537. Bremer Montagsdemo
am 21. 09. 2015  I◄◄  ►►I

 

Die Sanktionen im SGB II
sind verfassungswidrig

Hans-Dieter Binder1. Am Sonntag wurde auf „3sat“ die „Ge­gen­dar­stel­lung“ von Max Uthoff ausgestrahlt, sehr sehens- und hörenswert. Es war kein Lacher möglich. Treffsicher landeten die Tatsachen im Ohr. Besonders gefallen hat mir die Aufdröselung der öffentlichen Meinung zu den Langzeitarbeitslosen und wie diese entstanden ist. Angesprochen wurden auch weitere Themen: Gelder an Griechenland zur Schuldentilgung bei den deutschen Banken, dann hat das Geld wenigstens einmal die Sonne gesehen. Ein Krebsgeschwür bricht durch, weil das Gesundheitssystem in Griechenland teilweise abgeschafft wurde. Zum Freihandelsabkommen gab es natürlich nichts Positives, denn Uthoff lügt nicht. Riester und Konsorten mit den vollen Taschen: Wer immer das Gleiche sagt, hat recht?

Sofort folgte Christoph Sieber „Hoffnungslos optimistisch“. Hier war lachen möglich, aber es blieb auch im Halse stecken. Er rüttelt auf: Die Armut ist gewollt! Diesen Dienstag geht „Die Anstalt“ wieder auf Sendung, um 22:15 Uhr im ZDF. Die „Heu­te-Show“ kündigt an: „Im Windschatten der großen Weltgeschehen gehen die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP ungehindert weiter. Oliver Welke informiert über den aktuellen Stand – und der ist alles andere als erfreulich.“ Zu sehen ist auch Herr Gabriel. Er sagt zu, dass es keine Geheimverhandlungen geben wird. Herr Gabriel hat seine Zusage nicht gehalten. Warum lässt er sich dies gefallen?

Am 10. Oktober 2015 wird in Berlin Kopf gezeigt: TTIP in die Tonne! Aber auch Ceta und Tisa! Ceta sei ausverhandelt und wird nicht wieder aufgeschnürt, sagt die EU. Über Tisa äußert sich die EU gar nicht erst. Ich bin sicher, am 11. Oktober ist die EU anderer Meinung. Wer nach Berlin will, wird bei der Mitfahrbörse fündig. Wer noch wankelmütig ist, schaut sich am besten den Bericht der ARD über das Freihandelsabkommen der USA mit Mexiko an, siehe auch 522. Bremer Montagsdemonstration.

 

2. Die Griechen haben gewählt. Für die Regierungsbildung drücke ich die Daumen. Ich hoffe, dass Europa diesen Wählerwillen akzeptiert und für die Griechen eine sozialverträglichere Lösung gefunden wird. Natürlich wissen EU und IWF, was sie den Griechen zumuten: In dem Film „Die Spur der Troika“ wird deutlich, dass der Wirtschaftsabschwung bewusst verursacht wurde!

Die Krise in Griechenland hat europaweit die Zinsen sinken lassen. Die Geldpolitik der EZB und der Investitionsprogramme der EU haben diese niedrigen Zinsen verfestigt. Geld ist für 0,05 Prozent erhältlich, nur leider nicht für Griechenland! Die US-Notenbank setzt ihre Niedrigzinspolitik fort. „Verwunderung über die Fed-Entscheidung“, titelt der „Weser-Kurier“. IWF-Chefin Lagarde hält eine Zinserhöhung Anfang 2016 für wünschenswert. Der IWF solle unverändert vier Prozent für seine Kredite verlangen und somit die Zinssenkungen nicht weitergeben.

Auch die EU verdient an den Krediten für Griechenland, Bremen nicht zu vergessen. Ohne die gesunkenen Zinsen entspräche der Bremer Haushalt bereits in den Vorjahren nicht den Vorstellungen des Stabilitätsrats. In der Sa­nie­rungs­be­richt­er­stat­tung steht nichts von den Versäumnissen, der Übervorteilung der Schüler und den sozialen Schulden insgesamt! Im Herbst 2015 sollen neue Ziele vereinbart werden. Nach meiner Meinung kann das nur die Aufhebung der Schuldenbremse sein.

Die „Schwarze Null“ des Bundes ist ebenfalls mit Hilfe der Übervorteilung Griechenlands entstanden – wobei es nach den Rahmenbedingungen der Bilanzen eine „Rote Null“ war: Bei einer „Schwarzen Null“ sind alle Risiken berücksichtigt, bei einer „Roten Null“ nicht. Bei dieser (angeblich) „Schwarzen Null“ wurden die Risiken nur verdrängt, nicht beziffert. Inzwischen wird aus der „Roten Null“ eine blutige Null.

In den Flüchtlingslagern an der syrischen Grenze werden die Menschen von UN Hilfsorganisationen versorgt. Diese Hilfsorganisatoren können die Menschen nicht mehr ernähren. Ihnen fehlt das Geld. Auf dem Papier haben sie noch Geld, die Zahlungszusagen wurden aber bisher nicht eingehalten. So machen sich die Menschen auf den Weg nach Europa. Deutschland könnte dies ändern!

 

3. Die Weltgesundheitsorganisation warnt: Glyphosat verursacht wahrscheinlich Krebs. Jetzt muss Agrarminister Christian Schmidt dafür sorgen, dass die EU den Unkrautvernichter von Monsanto verbietet. Doch bisher weigert er sich, unserer Gesundheit Vorrang vor den Interessen Monsantos einzuräumen. Ein Teilerfolg ist die Verschiebung der Genehmigungsentscheidung um ein halbes Jahr. Wer mit dem Aufruf zur Unterzeichnung nichts anfangen kann, lese bitte die 532. Bremer Montagsdemonstration.

Das „Umweltinstitut München“ schreibt, erste Stichproben-Untersuchungen gäben Anlass zur Sorge: Das gefährliche Ackergift Glyphosat finde sich inzwischen fast überall, in Gewässern und Lebensmitteln, in menschlichem Urin und sogar in der Muttermilch. Gesucht werden Teilnehmer(innen) für eine Flächenstudie über die Belastung mit Glyphosat. Die Grundwasserwerte stimmen nicht mehr. Fegen auch Sie dieses Gift vom Teller!

„Radio Bremen“ meldet: „Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) forderte eine Verschärfung des Pflanzenschutzgesetzes und attackierte seinen Kollegen im Bundesamt: Christian Schmidt (CSU) verhindere durch agrarfreundliche Ausnahmen einen Schutz des Grund- und Trinkwassers. Eine Ausnahmegenehmigung für das Herbizit Glyphosat hob Meyer sofort auf.“

 

4. In Bremen fehlen bezahlbare Wohnungen. Das ist leider nichts Neues: Bereits 2013, bei einer Veranstaltung der „Arbeitnehmerkammer“, wurde der Bausenator darauf angesprochen, ziemlich zum Schluss der Veranstaltung. Seine Reaktion lautete sinngemäß: „Ich habe keine Überlassungsanzeige vorliegen. Ich gehe somit davon aus, dass alles in Ordnung ist.“ Inzwischen haben wir das Jahr 2015 und den Ansturm der Neubürger. Was macht der Bausenator? Er will abwarten! Es wird Zeit zum Handeln. Bauanträge und Planungen sind keine Steine. Hoffentlich kommt er nunmehr in die Pötte! Den „Autofreien Stadtraum“ hat er nicht mehr absagen können. Die Belustigung hat circa 100.000 Euro gekostet. Dies war lange geplant, angesichts der angespannten Haushaltslage!

Bremen spart bei den Menschen mit wenig Geld. Die Mietobergrenzen oder Mietrichtwerte sind total überholt. Wer als Leistungsbezieher seine Miete und Nebenkosten nicht voll erstattet bekommt, kann sich wehren. Wie dies geht? Einfach herkommen zur Montagsdemonstration, wir gehen mit! Wer im Leistungsbezug ist und umziehen möchte, muss einen triftigen Grund für den Umzug haben, oder er erhält keine umzugsbedingten Kosten erstattet. Es muss ein Grund sein, der auch Menschen ohne Leistungsbezug zum Umzug veranlassen würde. Die Umzugskosten müssen vor dem Umzug beantragt werden. Außerdem gibt es noch die Regelung, dass die neue Wohnung nicht teurer als die alte sein darf.

Wer auf Wohnungssuche geht, sollte dies dokumentieren. Wer endlich eine Wohnung gefunden hat, sollte sich von den Mietrichtwerten nicht erschrecken lassen, sondern mit dem Vermieter vereinbaren, dass er die Wohnung reserviert, und mit dem Mietvertrag oder einem Mietangebot zum Amt gehen. Die Sachbearbeiter(innen) können die Mietobergrenzen aushebeln und auch höhere Mieten bewilligen. Als Argument die Dokumentation über die Wohnungssuche anführen.

Wenn die Sachbearbeitung die neue Wohnung nicht bewilligt, kann die Hilfe des Sozialgerichts beantragt werden. Die Rechtsantragsstelle ist bis 12 Uhr erreichbar. Die Hilfe und das Eilverfahren sind für den Hilfebedürftigen kostenlos. Den Vermieter informieren und bei der Rechtsantragsstelle sagen, wie lange der Vermieter noch abwartet. Wie dies alles geht? Wir gehen mit!

Die Mietobergrenzen stehen in der „Verwaltungsanweisung Wohnen“. Auf Seite 11 heißt es: „Die Feststellung der konkreten Angemessenheit obliegt der Sachbearbeitung. Sie entscheidet, ob im Einzelfall die Richtwerte als angemessene Kosten der Unterkunft zugrunde gelegt werden, oder aber davon abweichend eine höhere angemessene Miete anzuerkennen ist.“ Wer aus einer Notlage in die jetzige Wohnung gezogen ist, kann gegen diese Regelung argumentieren und gegebenenfalls die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen, möglichst mit einem Wohnungsangebot im Schlepptau. Wie dies alles geht? Wir gehen mit!

Wie sehr die Mieten in Bremen steigen und wie rar Wohnungen sind, geht aus dem „Statistischen Jahresbericht 2015“ der „Arbeitnehmerkammer Bremen“ hervor (ab Seite 28): „Die teils massiven Steigerungen sind ein deutlicher Hinweis für die Notwendigkeit der zügigen Umsetzung der sogenannten Mietpreisbremse (Rechtsverordnung zur Dämpfung des Mietanstiegs). Sie verhindert bei neu abgeschlossenen Mietverträgen einen Preissprung von über zehn Prozent gegenüber ortsüblichen Vergleichsmieten.“ Dieser Appell der „Arbeitnehmerkammer“ stammt vom Juli. Der Bausenator will die ortsübliche Vergleichsmiete wahrscheinlich erst Mitte Oktober bestimmen, also errechnen oder festlegen – ob gerichtsfest, bleibt ungewiss.

 

5. Die Sanktionen im SGB II sind verfassungswidrig: Mit dieser Einschätzung schließt sich das Sozialgericht Dresden dem Vorlagebeschluss des Sozialgerichtes Gotha vom 26. Mai 2015 (Aktenzeichen S15 AS 5157/14) an. Die 50 Seiten des Vorlagebeschlusses sind lesenswert. Wer eine Sanktion angedroht bekommt, sollte bereits vor dem Ausfüllen des Fragebogens zu einer Beratungsstelle gehen, um die Sanktionierung zu verhindern.

Wer einen noch durch Widerspruch erreichbaren Sanktionsbescheid hat, sollte diesen Widerspruch einlegen und dazu eine Beratungsstelle aufsuchen. Für alle anderen Sanktionsbescheide ab 1. Januar 2014 können bis zum Jahresende Überprüfungsanträge gestellt werden, für jede Sanktion einen. Sie müssen begründet werden, zum Beispiel mit dem eventuell noch nicht entschiedenen Vorlagebeschluss oder auch durch die eigenen Besonderheiten. Wie dies alles geht? Wir gehen mit!

Dies waren nun viele Informationen über Entscheidungen, Weicheinstellungen, die sozial betrachtet anders sein müssten. Weitere Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Suchmaschine auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren! Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und Erfahrung! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 

 
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