84. Bremer Montagsdemo
am 08. 05. 2006  I◄◄  ►►I

 

Die soziale Kälte

Ursula GatzkeIn Deutschland wird es kälter, von Jahr zu Jahr. Da bringt der Storch weniger Kinder, das ist doch klar! Nun soll der Storch bald schlucken: etwas Geld, damit er mehr Kinder bringt auf unsere Welt!

Störche fressen zwar Kröten und Mäuse, doch kein Geld. Warum kam bei Merkel kein Kind auf die Welt? Merkel will frei sein und fliegen so viel! Im Ausland regieren, ist das ihr Ziel?

Zum Wohle des Volkes hat sie geschworen, hoch und heilig, doch nun kommen die vielen Renten-Nullrunden so eilig! Arbeiten sollen die Menschen bis zum Greis, und früher sterben sollen die Alten, so ein Scheiß!

Schaffe und hopse in die Kiste gleich, auf diese Weise werden die Herrschenden reich! Die oben sind, stellen die Weichen. Zum Arzt gehen bald nur die Reichen!

Die Abrissbirne pendelt über armen Menschen hin und her, sie trifft jeden Tag, jede Stunde Menschen, immer mehr! Solange sie pendelt ohne Ende, gibt es im Lande auch keine Wende!

Ursula Gatzke (parteilos)

 

Auch die „Reichensteuer“
lässt den Reichtum unbesteuert

Da gibt es ja immer noch diesen Hundt, Unternehmerboss. Er will, dass nun auch noch pro Arztbesuch fünf Euro bezahlt werden sollen, neben der Abzockergebühr von zehn Euro pro Quartal, fälschlicherweise Praxisgebühr benannt. Für den überwiegenden Teil derjenigen, die sehr wenig Geld zur Verfügung haben, ist auch jede Zuzahlung weggefallen. Nicht allen Rentnern geht es schlecht, aber die Mehrheit muss mit verdammt wenig auskommen!

Hermann SiemeringNur mein eigenes Beispiel: Meine Frau und ich haben zusammen 1.140 Euro und 38 Cent brutto, das sind 1.032 Euro und sechs Cent netto. Einkäufe und alle Zuzahlungen kann man natürlich nur vom Netto begleichen. Im Alter gibt es auch schon mehr Zipperlein, die einen Arztbesuch oder gar Krankenhausaufenthalt notwendig machen. Bei uns fielen 80 Euro Abzockergebühr, genannt Praxisgebühr an; weiterhin Rezeptgebühren, 20 Mal fünf Euro, zusammen 100 Euro. Dazu Krankenhaus, Krankenwagen und einige sonstige Zuzahlungen, etwa für besondere Strümpfe und eine neue Brille, ungefähr 200 Euro.

Das sind Sachen, die Millionen ältere Leute zahlen müssen, obwohl sie, wie zum Beispiel ich, 45 Jahre immer brav in die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung einbezahlt haben. Die Sozialversicherungsbeiträge werden ja von Lohn oder Gehalt abgezogen. Alles, was selbst zu zahlen ist, geht natürlich an Kaufkraft verloren und macht die Armen immer noch ärmer!

Doch die Millionäre wie eben dieser Hundt und ein paar Tausend seiner Konsorten wollen uns noch mehr aus der Tasche ziehen! Diese Leute schreien schon Zeter und Mordio, wenn sie davon läuten hören, womöglich etwas mehr von ihrem ungeheuren Reichtum abgeben zu müssen! Die Politiker und Politikerinnen, die sich laufend selbst bedienen, dementieren erstmal eine neue „Arztgebühr“. Das dürfte bereits die erste Hälfte einer Lüge sein!

Zur Zeit wird immer noch bei der Masse der Menschen gesucht, wo noch mehr zu holen ist, und zwar bei den Ärmsten der Armen. Dafür werden auch Schnüffeldienste geschaffen, die nach meiner Meinung bis zu rechtswidrigen Eingriffen in die persönlichen Freiheiten führen. Das Grundgesetz sagt in Artikel 1, Absatz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Wenn dem in der Praxis so wäre, müssten die ganze Regierung und mit ihnen die größten Wirtschaftsbosse hinter Gitter kommen! Sie verstoßen tagtäglich gegen das Grundgesetz, allein schon mit Hartz IV.

Hermann Siemering, Rentner, parteilos, Jahrgang 1932, seit
59 Jahren Mitglied der Gewerkschaft (heute Verdi)

 
Armselig: „Reichensteuer“ bringt nur 127 Millionen Euro („Spiegel-Online“)
 
Schamlos: Daimler-Chrysler zahlt 2006 trotz sechs Milliarden Euro
Gewinn überhaupt keine Gewerbesteuer („Spiegel-Online“)

 

Bürgerrechte auf Eis gelegt?
Des Wahnsinns fette Beute?

Elisabeth GrafVon allen Dächern erschallt immer lauter, dass die Kosten für die Arbeitsmarktreform massiv explodieren würden. Dies nimmt die Bundesregierung zum Anlass, eine Schnüffelei von gigantischem Ausmaß in Angriff zu nehmen. Die geplanten Kontrollen bei den ALG-II-Empfängern sind völlig unverhältnismäßig. Wie bei allen Diffamierungen bisher auch, geht das Arbeitsministerium bar jeglichen Beweises davon aus, das ALG II werde in etwa 80.000 Fällen zu Unrecht ausgezahlt.

Im Vergleich zu Steuerhinterziehungen, Korruption im Baubereich, Betrug im Gesundheitswesen und ähnlichem wird nur hier mit Atombomben auf Spatzen geschossen. In welchem Verhältnis stehen schon die überschätzten 1,5 Milliarden Euro als Spareffekt, wenn den Arbeitslosen dadurch verschärfte Kontrollen bis in privateste Lebensbereiche hinein auferlegt werden dürfen? Neuerdings ist der Außendienst befugt, Hausbesuche bei ALG-II-Beziehern zu machen. Betroffene müssen selbst beweisen, dass sie nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, und wenn nötig Klage einreichen. Damit setzt sich die Bundesregierung aalglatt über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hinweg, das bereits vor Jahren eine Bedarfsgemeinschaft glasklar definiert hatte. Es kann nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sein, dass Arbeitslosigkeit gleichbedeutend damit werden soll, auf Menschenwürde und Datenschutz verzichten zu müssen und Zug um Zug in ein Vakuum zunehmender Rechtlosigkeit hineingedrängt zu werden!

Schon wieder wird die öffentliche Diskussion um den angeblichen Missbrauch dafür benutzt, die Sanktionen zu verschärfen. Vor ganz fernen Zeiten bestand die Aufgabe des Arbeitsamtes einmal darin, Arbeit zu vermitteln. Doch seit freie sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen, von denen der Lebensunterhalt befriedigend bestritten werden kann, zum selten gewordenen Luxusgut aufgestiegen sind, musste sich die Bundesagentur für Arbeit ein neues Betätigungsfeld erschließen: den Ausschluss der Arbeitslosen aus dem Leistungsbezug. Denn auch das ist eine Methode, die Arbeitslosenstatistik zu beschönigen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verwandelte sich in die Bekämpfung der Arbeitslosen, mit dem ganzen Programm, was die Verfolgungsbetreuung zu bieten hat.

Um die „Arbeitsbereitschaft“ der Antragsteller zu überprüfen, hat das sogenannte Optimierungsgesetz die Latte höhergelegt: Noch vor jeglichem Erstbezug des ALG II muss an einer „Maßnahme“ teilgenommen oder ein kontraproduktiver Ein-Euro-Job akzeptiert werden. Auf diese Weise wird vermutlich auch der Zeitpunkt hinausgeschoben, an dem die Bundesagentur 12.000 Euro an die Arge beziehungsweise Bagis überweisen muss, weil der Antragsteller nicht in Arbeit vermittelt werden konnte.

Die Bagis hat gar keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze zur Verfügung, in die sie uns vermitteln könnte. Wenn überhaupt, werden solch rar gewordenen Kostbarkeiten an ALG-I-Empfänger überwiesen, da diese noch prozentual zu ihrem letzten Nettogehaltes vergütet werden und nach einem Jahr Arbeitslosigkeit das Bezahlen von besagten 12.000 Euro vermieden werden soll. Für Langzeitarbeitslose verteilt die Bremer Bagis fast ausschließlich Maßnahmen wie Bewerbungstraining oder die ausbeuterischen Ein-Euro-Jobs. Damit ist es so gut wie unmöglich, eine bessere Chance in den ersten Arbeitsmarkt hinein zu erwerben.

Es ist doch wirklich merkwürdig: Arbeitslose gelten erst dann als „mittellose Hilfsbedürftige“, wenn sie sich bei der Suche nach einer nicht existenten Arbeitsstelle vor lauter Engagement beständig völlig sinnentleert überschlagen. Dazu fällt mir das Gleichnis vom klapprigen Esel ein, der einen verflixt schweren Karren aus dem Dreck ziehen muss: Als „Anreiz“ baumelt vor seiner Nase, an einer Stange über dem Kopf, eine knackige Möhre hin und her, die er nie erreichen, geschweige denn knabbern können wird.

Die „Taz“ vom letzten Wochenende fragt den Philosophen Guillaume Paoli, welchen Stellenwert Geld als Motivation habe. Auffällig, dass man Managern ganz viel Geld bezahlen muss, um sie zu motivieren, während bei den Arbeitslosen eigenartigerweise angenommen wird, dass ihnen das Geld gekürzt werden müsse, um dasselbe zu erreichen. Es springt schon ins Auge, wie leichtfertig hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Anstatt endlich einzugestehen, dass Hartz IV mit Pauken und Trompeten ins Wasser gefallen ist, wird unermüdlich und auf dem Rücken der Arbeitslosen an der Quadratur des Kreises gebastelt! Es wäre doch erheblich sinnvoller, auf das viel zu niedrige ALG II auch noch das Geld draufzulegen, das bisher für die Bekämpfung der Arbeitslosen verschwendet wird.

Elisabeth Graf (parteilos)
 
„Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“: Müntefering
bekennt sich als Menschenverächter („Zeit-Online“)
 
Enttäuschung: Die neuen Entrechteten des 21. Jahrhunderts finden die alte Partei der industriellen Arbeitnehmerelite aus dem 20. Jahrhundert als erbitterten Gegner vor („Spiegel-Online“)
 
Darauf ein Beck’s: Neuester SPD-Chef will keine Gesellschaft, die in Arm und Reich oder in Erfolgsverwöhnte und Chancenlose zerfällt („Rote Fahne News“)

 

Gegen Ein-Euro-Jobs und Lohndumping! Für das schöne Leben!

Jens SchnitkerMit der Agenda 2010, mit Hartz IV, den Ich-AGs und Ein-Euro-Jobs ist uns schon einiges zugemutet worden! Diesen Kurs setzt die Große Koalition fort: die Arbeitsbedingungen zu verschärfen, die Löhne zu drücken, die Rechte der Beschäftigten zu beschneiden und die Spaltungen in der Gesellschaft zu vertiefen.

Die fortwährenden Angriffe auf die Erwerbslosen, seien es nun die Verschärfungen der Zumutbarkeitsregelungen, die Verweigerung der eigenen Wohnung für Unterfünfundzwanzigjährige oder die Einführung der Ein-Euro-Jobs, reihen sich ein in eine Arbeitsmarktpolitik, die in erster Linie das Ziel verfolgt, den Zwang zur Arbeit zu verschärfen. Gewünscht wird eine flexible, billige und angepasste Arbeitskraft mit möglichst wenig Rechten und vielen Pflichten. Viele von uns arbeiten schon heute in schlecht bezahlten Jobs, ohne die Sicherheit eines unbefristeten Arbeitsvertrages. Viele sind gezwungen, einen zweiten oder gar dritten Job anzunehmen, um „über die Runden“ zu kommen. Stundenlöhne unter fünf Euro sind auch hierzulande längst Realität!

Die Ein-Euro-„Jobs“ reihen sich da fugenlos ein: Staatlicherseits wird ein Niedriglohnsektor geschaffen, um uns an genau diese beschissene Maloche zu gewöhnen oder uns zumindest statistisch für ein Jahr aus den Arbeitslosenzahlen „wegzuparken“. Außerdem kommen so billige Arbeitskräfte in den öffentlichen Bereich, als Ausgleich für leere öffentliche Kassen, um durch Steuerentlastung für die Unternehmen die Profite zu steigern.

Die Gewöhnung an diese Maloche funktioniert vor allem aufgrund massiven Drucks der Bagis, aber auch, weil viele das zusätzliche Geld gut gebrauchen können, nicht nur zu Hause „abhängen“ wollen und auf das Eintreten der Versprechen von Arbeitsagentur, Bagis oder Bremer Arbeit GmbH hoffen, dass sich die individuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt so verbessern lassen. Insgesamt werden von mehreren Seiten Standards für die Zukunft geschaffen, die bei einigen wenigen die Geldbeutel noch mehr klingeln lassen, während wir uns krumm machen sollen für das Lebensnotwendige. Wie im kommunalen Sektor sollen Ein-Euro~Jobber(innen) demnächst auch in nicht gemeinnützigen Bereichen eingesetzt werden, um dort als Lohndrücker(innen) zu fungieren.

Das Ganze ist so neu nicht. An einem Großteil der hier lebenden rund zehn Millionen Migrant(inn)en ist mit Hilfe einer rassistischen Einwanderungs- und Sozialpolitik in den letzten 25 Jahren exemplarisch durchexerziert worden, was jetzt Wirklichkeit für viele werden soll. Niedriglohnarbeit, Chancen- und Rechtlosigkeit sind für die meisten Einwanderer und Einwanderinnen bittere Realität. Die Unterbringung von Flüchtlingen in abbruchreifen Häusern und leerstehenden Fabrikhallen, das Asylbewerberleistungsgesetz mit seiner generellen Sozialgeldkürzung unter den Sozialhilfesatz, Essensgutscheine statt Bargeld und Arbeitsverbote sind weitere Beispiele für eine systematische Ausgrenzung und Desintegration bestimmter Gruppen von Menschen.

Weitgehende Rechtlosigkeit, gepaart mit ebenso beliebiger wie brutaler Propaganda („Faulenzer“, „Schmarotzer“, „Abzocker“, „Kriminelle“) und vermeintlichen „Notwendigkeiten“ („Globalisierung fordert Flexibilität“) bereiten den Boden für eine umfassende Vereinzelung und Entsolidarisierung. Eine rassistische und soziale Spaltung der Gesellschaft ist das Ergebnis. Genau das wollen wir nicht! Im Gegenteil wollen wir uns zusammentun, gemeinsam Widerstand organisieren, uns für eine solidarische Gesellschaft einsetzen, Sand im Getriebe sein und auf keinen Fall die ganzen Kröten schlucken, die uns hier vorgesetzt werden! Sich gegenseitig eine Hilfe sein, egal woher einer kommt!

Am Donnerstag, dem 18. Mai 2006, ist Bremer Erwerbslosen- und Jobber(innen)-Tag im Stadtteilladen Kornstraße 108 in der Neustadt, Ecke Gneisenaustraße (Haltestelle der Linien 4 und 5). Eingeladen sind alle, die in irgendeiner Art interessiert sind, sich mit anderen Leuten gemeinsam auszutauschen, zu beraten, Aktionen zu organisieren oder die einfach nur Lust haben, zu schauen, was geht. Ab 9 Uhr ist Erwerbslosenfrühstück, ab 11 Uhr Aktion (bitte Fahrräder mitbringen!), ab 14 Uhr gibt es Tipps und Hilfestellung für den „Gang aufs Amt“ und Beratung, um 16 Uhr den Film „Des Wahnsinns letzter Schrei“ von 2005 über die Arbeitsmarktreform und die ideologische Neuausrichtung im Land, in Zeiten, da die Verteilung des produzierten Reichtums neu verhandelt wird. Anschließend beginnt eine offene Diskussion über Möglichkeiten des Protestes und Widerstands, der Organisierung gegen Ein-Euro-Jobs, Niedriglohnmaloche und Ämterstress.

Die „Ein-Euro-Jobber(innen)-Arbeitsgruppe“ trifft sich alle 14 Tage donnerstags von 17 bis 19 Uhr im Stadtteilladen Kornstraße 108. Am gleichen Ort gibt es alle 14 Tage dienstags von 10 bis 12 Uhr einen selbstorganisierten Hartz-IV-Treff.

Flugblatt der „Ein-Euro-Jobber(innen)-Arbeitsgruppe“,
vorgetragen von Jens Schnitker (parteilos)

 
Einsicht: Die Gesetze Hartz I bis IV sind gescheitert („Spiegel-Online“)
 
Konservative geschockt: Ist George W. Bush tatsächlich der schlechteste
US-Präsident aller Zeiten? („Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“)

 

Herbeigebuchte Überschüsse für den Milliarden-Mehraufwand

Hans-Dieter Binder1. Das Bremer Theater streikt nicht: „Wir spielen weiter“, so stand es in großen Lettern am Theater. Verdi hat immer noch Geduld und beweist eine sehr verantwortungsvolle Handlungsweise, wie auch beim Streik im öffentlichen Dienst, eine Reaktion mit Augenmaß. Die Arbeitgeber setzen auf Zeit. Insbesondere das Bremer Theater setzt auf einen Fristablauf. Verdi hat viel hingenommen bei den Verhandlungen mit dem Senator für Kultur. Die Verhandlungsführung des Senators lautet scheinbar: „Hinhalten, vergessen, alles neu macht der Mai!“

Inzwischen ist viel Wasser die Weser runtergeflossen, aber die Langsamkeit des Kultursenators bleibt. Weihnachtsgeld 2005 beim Theater streichen heißt auch, den Bürgermeister wortbrüchig zu machen, der dem Gesamtpersonalrat der Freien Hansestadt Bremen die Einhaltung der Tarifverträge zugesagt hat. Ein Notlagentarifvertrag soll nur verhandelt werden, wenn dies bundesweit gemacht wird. Zeit gewinnen! Bei dem Vorstellungsgespräch des neuen Intendanten Hans Joachim Frey konnte Senator Kastendiek die Höhe des Zuschusses für das Bremer Theater nicht nennen. Eine überraschende Frage? Verhandelt war der Zuschussbetrag zu diesem Zeitpunkt schon.

Herr Dünnwald, beurlaubter und gekündigter kaufmännischer Ex-Geschäfts­führer des Bremer Theaters hat selbiges verklagt; er wehrt sich gegen die fristlose Kündigung. Außerdem hat er die Freie Hansestadt Bremen verklagt. Eingegangen sind diese Klagen Ende Januar 2006. Im April hat der „Weser-Report“ getitelt: „Neuer Krach um Dünnwald“ und sehr negativ über ihn berichtet. Damit hat die Verleumdungsklage von Herrn Dünnwald gegen die Stadt erneut die Berechtigung bestätigt bekommen! Er hat eine neue Aufgabe gefunden, die üble Nachrede des Kultursenators wird auch ein Ende haben. Das wird eventuell für Bremen eine sehr teuere Erfahrung, aber wer zahlt die Zeche? Letztlich die Mitarbeiter des Bremer Theaters.

Herr Patzelt hat die Mitarbeiter(innen) auserkoren, die Sanierungslücke zu schließen. Verdi wird sich weiterhin mit dem Notlagentarifvertrag auseinandersetzen, aber keinen Tarifvertrag abschließen, der die eigenen Mitglieder schlechter stellt als Nichtmitglieder. Verdi muss nicht zu einem Abschluss kommen, denn der bisherige Tarifvertrag gilt einfach weiter. Speziell das Weihnachtsgeld 2005 verfällt am 31. Mai 2006, es sei denn, die Mitarbeiter(innen) erheben noch diesen Monat Klage beim Arbeitsgericht, oder die Geschäftsführung des Theaters verzichtet rechtzeitig verbindlich auf die Einrede der Verjährung. Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

 

2. Die Bundesagentur für Arbeit hat viel Geld in der Kasse! Der für dieses Jahr geplante Überschuss wurde bereits im ersten Quartal fast erreicht: 1,7 von 1,8 Milliarden Euro. Insgesamt werden es 2006 also 6,8 Milliarden sein. Im ersten Quartal waren 450 Millionen Euro Überschuss geplant, und man liegt bereits 1,25 Milliarden über Plan.

Laut Staatsrat Arnold Knigge sind das aber alles nur Sondereinflüsse und Einmaleffekte. Ein wesentlicher Punkt sei die Vorverlegung der Beitragsfälligkeit: Die Arbeitgeber müssen jetzt im jeweiligen Monat überweisen statt im Folgemonat. Allerdings können sie den Beitrag für Januar auf die folgenden sechs Monate verteilen.

Dies hat für das erste Quartal zu folgender Auswirkung geführt: Zahlungseingang im Januar: Beitrag für Dezember 2005, der Beitrag für Januar wird valutiert. Zahlungseingang im Februar: Beitrag für Februar und ein Sechstel vom Januarbeitrag. Zahlungseingang im März: Beitrag für März und ein Sechstel vom Januarbeitrag. Somit hat dies im ersten Quartal eine Auswirkung von einem Drittel des Beitrages für Januar.

Die geschätzten Jahreseinnahmen von 54,8 Milliarden, wegen der Jahressonderzahlungen auf fiktive 13,5 Raten verteilt, ergeben einen fiktiven Monatsbeitrag von circa 4,059 Milliarden Euro. Zwei Sechstel davon sind 1,353 Milliarden Euro als Auswirkung für die Änderung der Beitragsfälligkeit im ersten Quartal 2006.

Wenn sich 2006 allein die Beitragsfälligkeit mit fiktiven Mehreinnahmen von insgesamt circa 4,059 Milliarden Euro auswirkt, dann beläuft sich mit dem geplanten Überschuss von 1,8 Milliarden Euro der Gesamt-Überschuss immerhin auf rund sechs Milliarden Euro! Dabei sollte die Beitragsfälligkeit nur den Mittelzufluss ändern, dieses Geld wäre sonst 15 Tage später eingegangen. Es ist nur die Zinsersparnis als Zusatzeinnahme zu betrachten, somit ist bereits die Ursprungszahl falsch! Aber wieso heißt es „ungeplant, zusätzlich, Einmaleffekt“?

Diese Zahlungseingänge waren vorhersehbar, sie entsprechen den geltendem Recht ab 2006. Warum wurde dies bei der Haushaltsplanung Bundesagentur für Arbeit nicht entsprechend berücksichtig? Oder sollen wir an den Überschuss als Sanierungserfolg glauben? Schließlich soll der Beitragssatz ab 2007 um zwei Prozent sinken. Dazu werden 14,2 Milliarden Euro benötigt, und 7,2 Milliarden soll die Bundesagentur selbst einsparen.

Wenn die anderen Sozialversicherungsträger genauso rechnen, werden wir weitere Erfolgsmeldungen der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung erwarten können: Leider nur heiße Luft! Die Bundesagentur für Arbeit hat 2006 viel Geld über, circa sechs Milliarden Euro, und ist trotzdem arm dran! Wer hätte dies gedacht oder nur erahnt?

Wieso darf eine Behörde ungestraft einen solchen Blödsinn verzapfen? Die Änderung der Beitragsfälligkeit muss im Haushaltsplan eingerechnet sein und der Zusatzeffekt entsprechend ausgewiesen werden! Sonst ist das Geld zum „Frühstück“ freigegeben: Beitragssenkung! Auch Staatsrat Knigge ist arm dran: Er vermutet, dass eine schnellere Vermittlung von Arbeitssuchenden ein Grund für den erhöhten Überschuss ist. Warum schaut er nicht einfach in der Statistik des Arbeitsamtes nach?

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ verspricht bei Nicken eine Einsparung von 1,45 Milliarden Euro, aber nur kleine Einsparungen sind den einzelnen Posten zugeordnet. Es wird nicht klappen! Allein das Arbeitsangebot vor dem Leistungsbezug macht jeden Arbeitgeber froh und die Bagis zum armen Schwein, denn es gibt einfach nicht genug Arbeitsangebote oder „Maßnahmen“. Diesem Mangel abzuhelfen, ist demnächst Aufgabe der Bagis, koste es, was es wolle, verpflichtend, ohne Ausweg. Ein Milliarden-Mehraufwand wird die Folge sein! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

Hans-Dieter Binder

 

Nur die Einheit macht uns stark, weltweit!

Matthias FeilkeVor einer Woche war der 1. Mai. Seit 1890 ist das der Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse und der Werktätigen auf der ganzen Welt. Immer da, wo die Arbeiter und die übrigen Werktätigen als Einheit auftraten und gekämpft haben, konnten wirkliche Fortschritte erreicht werden, das heißt Fortschritte, die nicht gleich oder später wieder von den Herrschenden verwässert oder sogar gänzlich einkassiert wurden, wie es jetzt mit der Arbeitszeit oder dem Kündigungsschutz bei uns in der Bundesrepublik passiert, um nur zwei Beispiele zu nennen. Dort aber, wo Spaltung in die Reihen der Kämpfenden kam, wurde die Bewegung oft schwach und unsicher, wurde sie demoralisiert und geschlagen.

Angesichts der begonnen „Reformoffensive“ der Bundesregierung, die ja in Wirklichkeit darin besteht, die Anforderungen der Industrie- und Finanzmonopole umzusetzen, muss unser Ruf nach Einheit über Partei- und Weltanschauungsgrenzen hinweg immer lauter erschallen. Ich finde, dass die Montagsdemobewegung für die Möglichkeit dieser Einheit ein hervorragendes Beispiel abgibt, ein Beispiel, das Schule machen wird, dessen bin ich überzeugt. Wenn es heute oft heißt, wir müssten kämpfen wie in Frankreich, so kann es in anderen Ländern auch einmal heißen: „So wie in Deutschland müssten wir mal...“

Nur Träumerei? Beileibe nicht! Die Montagsdemo hat mittlerweile internationale Ausstrahlung. Ihre besonderen Qualitäten, nicht nur ihre Hartnäckigkeit und ihr Durchhaltevermögen, sondern vor allem die Einheit verschiedenster politischer und weltanschaulicher Richtungen, ihre besonderen Methoden wie das offene Mikrofon und die Elemente einer direkten Demokratie, die bei uns verwirklicht werden, ihr Einfallsreichtum und ihre Initiative werden bereits in anderen Ländern ebenfalls umzusetzen und zu verwirklichen versucht. Unser Gegner, die Monopole und ihre Regierungen, sind schließlich auch international organisiert. Doch ebenso wie international von uns gelernt wird, können und müssen wir von den Bewegungen in anderen Ländern lernen.

Einheit! In Nepal hat sich eine revolutionäre Krise entwickelt: Am 6. April hat die Arbeiter- und Volksbewegung einen unbefristeten Generalstreik, verbunden mit Massendemonstrationen im ganzen Land gegen die absolutistische Herrschaft des Königs begonnen. Grundlage dieser breiten Einheitsfront ist die Überwindung der Spaltung zwischen den verschiedenen Parteien und Massenorganisationen und ihre gemeinsamen Aktionen.

Einheit! Die Jugend und die Werktätigen Frankreichs zeigte eine enorme Geschlossenheit in ihrem Kampf gegen das Ersteinstellungsgesetz. Millionen Menschen waren auf der Straße, es gab nationale Streiktage mit dem Erfolg, dass dieses CPE-Gesetz zurückgezogen werden musste und Monsieur Villepin und seine ganze Regierung in einer offenen politischen Krise stecken. Seine hochtrabenden Pläne von der Präsidentschaft kann er sich von der Backe streichen! Den hält nur noch der Anzug zusammen.

Einheit! Ja, wo ist sie bei uns in Deutschland? Ich kann die Mutlosigkeit von manchen nicht teilen, auch wenn wir zur Zeit als Montagsdemo nur ein relativ kleines Häuflein sind. Aber wir dürfen unsere Qualität nicht nur an Zahlen festmachen: Es gibt der Bewegungen, Parteien, Gruppen und Organisationen viele, die alle gegen die Politik von Regierung und Unternehmerverbänden sind. Allerdings muss man da auch die Kampfmethoden untersuchen: Manche belassen es bei reinen Debattierzirkeln. Da müssen wir doch höflich fragen, wo bei ihnen die Einheit von Theorie und Praxis bleibt, zumal sich diese Theoretiker oft als geradezu geborene Führer der Bewegung aufspielen, dabei aber mit einer penetranten intellektuellen Überheblichkeit auf die einfachen Menschen herabsehen.

Auf ihren Parteitagen in Ludwigshafen und in Halle haben die WASG und die Linkspartei endgültig die Weichen auf ihren Zusammenschluss gestellt. Das ist einerseits zu begrüßen; andererseits bildet die Rechtfertigung von Regierungsbeteiligungen schon den Kern des Widerspruchs zwischen dem Weg der kämpferischen Opposition gegen Monopole und Regierung und der Illusion einer „Reformierbarkeit“ des Kapitalismus. Dieser unlösbare Widerspruch wird die Linkspartei immer wieder einholen.

Wir warten schon heute darauf, dass Oskar Lafontaine seine Ankündigung: „Ich will gerne mit euch auf den Straßen und Plätzen kämpfen, um die Regierung Merkel in die Knie zu zwingen“, Wirklichkeit werden lässt! Ich frage mich immer, wo denn die Linkspartei und die WASG bleiben, wenn wir uns jeden Montag hier treffen; einzelne Vertreter von meiner Kritik natürlich ausgenommen. Unverständlich ist mir die teilweise extreme Abgrenzung von Teilen der Linken untereinander, vor allem aber den Marxisten-Leninisten gegenüber. Natürlich bin ich auch nicht für eine prinzipienlose Einheit, die die ideologisch-politischen Widersprüche nur verwischt. Gesetzmäßig brechen diese aber irgendwann im Lauf der Entwicklung unkontrolliert auf, und die Einheit wird zerstört.

Aber eine Einheit auf der Grundlage des gemeinsamen Kampfes ist für eine große Masse der Gegner der Monopolpolitik ja wohl möglich. Nur die Einheit macht uns stark, weltweit! Als Montagsdemonstration zeigen wir, wie Kräfte unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Überzeugungen solidarisch miteinander arbeiten, kämpfen und feiern können! Das hat eine enorme Anziehungskraft, wenn wir dieses Pfund auf die Waagschale unserer Kleinarbeit werfen. Einheit und nochmals Einheit, das muss die große Losung sein, um weiter vorwärts zu kommen in unserem Kampf gegen die ganze Bandbreite des volksfeindlichen Programms der Diktatur von Monopolen und Regierung!

Matthias Feilke (MLPD)
 
Per Machtwort zur Einheitslinken: WASG-Spitze setzt Landesvorstände
ab, die sich an keiner Regierung beteiligen wollen, die
Sozialkürzungen zulässt („Spiegel-Online“)

 

Der ALG-II-Schnüffeldienst

In der Vorwoche hatten wir uns an der Demonstration am 1. Mai mit zwei Transparenten und unserem Lautsprecherwagen und mit Redebeiträgen während des Umzuges beteiligt. Nach Angaben des DGB machten in Bremen über 10.000 Menschen bei der Veranstaltung zum „Tag der Arbeit“ mit.

Fast bei Sommerwetter fand am 8. Mai 2006 die 84. Bremer Montagsdemo auf dem Marktplatz statt. Um die 40 Teilnehmer kamen zusammen. Hauptthema war einmal mehr das sogenannte Optimierungsgesetz zu Hartz IV. Nicht mehr nur die angeblich leeren Kassen des Bundes und der Länder dienen zur Begründung, nein, immer mehr geht man zur Verunglimpfung, Demütigung, Verletzung und Bekämpfung der Arbeitslosen und Geschwächten über.

Während die Kapitalistenverbände und die Monopolkonzerne eine Entlastung nach der anderen erhalten für ihre Behauptungsschlachten und auch die Superreichen immer geschickter sich ganz legal ihre Pfründen mästen, wird für die Massen der Hahn zugedreht. Die sogenannte Reichensteuer ist ohnehin nur als Symbol gedacht und soll denen nicht wehtun.

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlFür die Masse der Bevölkerung wird aus der deutschen Geschichte „gelernt“ und ein „Schnüffeldienst“ geschaffen, der die Traditionen von Nazistaat und Stasi übernimmt. Die dabei Tätigen nimmt man gleich mit über den Schnabel: Bringst du keine Erfolge, wirst du mitbestraft!

Welch ein Abersinn: Statt das dafür geplante Geld in sinnvolle Projekte der Entwicklung von Förderung von Arbeitsmaßnahmen zu stecken, wird eine neue politische Sozialpolizei entwickelt. Da steht kein Filzhut mehr vor dem Haus oder kommt kein Trupp mehr um sechs Uhr morgens, nein: Telefonterror und „Anwesenheitspflicht“ sollen disziplinieren. Die Telefonkonzerne werden, wie weiland der IG-Farben-Konzern bei den Nazis, davon profitieren.

„Mit Atombomben auf Spatzen“? Dahinter steckt noch mehr: Demnächst Bundeswehr im Inneren! Die Bevölkerung soll an etwas Neues gewöhnt werden. Ganz untrüglich: Der Kapitalistenstaat forciert seine Faschisierung und geht mehr und mehr vom Betrug zur Gewalt über.

Das große Redebuch
Band II (2005/2006)Wir lassen uns das nicht bieten, werden immer weiter in die Offensive gehen und uns für die Einheit der Werktätigen und Unterdrückten einsetzen. Südamerika oder jetzt Nepal zeigen: Die Welt dreht sich weiter. Schließen wir uns zusammen gegen die globalen Ausplünderer und ihre Helfershelfer. Diese Welt wird unser sein!

Nächste Woche, am 15. Mai 2006, findet die Bremer Montagsdemo im Rahmen der UN-Aktion gegen „extreme“ Armut statt: Armut weltweit, Armut auch in Bremen? Beginn auf dem Marktplatz ist bereits um 16 Uhr. Wir wollen unseren Standpunkt verdeutlichen. Kommt zahlreich zur früheren Zeit!

Unter dem Motto „Schluss mit den ‚Reformen‘ gegen uns“ wollen wir am 3. Juni gemeinsam zur Großdemo nach Berlin fahren, zu der die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen, das Erwerbslosen-Forum Deutschland, das Aktionsbündnis Sozialproteste, die Koordinierungsgruppe der bundesweiten Montagsdemonstrationsbewegung, die WASG Bonn, Attac und andere aufrufen. Das Sozialplenum lädt ein zum Vorbereitungstreffen am Montag, dem 15. Mai, um 19:30 Uhr in der Buchtstraße (1. Stock).

Am 10. Juni 2006 findet das 2. Frühlingsfest der Bremer Montagsdemo wieder in den Neustadtswallanlagen beim Hallenbad Süd statt, von circa 14 bis 22 Uhr. Für Fußballbegeisterte bleibt auch noch Zeit!

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz