595. Bremer Montagsdemo
am 28. 11. 2016  I◄◄  ►►I

 

In Deutschland herrscht Betrug,
in der Türkei schon offene Gewalt

Wolfgang LangeVolkswagen will 30.000 Stellen streichen, davon 23 000 in Deutschland, und zwar „sozialverträglich“ laut Vereinbarung mit dem Betriebsrat. Die 5.700 Leiharbeiter, die in Wolfsburg entlassen werden sollen, sind dann wohl keine Menschen? Und was heißt schon „sozialverträglich“? Die Leute werden in die Rente gedrängt oder mit Abfindungen geködert, ausscheidende Kollegen nicht ersetzt – und wo bleiben die Arbeitsplätze für unsere Jugend? Die Arbeitsplätze fehlen, auch wenn sie durch Regelungen wie Vorruhestand abgebaut werden!

Arbeiter sollen „die Suppe auslöffeln“. Die kriminellen Betrüger an der Konzernspitze hingegen, die Mitverantwortung für den Tod von Zehntausenden durch Stickoxide und Feinstaub tragen und Gott und die Welt bewusst betrogen haben, stopfen sich mit fetten Boni den Rachen voll. Nicht nur die verantwortlichen Topmanager, auch die Inhaber von VW, allen voran die Familien Piëch und Porsche, die über 50 Prozent der Aktien halten, sollen mit ihrem Privatvermögen haften – und die überführten Betrüger gehören in den Knast!

Aber dieses System, wo sich die Monopole den Staatsapparat vollständig untergeordnet haben und mit seinen Organen verschmolzen sind, bestraft nur die „Kleinen“. Durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte wurden bis 2012 mindestens zehn Milliarden Euro „legal“ hinterzogen – mit Wissen von Schäuble, der nichts dagegen unternahm. Kurz vor Auszahlung der Dividende haben deutsche Geldhäuser wie Deutsche Bank, SEB oder Citicorp Aktienpakete an ausländische Banken ausgeliehen und sich von der Kapitalertragsteuer entlasten lassen. Anschließend nahmen die Gauner die Aktienpakete wieder zurück und teilten sich die entzogene Steuer.

Jetzt wurde bekannt: Im Finanzministerium gab es einen Spion, Handlanger und Strohmann der Banken, der die maßgeblichen Gesetze ausarbeitete, dafür fürstlich entlohnt wurde und jetzt einen hohen Posten im Bankenverein bekleidet. Das nur zum Thema „Staatsmonopolistischer Kapitalismus, oder: Wer gibt hier den Ton an?“ Dieses System hat nicht etwa ein paar „Schwachstellen“, es ist durch und durch korrupt und verbrecherisch – nur überwiegt in Deutschland noch der Betrug, nicht die offene Gewalt.

Das ist in der Türkei inzwischen anders. Ein Jahr nach dem verheerenden Bergwerksunglück mit über 300 Toten gibt es dort schon wieder mindestens vier Tote und weitere zwölf Verschüttete in einem Kupferbergwerk. Erneut war nicht die Natur in Gestalt eines Erdrutsches schuld, sondern die grob fahrlässige Missachtung von Sicherheitsmaßnahmen: Um mehr zu fördern und mehr Profit zu machen, wurden im Schrägbau statt 45 Grad fast 90 Grad Neigung erreicht. Arbeiter wurden nach dem Unglück nicht befragt, alles soll wieder vertuscht werden. Eine kritische Journalistin, die im Auftrag des WDR berichten wollte, wurde gleich eingebuchtet.

Es werden immer mehr Menschen in der Türkei verhaftet, nach zahlreichen Politikern der oppositionellen HDP jetzt auch acht Musiker von „Grup Yorum“. Die Folk-Sängerin Joan Baez kommentierte: „Der eigentliche Grund für ihre Verhaftung ist, dass ihre Musik und Arbeit Menschen berührt, mobilisiert und ermutigt, und die Tatsache, dass sie in ihren Gedanken gerecht sind. Ihr sollt weiterhin mutig sein! Ich werde auch eure Geschichte erzählen, während ich singe. Ich danke euch für eure Opfer!“

Inzwischen wurde auch gegen Salih Muslim, den Co-Vorsitzenden der kurdischen Partei PYD in Syrien, Haftbefehl erlassen. In Deutschland spitzeln türkische Agenten unbehelligt hinter ihm und anderen her. Neulich wurde ein Foto aufgenommen, als sich die „Linken“-Abgeordnete Sevim Dagdelen im Bundestag mit Salih Muslim unterhielt. Die CDU beteiligt sich an der Hetze gegen kurdische Politiker in Bremen, hinter denen bereits ein türkisch- faschistisches Mordkommando her ist. Am 17. Dezember 2016 spricht Salim Muslim bei einer Veranstaltung des „Internationalistischen Bündnisses“ und der MLPD in Gelsenkirchen (Horster Mitte, 18:30 Uhr). –

Vor einer Woche gab es erneut ein schweres Seebeben der Stärke 7,4 vor Fukushima mit einer Tsunami-Welle von anderthalb Metern Höhe. Angeblich entstanden keine „größeren“ Schäden an der Ruine, „nur“ die Stromversorgung eines Abklingbeckens war eine Zeitlang unterbrochen. Jederzeit sind erneut schwerste Atomkatastrophen möglich! In Tschernobyl wurde nun die neue Stahlhülle über den Sarkophag geschoben. 100 Jahre soll sie halten, aber die dortige Ruine wird noch Jahrtausende strahlen. Die Kosten belaufen sich schon jetzt auf zig Milliarden, die Katastrophe hat bereits zigtausende Tote gefordert. Wir fordern deshalb: Atomkraftwerke abschalten, sofort, weltweit, für alle Zeit!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
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Am Mittwoch, dem 30. November 2016, beginnt um 19:30 Uhr im Foyer des Theaters am Goetheplatz die Veranstaltung „Kaputtalismus – vom Anfang und Ende des Kapitalismus“ mit Ulrike Hermann in Zusammenarbeit mit der „Heinrich-Böll-Stiftung“. Der Eintritt ist frei.
 
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www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz