125. Bremer Montagsdemo
am 12. 03. 2007  I◄◄  ►►I

 

Der Senat treibt Bremen in den Ruin

Jens SchnitkerEs könnte nicht schlechter laufen für die Große Koalition kurz vor der Bürgerschaftswahl! Nach zwölf Jahren steht Bremen am Rande der Klippe und droht hinunterzustürzen. Es ist schon verhext, dass sich gerade kurz vor der Wahl so viele Skandale und Fehlentscheidungen an die Oberfläche drücken. Das über zehn Jahre dauernde Missmanagement lässt sich nicht mehr kaschieren oder schönreden!

Aber der Senat hat aus seinen groben Fehlern und seinen vielen Lügen nicht dazugelernt. Nein, man tritt selbstbewusst mit fast den gleichen lumpigen Kandidaten an! Da unterscheidet sich die CDU nicht von der SPD. Außer vom Umbau der Hochschulen sprechen wir von der Krankenhausaffäre, der Verschuldungskrise, der Airbuskrise, dem „Kindeswohl“-Ausschuss, dem Fall Kurnaz, den drohenden Zwangsumzügen und der Nichtreform des Wahlrechts. Das müsste eigentlich reichen für einen geschlossenen Rücktritt des Senats!

Nicht aber hier in Bremen. Ist das die „hanseatische Sturheit“? Der derzeitige zweite Bürgermeister und Innensenator Röwekamp (CDU) entwickelt sich als Wackelkandidat. Immer mehr Aussagen, die von ihm und seinen Untergebenen getätigt wurden, erweisen sich als Lügen. Im Fall Kurnaz wurde nicht nur gelogen, es kam auch zu Fehlentscheidungen. Der BND-Untersuchungsausschuss bringt Röwekamp in die Klemme, der dort am 22. März aussagen muss, denn über seinen Schreibtisch gingen die „Informationen“ über Murat Kurnaz zum BND und von dort zur CIA. Diese ließ den gebürtigen Bremer fast fünf Jahre lang im Folterknast auf Kuba schmoren!

Erst seit Kurnaz wieder in Deutschland ist, kommt der Skandal hoch – und zeigt sich somit die Verwicklung Röwekamps. Merkwürdig ist dessen neuestes Handeln, nachdem ihm krasse Rechtsverstöße nachgewiesen wurden: Der BND-Ausschuss hat die Bremer Akten über Kurnaz nur mit Verzögerung erhalten und musste daher vorübergehend seine Arbeit ruhen lassen. Anfang März kam heraus, Herr Kurnaz sei „falsch eingeschätzt“ worden. Es hat auch ein Übergabeangebot der USA an Deutschland gegeben, das abgelehnt wurde. Röwekamp reagiert auf diese Sachlage heuchlerisch und veröffentlicht eine Studie, in der es heißt, in Bremen seien „vermehrt Migranten kriminell aufgefallen“.

Das war Mord, Herr Röwekamp!Es muss noch gesagt werden, dass Murat Kurnaz 20 Jahre in Bremen lebte, aber keinen deutschen Pass erhielt. Nennt Herr Röwekamp das Integration? Noch 2006 drohte er mit einer Ausweisung, sollte Kurnaz freikommen, obwohl er wusste, dass das gegen Kurnaz verwendete „Material“ auf Gerüchten fußte. Man weigerte sich, die „Duldung“ zu verlängern, weil Kurnaz „seit 2002 nicht mehr in Bremen lebte“. Zu dieser Zeit war er im Folterknast der USA! Bürokratie und Falschaussagen ließen ihn dort schmoren. Ist er die Spitze eines Eisbergs?

Dieser Fall blieb so lange auf Eis gelegt, weil die Regierung Schröder Druck auf Bremen ausübte, belastendes Material gegen Kurnaz zu sammeln, um den „Anfangsverdacht“ gegen ihn zu „erhärten“. Nun stellt sich heraus, dass sämtliche Anschuldigungen gegen Kurnaz fiktiv waren! Dies bestätigten mehrere Aussagen vor dem BND-Untersuchungsausschuss. Die Regierung Schröder wollte sich keine Blöße geben, mit dem Ergebnis, dass versucht wurde, Kurnaz den Pass zu entziehen. Das gelang nicht, weil ein deutsches Gericht diese Maßnahme für illegal erklärte. Die Regierung Merkel musste Kurnaz wieder nach Deutschland heimholen, aber sie tat es nicht aus Barmherzigkeit, sondern weil die Justiz massiv Druck auf sie ausübte.

Ebenfalls unter den Fingern brennt das Thema Airbus. In Bremen sollen 900 Arbeitsplätze wegfallen. Bürgermeister Böhrnsen sprach vor der Bekanntgabe des Abbaus zur Belegschaft und sicherte zu, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen. Das Ergebnis ist nur als ein Sturz ins Bodenlose zu bezeichnen. Und jetzt? Weder sieht man Herrn Böhrnsen, noch hört man dazu etwas von ihm. Die Vermutung liegt nahe, dass er die Belegschaft zuerst ruhigstellen wollte, um sie dann hinterrücks zu erstechen. Das wurde am langen Tisch mit ihm verhandelt! Im Gespräch mit der Konzernspitze hat Böhrnsen diesem Kuhhandel zugestimmt und damit Bremer Interessen verraten!

Weiterhin unverschämt bei Airbus ist, wie das Verhalten des Konzerns auch noch subventioniert wird. Allein aus Bremen, das hier wieder eine unglückliche Rolle spielt, flossen in wenigen Tagen 30 Millionen Euro in die Kasse des Unternehmens. Diese reichlich sprudelnden Subventionen sind Steuergelder! Wir geben Airbus Geld, damit dieser Konzern rüde expandieren kann. Der Bund hat, zusammen mit Banken, das Aktienpaket von Daimler-Chrysler gekauft und besitzt jetzt einen 7,5-Prozent-Anteil am Unternehmen. Frankreich ist Hauptanteilseigner mit 15 Prozent.

Von der Konzernspitze wurde jedoch schon klar gesagt, die Länder dürften nicht in unternehmerische Entscheidungen reinreden. Die Länder bleiben also Statisten: Airbus wird künftig wie ein Unternehmen geführt und nimmt nicht mehr auf Länderinteressen Rücksicht. Diesen Kurs hat Böhrnsen abgenickt, aber wie der Bund wirbt er für höhere Subventionen. Frankreich hat bereits 100 Millionen Euro bereitgestellt für die Kohlefasertechnologie. Eigentlich sind die Verhandlungen mit Airbus nicht als fair zu bezeichnen: Es ist Erpressung!

Die Drohung des Konzerns, europaweit 10.000 Stellen abzubauen, entspricht einer Strategie von Airbus, die von den Politikern in Frankreich und Deutschland gedeckt wird. Es geht dabei auch um eine geforderte Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro bis 2010. Die Drohung, Arbeitsplätze zu vernichten, ist letztlich die Holzhammermethode, damit die Regierungen Deutschlands und Frankreichs diese Kapitalerhöhung durchwinken.

Das sind zwei von vielen durchaus unappetitlichen Themen, die die Bremer Zeitungen und auch die Bürger kurz vor der Wahl im Mai stark beschäftigen. Eines ist nicht zu leugnen: die Verantwortung des Bremer Senats. Aber der Senat kommt anscheinend nicht aus der Spur. Auch eine Gesprächsrunde der Heinrich-Böll-Stiftung, die sich der Verschuldung der Stadtstaaten Bremen und Berlin annahm, wird nur mit Achselzucken bedacht. Herr Sarrazin, Finanzsenator in Berlin, sagte dort, Bremen werde keinen Erfolg haben beim weiteren Empfang von Strukturhilfen.

Die Verschuldungskrise des Landes Bremen wird nun als Totschlagargument benutzt, um Kürzungen zu rechtfertigen. Verschwiegen wird, wie es dazu kam, wer für die Verschuldung verantwortlich ist und dass es auch Nutznießer der Verschuldungskrise gibt, zum Beispiel die Banken, die weiterhin Kredite gewähren und jedes Jahr von der Stadt Bremen eine Milliarde Euro allein an Zinsen einstreichen. Man sieht, wie verlogen der Senat ist, wenn er bei den Ärmsten kürzt und dazu allein das Argument der Verschuldung anführt!

Dieser Senat hat die Stadt komplett an die Wand gefahren, und dazu sitzen ihm noch Skandale im Rücken. Die Mannschaft tritt aber geschlossen zur Wahl an, als berührten die erdrückenden Probleme sie nicht. Eines muss zum Schluss festgestellt werden: Der Senat hat seine Chance gehabt und vergeigt! Er muss im Mai abgewählt werden!

Jens Schnitker (parteilos)
 
Arbeit besteuern, Kapital entlasten: Mit erhöhter Mehrwertsteuer
bezahlen die Bürger die Steuersenkung für Konzerne („FAZ“)
 
Studentenbude unbezahlbar: Hartz IV macht
Billigwohnen teuer („Westdeutscher Rundfunk“)

 

Kämpfen wir bei der Sozial­deputation für billigen Wohnraum!

Bettina FenzelWie in den Nachrichten gemeldet, wird in Bremerhaven und Bremen geplant, Wohnungen zu vernichten. Aus Senatskreisen ist zu vernehmen, dass damit die Mietpreise „stabil“ gehalten werden sollen: Da zehn Prozent weniger Menschen in Bremerhaven leben, sei das nötig. In der Bremer Innenstadt gibt es jedoch einen Einwohnerzuwachs von 2,4 Prozent. Diese Politik der Vernichtung von Wohnraum ist abzulehnen! Sozialstaat bedeutet, so lernte ich das einmal in der Schule, dass der Staat sich da einmischt, wo es um das Wohl der Bevölkerung geht. Hier geschieht genau das Gegenteil! Die Interessen einer kleinen Minderheit von Wohnungsspekulanten werden hier vertreten, die Wohnungen so teuer wie möglich verkaufen wollen. Sie haben ein Interesse daran, dass Häuser abgerissen werden, um den Wohnraum knapp zu halten und teure Wohnungen zu verkaufen!

In Bremen fehlt billiger Wohnraum, und 10.000 Menschen haben die Aufforderung erhalten, in eine „billigere“ Wohnung umzuziehen, da die Miete „zu teuer“ sei! Die Mietobergrenze für Kaltmieten von 265 Euro ist zu niedrig angesetzt, darum gehört sie angehoben! Nicht nur Bremen und Bremerhaven sind von dieser unverantwortlichen Wohnungspolitik betroffen, sondern unter anderem auch Mannheim, Dresden und Hamburg. In sehr vielen Städten wird der soziale Wohnungsbau durch die Privatisierung vernichtet. Darum gibt es Obdachlosigkeit, da nicht genügend billiger Wohnraum für die Menschen bereitgestellt wird!

So drohen 2007 die kommunalen Wohnungszuschüsse gekürzt zu werden. Bisher erhielten die Länder vom Bund vier Milliarden Euro an Zuschüssen. SPD-Finanzminister Steinbrück will diese auf zwei Milliarden Euro kürzen. Das bedeutet, dass die realen Kosten für eine warme Miete nicht übernommen werden. So gab es 2004 bundesweit 345.000 Wohnungslose bei uns, davon sind 200.000 irgendwie untergekommen. Das ändert nichts daran, dass in einem der reichsten Länder der Welt Menschen auf der Straße leben müssen! Die Reichen sind für die leeren Kassen des Staates verantwortlich, da sie viel zu wenig Steuern zahlen!

Herbert Thomsen von der „Solidarischen Hilfe“ weist darauf hin, dass es im Januar 980 angebotene Wohnungen in Bremen gab. Davon waren nur 99 für die Bagis akzeptabel. So entstehen Gettos; Menschen werden gezwungen, aus ihren Wohnungen auszuziehen. Die Grünen fordern, dass Hartz-IV-Empfänger generell nicht mehr zur Senkung ihrer Mietkosten aufgefordert werden sollen. Die SPD lehnt dies ab! Die „Solidarische Hilfe“ empfiehlt, gegen die Aufforderung der Behörden, die Miete zu senken, Widerspruch einzulegen und vor Gericht zu gehen. In diesem Jahr will nun die Regierung Gebühren für die Klageeinreichung erheben. Das bedeutet faktisch, dass die Menschen den Hartz-Gesetzen rechtlos ausgeliefert sind! Diese Gesetze, die die Lebenslage der Mehrheit der Menschen verschlechtern, sind zu bekämpfen!

In der Weltwirtschaftskrise 1929 lagen über 400.000 Menschen auf der Straße, ein großer Teil von ihnen war erwerbslos. Die Parallelen zum Ende der Weimarer Republik sind unübersehbar. Die Politik der neoliberalen Umverteilung führt dazu, dass die sozialen Errungenschaften der Arbeiterbewegung hinweggefegt werden. Darum gilt es zu kämpfen! An diesem Donnerstag treffen wir uns um 9 Uhr vor dem Hauptbahnhof, und um 10 Uhr findet eine Aktion im Siemenshochhaus statt. Es soll in der Sozialdeputation endgültig über die Mietobergrenzen entschieden werden. Bitte solidarisiert euch mit den Menschen, die von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit bedroht und betroffen sind!

Bettina Fenzel (parteilos)

 

„Sittenwidrige Löhne verboten“

Info-MichelVon wegen Kämpfen habe keinen Zweck, wir könnten doch nichts erreichen! Hier nun wieder ein Gegenbeweis: „Sittenwidrige Löhne werden verboten“, meldet der „Weser-Kurier“ am 10. März 2007. Na also, es geht doch! Aber glaubt ja nicht, dass hätten wir alle ohne unseren Protest erreicht! Ich bin auch nicht davon überzeugt, dass es irgendeine Änderung bewirkt hätte, wenn nur hier und da mal die Stimme erhoben wird. Die Montagsdemo hat wohl den größten Anteil daran, denn wir sind die einzigen, die den Politikern und auch der Wirtschaft jeden Montag, Woche für Woche, vor Augen führen, was wirklich los ist, hier im Land!

Man müsste uns eigentlich allen dankbar sein, denn wir erinnern immer wieder daran, dass es sich hier um menschliche Schicksale handelt, und machen sogar auf die drohenden Gefahren aufmerksam. Ja, meine Damen und Herren, es ist nun mal nicht von Hand zu weisen, dass wir so etwas wie ein vorausschauendes Gewissen sind! Also seid uns dankbar, ihr Politiker, sonst würdet ihr eine wichtige Komponente vergessen, nämlich dass es wirklich Arme gibt, an die man auch denken muss!

Was ich aber außerdem festgestellt habe, ist die Tatsache, dass die Montagsdemo immer noch von den Medien kleingeredet oder auch gar nicht erwähnt wird. Man stelle sich nur vor, wie viel Unrecht schon früher hätte beseitigt werden können, durch ansteigende Löhne, durch Gleichberechtigung der Frauen und mit menschlichem Denken! Das hat im Übrigen auch unser Bundespräsident Köhler angemahnt, allerdings nur im Ausland. Ohne soziale Komponente läuft eben nichts!

Liebe Rentner, ihr und ich haben keinen Grund, uns für unser angeblich gutes Auskommen zu schämen. Dafür haben wir unsere Knochen und die Gesundheit geopfert. Wenn ich an den „Generationenvertrag“ denke, fällt mir nur eines auf: Uns fehlen die Kinder. Nach der Statistik stimmt das sogar, wenn sie denn stimmt. Rentenprobleme kann man auch anders lösen, die Kinder aber werden uns fehlen. Das ist jedoch noch lange kein Grund, die Renten zu kürzen!

Der jungen Generation sage ich: Wir kämpfen für euch, dass ihr faire Löhne bekommt, und ihr sorgt bitte mit dafür, dass wir alle ein gutes Auskommen im Alter haben. Aber keine Sorge, ihr Lieben, wir bleiben dran und ihr hoffentlich auch. 20 Millionen Rentner sind 20 Millionen Wähler! Das nur zur Erinnerung an die Politik.

Udo Riedel (parteilos)
 
Erzieher eingespart: Arge schickt Ein-Euro-Fummler
in den Kindergarten („Bild“-Zeitung)

 

Wellnessprogramm in Vollendung

Christine WegenerFast 20 Millionen Menschen in Deutschland, das sind ein Viertel der Bevölkerung, können ohne soziale Unterstützung kaum noch überleben, Tendenz steigend! Mit laszivem Grinsen im Gesicht schlägt sich die Große Koalition stolz in die Brust, was für ein Sparerfolg erzielt wurde: allein bei der Agentur für Arbeit über elf Milliarden Euro!

Zwei Milliarden wurden nicht ausgegeben zur Förderung von Langzeitarbeitslosen. Ich behaupte: Sie wurden gestrichen! Hartz IV ist wirklich Armut per Gesetz: Statt zu fördern, wird nur noch gestrichen, auf Deubel komm raus! Täglich verlieren Tausende ihren Arbeitsplatz, und die Arbeitslosen sollen nach Arbeit suchen, wo keine ist, denn es fehlen sechs bis acht Millionen offene Stellen!

Das Wellnessprogramm für 20 Millionen Menschen ist von einer ganz besonderen Art: Alles, was nicht effizient arbeitet, ist für die Große Koalition nur „totes Kapital“. Wer dem physischen und erst recht dem psychischen Druck nicht standhält, braucht sich mit Hartz IV nicht zufrieden zu geben: Werbeprogramme Richtung Ausland gibt es genug, man muss es nur selbst bezahlen! Wenn einer das Geld nicht hat, auf Dauer im Ausland zu bleiben, hilft die große Koalition per Knebelgesetz – „Reform“ klingt wie ein Hohn – einfach nach!

Doch warum in die Ferne schweifen, wenn der Friedhof liegt so nah? Liebe Montagsdemonstranten, wusstet ihr eigentlich, dass sich jährlich über 13.000 Menschen das Leben nehmen, was ich sehr verurteile, aber die Hälfte stirbt wegen Hartz IV, also auf Wunsch der großen Koalition, Tendenz steigend!

„Totes Kapital“ ist nicht effektiv, fördert nicht das Wohlbefinden der noch arbeitenden, knechtenden Gesellschaft und schon gar nicht die Superlative! Also wird Hartz IV noch verschärft, Bundestagsdrucksache 16 14/10, denn nach dem Gesetz darf „totes Kapital“ dezimiert werden. „Deutschland, mir graut vor dir!“

Alle vier Jahre gibt es Wahlen, dann hat das „tote Kapital“ von morgens 8 bis abends 6 Uhr Ausgang. Wenn es darum geht, den Machthunger der großen Koalition zu stillen, besinnt man sich wieder: Ach, es gibt doch so viele arme Menschen in Deutschland! Die Politiker müssten sich dafür schämen. Darum sage ich: Hartz IV muss weg!

Christine Wegener (parteilos)

 

Donnerstag 9 Uhr Demo ab Hbf
gegen Zwangsumzüge!

Hans-Dieter Binder1. Wir sind am 15. März 2007 wieder bei der So­zialdeputationssitzung und bringen das Thema Wohnungen mit! Treffpunkt ist der Bahnhofsvor­platz. Herr Schuster hat zwischenzeitlich eine neue „Verwaltungsanweisung Wohnen“ kreiert, bei der es sich im Wesentlichen um die alte handelt. Damit ist sie nur für den internen Gebrauch umsetzbar, als Grundlage für eine Kostensenkungsaufforderung aber unbrauchbar, wenn der Mensch sich wehrt!

Neu ist die Begrenzung der Miete bei einem akzeptierten Härtefall auf plus 50 Prozent zu der willkürlich festgelegten Höchstgrenze! Diese Härtefallregelungen sind aber keine Bremer Erfindung, sondern die Akzeptanz von Richterrecht. Die Bremer Einschränkungen werden der gerichtlichen Überprüfung daher nicht standhalten!

Auszubildende haben ab 1. Januar 2007 die Möglichkeit, Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Absatz 7 SGB II zu beantragen, auch wenn Berufsausbildungsbeihilfe gezahlt wird! Dafür gibt es eine ausführliche Anleitung. Es ist sehr zu begrüßen, dass die Bagis-Mitarbeiter(innen) somit endlich über diesen Anspruch informiert werden! Ende Januar wusste eine Mitarbeiterin und ihr Vorgesetzter dies nicht. Anmerkung: Somit müsste auch eine Erstausstattung für diesen Personenkreis zu bewilligen sein.

Überholt durch Richterrecht, aber weiterhin in der Verwaltungsanweisung zu finden ist das Behandeln von Wohngemeinschaften wie Mehrpersonenhaushalte statt wie Einzelpersonen. Unterfünfundzwanzigjährige, die wegen der Gesetzesänderung ausgezogen sind, haben Anspruch auf die Kosten der Unterkunft, denn sie haben nur ihren Gestaltungsspielraum genutzt, wie er jedem Steuerpflichtigem auch zugestanden wird, so der Richter – und nicht wie in der Anweisung beschrieben!

Die Versicherungspauschale von 30 Euro gilt nicht für einen zu Hause lebenden Studenten! Diese Pauschale ist angelegt wie ein Freibetrag im Steuerrecht und somit bei jedem Nebeneinkommen von Amts wegen zu berücksichtigen. Daher ist jeder Bescheid, bei dem die Versicherungspauschale nicht vom Einkommen gekürzt wurde, anfechtbar. Auf Antrag muss die Pauschale berichtigt werden und somit eine Nachzahlung von 30 Euro je Monat erfolgen, rückwirkend ab 1. Januar 2005.

Anlass zu dieser Anmerkung war für mich die geänderte „Verwaltungsanweisung Wohnen“ der senatorischen Dienststelle der Freien Hansestadt Bremen! So viel zur von ihr beanstandeten Qualität der Bagis-Entscheidungen. In der Verwaltungsanweisung der Freien Hansestadt Bremen wird zur Nichtbeachtung von einschlägigem Recht angehalten! Der Pauschbetrag steht in der Verwaltungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit!

Weitere Ausführungen auf der Sitzung. Wir fragen Herrn Schuster! Zwischenzeitlich sollte jeder, der eine Kürzungsandrohung erhalten hat, Widerspruch einlegen! Nur wenn viele sich wehren, unter Nutzung aller Möglichkeiten, sehen diese Politiker ihre Fälle davonschwimmen! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Letzte Woche war der Frauentag, wir standen mit dem „Frauentransparent“ vor dem Bremer Rathaus. Die Aufteilung war „gerecht“: Unsere weiblichen Wesen sind nach oben zur Feier gegangen, und wir haben vor der Tür durch das Transparent auf die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit hingewiesen.

Außerdem haben wir die Flyer von Verdi zur Demo an diesem Donnerstag verteilt. Wir hatten dabei guten Absatz und nachdenkliche Frauengesichter, aber auch volle Zustimmung beim Betrachten des Transparents! Wir haben damit auch die Sozialsenatorin, Frau Ingelore Rosenkötter, über unseren Besuch informiert. Sie kam zwar mit Verspätung zur Feier, aber für den Flyer war noch Zeit! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Dann haben wir uns auf den Heimweg gemacht und auf dem Marktplatz die Mahnwache für den Frieden gesehen. Spontan haben wir unserer Transparent wieder ausgepackt und durften daran teilnehmen. Es war eine Jubiläumsveranstaltung! Wir konnten zu 25 Jahren Mahnwache auf dem Bremer Marktplatz gratulieren. Eine sehr anerkennenswerte Leistung! 25 Jahre – und immer noch sehr wichtig, oder besser gesagt hochaktuell!

Die Aufrüstung, das Entsenden deutscher und europäischer Soldaten in alle Welt und die Absenkung der sozialen Standards sind im gleichen Vertragswerk fixiert, der Lissabon-Agenda. Die Fortschreibung dieser Verträge erfolgt außerhalb jeglicher parlamentarischen Kontrolle – und wir sollen es ausbaden! So wird Europa nicht einig sein und bleiben! Die Bundeswehr nutzt die Gunst der Stunde zur Freiwilligenwerbung in den Arbeitsämtern und Argen! Darum lasst uns gemeinsam Gegenwehr organisieren.

So haben am 1. März 2007 fünfzehn Antimilitarist(inn)en eine Kölner Arbeits­agentur schon deutlich vor Beginn der Bundeswehr-Werbeshow besucht. Den Mitarbeiter(inne)n des Arbeitsamts wurde zur Diskussion ein offener Brief überreicht. Darin werden sie aufgefordert, den Rekrutierungsveranstaltungen der Bundeswehr ein Ende zu bereiten: „Trotz (und gerade in) größter Perspektivlosigkeit darf niemand animiert werden, als Zeitsoldat zum Bund und damit zum mittlerweile verpflichtenden Auslandseinsatz zu gehen!“ Trotz gelegentlich erteilter Hausverbote konnten rund 70 Prozent der Mitarbeiter erreicht werden und Hunderte von Aufklebern „Army go raus – aus dem Arbeitsamt“ angebracht werden.

 

3. ALG II schafft einen Generalverdacht gegen Bedürftige – und schönt die Nebeneinkommen der Geldinstitute: Wer ALG II beantragt, soll die Kontoauszüge der letzten drei Monate vorlegen, und zwar laut Bagis ungeschwärzt. Nur der Name einer Partei muss darauf nicht zu lesen sein, wohl aber der Mitgliedsbeitrag. Jeder fehlende Kontoauszug wird nachgefordert. Der Kunde geht somit zu seinem Kreditinstitut und lässt diesen nachträglich erstellen. Die Kosten betragen zwischen 2,50 und 3,50 Euro je Kontoauszug. Dies freut, wie gesagt, die Banken.

Wer von dieser Lücke betroffen ist, kann statt der fehlenden Kontoauszüge von seiner Bank eine Kontoübersicht anfordern. Daraus sind alle Kontenbewegungen für diesen Zeitraum ersichtlich und somit auch die Buchungen auf den fehlenden Kontoauszügen. Die Kontoübersicht kostet für einen Zeitraum von drei Monaten insgesamt nur 2,50 Euro. Der Verdienst mit den Kontoauszügen ist aber so gut, dass einige Mitarbeiter behaupten, eine Kontoübersicht könne nicht ausgedruckt werden! Sie lässt sich aber schriftlich anfordern und abholen, um Porto zu sparen. Wenn ich diese Praxis beanstandet habe, hieß es: „Wenn der Kunde sagt, er benötige die Kontoauszüge, dann bekommt er sie! Natürlich wäre die Übersicht preiswerter, aber der Wunsch des Kunden wird erfüllt.“

Natürlich kann mensch sich auch gegen diesen Generalverdacht wehren und die Vorlage der Kontoauszüge verweigern, allerdings wird die Praxis der Bagis von einigen Urteilen gestützt. Andere Richter sehen dies ganz anders. Die Klärung der verlangten Unterlagen sollte bereits bei der Aushändigung der Liste der mitzubringenden Belege erfolgen und mit dem ankreuzenden Mitarbeiter ausdiskutiert werden; allerdings geht dies machmal wegen der Weisungsgebundenheit des Mitarbeiters ins Leere.

Mensch kann die Kontoauszüge auch so schwärzen, dass die ausgehenden Zahlungen durch die Beträge ersichtlich sind und nur bei den Zahlungseingängen auch der Text lesbar ist. Aber vorher eine Kopie anfertigen, diese schwärzen und die Kontoauszüge nur zeigen, um Einsicht zu gewähren! Teilweise wird bei der effektiven Antragsannahme gar nicht der Anforderungszettel abgearbeitet. Hausintern wird diese Anforderung auch nicht weitergegeben. Gerne kopiert die Bagis die vorgelegten Unterlagen. Dies geht nur mit Zustimmung des Betroffenen oder aus wichtigem Grund. Dieser muss genannt werden – schriftlich.

Der Antrag auf ALG II erfolgt durch Willenserklärung. Eigentlich reicht ein Telefonanruf, wobei dieser schwer zu beweisen ist. Im Regelfall wird die Übergabe des Antragsformulars der Antrag auf ALG II sein. Die Angaben im Antrag selbst und in seinen vielen Anlagen sind nur für die Durchführung nötig, für die Verwaltung! Dies ist wichtig, weil die Menschen manchmal nicht über diese formelle Antragsstellung hinauskommen: Sie lassen sich das Formular geben und erschrecken aufgrund der Papierflut und der zusätzlichen beizubringenden Unterlagen. Oder sie beginnen mit dem Ausfüllen und kommen zum Abgabetermin mit ihren Unterlagen, aber dort fehlen dann weitere Angaben, und es kommt nicht zur Bearbeitung!

Mit der tatsächlichen Antragstellung durch die Anforderung des Antragsformulars können dies Betroffenen jederzeit die Antragstellung fortsetzen, rückwirkend und lückenlos! Also, wer sich verkrümelt hat: Macht euch auf den Weg! Es lohnt sich, wieder ein wenig Sicherheit zu erlangen. Darüber hinaus ist auch jeder Folgeantrag nur eine Forderung der Verwaltung, somit kann ein nicht oder nicht rechtzeitig eingereichter Folgeantrag keine Leistungsversagung verursachen! Die Bagis sieht das anders, aber der Mensch kann sich wehren! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

4. Eine Direktversicherung ist entsprechend der Anwartschaft unverfallbar und dann wie eine Riester-Rente zu behandeln. Eine Direktversicherung ist meistens eine Umwandlung von Gehaltsanteilen in Versicherungsschutz oder Altersvorsorge. Teilweise haben auch Arbeitgeber diese Beiträge zusätzlich für ihre Mitarbeiter(innen) eingezahlt. Die Direktversicherung wurde und wird von Steuer- und Sozialversicherungsregelungen unterstützend begleitet; es gab sie lange vor den Riester-Verträgen.

In einem konkreten Fall hat der ehemalige Arbeitgeber eine Direktversicherung für und auf den Namen seiner Mitarbeiterin abgeschlossen und die Beiträge gezahlt. Durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit war diese betriebliche Altersvorsorge unverfallbar geworden! Dies ist der Versicherungsgesellschaft erst nach nochmaliger Prüfung aufgefallen. Die Arge wollte den Verbrauch dieser Lebensversicherung vor der ALG-II-Gewährung durchsetzen; sie ist von verwertbarem Vermögen ausgegangen.

Kann jedoch eine im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossene Lebensversicherung nicht vor Eintritt des Rentenalters gekündigt werden, liegt keine Verwertbarkeit nach § 12 Absatz 1 SGB II vor. Nach § 2 BetrAVG besteht auch vor Eintritt des Versorgungsfalles keine Möglichkeit, den Versicherungsvertrag zu beleihen, zu verpfänden oder abzutreten, so das Sozialgericht Leipzig (Az. S 6 AS 283/05 vom 14. Februar 2007). Somit ist diese Versicherung vor einer Vermögensanrechnung geschützt, egal wie hoch der Wert ist, wie eine Riester-Rente!

Es gibt aber weiteren Auslegungs- und Klärungsbedarf für Vermögen, denn Direktversicherung und Riester-Rente sind ebenso steuerlich gefördert wie Wohneigentum! Für jede steuerlich geförderte Altersvorsorge gilt der Ver­trauens­schutz – es kann zu verwertendes Vermögen sein. In den bisherigen Entscheidungen über Eigentumswohnungen und selbstgenutzte Einfamilienhäuser fehlen mir diese Argumente in den bisherigen Verfahren. Eine gerichtlich untermauerte Verwertungsaufforderung für selbstgenutztes Wohneigentum ist mir auch nicht bekannt. Irgendwie haben die Richter bisher immer die Kurve zugunsten des Betroffenen gekriegt.

Wer Vermögen verwerten soll, ist gut beraten, sich zu wehren! Die Vorschriften wurden von der Arbeitslosenhilfe abgeschrieben, und gerade die Vermögensverwertung gemäß Arbeitslosenhilfe wurde für ungültig erklärt, weil keine Härteklausel vorhanden ist. Diese fehlt auch beim ALG II, daher immer Widerspruch einlegen und dessen aufschiebende Wirkung beantragen. Wenn diese nicht bestätigt wird, einstweiligen Rechtschutz beantragen!

Härtefälle sind Behinderung, Auszug der Kinder, bevorstehende Rente oder Arbeit in Aussicht. Aus meiner Sicht besonders wichtig ist, dass diese Vermögen mit steuerlicher Förderung als Altersvorsorge geschaffen wurden! In dem Zusatzbogen 3 fehlt bei Wohneigentum eine entsprechende Frage oder Eintragungsmöglichkeit, also einfach dort vermerken: „mit steuerlicher Förderung erworben“! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

5. Per E-Mail erfuhren wir von einer Frau, die vor einem Jahr einen Hartz-IV-Antrag gestellt hatte, der aber abgelehnt worden war, weil ihr Ehemann, mit dem sie seit 25 Jahren verheiratet ist, „zu viel“ verdiene, nämlich 1.200 Euro netto. Ob eine Möglichkeit besteht, dass sie dennoch Geld vom Amt bekommen kann, ist nicht einfach zu beantworten, denn Voraussetzung für eine ALG-II-Leistung ist die Bereitschaft, eine Klage einzureichen und durchzustehen - wahrscheinlich bis zum Europäischen Gerichtshof.

Es gibt zwei Entscheidungslinien: a) Die „heile“ Familie darf nicht schlechter gestellt werden als die getrennt lebende. In diesem Fall kann ein Selbstbehalt von circa 1.000 Euro bei dem Verdienenden angerechnet werden. Nur der übersteigende Betrag muss zum Unterhalt und für die Miete der hälftigen Wohnung dienen. b) Alles an Einkommen ist zum gemeinsamen Bedarf einzusetzen. In diesem Fall wird die „heile“ Familie schlechter gestellt als die gescheiterte Ehe.

Insofern gibt es keine Garantie für den Ausgang dieser Auseinandersetzung, ob bei 1.200 Euro Nettoeinkommen außerdem noch ALG-II-Anspruch besteht. Bei der Berechnung ist für jeden ein Betrag von 311 Euro anzusetzen, also zusammen 622 Euro. Hinzu kommen die Kosten der Wohnung inklusive Wasser, Abwasser, Warmwasseraufbereitung und Strom (oberhalb von zweimal 20,74 Euro gleich 41,48 Euro). Zuschläge kann es geben für Krankheitskosten, Schwerbehinderung und vorherigen ALG-I-Bezug.

 

6. Die Bagis verliert die meisten Klagen vor dem in Bremen zuständigen Verwaltungsgericht! Sie hat sauer reagiert und wollte nicht so, wie der Richter entschieden hat, aber nun war der Richter sehr sauer! Weigert sich die Arge entgegen einer einstweiligen Anordnung, Grundsicherungsleistungen auszuzahlen, kann das Sozialgericht in entsprechender Anwendung von § 201 Sozial­gerichtsgesetz unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis zu 1.000 Euro gegen die Arge androhen:

„Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom heutigen Tage erklärt, dass sie dem Antragsteller entgegen der einstweiligen Anordnung aus dem Beschluss vom 13. Februar 2007, ihr zugestellt am 15. Februar, gegen den sie Beschwerde eingelegt hat, keine Grundsicherungsleistungen auszahlen werde. Die Höhe des Zwangsgeldes und die gesetzte Frist erscheinen angesichts der existenziellen Gefährdung des mittellosen Antragstellers angemessen. Falls die Antragsgegnerin dem Beschluss bis zum 23. Februar 2007, 15 Uhr, nachkommt, kann sie die Festsetzung des Zwangsgeldes abwehren“, so das Verwaltungsgericht Bremen (Az. S3 Z 438/07 vom 22. Februar 2007). Dies hätte damals auch Kevin geholfen! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder (WASG)

 

Diese Regierung auf den Mond!

Als ich gestern eine Nachrichtensendung sah, glaubte ich, meinen Augen und Ohren nicht trauen zu dürfen: Jetzt will Deutschland allen Ernstes auf den Mond! Nein, nicht unser Regierungskabinett – dafür hätten ja alle Verständnis, wenn es zum Mond geschossen werden sollte – nein, Deutschland hat so viele Gelder über, die sich im Haushalt einsparen ließen, dass es im Alleingang auf den Mond fliegen möchte. Ansonsten soll ja ein gemeinschaftliches Europa geschaffen werden, aber wenn es darum geht, sich nach außen hin profilieren und nach fast 40 Jahren die eigene Fahne neben die amerikanische auf den Mond setzen zu können, dann prescht Deutschland im Alleingang vor!

Das wäre doch gelacht, wenn unsere Politiker nicht wüssten, wie sie die eingesparten Sozialleistungen, die Gelder für die Deals mit den Unternehmern – als Anerkennung für eine radikale Herabsetzung der Löhne – nicht mit vollen Händen wieder zum Fenster hinauswerfen könnten! Nachdem unten auf der Erde der Raubbau mit den Bodenschätzen weit gediehen ist und uns ein Klimakollaps droht, muss doch mal geguckt werden, ob sich der Mond nicht noch ausbeuten lässt. Was das kostet? Das ist doch völlig wurscht, solange es der Rüstungs- und Weltraumindustrie volle Taschen beschert.

So plant die Große Koalition, angeblich im Kampf gegen Lohndumping, eine Art Mindestlohn auf Hartz-IV-Basis festzulegen. Es soll kein hausgemachtes Lohndumping sein, wenn als Orientierung der Regelsatz dient, den ein lediger, kinderloser Hartz-IV-Empfänger erhält. Dabei deckt dieser noch nicht mal das Existenzminimum! Bundesarbeitsminister Müntefering sagte dazu: „Man kann dies nun Mindestlohn nennen oder nicht, entscheidend ist, dass die Löhne am Ende fair sind.“ Ob es wohl sein kann, dass der gute Mann nicht das mindeste Verständnis davon hat, was faire Löhne sind?

Oder die andere Schnapsidee, die die Bundesregierung in der vergangenen Woche beschlossen hat: Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre, die de facto einer Rentenkürzung gleichkommt. Hiermit soll sichergestellt werden, dass diejenigen, die ihr Renteneintrittsalter tatsächlich lebend – und auch noch in Arbeit – erreichen, ihr eigenes Begräbnis, mit möglichst schmuckem Grabstein, selbst ausrichten können!

Elisabeth GrafLetzte Woche feierten wir den internationalen Frauentag. Hängengeblieben ist, dass wir Frauen in Deutschland es im Berufsleben so schwer haben wie in kaum einem anderen EU-Land. Wir verdienen ein Fünftel weniger als die Männer, arbeiten extrem oft in Teilzeit, machen selten Karriere. Tja, wenn wir denn Erwerbsarbeit haben! Dank Hartz IV verloren 60 Prozent der erwerbslosen Frauen ihren Anspruch auf Bezug von ALG II, nur weil sie mit einem Partner zusammenleben, der nun auch noch für sie mit aufkommen muss. Zum Ausgleich dafür sind lediglich 26 Prozent aller Führungskräfte weiblich.

Letztens regte sich die niedersächsische Landesbischöfin Käßmann zu Recht darüber auf, dass den Kindern von Hartz-IV-Empfängern die erhaltenen Geldgeschenke zur Konfirmation in voller Höhe auf das Einkommen der Eltern angerechnet werden. Die Dame hat eine lange Leitung, weil das verbrecherische und menschenverachtende Hartz IV schon vor über zwei Jahren in Kraft getreten ist. Aber immerhin ist es überhaupt bei ihr angekommen, was in diesem Lande los ist, dass nämlich die Reichen immer reicher werden, während den Ärmsten der Armen alles genommen werden kann.

Die Kinder trifft eine solche Ausgrenzung immer am härtesten. So im Detail scheint das nur wenige wirklich zu interessieren, was diese Klientel dann aber nicht davon abhält, in der „Blöd“-Zeitung Lügen über uns zu verbreiten, in welchem Saus und Braus wir angeblich lebten. Nach all diesen Horrormeldungen der jüngsten Zeit ist es auch kein Wunder, wenn seelische Erkrankungen bei Kindern zunehmen. Viele Todesfälle vernachlässigter Kinder haben die Öffentlichkeit schockiert. Im Zentrum der Wahrnehmung steht dabei stets die körperliche Misshandlung. Dabei ist es gerade um die seelische Gesundheit deutscher Kinder schlecht bestellt.

Fast 20 Prozent aller Vorschulkinder weisen diagnostizierbare Verhaltensauffälligkeiten auf. Zu den häufigsten Störungen gehören Aggressivität, Konzentrationsschwächen, Unruhe, Ess- oder Schlafstörungen, aber auch oft Ängste und Depressionen. Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann, sagte dazu: „Mindestens ein Viertel aller Kinder leben in Umständen, die nicht kindgerecht sind.“ Dazu zählt Hartmann Mütter mit oft wechselnden Partnern oder überforderte Alleinerziehende, Drogenprobleme, Arbeitslosigkeit oder Geldnöte, aber auch übermäßigen Fernsehkonsum: „Das alles macht die Kinder krank.“

Wie können wir Kindern helfen, die keine blauen Flecken oder gebrochene Gliedmaßen haben, aber in ihrer Psyche schwer verletzt werden? Politiker könnten jedenfalls gesellschaftlich ausgegrenzten Kindern ganz leicht durch entsprechende Gesetze helfen, indem sie die Bedarfssätze und die Mietobergrenze auf eine realistische Höhe anhöben, die Verfolgungsbetreuung der Eltern durch die Argen unterließen und somit ein Leben ohne permanente Existenzangst ermöglichten! Wenn dann noch unser Schulsystem reformiert würde, hätten auch Kinder von „bildungsferneren“ Eltern die Chance auf einen höheren Abschluss und eine Berufsausbildung. Das wäre mal Zukunftsmusik!

Elisabeth Graf (parteilos)

 

Europaweiter Streik kann das
Profitprogramm vom Tisch fegen!

1. Heute ist unser Kreis kleiner, und manches vertraute Gesicht fehlt, weil diese Menschen, die uns unterstützen, noch Arbeit haben und zur Spätschicht oder zu anderen Verpflichtungen gerufen sind.

Wir leben in bewegten Zeiten: Vom Umschlag in die Klimakatastrophe werden immer drastischere Bilder und Szenarien gezeichnet. Die Strategien der Riesenkonzerne wie Airbus und deren Vorbereitungen für die gegenseitigen Vernichtungsschlachten, hier mit Boeing, werden immer deutlicher und immer menschenfeindlicher. Und die „Politik“ macht überall mit, bremst, wo sie kann, täuscht, lullt ein, subventioniert im eigenen Interesse: „Sichere dich, schaff gut an, genieße noch“!

Anfang der achtziger Jahre, als es um die Stationierung der „Pershing“-Raketen ging, warb die Reisebranche in den USA: „Besucht Europa, solange es Europa noch gibt“. Diesen Satz scheinen einige Manager und Politiker für sich abgewandelt zu haben. Aber manch einer bekommt auch ein Zeichen.

Bremens Bürgermeister Böhrnsen hat in der letzten Woche seine Ehefrau verloren. Luise Morgenthal starb mitten in ihrer Arbeit. Wir sprechen Herrn Böhrnsen unsere Anteilnahme dazu aus, aber wir schonen nicht die Politik, die auch von ihm vertreten wird, eine Politik gegen die Menschlichkeit, nur für Machtinteressen und Profit. Über den Aberwitz der Folgen aus der Politik des Senats und des Zustroms neuen Straffälligwerdens in den Vollzugsanstalten – Frau Morgenthal leitete den Frauenknast – kann jeder einmal nachdenken!

 

Das große Redebuch
Band II (2005/2006)2. Der Europäische Metallgewerkschaftsbund, die „IG Metall“ auf Europa-Ebene, ruft für Freitag, den 16. März 2007, zum europaweiten Aktionstag und Protest gegen „Power 8“, die Massenentlassungen von 22.000 Beschäftigten bei Airbus, auf. Nicht nur Airbus, sondern alle EADS-Betriebe in Frankreich, Deutschland, England, Spanien, Belgien und den Niederlanden sollen mit ihren Zulieferbetrieben an dem Protest teilnehmen.

Der IGM-Bevollmächtigte in Nordenham geht davon aus, dass in Hamburg, wo die Kundgebung stattfinden soll, eine der größten Demonstrationen ablaufen wird. Aus Nordenham wollen auch Schulklassen mit Bussen nach Hamburg fahren. Ein europaweiter Streik kann dieses reine Profitprogramm vom Tisch fegen!

Nach den Schlagzeilen der letzten und vorletzten Woche hat man nun wieder Nebel und Watte über die Sache ausgebreitet. Frau Merkel und Herr Chirac sprechen von einem „ausgewogenen Programm“. Die deutschen Betriebe sollen wieder auf den Kurs des Standortdenkens gebracht werden. Ein Teil der französischen Gewerkschaftsoberen heult mit den französischen Kapitalisten mit. Aber es brodelt überall: Die Kollegen wollen das nicht hinnehmen, auch nicht in Bremen!

Ich halte es für wichtig, die Airbus-Kollegen in ihrem Kampf zu unterstützen. Die MLPD hilft mit, einen Solidaritätskreis für diesen Kampf in Bremen aufzubauen. Er soll die Verbindung der Kämpfe im Betrieb herstellen zum Leben der Menschen in der ganzen Stadt, von der Schule über den Bäckerladen bis zum Sportverein, und er schließt die Montagsdemo-Bewegung natürlich mit ein. Das nächste Treffen findet statt am Donnerstag, dem 15. März 2007, um 18 Uhr in der „Sahara-Lounge“, Kornstraße 88. Ihr seid herzlich eingeladen!

Da über den Aktionstag in Hamburg noch nicht so viel bekannt ist, es aber IG-Metall-Busse geben soll, fordern wir euch auf, Plätze bei der IGM zu bestellen und mitzufahren! Keiner soll sich abwimmeln oder wegschicken lassen. Es wäre doch gut, wenn wir mit unserem Montagsdemo-Transparent und einigen Mitstreitern dabei wären!

 

3. Konfirmationsgeld für den Deichbau? Der Staat greift einem ja gerne in die Tasche. In Rotenburg an der Wümme bekommt der Landrat Luttmann nun schwer Probleme! Da schlage ich für Bremen den Deichbau vor.

Aus den Superprofiten der multinationalen Konzerne steigt der Kohlendioxid-Ausstoß, das Eis schmilzt, der Meeresspiegel steigt. Aber ehe die Armen, die nicht am Genfer See oder auf angenehmer „Halbhöhenlage“ wohnen, zu ertrinken beginnen, könnte doch der Staat mit den Geldgeschenken an die Kinder das Deichbauprogramm aufpeppen, das Bremen sowieso nicht schultern kann, weil sicher noch wichtigere Investitionen in die Zukunft der Herren Kastendiek oder Perschau notwendig sind.

Mit dem „Spacepark“ an der „Waterfront“ kann man sich noch nicht so glänzend zeigen! Oder doch – wenn alle sechs Stunden richtig „Event“, sprich Sturmflut und Tsunami in den Läden herrscht, so richtig brutale „Wellness“?

Jeden Tag kommt ein Stück mehr heraus von der Unglaublichkeit, mit der die deutsche Bürokratie ihre Weltgeltung in Sachen Perversität und Unverstand zu unterstreichen sucht. Die Politik schaut wohlgefällig zu.

Jobst Roselius
 
Berufsverbot: Antifaschist darf nicht Lehrer werden („Tageszeitung“)

 

Kriegsdienstverweigerer freilassen!

Zuweilen geschieht auch noch Erfreuliches in unserer Stadt. Dazu gehört die Friedenspreisverleihung der Villa Ichon am 10. März 2007 an den Wehrmachtsdeserteur und Friedenskämpfer Ludwig Bau­mann. Er hat den Preis mehr als verdient! 1942 in Frankreich entkam er nur knapp der Hinrichtung, seine Todesstrafe wurde in eine Zuchthausstrafe umgewandelt. Er kam über das KZ Emsland und über Thorgau in ein Strafbataillon in Weißrussland, wo er schwer verwundet wurde. 30.000 Todesurteile hatten die Wehrmachtsrichter gegen Deserteure gefällt, 20.000 wurden vollstreckt, nur 4.000 Fahnenflüchtige überlebten den Krieg. In der Bundesrepublik mussten sie sich jahrelang als „Feiglinge“, „Vaterlandsverräter“ und „Drecksäcke“ beschimpfen lassen.

Wieland von HodenbergLudwig Baumann kämpfte einen mühseligen und schweren Kampf für ihre Rehabilitation. Sie galten wie er selbst jahrzehntelang weiter als „vorbestraft“, und Ludwig Baumann hielt dieser Stigmatisierung stets entgegen: „Millionen Zivilisten, KZ-Insassen und Soldaten hätten nicht mehr zu sterben brauchen, wenn die Soldaten massenweise aus dem Vernichtungskrieg desertiert wären!“ 2002 wurden die Urteile gegen die Deserteure endlich aufgehoben, nicht aber der Straftatbestand „Kriegsverrat“. Baumann erklärte auf der Festveranstaltung, dass man nichts Besseres tun könne, als „auch in Zukunft den Krieg – und zwar jeden Krieg – zu verraten“!

Das Bremer Friedensforum und die Initiative „Bremische Freiheit für Deserteure“ kämpfen schon seit Jahren mit zahlreichen Briefen und Appellen an den Bremer Senat, nach dem Vorbild von Münster, Osnabrück und Freiburg geflohene Deserteure aus den Kriegen dieser Welt aufzunehmen, um sie zu schützen – bisher vergebens. Vor kurzem wurden auch mehrere Fälle von Desertion aus der amerikanischen Besatzungsarmee im Irak bekannt. Ich möchte hier ein Beispiel nennen:

Am 6. März 2007 wurde der US-Soldat Augustin Aguayo vor ein Militärgericht in Würzburg gestellt, weil er sich im September 2006 einem Kriegseinsatz im Irak durch Fahnenflucht entzogen hatte. Seitdem sitzt er in einem Militärgefängnis in Mannheim. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu sieben Jahre Haft. Aguayo ist seit 2003 in der Armee und war bereits 2004 für ein Jahr im Irak. Damals hatte der US-Sanitäter bei Wachdiensten sein Gewehr aus Gewissensgründen stets ungeladen getragen, was ihm erheblichen Unmut seitens seiner Vorgesetzten eintrug. Der knapp 35-jährige Soldat kämpft seit drei Jahren um seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer in den Vereinigten Staaten. Amerikanische Gerichte hatten dies jedoch immer abgelehnt.

Der Kriegsverweigerer benötigt dringend unsere Solidarität! Er ist ein Beispiel dafür, dass längst nicht alle US-Soldaten aus Überzeugung in diesem Krieg kämpfen. Viele zweifeln schon lange am Sinn der staatsterroristischen Aktivitäten der Regierung Bush gegen die irakische Bevölkerung. Lasst uns die Haltung der betreffenden Soldaten unterstützen! Sie können einen Beitrag zur Verkürzung dieser Barbarei leisten, indem sie Sand ins Kriegsgetriebe werfen. Fordern wir die sofortige und bedingungslose Freilassung des Soldaten Augustin Aguayo!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
In Einheitskluft auf den Spielplatz: Arbeitslose sollen sich für einen Euro
pro Stunde von Jugendlichen verspotten lassen („Märkische Allgemeine“)

 

Wir werden noch mehr als 125 Mal gegen diese Politik vorgehen!

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlAm ersten richtigen Frühlingsmontag dieses Jahres war richtig was los in der Stadt: Die Straßencafés haben geöffnet, vor der Bürgerschaft wird ein „Tatort“-Krimi gedreht, Frau Merkel und Frau Schmidt kommen zur „Aids-Konferenz“. Und wer kommt zu uns? Zur 125. Montagsdemo in Bremen am 12. März 2007 ab 17:30 Uhr auf dem Marktplatz und später auf dem Hanseatenhof erschienen etwa 30 Menschen. Einige der Mitstreiter waren bei der Arbeit oder weiteren Terminen, dafür kamen andere, die wir lange nicht gesehen hatten. Und das freut einen ja auch!

Der geplante „Protestausflug“ nach Hannover zum Prozess gegen Vertreter der dortigen Montagsdemo fiel aus, weil das Gericht den Termin ausgesetzt hatte; nun soll es einen „geballten“ Termin geben. Noch ist nicht klar, was dahintersteckt: Entweder gibt das den großen Rückzug der niedersächsischen Staatsorgane, weil die Anordnungen und Vorwürfe gegen die Montagsdemo nicht haltbar sein werden, oder man meint, mit der Zusammenlegung die Montagsdemo besser treffen zu können, wie beim Schießen „mit Kanonen auf Spatzen“. Wir kommen, wenn unsere hannoverschen Freunde uns rufen!

Aufrufe zur Unterstützung der für ihre Arbeitsplätze kämpfenden Airbus-Kollegen und zur Teilnahme am europaweiten Aktionstag am Freitag, dem 16. März 2007, in Hamburg waren ein wichtiges Thema. Ansonsten geht es auch um die Bremer Landespolitik: In dieser Woche findet erneut eine Sitzung der Sozialdeputation statt, es geht uns mal wieder um die Wohnungen und die bedrohlichen Zwangsumzüge. Ob im „Fall Kurnaz“ oder hier: Mit Lavieren und Belügen überall will der Senat die Zeit bis zur Wahl verbringen. So gab es viele wichtige und interessante Beiträge. Aus allem kann man aber nur den Schluss ziehen: Nicht alleine, nur gemeinsam werden wir etwas erreichen!

Hier noch ein örtlicher Demo-Termin: Gegen den Kahlschlag in Schwach­hausen und für die Wiederaufforstung treffen wir uns am Samstag, dem 17. März 2007, um 11 Uhr vor der Centauren-Apotheke am Dobbenweg.

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo
 
Mord aus höheren Motiven: Heute dürfen wir nicht einmal mehr
von einer Revolution sprechen („Spiegel-Online“)

 

„Fordern Sie doch Ihren Vermieter
auf, die Miete zu senken!“

So lautet sinngemäß einer der Vorschläge der Bagis an die Arbeitslosengeld-II-Empfänger, deren Miete über der zulässigen Obergrenze liegt. Ein anderer ist, dass man doch einen Teil der Wohnung untervermieten solle; dieser Vorschlag wird auch Alleinstehenden gemacht, die eine Zweizimmerwohnung bewohnen. Da mag so mancher an Schilda denken, aber weit gefehlt! Das sind die Auswirkungen der Hartz-Gesetze.

In Bremen haben inzwischen über 7.000 Bedarfsgemeinschaften einen Brief bekommen mit der Mitteilung, dass ihre Miete die „Obergrenze“ übersteige und dass sie sechs Monate Zeit hätten, sie abzusenken. Danach werde die Bagis die Zahlung für die Miete auf die „Obergrenze“ reduzieren: für einen Alleinstehenden auf 265 Euro für Kaltmiete plus Nebenkosten.

Deswegen betont der neugebackene Staatsrat Joachim Schuster auch: „Es hat bisher keine Zwangsumzüge gegeben, und es wird keine geben“ (Pressemitteilung des Senats vom 9. Februar 2007). Also: Niemand wird gezwungen, nein, es wird keine Räumkommandos geben, keine Zwangsumzüge wie in den zwanziger Jahren, es wird einfach der Geldhahn zugedreht! Und wer kann es sich schon leisten, über eine längere Zeit die nicht von der Bagis übernommenen Mietkosten aus dem Regelsatz von 345 Euro zu bezahlen?

„Hungere und wohne!“, heißt die Devise, müssen doch alle ALG-II-Empfänger schon die Kosten für Warmwasser und Strom aus der Regelleistung tragen. Auch bei den Heizkosten müssen viele daraus drauflegen: Die Bagis übernimmt maximal 1,10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Von den 345 Euro, die zum Leben gedacht sind, bleiben bei den meisten keine 300 Euro, die sie wirklich zum Leben haben. Wenn davon noch Kosten für die nicht übenommene Miete bezahlt werden müssen, ist das Ende der Fahnenstange erreicht!

Die Mietstufe 3, für einen Alleinstehenden wären das maximal 325 Euro, die für Neubauten nach 1992 oder entsprechend modernisierte Wohnungen gilt, wird in Bremen für Arbeitslose nicht gezahlt. Dies hat die Bremer Sozialdeputation im Dezember 2005 entschieden und hält bis heute daran fest. Wir waren deswegen schon mehrfach bei den Sitzungen der Sozialdeputation, denn was Mietobergrenzen sowie Heizkosten angeht, gibt es keine bundesweiten Vorschriften: Die Entscheidung darüber liegt bei der jeweiligen Kommune, in diesem Falle bei der Sozialdeputation.

Obwohl mehr als die Hälfte aller Gebäude in Bremen nach 1991 modernisiert oder gebaut wurden und obwohl in vergleichbaren Städten im Lande Niedersachsen vom Landessozialgericht Niedersachsen/Bremen die Mietstufe 3 grundsätzlich als angemessen anerkannt wird, einschließlich älterem Baujahr ohne Modernisierung, wird in Bremen von der Sozialdeputation ein anderer Weg beschritten – ein Weg, der Tausende und Abertausende noch tiefer in Elend und Ausweglosigkeit stürzen wird, nicht zu sprechen von den Hunderten Menschen, die bereits ohne Obdach auf der Straße leben müssen und so immer weniger Aussicht haben, dass sich das jemals ändert.

Protest bei Sitzung der Bremer Sozialdeputation 
am 8. Februar 2007

Bei unseren Besuchen bei den Sitzungen der Sozialdeputation bekamen wir zur Antwort, es handle sich lediglich um „Einzelfälle“; man werde jeden „Einzelfall“, den wir vorlegen, nachprüfen. Bei über 7.000 inzwischen angeschriebenen Bedarfsgemeinschaften von „Einzellfällen“ zu sprechen, ist aus Sicht der Betroffenen nur noch als kaltschnäuzig zu bezeichnen. Man darf auch getrost daran zweifeln, dass die Mitglieder der Sozialdeputation sich vorstellen können, was in einem Menschen vorgeht, der den Brief der Bagis erhält, die Mietkosten zu senken oder auszuziehen.

Auch der Hinweis im Brief der Bagis, „dass die Anerkennung höherer Kosten der Unterkunft möglich ist, wenn besondere Gründe vorliegen“, ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben steht. So bekam jetzt ein Betroffener, nachdem er bei der Bagis gesundheitliche Gründe und eine Wohndauer von mehr als zehn Jahren als besondere Gründe geltend machen wollte, zur Antwort: „Die aufgeführten Punkte können (nicht müssen) zu einer Anerkennung höherer Unterkunftskosten führen“.

Deshalb fordert der Erwerbslosenausschuss Verdi Bremen die Anerkennung der tatsächlichen Mieten durch die Bagis und die Anhebung der Heizkostenpauschale auf 1,40 Euro pro Quadratmeter! Wir besuchen die Sitzung der Sozialdeputation am 15. März 2007! Sie beginnt um 10 Uhr; Treffpunkt für alle, die mitkommen wollen, ist um 9 Uhr vor dem Hauptbahnhof! Gewerkschafter raus auf die Straße! Kämpfen wir für unsere Rechte! Die Hartz-Gesetze müssen wieder weg! Jetzt erst recht Gewerkschaftsmitglied werden!

Der Verdi-Erwerbslosenausschuss ist jeden Montag von 9 bis 12 Uhr im DGB-Haus, Bahnhofsplatz 22-28, Zimmer 1.17 in der ersten Etage im Neubau oder telefonisch unter 0421-3301 139 zu erreichen. An jedem ersten und dritten Dienstag im Monat treffen wir uns zwischen 14 und 16 Uhr zum „Erwerbslosencafé“ im Foyer des DGB-Hauses. Das nächste Treffen ist am 20. März. Unsere regelmäßige Sitzung findet jeden vierten Donnerstag im Monat ab 17 Uhr im Gewerkschaftshaus statt. Diese Sitzung ist öffentlich für alle Verdi-Mitglieder.

Flugblatt von Klaus Neumann (Verdi-Erwerbslosenausschuss Bremen)
 
Protest sprengt Sitzung: Große Koalition verweigert Aussprache mit Demonst­ranten über die Tausende von Zwangsumzugs-„Einzelfällen“ („Weser-Kurier“)

 

Wenn die Wut
nicht verrauchen kann

Heute bin ich beim Amt gewesen, etwas nachfragen, bei mir ist die Kürzung um fünf Euro bei der Heizung auch Fakt, da kommt es zu Tumult, wie jeden Tag! Ein junger Mann, 27, und seine Mutter schildern, weshalb sie so protestieren und Widerspruch einlegen werden:

Er zog kürzlich zu seiner Mutter ins Haus, die arbeitet und ein Kleinkind eigenständig versorgt. Er wurde dazu gedrängt, den Mietvertrag mit ihr zu unterschreiben, mit dem Kompliment, dass die neue Wohnung nun billiger sei als die alte. Die Ummeldung beim Ortsamt erfolgte, der Mietvertrag wurde weitergereicht – um heute zu erfahren, dass nichts anerkannt, sie drei als eine Bedarfsgemeinschaft eingestuft und alles angerechnet werde. Also erfolgt eine Kürzung um über die Hälfte des Netto-Lebensbedarfs, und seine Mutter würde kaum was von der Miete sehen. Die Begründung lautete, er sei ohne Erlaubnis der Bagis umgezogen!

Securities und Angestellte standen vor der Tür: Wegen Androhung von Gewalt könne er jetzt Hausverbot kriegen. „Das is mir egal! Denen werd ich’s zeigen! Wenn ich den außerhalb seiner Bude erwische!“ Wir sollten uns versammeln, auch um die Kriminalisierung einzelner zu vermeiden durch Kollektivierung!

E-Mail-Zuschrift von Bernd Krause
 
Hartz-IV-Leute unerwünscht: Hessische Kommune ködert lieber jahrelang
Besserverdiener mit 1.000 Euro pro Kind („Erwerbslosenforum“)
 
Hartz-IV-Irrsinn: Arbeitsloser schlägt zurück („Chaos Radio“)
 
Zehntausende Demonstranten: In keinem Airbus-Werk
wurde noch regulär gearbeitet („Spiegel-Online“)
 
Volksverblödung: Hartz-IV-Kinder kompensieren Armut durch Angeberei, und die Eltern der Klassenkameraden kriegen Sozialneid („Rheinischer Merkur“)
 
Übergeschnappt: „Fallmanager“ fordert 5.000
Bewerbungen pro Jahr („Allgemeine Zeitung Uelzen“)
 
Arge verweigert Mietzahlung: Wer bei Bekannten auf
dem Sofa schläft, ist doch nicht obdachlos („ZDF“)
 
Neue Masche: Betrüger geben sich als
Hartz-IV-Detektive aus („Erwerbslosenforum“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz