561. Bremer Montagsdemo
am 14. 03. 2016  I◄◄  ►►I

 

Auch die AfD will Hartz-IV-Bezie­hende noch unter dem Mindestlohn
zur Arbeit zwingen

Elisabeth Graf1. Gestern fand in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt der „Super-Wahlsonntag“ statt. Mich interessierte in erster Linie, ob und mit wie vielen Stimmen die AfD in die Landesparlamente ziehen würde, und welche Konsequenzen sich in Form von Koalitionen daraus ergäben. Da will AfD-Chefin Frauke Petry das „Schrumpfen als deutsches Volk“ verhindern, indem Eltern drei Kinder bekommen, und dafür auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einwirken sowie im Bildungsbereich „Anstrengungen unternehmen, damit Ehe und Familie positiv dargestellt werden“.

Die AfD will Frauen auf ihre Rolle als Mutter reduzieren, weil sie Frauenquoten, Gleichstellungsbeauftragte und staatliche „Propaganda für sexuelle Minderheiten“ rigoros ablehnt, hingegen eine Volksabstimmung zum Verbot von Abtreibungen befürwortet. Die AfD ist gegen einen gesetzlich festgelegten allgemeinen Mindestlohn, weil er prekäre Arbeitsplätze in ihrer Existenz gefährde. Weiterhin plant die AfD eine Steuerreform, die sich an das Modell von Paul Kirchhof anlehnt, nach dem alle den gleichen Einkommensteuersatz von circa 25 Prozent tragen sollen, egal ob einfache Krankenschwester oder schwerreicher Millionär.

AfD-Vizechef Alexander Gauland fordert, die Grenzen dichtzumachen und dann „die grausamen Bilder auszuhalten“, weil man sich nicht „von Kinderaugen erpressen lassen“ dürfe. Frauke Petry will notfalls auch unter Schusswaffengebrauch deutsche Grenzen gegen Flüchtlinge schützen. Die AfD in Sachsen-Anhalt verharmlost den Nationalsozialismus und seine Folgen. Sie möchte die „Lehrpläne überarbeiten“, im Schulunterricht weniger über die Nazizeit reden, weil eine „einseitige Konzentration auf zwölf Unglücksjahre unserer Geschichte den Blick auf Jahrhunderte“ verstelle, in denen eine „einzigartige Substanz an Kultur und staatlicher Ordnung aufgebaut“ worden sei.

Damit greift die AfD ein Schlüsselthema des rechtsintellektuellen Milieus auf, das Verhältnis zur deutschen Geschichte. Die AfD verlangt, dass Schulbücher, welche die Familie „relativieren“ und zugleich „gesellschaftlich kaum relevante Konstellationen überhöhen“, für den Gebrauch an öffentlichen Schulen nicht zugelassen werden sollen. Die Partei AfD will Menschen Vorschriften machen, wie sie ihr Leben zum Beispiel als Frau oder als Mann zu leben haben und spricht Menschen unterschiedlichen Geschlechts und sexueller Orientierung ihre Entfaltungsmöglichkeiten ab.

Die AfD in Baden-Württemberg möchte Hartz IV durch sogenannte Bürgerarbeit ersetzen, die etwa 30 Wochenstunden umfassen und mit 1.000 Euro monatlich sozialversicherungspflichtig entlohnt werden soll. Also sollen Hartz-IV-Beziehende noch unter dem Mindestlohn zur Arbeit gezwungen werden! Die AfD Rheinland-Pfalz fordert ein sofortiges Ende des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die Partei hält nichts von Fortschritt, will die Energiewende aufhalten, an klimazerstörender Kohlekraft festhalten und zurück zur Atomenergie.

Ich bin noch immer sprachlos, wie sich solch eine brandgefährliche, menschenverachtende, mehr als nur erzkonservative, kapitalfreundliche Partei derart etablieren konnte, und wie dumm ihre Wähler sein müssen, die entweder tatsächlich keine Ahnung haben, was sie da wählen, oder es schlicht nicht wissen wollen, weil kompromisslose Hetze einfach zu schön ist. Dabei hätte es doch genügt, Augen und Ohren aufzuhalten, um die Absonderungen dieser brandgefährlichen Partei mitzubekommen!

 

2. Sabine Bösing schreibt in einem Aufsatz, dass Armut und psychische Erkrankungen ohne Zweifel in einem engen Zusammenhang stehen und sich gegenseitig bedingen können. So verschlimmert Einkommensarmut die psychische Situation der Betroffenen, was es ihnen wiederum erschwert, am Arbeitsmarkt oder im gesellschaftlichen Leben Fuß zu fassen. Egal, ob nun „arm und psychisch krank“ oder „psychisch krank und arm“: Die Betroffenen befinden sich in einem durch Exklusion in allen Lebensbereichen geprägten Kreislauf.

Auch wenn sich die Akzeptanz von psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft in den vergangenen Jahren verbessert hat, werden viele Betroffene weiterhin stigmatisiert. Erlebte Ausgrenzung führt oft zu sozialem Rückzug, Misstrauen und Scham, wodurch eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben kaum mehr stattfinden kann. Zunehmende Vereinsamung und eine Verstärkung der Krankheitssymptome sind die Folge. Es liegt nahe, dass seelische Erkrankungen durch schlechte sozioökonomische Bedingungen gefördert werden. Kinder von psychisch kranken Eltern seien laut Bösing zudem einem besonderen Risiko ausgesetzt, im Laufe ihres Lebens selbst eine psychische Erkrankung zu entwickeln.

Psychische Störungen sind mit vielfältigen Einschränkungen und Behinderungen im Bereich Bildung und Arbeit verbunden. Sie können je nach Diagnose, Entwicklungsstufe und Entstehungszeitraum variieren und reichen von frühzeitigem Schulabbruch, keiner oder abgebrochener Ausbildung, Arbeitslosigkeit, verminderter Arbeitsproduktivität und niedrigerem Einkommen bis hin zu Frühberentung. Der Anteil psychischer Erkrankungen nimmt besonders im Arbeitsleben zu. 2014 entfielen knapp 17 Prozent aller Fehltage auf Depressionen, Angststörungen und andere psychische Leiden.

Der Erwerbsstatus hat auch umgekehrt erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Mich verwundert es nicht, dass die Morbiditätsrate bei arbeitslosen Menschen zwei- bis dreimal höher ist als bei Menschen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Allerdings ist es nicht „bloß“ die Armut, die psychisch krank machen kann. Meiner Meinung nach hat der oft menschenverachtende Umgang so vieler Mitarbeiter in den Jobcentern mit den Erwerbslosen in Form von permanenter Entwertung und Entwürdigung sowie existenziell höchst bedrohlichen Sanktionen einen riesengroßen Anteil daran!

 

3. Nach einer Studie des „Instituts Arbeit und Qualifikation“ der Universität Duisburg-Essen schaffen nur wenige Hartz-IV-Beziehende den Ausstieg aus den Transferleistungen und mithin einen langfristigen Einstieg ins reguläre Beschäftigungsverhältnis. Während Erwerbslose, die ALG I beziehen, vielfach den Wechsel ins Berufsleben schafften (zu 38,2 Prozent im Jahr 2007 und zu 44 Prozent 2015), fanden in den vergangenen Jahren nie mehr als 20 Prozent der Arbeitslosen, die ALG II erhalten, einen regulären Job: 2015 seien es nur 17 Prozent gewesen. 44 Prozent der Hartz-IV-Beziehenden wechselten in die „Nicht­er­werbs­tä­tig­keit“, wodurch sie praktischerweise nicht mehr als erreichbar für den ersten Arbeitsmarkt gelten, weil sie in Rente gehen, in die Elternzeit oder aufgrund chronischer Erkrankungen dauerhaft arbeitsunfähig sind.

Viele Hartz-IV-Beziehende beginnen eine Ausbildung oder stecken in einer Arbeitsförderungsmaßnahme. Seit 2009 sind das mit etwa 22 bis 24 Prozent durchgehend mehr als jene, die eine reguläre Beschäftigung aufnehmen. Leider bedeute ein neuer Arbeitsplatz sehr oft keine wirkliche Verbesserung, weil er in vielen Fällen nur befristetet vergeben wird oder in Teilzeit mit einer geringen Entlohnung verbunden ist. Gar viel zu „überoft“ handelt es sich um Leiharbeit, sodass die Betroffenen von ihrer Arbeit nicht leben können und aufstocken müssen. „Die zunehmend befristeten Arbeitsverträge bieten von vornherein nur geringere Chancen, dauerhaft übernommen zu werden“.

Ich selbst bin eine von den wenigen, die das riesige Ausnahme-Glück hatten, von Hartz IV wegzukommen! Als alleinerziehende Endvierzigerin schaffte ich das nur mit dem Beistand eines findigen Begleiters aus der Montagsdemo zu den schwierigen Behördengängen. Ich erreichte so eine Umschulung, trug mit sehr guten Noten dazu bei und stehe nun seit sechs Jahren in einer unbefristeten Vollzeitstelle, der ich gerne nachgehe. Die meisten bekommen so eine Chance nicht und veröden bestenfalls in Leiharbeit für die Hälfte des Geldes der Stammbelegschaft, ohne die Möglichkeit einer Zukunftsplanung, eines anständigen Gehaltes und der Zufriedenheit.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
Unter dem Motto „Umfairteilen statt Schuldenbremse“ spricht Professor Mechthild Schrooten von der Hochschule Bremen mit Vertreter(inne)n von Verdi, GEW, DGB und dem Bündnis „Menschenrecht auf Wohnen“. Die Podiumsdiskussion beginnt am Mittwoch, dem 16. März 2016, um 19 Uhr im DGB-Haus am Bahnhofsplatz.

 

Wir müssen die AfD auf Schritt und Tritt entlarven und bekämpfen!

Wolfgang Lange1. Nach den Landtagswahlen am Sonntag sind viele Menschen entsetzt über das starke Abschneiden der AfD. Viele reden von „Rechtsruck“, so wird es auch in den bürgerlichen Massenmedien dargestellt. Ich will das aber in Frage stellen: Gibt es wirklich einen allgemeinen Rechtsruck in Deutschland? Wir dürfen die AfD natürlich nicht unterschätzen, denn sie ist eine widerwärtige, extrem reaktionäre, rassistische, faschistoide Partei. Ihre Wahlergebnisse – in Baden-Württemberg 15,1, in Rheinland-Pfalz 12,6 und in Sachsen-Anhalt 24,2 Prozent – sind bestimmt nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, aber gleichzeitig ist es eine Abstrafung der Regierungsparteien CDU und SPD.

Die CDU verlor in Baden-Württemberg zwölf, in Rheinland-Pfalz 3,4 und in Sachsen-Anhalt 2,7 Prozentpunkte. Die SPD verlor in Baden-Württemberg 10,4 Punkte, jetzt hat sie noch 12,7 Prozent. In Rheinland-Pfalz erreichte sie einen minimalen Zugewinn von 0,5 Punkten, in Sachsen-Anhalt jedoch einen Verlust von 10,9 Punkten auf jetzt nur noch 10,6 Prozent. Bemerkenswert ist auch: Die „Wahlgewinner“ Kretschmann und Dreyer hatten sich beide für Merkels Flüchtlingspolitik ausgesprochen, die CDU-Politiker Wolf und Klöckner hingegen offen reaktionäre Hetze betrieben, indem sie sich für „Obergrenzen“ beziehungsweise die Schaffung eingezäunter Internierungslager einsetzten.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist gegen diese reaktionäre nationalistische Politik, wobei Merkel völlig zu Unrecht als „menschenfreundlich“ dargestellt wird. Sie selbst und ihre Regierung haben einen Rechtsruck vollzogen, nicht aber die Massen! Die Mehrheit der AfD-Wählenden sind keine Faschist(inn)en, aber eben auch nicht „nur“ Protestwähler(innen). Die AfD ist keine „rechtspopulistische Partei“, wie immer behauptet wird. „Populistisch“ würde bedeuten, dem Volk „nach dem Munde“ zu reden; die Afd ist jedoch offen reaktionär und vertritt den rückschrittlichsten Teil der Gesellschaft, die Interessen bestimmter Monopole.

Die AfD wurde in den Massenmedien ständig hofiert, ihre Führungsspitze zu Talkshows eingeladen. Dass die AfD für die Abschaffung von Mindestlohn und Arbeitslosenversicherung, die Abschaffung der Vermögen- und Erbschaftsteuer, das Verbot von Abtreibung ist und die Frauen „zurück an den Herd“ verbannen möchte, wird dabei tunlichst ausgeblendet. Die Monopole und Angela Merkel sind in der Zwickmühle: Sie wollen offene Grenzen für Kapital und Waren, aber Zäune und Gefängnisse für die Menschen! Wir müssen die AfD auf Schritt und Tritt entlarven und bekämpfen. Den Leuten, die auf sie hereingefallen sind, als sie gegen die Regierungspolitik protestieren wollten, müssen die Augen geöffnet und muss eine wirkliche Alternative gezeigt werden!

 

2. Die Bundesregierung plant eine massive Hartz-IV-Verschärfung unter dem Deckmantel der „Rechtsvereinfachung“. Am Freitag soll das Gesetz im Bundesrat behandelt werden. Worum geht es? Die bisher möglichen 230 Euro Hinzuverdienst bei Aufstocker(inne)n sollen wegfallen. Hohe Heizkosten sollen nicht mehr erstattet werden. Wer 63 oder älter ist und sich weigert, in Rente zu gehen, bekommt Hartz IV gestrichen, teilweise wird Rückzahlung angeordnet.

Außerdem gibt es noch mehr Sanktionen, obwohl schon bisher jede(r) Vierte mindestens einmal jährlich sanktioniert wird. Dadurch sollen Menschen in unzumutbare unterbezahlte Jobs gezwungen werden. Deshalb reicht es nicht, nur gegen die Verschärfungen auf die Straße zu gehen: Die Hartz-Gesetze müssen weg! Erhöhung von Arbeitslosengeld beziehungsweise Sozialgeld und unbegrenzte Zahlung für die Dauer der Arbeitslosigkeit!

 

3. Fünf Jahre „nach Fukushima“ geht die Reaktorkatastrophe, der Super-GAU weiter. Es ist eine Lüge, wenn behauptet wird, sie sei Folge des Tsunamis, denn die Kernschmelze begann schon vorher, weil nach Erdbeben totaler Stromausfall herrschte. Das kann sich jederzeit wiederholen! Bis jetzt gibt es über 10.000 Tote, die Gegend ist auf Jahrhunderte unbewohnbar, Krebsfälle häufen sich. Durch die radioaktive Verseuchung werden Hunderttausende oder Millionen Menschen krank werden und sterben, denn es ist eine Eigenart der Verstrahlung, dass sie meist erst langfristig wirkt. Nur ein kleiner Teil der Betroffenen stirbt sofort.

In Japan musste nun ein Meiler wieder abgeschaltet werden, weil nachweislich kein Schutz vor Tsunamis besteht. In Deutschland sind immer noch acht Kernkraftwerke am Netz. Die Verringerung ihrer Zahl ist ein Erfolg der Anti-Atomkraft-Bewegung. Tickende Zeitbomben sind aber auch die alten Schrottreaktoren in Belgien und Frankreich. Kernkraftwerke stilllegen, sofort, weltweit!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
„Die Linke“ muss ein „Bündnis gegen Neoliberalismus“ schmieden: Dürfen
Montagsdemo, „Umweltgewerkschaft“ und MLPD dann weiterhin als
Schmuddelkinder betrachtet werden? („Junge Welt“)

 

Fünf Jahre Fukushima, 30 Jahre
Tschernobyl – und es kann 
jeden Tag wieder geschehen!

Harald BraunSo gut wie ausgeschlossen sei der Super-GAU, das sogenannte Restrisiko ein allenfalls theoretisches: So lautet seit Jahren das Credo von Energiekonzernen, Kraftwerkserbauern und vielen Politiker(inne)n. Seit das erste AKW vor rund 60 Jahren ans Netz ging, kam es zu drei großen Reaktorkatastrophen: in Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima. Viele weitere Reaktoren standen knapp davor. Tschernobyl und Fukushima haben bewiesen, dass das Atomrisiko ein reales ist, nicht nur in sowjetischen Meilern, sondern auch in einem Hochtechnologieland wie Japan.

Die Katastrophen dauern bis heute an. In der Ukraine, in Teilen Russlands und Weißrusslands sind nach Schätzungen von den 860.000 Menschen, die am explodierten Kraftwerk gearbeitet haben, mindestens 125.000 gestorben und unzählige krank. Insgesamt 400.000 Menschen mussten ihre Heimat verlassen, mehr als acht Millionen Menschen leben weiterhin in kontaminierten Gebieten. 40 Prozent Europas wurden in gesundheitsgefährdendem Ausmaß kontaminiert.

Über 200.000 Einwohner(innen) wurden aus der Roten Zone um Fukushima evakuiert. Viele leben nach fünf Jahren noch in Notunterkünften und provisorischen Containersiedlungen. In der Präfektur Fukushima nimmt die Zahl der Schilddrüsenkrebsfälle ständig zu. Erste Arbeiter, die an den Aufräumarbeiten beteiligt waren, sind an Krebs erkrankt oder an Leukämie gestorben. Nur der Wind mit Richtung auf das Meer verhinderte eine großflächige Kontamination großer Teile Japans, führte aber zur größten je gemessenen radioaktiven Verseuchung der Weltmeere.

Durch den Druck der Bevölkerung mit vielfältigen Aktionen legten einige Länder Atomprojekte auf Eis oder erklärten nun doch, auf den Einstieg in die Atomkraft zu verzichten. In Deutschland kam es zu den bisher größten Anti-Atom-Protesten der Geschichte. Die schwarz-gelbe Bundesregierung musste die zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke wieder zurückziehen und entzog den acht ältesten Meilern die Betriebsgenehmigung– ein klarer Teilerfolg der Anti-Atom-Bewegung. Neun Atomkraftwerke in Deutschland laufen zum Teil jedoch noch bis 2022 – nach derzeitigem Stand, denn der „Ausstieg aus dem Ausstieg“ ist keinesfalls ausgeschlossen.

So bleibt das Risiko eines Super-GAUs auch in Deutschland erhalten, und es sammelt sich nach wie vor Strahlenmüll an, für dessen Endlagerung bis heute keine Lösung in Sicht ist. Sieben nukleare Forschungsreaktoren, die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau und die Brennelementfabrik im niedersächsischen Lingen sind ohnehin nicht im Ausstiegsplan enthalten. In Büchel in der Eifel lagern noch 20 US-Atombomben, jede mit einer Zerstörungskraft von mehr als zehn Hiroshima-Bomben.

Trotz breiter Ablehnung der japanischen Bevölkerung einer weiteren Nutzung von Kernkraftwerken schaltete der Betreiberkonzern Kansai Electric Power am 29. Januar 2016 den Reaktor Nummer drei im Atomkraftwerk Takahama mit Regierungsgenehmigung ein. Mit dieser Entscheidung setzen die Abe-Regierung und die Atomkonzerne wider besseres Wissen ihre von kapitalistischer Profitgier getriebene Politik fort – winken doch Konzernen wie Hitachi, Mitsubishi und Toshiba maximale Gewinne beim Bau von Kernkraftwerken in Litauen und der Türkei.

Weltweit sind aktuell 441 Atommeiler am Netz. Mit EU-Subventionen soll im britischen Hinkley Point ein neues Kraftwerk für 33,7 Milliarden Euro errichtet werden. Die atomare Bedrohung gefährdet die Existenzgrundlagen der Menschheit. Um die drohende globale Umweltkatastrophe international abzuwenden, brauchen wir eine auf gewerkschaftlichen Prinzipien organisierte Massenbewegung, die international einen breiten Widerstand mobilisiert und alle Menschen mitnimmt. Die „Umweltgewerkschaft“ tritt deshalb für eine Vereinigung von Umwelt- und Arbeiterbewegung ein; sie ist nicht einfach eine weitere Umweltorganisation – sie ist etwas Neues!

Stärkt diese Richtung und werdet Mitglied der „Umweltgewerkschaft“! Atomkonzerne und Regierungen setzen ihre skrupellose Atompolitik fort – unser Kampf ist deshalb noch lange nicht zu Ende! Gemeinsam die Erde vor dem Kollaps retten! Weltweite Stilllegung aller Atomanlagen! Rasche und vollständige Umstellung auf erneuerbare Energie! Verbot aller atomaren, biologischen und chemischen Waffen! Wir gedenken der Opfer von Tschernobyl, Fukushima und aller atomarer Katastrophen und Kriege, die heute und in Zukunft an Krebs und anderen Strahlenschäden erkranken und sterben.

Im Sommer 2016 findet in Berlin der Programmkongress der „Umweltgewerkschaft“ statt. Er stellt die Fortsetzung des Gründungskongresses dar und ist damit ein wesentlicher Höhepunkt für den weiteren Aufbau der „Umweltgewerkschaft“. Seit Anfang Januar und noch bis April diskutieren unsere Gruppen den Programmentwurf. Wir stellen ihn auch öffentlich vor und laden alle umweltbewussten Menschen ein, ihre Erfahrungen in die schöpferische Diskussion zur Verbesserung des Entwurfs einzubringen.

Harald Braun („Umweltgewerkschaft“)
 
„Aufrechnung in Höhe von 30 Prozent mit der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar!“: Genehmigen Richter
bald auch die 30-Prozent-Abtreibung, etwa das Abzwicken der Beine? (Bundessozialgericht, 9. März 2016)
'Erzähl mir nix!'Nadja Herrmann für „Sanktionsfrei
 
„Und dann stirbste“: Pittiplatsch hat kein Glück mit der
Wahl der falschen Blutgruppe („Spiegel-Online“)

 

„War die Dauer und Intensität Ihrer Bekanntschaft Anlass für das Zusammenziehen?“

Arbeitslosigkeit ist eine Begleiterscheinung der Herrschaft des Kapitals, eine Folge der Ausbeutung der Arbeitnehmenden. Es ist nicht die Schuld der Menschen, dass es in diesem reichen Land so schwer ist, eine Arbeit zu finden, um den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren, besonders für eine alleinstehende Frau. Ohne Hilfe, ohne Beziehungen ist das fast unmöglich geworden. Es ist nicht die Schuld der Arbeitslosen, sondern der Regierenden, die nichts gegen Arbeitslosigkeit unternehmen! Ihre Hartz-Gesetze haben die Arbeitslosigkeit nicht gemindert und stattdessen Terror gegen das eigene Volk provoziert.

Ich habe den Hartz-IV-Erfahrungsbericht von Charlotte MournerExotische Schlangen und andere Fä(e)lle vor dem Sozialgericht“ gelesen. Es ist traurig, schrecklich und schmerzt geradezu, dass so etwas in einer Behörde passiert, die vom Bund geführt wird, doch wie es aussieht, interessiert das niemanden. Ich rate allen Rechtsschützer(inne)n, dieses Buch anzusehen! Die Autorin hat das Leben einer alleinstehenden Frau beschrieben, die arbeitet, aber von der Hilfe des Jobcenters abhängig ist. Es ist ein Leben unter grenzenloser Diktatur. Jeder neue Schritt im Leben muss erst genehmigt werden, zum Beispiel die Trennung vom Freund, der Umzug oder das Zusammenziehen.

Solche Fragen werden gestellt: „War der Dauer und Intensität der Bekanntschaft Anlass für das Zusammenziehen? Wo und wie lange haben Sie bisher gemeinsam zusammengelebt?“ Die Demütigung durch solche Fragen endet nicht. Beim Jobcenter gilt nicht die Regel, dass der Mensch unschuldig ist, solange seine Schuld nicht bewiesen ist. Stattdessen wird der Mensch von Anfang an als Betrüger angesehen, der versucht, Geld aus der Tasche des Sozialstaats zu ziehen. So behandeln die Sachbearbeiter(innen) die Menschen auch und merken nicht, dass sie dabei selbst Betrüger werden, indem sie vorsätzlich Fehler und Absagen machen.

Die Frau wehrt sich, zieht vor Gericht, und immer wieder bekommt sie recht. Gerichte und Anwälte werden von Steuergeldern bezahlt, „doch das scheint niemandem zu interessieren“, schreibt die Autorin. Warum werden diese Gelder nicht von den Schuldigen, also den Sachbearbeiter(innen) oder dem Jobcenter zurückgefordert? „Die Verfahren wären vermeidbar gewesen, wenn die Behörde einfach nur das Gesetz korrekt umgesetzt hätte. Seit Anfang 2011 war praktisch jeder meiner Bescheide fehlerhaft und somit rechtswidrig. Ich habe die vielen Anträge, Widersprüche und Klagen nicht gezählt, die ich führen müsste, um meine Rechtsansprüche durchzusetzen. Das kostet Zeit – Lebenszeit“, schreibt die Autorin.

Die Geschichte dieser Frau ist kein Einzellfall. Es ist Routine in der Arbeit der Jobcenter, dass die Menschen gedemütigt, belogen und betrogen werden. Ich kenne das sehr gut aus eigener Erfahrung. Es hat auch bei mir im Jahr 2011 mit Fehlern seitens des Jobcenters angefangen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es so eine Menschenverachtung in einem Rechtsstaat gibt und dass die Sachbearbeiter(innen) absichtlich Menschen hetzen. Leider war das nicht nur bei mir und der Autorin des Buches so.

Durch die Hartz-Gesetze ist ein Apparat entstanden, der nur mit einer Diktatur vergleichbar ist. Nicht jede(r) Arbeitslose hat die Kraft und die nötige Ausbildung, um sich gegen solch eine staatliche Behörde durchzusetzen. So werden die Menschen verletzt, traumatisiert und kriminalisiert. Wenn die Menschen als Kriminelle behandelt werden, können auch schnell Kriminelle aus ihnen werden, besonders junge Menschen. Die Hartz-Gesetze haben dazu beigetragen, dass die Stimmung in Deutschland so rau ist. Wenn Menschen unmenschlich behandelt werden, behandeln auch viele die anderen unmenschlich.

Valentina Schneider (parteilos)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz