138. Bremer Montagsdemo
am 25. 06. 2007  I◄◄  ►►I

 

Der vergessene Mensch

Info-Michel1. Mensch, wer bist du? Du störst doch nur, was willst du überhaupt? So und nicht anders wird man eines Tages fragen. Mann, wer hätte es je geglaubt! Ja, so ist es, wir haben ihnen vertraut und sie selbst aufgebaut.

Nun sind sie stärker und schneller als wir, sie schaffen hundertmal mehr, sind jetzt hier. Sie sollten nur zur Hilfe werden, hier auf Erden, doch nun treiben sie mit uns ihr böses Spiel, denn sie haben kein Gefühl: Sie gehen nach Zahlen und Daten vor!

Was übrig bleibt, wird weggeschmissen und vernichtet ohne Gnade. Schade! Eigentlich war es ja nie so gedacht, denn jeder wollte nur ein Stück vom Glück. So blieben nur noch ein paar Ewiggestrige als Rest zurück.

Die allerdings haben es in der Hand und nutzen hoffentlich den Verstand, denken auch an ihr Geschick! Da, plötzlich, macht es klick! Denn da hat doch jemand den Schalter gefunden und ihn gedrückt. Das Licht geht aus, alles steht still, und ein Mensch steht da und lacht: „Mein Gott! Das hätte ich nie gedacht.“

 

2. Nun weiß ich Bescheid! Das ist ein wenig ironisch gemeint, denn wir wissen es ja schon lange, aber die Zeitungen bringen es erst jetzt, ich zitiere den „Weser-Kurier“: „Stammbelegschaften werden immer öfter durch Leiharbeiter ersetzt“. Was mich dabei besonders empört, ist die Tatsache, dass sich die Firmen nun erdreisten, die Arbeitsplätze grundsätzlich nur noch mit Leiharbeitern zu besetzen.

Und was tun wir dagegen? Die Montagsdemo wehrt sich zumindest und sagt nein, Schluss mit solch einer Ausbeutung! Eigentlich habe ich etwas gegen dieses Wort, aber hier fehlt mir jeglicher Vergleich. Das ist schlichtweg eine menschenverachtete Strategie, darum dürfen solche Firmen von mir aus gern Pleite gehen. Solche Firmen wollen wir nicht! Wer solche Strategien fördert, macht sich schuldig am Zerbrechen unserer Solidargemeinschaft.

Diesen Fall klagt auch die IG Metall an. Ich bin immer noch Mitglied der Gewerkschaften, doch mein Glaube an sie schwindet von Tag zu Tag. Ich erwarte mehr, ich erwarte ein sofortiges Handeln gegen solche unverschämten Praktiken! Liebe Mitmenschen, wehrt euch mit uns, lasst es euch nicht gefallen! Wer weiß, was sonst noch kommt. Vielleicht müsst ihr eines Tages noch Geld mitbringen, dass ihr überhaupt noch arbeiten dürft!

Schon jetzt wird mit 147 Euro bestraft, wer bei Erkrankung die Meldepflicht nicht einhält, was bereits dazu geführt hat, dass Arbeitnehmer Geld an den Verleiher zahlen mussten. Pfui, was ist bloß aus unserer Gesellschaft geworden! Kein Wunder, wenn wir so etwas zulassen. Darum, kommt zu uns, wir wehren uns gemeinsam, und solche Firmen graben sich ihr eigenes Grab!

Es ist höchste Zeit für ein Gesetz gegen solche Praktiken. Schluss mit dem Gerede, handeln ist dringend angesagt, sonst endet alles irgendwann im Chaos! Davon sind wir bei solchen Methoden nicht mehr weit entfernt. Ihr Politiker habt noch die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Tut es endlich!

Udo Riedel (parteilos)

 

Arge Tricksereien
lähmen die Gerichte

Elisabeth Graf1. Das Gefälle zwischen Arm und Reich wird in Deutschland immer steiler. Nach einer letzte Woche veröffentlichten OECD-Studie ist in kaum einem anderen Industrieland die Einkommensschere deutlicher auseinandergegangen! Die höchstbezahlten zehn Prozent der Arbeitnehmer erhielten demnach im Schnitt 3,1 Mal so viel Lohn oder Gehalt wie die zehn Prozent mit den niedrigsten Einkommen.

Die Spitzenverdiener, die gerne das 150-fache des Durchschnittslohns erhielten, konnten im vergangenen Jahr um satte 15,5 Prozent zulegen! Gleichzeitig wird das Heer der Billiglöhner immer größer. Seit Mitte der 90er Jahre ist der Niedriglohnsektor nach Angaben der gewerkschaftsnahen „Hans-Böckler-Stiftung“ kontinuierlich gewachsen. Je nach Definition gibt es heute in Deutschland zwischen acht und neun Millionen Arbeitnehmer in diesem Bereich. Etwa die Hälfte davon arbeitet Vollzeit. Mehr als eine Million Beschäftigte haben inzwischen ein so geringes Einkommen, dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld II brauchen, um überhaupt „über die Runden“ zu kommen.

In zahlreichen Branchen sind inzwischen Stundenlöhne zwischen drei und fünf Euro anzutreffen. Die Erwartung, dass die Unternehmen angesichts des niedrigen Lohnniveaus vermehrt Mitarbeiter einstellen, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Arbeitslosenquote ist höher als in anderen Ländern, in denen es Mindestlöhne gibt. Großbritannien gilt als Modellfall dafür, dass eine Lohnuntergrenze, anders als von Wirtschaftsverbänden und CDU-Politikern immer wieder behauptet, keine Vernichtung von Arbeitsplätzen bewirkt. Seit der Einführung des Mindestlohns vor acht Jahren ist die Arbeitslosigkeit dort deutlich zurückgegangen.

 

2. Der Ansturm der deutschen Arbeitskräfte in die Schweiz hat vor allem einen Grund: Deutschland hat sich innerhalb weniger Jahre mutwillig zum Billig­lohnland und zum Armenhaus gemacht. Selbst im „Boomjahr“ 2006 gingen die Löhne weiter zurück. Bei einem Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent sind 2006 nur die Gewinne um 30 Milliarden Euro gestiegen. Die Summe aller Löhne hingegen ist trotz leicht zunehmender Beschäftigung erneut gesunken.

Seit inzwischen zehn Jahren tut sich in Deutschland in puncto Reallohn gar nichts mehr. Die Kaufkraft der Löhne ist in dieser Zeit um 5,1 Prozent gesunken. Das ist einmalig in der Nachkriegsgeschichte. Deutschlands Misere ist das Ergebnis einer bewussten Politik. Das Stichwort heißt „Lohnzurückhaltung“. Deutschland war Mitte der neunziger Jahre mit einem hohen DM-Kurs in den Euro eingestiegen und hat versucht, seine Konkurrenzfähigkeit zu verbessern. Das ist geglückt: Deutschlands Lohnkosten sind im Vergleich zur Konkurrenz um 15 bis 30 Prozent gesunken.

2006 wurde ein Exportüberschuss von 162 Milliarden Euro erzielt. China, das andere große Billiglohnland, brachte es bloß auf 135 Milliarden Euro Überschuss. Symbol und Kernstück der Politik der Lohnzurückhaltung ist die drastische Kürzung des Arbeitslosengeldes. Das eigentliche Drama spielt sich deshalb am unteren Ende der Lohnskala ab. Dort sind die Löhne regelrecht eingebrochen. Das betrifft nicht nur die Krisenbranchen, sondern generell die Leute, die aus der Ausbildung oder aus der Arbeitslosigkeit in das Berufsleben einsteigen.

Für diese rund zehn Millionen Arbeitssuchenden sind die Lohnaussichten inzwischen so mies, dass die Schweiz geradezu als Paradies erscheint. Im Vergleich mit anderen Ländern haben sich die Löhne in Deutschland abartig entwickelt, denn überall sonst sind die Löhne gestiegen! Aber Deutschland wird seine Billiglohnpolitik weiterführen. Es gibt es kaum Anzeichen dafür, dass sich der exportgetriebene Aufschwung in Deutschland zu einem selbsttragenden Boom ausweitet. Dazu sind die privaten Konsumausgaben viel zu schwach.

Das „Institut für Weltwirtschaft“ in Kiel hat diese Woche dringend für eine erneute Nullrunde bei den Löhnen und somit einen Rückgang der Reallöhne um rund zwei Prozent plädiert. Dass die Renten nicht erhöht, also real um zwei Prozent gesenkt werden, ist bereits beschlossene Sache. Schließlich bremst auch die Europäische Zentralbank: Ihr Präsident Jean-Claude Trichet hat kürzlich offen mit einer Zinserhöhung gedroht, falls Deutschlands Löhne zu stark steigen.

 

3. Welche Folgen es hat, wenn ein immer größerer Anteil der Menschen vom Wohlstand abgekoppelt wird, zeigt eine kleine Meldung aus dieser Woche, die auf den ersten Blick gar nichts mit Arm und Reich zu tun hat. Danach kürzen die Gerichte ab Juli das Geld für unterhaltsberechtigte Kinder. Die Beiträge richten sich nämlich nach der Nettolohnentwicklung. Es ist das erste Mal seit Einführung der „Düsseldorfer Tabelle“ vor 45 Jahren, dass die Ansprüche für Trennungskinder gesenkt werden – und das mitten im sogenannten Aufschwung!

Für unterhaltsberechtigte Kinder gibt es nun erstmals weniger Geld. Grund seien die gesunkenen Nettolöhne, auf deren Grundlage die Unterhaltssätze berechnet werden, teilte das Düsseldorfer Oberlandesgericht am Mittwoch mit. Der Rückgang der Unterhaltssätze liege bei rund einem Prozent.

 

4. Am Samstag hörte ich im „Nordwestradio“, dass überlegt wird, die „Gebühren“ für das Schwarzfahren um 50 Prozent zu erhöhen. Beim ersten Mal soll die „erhöhte Beförderungsgebühr“ von 40 auf 60 Euro ansteigen und bei Wiederholungstätern innerhalb von zwei Jahren sogar auf 150 Euro. Im Zuge der permanenten Fahrpreiserhöhung bei gleichzeitiger chronischer Verarmung weiter Bevölkerungsschichten ist dieses Vorhaben als weitere Ausgrenzung aus der Gesellschaft und der individuellen Mobilität zu sehen!

Nach statistischen Berechnungen gehen den Beförderungsbetrieben jährlich angeblich 250 Millionen Euro durch Schwarzfahren verloren. Leider lässt sich diese Hochrechnung nicht in „Frustrationseinheiten“ für Arme und Ausgegrenzte übertragen, die immer nur zu Hause sitzen müssen, weil für sie eine normale gesellschaftliche Teilhabe nicht finanzierbar ist. Geiz ist eben zumeist alles andere als geil, sondern besteht im nackten Kampf, um mit dem Existenzminimum wirtschaften zu können. Ich bin keine Befürworterin des Schwarzfahrens, aber bleibt den mittellosen Bevölkerungsschichten denn noch etwas anders übrig, wenn sie mobil sein wollen oder müssen?

 

5. Im mit 150 bis 200 Zuhörern überfüllten „Wallsaal“ der Stadtbibliothek hatten sich am vergangenen Mittwochabend überwiegend Betroffene und Vertreter von Beratungsstellen auf Einladung des Oberverwaltungs- und des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen versammelt. Denn Hartz IV bewegt nicht nur die Menschen, es beschäftigt auch die Justiz: Anstelle der erwarteten 800 Klagen pro Jahr gab es bis zu 1.800.

Das liegt sicherlich daran, dass SGB II und auch Teile des SGB III absichtlich so formuliert sind, dass diese Gesetze in vielen Fällen sehr weit ausgelegt und fast frei interpretiert werden können. Jeden Arbeitstag klagen etwa neun Menschen gegen eine Entscheidung der Bremer Bagis. Dies sind fast alles Eilverfahren. Meist geht es um existenzielle Probleme, häufig um die Übernahme von Schulden, in 80 bis 90 Prozent aller Streitfälle jedoch um die „angemessenen Mietkosten“.

Nach einem Gutachten aus dem Jahr 2005 leben in Bremen 10.000 von damals 35.000 Hartz-IV-Familien in „unangemessen teuren“ Wohnungen. Etliche von ihnen hätten inzwischen von der Bagis die Aufforderung bekommen, ihre Mietkosten zu „senken“. In der Regel bleibt ihnen nur der Umzug, doch offenbar fangen manchmal die Probleme dann erst richtig an: Der Umzug wird nicht bezahlt, die tatsächlichen Mietkosten für die neue Wohnung wie die Kosten für die Renovierung ebenfalls nicht.

Auch Maklerkosten würden nicht übernommen, und es habe schon Fälle gegeben, in denen eine „angemessene“ Wohnung nicht angemietet werden konnte, weil die Bagis kein Deponat übernehmen wollte. Der Hartz-IV-Empfänger sei auf die Suche nach einer Wohnung ohne Deponat geschickt worden. Mit dem Umzug werden Menschen dann erst recht in die Verschuldung getrieben. Mein Fazit: mit Hartz IV wird uns endlich die Abgrund-Sicherung als Garantie für ein Leben am ewigen Abgrund ermöglicht! Welch ein Armutszeugnis für Deutschland.

 

6. Nur allzu oft nutzt die Arge die unsichere Rechtslage und die unsichere Situation der ALG-II-Empfänger aus und setzt auf Klagen. Das Landessozialgericht Düsseldorf hat erneut eine Arge dazu verurteilt, Heizkosten nicht nach Pauschalierungsmodellen, sondern nach den real angefallenen Kosten zu übernehmen. Auch in Bochum werden Heizkosten nach solchen Modellen berechnet. Wen das stört, könne ja klagen, ist dazu die Position der örtlichen Arge.

Dazu erklärt Ernst Lange, Vorsitzender der Linksfraktion: „Es ist schon ein starkes Stück, wenn die Ärmsten der Armen klagen müssen, um Recht zu erhalten. Aber dies scheint bundesweit Politik der Argen zu sein. Es ist ein Skandal, dass die Hartz-IV-Betroffenen die Folgen eines nicht nur politisch falschen, sondern auch handwerklich schlechten Gesetzes ausbaden müssen. Dass aber die Bochumer Arge offensichtlich ihren Handlungsspielraum häufig zu Ungunsten der Betroffenen ausnutzt und auf die juristische Karte setzt, ist unerträglich!“

Elisabeth Graf (parteilos)

 

Mit Frau Linnert ist das
nicht mehr zu machen

1. Zur „Weiterentwicklung der Bagis“ heißt es auf Seite 45 des rot-grünen Koalitionsvertrags: „Nach den ersten beiden Aufbaujahren stehen die Stärkung der Handlungsfähigkeit und die Verbesserung der Dienstleistungsqualität der Bagis im Vordergrund. Fallmanagement und zielgenaue Beratung werden in gemeinsamer Verantwortung von Kommune und Bundesagentur optimiert. Dazu gehören die Verbesserung der Personalsituation und die noch stärkere Verzahnung der flankierenden kommunalen Leistungen mit den Integrationsleistungen. Bremen setzt sich dafür ein, dass die spezifischen Interessen der Stadtgemeinde in die Ausgestaltung des Arbeitsmarktprogramms der Bagis einfließen.“

Bedeutet das, Bremen hat sich in der Vergangenheit unterbuttern lassen? Die Bagis hat einen Trägerverein, der zu 50 Prozent der Freien Hansestadt Bremen „gehört“! Gerade diese Konstruktion soll gewährleisten, dass die Interessen Bremens im Vordergrund stehen. Die vorstehende Aussage bedeutet: Bremen hat seine Möglichkeiten nicht genutzt! Schade um die verpassten Möglichkeiten.

Hans-Dieter BinderWeiter auf Seite 46 der Koalitionsvereinbarung: „2009 ist zu überprüfen, ob sich das Modell der Arbeitsgemeinschaften bewährt hat und welche Konsequenzen es für die 2010 anstehende Vertragsverlängerung und -gestaltung über die Bagis hat.“

Bremen ist gegenüber seiner Arge, der Bagis, nicht nur weisungsberechtigt, sondern auch zur Dienstaufsicht verpflichtet! Was die „Aufbaujahre“ betrifft, wurde das Jahr 2004 nicht zur Vorbereitung der Mitarbeiter genutzt, denn Hartz IV wurde im Dezember 2003 beschlossen und verabschiedet.

Alles, was die Bagis so anrichtet, liegt im Verantwortungsbereich von Senatorin Ingelore Rosenkötter.Wie heißt es doch auf ihrer Website „Soziales Bremen“: „Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales als oberste Landesbehörde ist verantwortlich für die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften nach SGB II im Land Bremen. Gleichzeitig ist er als kommunaler Träger zuständig für die fachliche Steuerung der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (Bagis).“ Dem ist nichts hinzuzufügen! Ingelore Rosenkötter hat das schlechteste Ergebnis bei der Senatorenwahl erzielt.

 

2. Der bisherige Finanzsenator Ulrich Nußbaum ist auf eigenem Wunsch nicht im neuen Senat vertreten. Doktor Nußbaum hat festgestellt, dass die tatsächliche Finanzlage Bremens wesentlich schlechter ist als die gefühlte Finanzlage! Damals war Herr Nußbaum bereits längere Zeit im Amt. Jetzt wird Karoline Linnert seinen Schreibtisch übernehmen, aber sicher nicht die gefühlten Finanzen regeln!

Den Senator für Finanzen hat der Bremer Rechnungshof darauf hingewiesen, das Bremer Theater habe seit über zehn Jahren keine Bilanz oder Ergebnisrechnung mehr vorgelegt. Ein Senatskollege hat über 30 Millionen Euro einbehalten? Dieses Geld wurde auf einem extra angelegtem Konto verwahrt, ohne den Finanzsenator zu informieren. Der Senator für Finanzen kam durch Zufall darauf, der Zinsverlust bleibt beim Steuerzahler hängen!

Dann kommen 70 Millionen Euro per annum von der EU, und keiner weiß es! Also einfach mal eine Forderung über mehrere Tausend Euro ausbuchen, weil sie bisher nicht mit der SWB besprochen werden konnte, gemäß Jahresabschluss der VVG, oder einfach Beiträge an die Handelskammer abführen, ohne die Befreiungsvorschriften zu prüfen? Mit Karoline Linnert ist dies sicherlich nicht mehr zu machen!

Die GmbHs der Freien Hansestadt Bremen sind verpflichtet, Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz prompt dem Finanzsenator vorzulegen. Aber auch ein Senator muss es merken, wenn er etwas nicht erhält, und diese Unterlagen einfordern, ansehen und prüfen! Die Wirtschaftsprüfer testieren zwar den Jahresabschluss, aber sie vertreten nicht die Interessen der Freien Hansestadt Bremen!

 

3. Am letzten Mittwoch, haben Richter des Verwaltungs-, Oberverwaltungs- und Sozialgerichtes, Herr Lange von der Bagis und Rechtsanwalt Detlef Driever in der Stadtbibliothek über die „Erfahrungen aus zweieinhalb Jahren mit Arbeitslosengeld II“ diskutiert, und viele sind gekommen.

In 80 bis 90 Prozent aller Klagen geht es um die angemessen Mietkosten, so Dietmar Christians, Rechtsanwalt der DGB-Beratungsgesellschaft. Die „Verwaltungsanweisung Wohnen“ wird neugefasst, so Eckhard Lange, der stellvertretende Geschäftsführer der Bagis. Er wies darauf hin, dass die Bagis nur Vorschläge machen kann, aber die Entscheidung durch die Politik getroffen werden, und seufzte dabei. Scheinbar hatte er gerade eine entsprechende Erinnerung! Für mich war klar: Der Koalitionsvertrag (Seite 48) wirkt!

Denn dort heißt es: „Wir wollen die Umzugsaufforderungen drastisch reduzieren. Die Mietgrenzen in Bremen sollen sich an den Regelungen vergleichbarer Großstädte orientieren. Umzugsaufforderungen sollen nur erfolgen, wenn annehmbarer Ersatzwohnraum tatsächlich vorhanden ist. Dabei soll sichergestellt werden, dass möglichst eine räumliche Nähe zum bisherigen Wohnort gewahrt bleibt und soziale Härten verhindert werden. Wir werden außerdem unsere Einwirkungsmöglichkeiten auf die ‚Gewoba‘ nutzen, damit sie in ausreichendem Maße preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellt.“

Darum Montagsdemo, Kopf zeigen! Stillschweigend hat die Bagis bei einem neuen Antragszeitraum die bisherigen Mieten weiterbezahlt – ohne Begründung! Verantwortlich für die Bagis ist Senatorin Ingelore Rosenkötter. Die Bremer können entspannt wohnen bleiben. Trotzdem wollen wir am Freitag, dem 29. Juni 2007, noch einmal Flagge zeigen! Wir treffen uns um 11 Uhr im „Kapitel 8“ an der Domsheide (neben der „Glocke“), und um 12 Uhr sind wir vor dem Parlament!

 

4. Die Richter wird’s ebenfalls freuen, denn leider wird die freiwerdende Gerichtszeit wahrscheinlich für die Verfahren zum Elterngeld benötigt! Ein neues Gesetz, das so gar nicht hält, was die Politik verspricht. Zwölf beziehungsweise 14 Monate Elterngeld: Für ALG-II-Betroffene stimmt diese Aussage. Sie erhalten 300 Euro pro Monat, die nicht auf das ALG II angerechnet werden. Bei vorher berufstätigen Müttern werden die Mutterschutzleistungen auf das Elterngeld angerechnet, auch wenn es für diese Zeit überhaupt nicht beantragt wurde. Somit erhalten sie effektiv für circa zwei Monate kein Elterngeld!

Das Elterngeld richtet sich nach dem Nettolohn der letzten zwölf Monate. Er wird zusätzlich um den Werbungskostenfreibetrag gekürzt, und dieses verminderte Einkommen wird zur Berechnung herangezogen, auch wenn überhaupt keine Werbungskosten angefallen sind. Außerdem haben die Steuerfreibeträge bereits die Höhe der Lohnsteuer vermindert. Von diesem fiktivem Netto werden 67 Prozent ermittelt.

Jede Mutter kann während des Elterngeldbezugs eine Teilzeitbeschäftigung bis zu 30 Wochenstunden im Durchschnitt ausüben. Der Arbeitslohn wird angerechnet. Nur 33 Prozent verbleiben dem Elternteil von diesem Nettolohn! Bearbeitet werden die Anträge von einer bereits mehr als ausgelasteten Dienststelle. Ob das alles Bestand hat? Die Richter werden es klären. Im Zweifelsfall Widerspruch einlegen! Es ist wichtig, die Informationen auch aus anderen Quellen zu beachten und genau hinzusehen. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Für eine freie soziale Gesellschaft!

Wolfgang LangeErstmals seit 45 Jahren wird der gesetzliche Unterhalt für Kinder gekürzt – weil die Nettoeinkommen allgemein gesunken seien, so die Begründung von Justizministerin Zynisch, Verzeihung: Zypries. Es ist doch die Verarmungspolitik der letzten und der jetzigen Bundesregierung, die genau dazu geführt hat: Zehn Millionen Menschen in Deutschland arbeiten inzwischen zu absoluten Niedrigstlöhnen, und nach wie vor sind circa acht Millionen arbeitslos, unterbeschäftigt oder in „Maßnahmen“ versteckt!

Die relative Senkung der Arbeitslosenquote ist vor allem den Minijobs und der Zeitarbeit geschuldet. Die Hartz-Gesetze haben daran wichtigen Anteil, deshalb: Weg mit den Hartz-Gesetzen! Letztes Jahr hat die Bundesagentur 5,5 Milliarden Euro Überschuss gemacht hat. Das ist die Frucht der immer rigoroseren Kürzungen von Arbeitslosengeld I und II.

Die neue Bremer Landesregierung feiert den Erhalt von 500 Arbeitsplätzen bei Lürssen und Atlas-Elektronik durch den Milliarden-Auftrag für neue Fregatten. Diese werden mit der Begründung gebaut, sie seien „besser geeignet für neue Bundeswehr-Aufgaben fern der Heimat“. Sie können zwei Jahre ohne Heimkehr im Einsatz sein und sind mit Raketen bewaffnet, die sogenannte Clusterbomben 70 Kilometer weit ins Landinnere zu tragen vermögen.

Statt für Fregatten sollten diese Milliarden für den Ausbau von erneuerbarer Energie durch Wind-, Solar- oder Gezeitenkraftwerke ausgegeben werden, doch es wird ein Kohlekraftwerk nach dem anderen genehmigt. Offenbar tanzt auch die neue Landesregierung nur nach der Pfeife der großen Rüstungs- und Energiekonzerne! Das ist keine Politik für die Bürger.

Airbus hat letzte Woche auf Luftfahrtmesse Aufträge für über 60 Milliarden Euro erhalten! Auf fünf Jahre ist die Produktion bereits ausgelastet. Trotzdem sollen 10.000 Arbeitsplätze abgebaut und weitere 10.000 „verkauft“ werden, indem durch Senkung der Fertigungstiefe von 80 auf 53 Prozent das Geschäftsrisiko auf „Partner“ übertragen wird.

Beim EU-Gipfel zeigte sich letzte Woche, dass durch die kalte Küche jetzt doch noch die in Volksabstimmungen bereits gescheiterte EU-Verfassung verwirklicht werden soll. Deren Kern lautet: Vormacht für Deutschland und Frankreich, Abbau demokratischer Rechte, Ausbau des Überwachungs- und Polizeistaats. Einen Vorgeschmack davon, was das bedeutet, haben wir kurz davor schon beim G8-Gipfel erhalten.

Immer direkter wird die Unterstützung der Polizei für Faschisten: Vor zwei Wochen schaute sie in Halberstadt weg, als Theaterleute von Faschisten schwer verletzt wurden, und letztes Wochenende blieb eine Nazi-Sonnwendfeier im Kreis Celle von ihr „unbehelligt“. Die Montagsdemo kämpft daher nicht nur gegen den Sozialkahlschlag wie durch Hartz IV, sondern auch gegen den Polizeistaat und für eine freie Gesellschaft!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Troll enttarnt: Bundesagentur hetzt im
Internet gegen Arbeitslose („Indymedia“)
 
Märchen vom Fachkräftemangel: Immer noch
30.000 Ingenieure arbeitslos („Focus“)
 
Neoliberalismus: Vattenfall sponsort Agenda-Lobpreisung
für Altkanzler Schröder („Kölner Stadt-Anzeiger“)
 
Neue Privilegien: SPD und Union planen
Steuerfreiheit für „Heuschrecken“ („NGO-Online“)
 
Termine: Das „Anti-G8-Bündnis Bremen“ berät am 28. Juni 2007 im „Paradox“ in kritischer Reflexion, wie es mit dem Bündnis weitergehen soll. – Der neugegründete „Sozialistische Studierendenverband“ trifft sich am 26. Juni 2007 um 12 Uhr in der Glashalle der Uni Bremen. – Das „Arbeitslosenzentrum Tenever“ lädt ein zur Eröffnung der Ausstellung „Gesichter der Armut“ am Dienstag, dem 3. Juli 2007, um 11 Uhr im Einkaufszentrum Tenever. – Das „Bremer Friedensforum“ tagt am 5. Juli 2007 um 18:30 Uhr in der „Villa Ichon“. – Das Sommerfest der Bremer Montagsdemo steigt am Samstag, dem 21. Juli 2007, von 12 bis 22 Uhr in den Neustadtswallanlagen.
 
Wir wollen uns die neuen Leute in der Bremer Bürgerschaft anschauen! Deshalb treffen wir uns am Freitag, dem 29. Juni 2007, um 11 Uhr im „Kapitel 8“ an der Domsheide, um uns zur rot-grünen „Vermählung“ passend einzukleiden und bei der anschließenden zweiten Bürgerschaftssitzung unsere Glückwünsche und Dankesworte für die holden Versprechungen vorzubringen:

 

Wir gratulieren
dem glücklichen Paar!

Wir sind heute und hier erschienen, um dem glücklichen Paar (Rot/Grün) zu gratulieren. Gleichzeitig wollen wir uns für die gemachten Versprechen vor der Wahl und in der Koalitionsvereinbarung bedanken. Das Paar hat uns sozusagen als Hochzeitsgaben ganz ordentlich beschenkt! Wir nehmen diese Geschenke an und fordern sie heute und die nächsten vier Jahre von euch ein. Wie heißt es doch so schön: „Geschenkt ist geschenkt und weggenommen in die Hölle gekommen!“

Für folgende Geschenke bedanken wir uns heute:

  1. Dass ab sofort die Ein-Euro-Jobs in Lande Bremen auf der Basis absoluter Freiwilligkeit vergeben werden und es außerdem nur noch wenige Ein-Euro-Jobs gibt, denn
  2. es gibt ausreichend sozialversicherte Arbeitsplätze, und die Menschen können von dieser ihrer Arbeit auch leben, weil unter anderem
  3. der Mindestlohn in Höhe von 7,50 Euro durchgesetzt wird.
  4. Wir freuen uns darüber, dass die Bagis künftig nach dem Motto „Auch hier ist der Kunde/die Kundin König“ arbeiten wird, denn wer zwingt schon Könige zum Umziehen!
  5. Deshalb sind wir glücklich, dass Menschen künftig nicht mehr zwangsweise umziehen müssen und dass ihnen ein menschenwürdiger Wohnraum zugestanden wird.
  6. Wir freuen uns über uneingeschränkte Teilhabe am Arbeitsleben und am sonstigen gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderungen.
  7. Wir freuen uns, dass Brennpunktschulen besser versorgt werden sollen und bedanken uns dafür, dass wir die Stunden für die Ganztagsschule in Tenever behalten können. Für gute Ausbildung und mehr Chancen für die Kinder!
  8. Juhu, endlich bekommen die Kitagruppen alle eine zweite Erzieherin, Kinder aus armen Familien kostenlos Mittagessen, und die Kita Andernacher Straße erhält ein neues Haus!

Sollten Sie merken, dass die Versprechen nicht eingehalten werden – oder falls es irgendwelche Ungereimtheiten gibt –, wenden Sie sich bitte an die Grünen oder an die SPD.

Flugblatt von Gabi-Grete Kellerhoff („Initiative Wahlversprechen“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz