10.8.2007

McPflege sorgt für Furore
Discounter wird überschüttet mit Protest und Interesse

Von unserem Redakteur
Jürgen Hinrichs

BREMEN. Pflege rund um die Uhr für nur zwei Euro die Stunde - als dieses Angebot der Bremer Firma McPflege vor knapp zwei Wochen publik wurde, war die Resonanz gewaltig. Empörung bei den Gewerkschaften und Berufsverbänden, Neugierde bei den Medien und unverhohlenes Interesse bei Menschen, die sich bereits pflegen lassen. McPflege geriet in einen Strudel, und einen der beiden Firmengründer hat es dabei schon hinfortgerissen.Norbert Meiners kann zu Fuß zum Flughafen gehen. Von seiner Firma in der Otto-Lilienthal-Straße sind es nur wenige Hundert Meter. Er ist diesen Weg gestern Mittag wieder gegangen. Das Flugzeug startete nach Ungarn. Meiners hat dort zu tun, er verhandelt als Chef von McPflege mit Firmen, die ihm für seine Kunden in Deutschland Personal zur Verfügung stellen. Der Bedarf ist offenbar da. Meiners kann sich nach eigener Aussage kaum retten vor Anfragen.Der Dozent für Marketing und Betriebswirtschaft an der Hochschule Vechta kennt sich aus im Geschäft mit der Pflege. Er ist unter anderem als Berater für Heime tätig. Zusammen mit dem Kaufmann Alwin Teiken kam Meiners auf den Kniff, aus Ungarn und der Slowakei billige Arbeitskräfte zu importieren, um den pflegebedürftigen Menschen in Deutschland ein günstiges Angebot zur Rundum-Betreuung zu machen. Teiken ist nach kurzer Zeit allerdings wieder ausgestiegen, über die Gründe schweigt sich McPflege aus.Norbert Meiners ist am Telefon fast atemlos vor Stress. Ihn zu erreichen, ist in diesen Tagen fast unmöglich. "Man weiß gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht", schildert der 38-Jährige den Medienrummel. Die Anfragen seien so zahlreich, dass er kaum noch zu seiner eigentlichen Arbeit komme.Meiners nervt das, andererseits ist er aber auch froh über die Aufmerksamkeit: "Wir haben in Deutschland eine Diskussion ausgelöst, und das finde ich erst einmal gut." McPflege habe von Anfang an nicht nur geschäftliche Interessen verfolgt. "Wir wollten für das Thema Pflege sensibilisieren."Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen kräftig an seinen Expansionsplänen. Zu den Regionalbüros in Friesoythe und Bremen sollen noch in diesem Jahr 18 weitere Niederlassungen kommen. "Es gibt Bewerbungen aus dem ganzen Bundesgebiet", erklärt Meiners. Ziel sei es, ein Netzwerk aufzubauen, ohne den traditionellen Pflegediensten Konkurrenz zu machen. "Wir dürften das auch gar nicht, das verbietet die europäische Dienstleistungsrichtlinie."Die Befürchtung der ambulanten Pflegedienste, dass McPflege das Preisgefüge kaputt machen könnte, hält Meiners für Unsinn. Das eine Angebot habe mit dem anderen gar nichts zu tun. Der Firmen-Chef: "Wenn die Fahrräder billiger werden, werden dann auch die Autos billiger?"Anbieter häuslicher Krankenpflege lassen sich von solchen Aussagen nicht beruhigen. Zunächst operiere der Bremer Anbieter zwar ausschließlich als Ergänzung örtlicher Pflegedienste. Eine vollständige Zulassung sei aber nur eine Frage der Zeit, sagte ein Vertreter des Arbeitgeberverbandes im Gesundheitswesen. Die Krankenkassen müssten nun Signale geben, wo die Zukunft in der ambulanten Versorgung liegen solle.Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste hält das Angebot von McPflege für "moderne Sklaverei" und hegt Zweifel an der Legalität. Werde den Pflegekräften Scheinselbstständigkeit nachgewiesen, müssten die Pflegebedürftigen Beiträge und Abgaben nachzahlen sowie mit empfindlichen Strafen rechnen.

© Bremer Tageszeitungen AG



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