen, dass wir gut daran tun, hartnäckig die Zusagen einzufordern. Derweil das Geschacher um die Hartz-IV-Höhe und neue „pfiffige Ideen“ des Betrugs an den Opfern dieser Politik das Sommerspielchen der gelangweilten Politik ausmachen, werden wir unsere Politik für den Herbst vorbereiten. Es passt gut, einmal die Unwörter der aktuellen Diskussion zu kommentieren, mit denen die Menschen abqualifiziert werden. Zu den „Untaten“ gehört aber auch die Verbreitung von Klischees, die „liberale Gralshüter“ der Karikatur so gerne benutzen.

Jetzt im Bremer „Sonntags-Kurier“ ist Herr Til Mette zu sehen, der sich nicht zu schade war, den Bettler unter dem „Bremer Loch“, in das der wohlsituierte Weltbürger einen Cent hineinschnipst, natürlich mit Bierbuddel als notorischen Alkoholiker darzustellen. Die darin enthaltene Gleichsetzung aller Bettler mit Alkoholikern zeigt, wie abgehoben solche „Weltbürger“ wie Mette sind, die mal in New York, mal in Berlin leben. Ihre Klischees gehören genauso zur Volksverhetzung wie manches gelangweilte Geseier der hohen Politik und ihrer Medienlakeien, voran „Bild“, „Spiegel“ und „Tageszeitung“.

Das „Bremer Loch“ ist übrigens der neueste Schrei und Renner. Kleine Roste im Straßenbelag des Marktplatzes mit Ritze, beim Einwurf einer Münze macht es „I-a“: die Bremer Stadtmusikanten aus dem Untergrund. Jetzt war die Sammeldose darunter bereits vorzeitig überfüllt und zudem noch völlig im Regenwasser abgesoffen. Ein Vorgeschmack auf die kommende Senatspolitik? Ob die Spenden bei der karitativen „Kaisen-Stiftung“ ankommen werden, muss sich noch zeigen. Im „Filz“ kann auch schon mal was steckenbleiben!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo

 

Aufruf zur 4. bundesweiten Demonstration gegen die Regierung am 13. Oktober 2007 in Berlin

Jubelmeldungen vom „Wirtschaftsaufschwung“ sollen die Menschen beruhigen. Aber in Wirklichkeit ist die Bilanz von zwei Jahren Merkel/Müntefering-Regierung ein Desaster: Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind weiter gewachsen. Kinder- und Altersarmut hat mit Hartz IV Rekordhöhen erreicht. Bildung ist zum Luxusgut geworden. Wer sich wehrt, wird als „Terrorist“ beschimpft, bespitzelt und unterdrückt. Demokratische Rechte werden massiv abgebaut, Faschisten Spielraum für Hetze und Terror gegeben. Deshalb fordern wir: Schluss mit dem Raubbau an sozialen und demokratischen Rechten! Wir wollen menschenwürdig leben!

Wir wollen Arbeit, von der man leben kann. Wir lassen uns nicht in Arbeiter und Arbeitslose spalten. Wir wollen eine lebenswerte Zukunft! Wir rufen deshalb alle demokratischen und antifaschistischen Kräfte, Arbeitende, Arbeitslose, Frauen, Jugendliche, auf: Beteiligt euch an der Demonstration gegen die Regierung in Berlin! Weg mit Hartz IV und der „Rente mit 67“! Für eine wirksame Arbeitszeitverkürzung auf Kosten der Profite! Für Mindestlöhne im Kampf gegen Lohndumping und Spaltung der Arbeiter! Für den Erhalt und den Ausbau demokratischer Rechte und Freiheiten! Für ein politisches Streikrecht!

Zuschrift von Fred Schirrmacher („Bundesweite Montagsdemo“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz