Hannover
Kanzler Schröder mit Großem
Zapfenstreich verabschiedet
Als das Stabsmusikkorps Sinatras
"My way" spielte, standen dem scheidenden Bundeskanzler Gerhard Schröder die
Tränen in den Augen. Mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedete die
Bundeswehr den dritten SPD-Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik.
Hannover - An dem höchsten
militärischen Zeremoniell der Truppe nahmen neben Verteidigungsminister Peter
Struck und Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan zahlreiche
SPD-Politiker teil: Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Justizministerin
Brigitte Zypries sowie der designierte Vizekanzler Franz Müntefering. Auch
langjährige Freunde Schröders, wie der Anwalt und Chef des
Fußball-Bundesligisten Hannover 96, Götz von Fromberg, und Scorpions-Musiker
Klaus Meine, verfolgten das Zeremoniell in Schröders Heimatstadt Hannover. Der
sichtlich bewegte Kanzler wurde von seiner Frau Doris Schröder-Köpf und von
seiner Mutter Erika Vosseler begleitet.
Auf Schröders Wunsch spielte das
Musikkorps der Bundeswehr die "Moritat von Mäckie Messer" von Kurt Weill,
"Summertime" von George Gershwin und das von Claude François und Jacques Revaux
komponierte "Comme d'habitude", das später als Frank Sinatras "My Way"
weltbekannt wurde. Seine Frau hatte die Stücke für ihn ausgesucht.
Die
von starken Sicherheitsvorkehrungen umrahmte Veranstaltung vor dem Rathaus der
niedersächsischen Landeshauptstadt endete nach rund 30 Minuten mit dem Abspielen
der Nationalhymne. Rund 600 Gäste waren geladen. Neben Feldjägern der Bundeswehr
sicherten rund 500 Polizisten das zur militärischen Sperrzone erklärte
Gelände.
Köhler: Lob für Reform-Agenda 2010
Vor dem Großen
Zapfenstreich hatte Bundespräsident Horst Köhler dem scheidenden Kanzler für
seine politische Arbeit gedankt. Der SPD-Politiker habe sich "bleibende
Verdienste um unser Land" erworben, schrieb Köhler in einem Grußwort für die
"Neue Presse" in Hannover. Er hob vor allem die Reform-"Agenda 2010"
hervor.
Nach Angaben der Bundeswehr war es der erste Große Zapfenstreich
in Hannover seit dem Zweiten Weltkrieg. Mit der Zeremonie zeichnet die
Bundeswehr traditionell Persönlichkeiten aus, die sich um die Armee besonders
verdient gemacht haben.
Friedensgruppen protestierten am Rande mit
Pfiffen gegen die Veranstaltung. An einem Protestmarsch der "Deutsche
Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen" nahmen laut Polizei
knapp 100 Menschen teil. Schröder sei "verantwortlich für den
völkerrechtswidrigen Angriff deutscher Kampfbomber auf Jugoslawien", hieß es in
einer Mitteilung. Der Demonstrationszug, der etwa 400 Meter Abstand halten
musste, verhielt sich friedlich. Laut Polizei gab es eine Festnahme und einige
Platzverweise. Ein Lautsprecherwagen, der die Ehrung hätte stören können, war
verboten worden.
In seiner letzten öffentlichen Rede hatte Kanzler
Schröder am Samstagvormittag die Erwartung geäußert, die neue Bundesregierung
werde die bisherige Außen- und Gesellschaftspolitik fortführen. Er sehe "in den
beiden wichtigen Bereichen viel Kontinuität", sagte Schröder bei der
Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hannover.
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