1. Es liest sich wie ein Schildbürgerstreich: Das Jobcenter Essen riet einer jungen Mutter zum Abbruch ihrer Ausbildung, um den vollen Hartz-IV-Satz und die Kosten für die Erstausstattung der Wohnung beanspruchen zu können. Die 18-Jährige wandte sich in ihrer Not an eine Zeitung, die den Fall publizierte. Natascha P. war erst 17 Jahre alt, als sie ihren Sohn bekam, hatte ihren Realschulabschluss in der Tasche und gerade damit begonnen, eine Ausbildung zur Kinderpflegerin zu machen. Nach der Trennung vom Vater ihres Kindes wollte die taffe junge Frau ihre Lehre fortsetzen und für sich und ihr Kind eine eigene Wohnung suchen.
Weil ihr Bafög nicht für den neuen Status als Ein-Eltern-Familie ausreichte, ging sie klugerweise vor dem Unterschreiben des Mietvertrages zum Jobcenter, um sich zu erkundigen, welche Leistungen ihr zustehen und ob sie sich die Wohnung überhaupt leisten kann. Erstaunlicherweise schickte der Angestellte des Jobcenters die junge Mutter mit der Auflage nach Hause, dass sie erst den Mietvertrag unterschreiben müsse, bevor sie weitere Auskünfte erhalten könne. Nachdem Natascha P. dies befolgte, bekam sie mit ihrem Leistungsbescheid eine böse Überraschung: Ganze 76 Euro sollte sie monatlich zusätzlich zum Bafög erhalten.
Daraufhin beantragte die junge Frau die Kostenübernahme für die Mietkaution und die Erstausstattung der Wohnung, was jedoch von der Hartz-IV-Behörde mit besagter Begründung abgelehnt wurde, sie müsse ihre Ausbildung abbrechen, um Anspruch auf die volle Hartz-IV-Leistung zu haben. Die Eltern nahmen einen Kredit für ihre Tochter auf, und Natascha P. schaltete einen Anwalt ein. Der Leiter des Amtes entschuldigte sich, räumte Fehler ein, bewilligte die der jungen Frau zustehende Erstausstattung für die Wohnung und betonte, diese Vorgehensweise entspreche nicht dem üblichen Ablauf der Behörde.
Es sei nicht üblich, jemanden zum Abbruch der Ausbildung zu raten, und es sei sehr wohl üblich, den Wohnkostenzuschuss vorab zu berechnen, damit Transferleistungsbezieher vorab wissen, auf welchen Kosten sie gegebenenfalls sitzen blieben. Das sollen wir glauben? Kann nicht viel Geld eingespart werden, wenn erst mal eigentlich selbstverständliche Anträge mit abstrusen Begründungen abgelehnt werden, weil so viele Betroffene nicht um ihre Rechte wissen oder sich nicht zu wehren getrauen? Wäre es nicht viel lukrativer für die Jobcenter, von jungen Menschen zu verlangen, dass sie ihre Ausbildung abbrechen müssen, wenn sie finanzielle Unterstützung brauchen, und sie alle als ungelernte Kraft zu einem Ein-Euro-Job zu verdonnern?
2. Bei Stellenangeboten, die Jobcenter an ihre „Kunden“ weitergeben, muss zuvor auf angemessene Entlohnung geachtet werden. Bisher wurde die Angabe des Lohnes nicht verlangt, und es reichten Formulierungen wie „Entlohnung nach Vereinbarung“. Weil das Jobcenter in der Pflicht stehe, Leistungen zur Grundsicherung zu vermeiden, müsse von Unternehmen, die sittenwidrige Löhne zahlen, verlangt werden, die Leistung zu erstatten.
Der Sprecher der Berliner Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit erklärte, alle Jobcenter gingen konsequent gegen sittenwidrige Entlohnung vor. In den letzten Monaten seien 55 Fälle vor den Berliner Arbeitsgerichten entschieden worden, bei denen Jobcenter wegen sittenwidriger Löhne geklagt hatten. Das Bundesarbeitsgericht legte fest, dass ein Lohn dann als sittenwidrig einzustufen ist, wenn er weniger als zwei Dritteln des in der Branche üblichen Tariflohns entspricht. Falls es keinen Tariflohn gebe, sei vom „allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet“ auszugehen.
3. Dem Journalisten Christian Weth vom „Weser-Kurier“ gefällt es nicht, dass der Personalrat von „Kita Bremen“ Nein sagt zum Einsatz von Sozialassistentinnen in Kindergärten, obwohl diese doch so wunderschön die personellen Lücken schließen könnten, durch die es zu immer mehr Notdiensten und Engpässen kommt. Ja, dieses Veto ist allerdings notwendig, um die Qualitätssicherung zu gewährleisten, weil die Assistentinnen eben nicht fünf, sondern nur zwei Jahre ausgebildet werden („Weser-Kurier“ vom 17. Mai 2014, „Klare Kante, Vergessen“, Seite 11).
Ich finde die Behauptung, dass diese Qualitätssicherung für die Eltern nicht nur keine sei, sondern eine Verschlechterung darstelle, ausgesprochen kurzsichtig. Hier geht es nicht nur darum, temporär einen Mangelzustand zu überbrücken, sondern langfristig dafür zu sorgen, dass Bremens Kinder auch in Zukunft nicht von Billig-Erzieherinnen betreut werden. Deutschland und Österreich sind die einzigen Länder in Europa, in denen eine Erzieherin in ihrer Ausbildung kein Studium absolvieren muss. Hier reicht eine fünfjährige Ausbildung mit Vorpraktikum und bezahltem Anerkennungsjahr. Überall werden Anstrengungen unternommen, die Ausbildung zur Erzieherin zu optimieren. Nur in Bremen nicht, wo ausgerechnet der rot-grüne Senat die Kita-Kinder in Zukunft durch gering qualifizierte sozialpädagogische Assistentinnen betreuen lassen will.
Statt wie die südlichen Bundesländer in frühkindliche Bildung zu investieren und die Erzieherinnen-Ausbildung zu akademisieren, wird ein neu zu schaffender Ausbildungsberuf eingeführt, in dem die Erzieherin noch schlechter bezahlt wird als ohnehin schon. Wie soll der angestrebte Personalmix denn überhaupt praktisch funktionieren? Ist dann für „pädagogisch wertvolle“ Arbeit die Erzieherin zuständig und für „weniger anspruchsvolle“ Tätigkeiten die Sozialassistentin? Rein hypothetisch könnten sich die Sozialassistentinnen zu Erzieherinnen weiterbilden lassen, doch wird eine junge Frau, die ihr erstes Geld verdient, keine dreijährige Weiterbildung draufsetzen, wie Erfahrungen aus anderen Branchen, zum Beispiel dem Einzelhandel, zeigen.
Es darf ja wohl nicht sein, dass Frauen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt werden, nur damit am sozialen Ende Geld gespart werden kann! Von einem Job als Sozialassistentin mit einer Entlohnung zwischen 1.400 und 1.700 Euro brutto kann niemand leben. Durch die Idee, Sozialassistentinnen anstelle von teureren Erzieherinnen einzusetzen, soll natürlich Geld eingespart werden. Ergo ist kaum darauf zu hoffen, dass Sozialassistentinnen, die auf den Stellen der Erzieherinnen sitzen sollen, dabei gefördert werden, sich zu Erzieherinnen weiterzubilden, weil damit die Ersparnis flöten ginge.
1. Nach dem Grubenunglück in der türkischen Stadt Soma in der vergangenen Woche wurden bisher über 300 Tote geborgen. Nicht nur in Betreiberfirma sind Verbrecher, sondern auch in der Regierung! Erdogan schlägt Demonstranten, sein Berater tritt mit Füssen. Mit den Worten „Arbeitsunfälle passieren eben“ werden die Opfer verhöhnt. Über Soma wurde ein Demonstrationsverbot verhängt. Erst vor kurzem wurden schwere Sicherheitsmängel festgestellt, es gibt keine Schutzräume. Der Betreiber rühmt sich, die Kosten pro Tonne Kohle von 140 auf 27 Euro gesenkt zu haben. Den Angehörigen gilt unsere Solidarität und unser tiefes Mitgefühl. Wir teilen aber auch ihre Wut! Erdogan kommt am Samstag nach Köln, er will hier Wahlkampf machen. Er wird einen „guten Empfang“ bekommen!
2. Bisher 44 Tote hat die Flutkatastrophe auf dem Balkan gefordert, es ist die schwerste jemals dort erlebte. In Serbien, Bosnien und der Herzegowina sind ganze Städte unbewohnbar, die Flut reicht bis in den dritten Stock. Am Samstag stand in der Zeitung: Das Festlandeis schmilzt viel schneller als erwartet. Aufgrund von Rückkopplungseffekten steigt der Meeresspiegel nicht um ein paar Zentimeter, sondern allein durch das Wegschmelzen des Festlandeises um anderthalb Meter, und das innerhalb der nächsten Jahrzehnte! Der Umschlag in die globale Umweltkatastrophe ist in vollem Gange. Wer weiß, was noch umkehrbar ist? Hauptverursacher sind auf jeden Fall die Monopole. Das ganze Profitsystem muss abgeschafft werden!
Im Europa-Wahlkampf ist dazu wenig zu hören. Die Grünen plakatieren zwar „Umwelt schützen – grün wählen“, aber in Niedersachsen stimmt Umweltminister Wenzel von den Grünen dem Fracking zu. Auch die EU-Kommission setzt sich für Fracking ein und außerdem für mehr Atomkraft. Ein Kernkraftwerk liefert täglich eine Million Euro – nicht Umsatz, sondern Reingewinn! Jahrzehntelang haben die Betreiberfirmen RWE, Vattenfall und Eon diese Riesenprofite eingesackt und dabei unser aller Leben aufs Spiel gesetzt. Jetzt soll der Staat – also sollen wir – die Entsorgung bezahlen! Für Profite gehen sie über Leichen, und Regierung und EU-Kommission spielen mit.
Denkt daran, wenn ihr am Sonntag wählen geht: Keine Partei, die am Gängelband der Großkonzerne geht, wählen! Ich finde, es wird Zeit, dass ins EU-Parlament Abgeordnete einziehen, die sich radikal für Arbeiterinteressen und den Schutz unserer Lebensgrundlagen einsetzen. Die EU-Kommission will nicht nur weiter AKWs bauen lassen und mit dem Fracking loslegen – Länder, die nicht mitziehen, werden mittels EU-Recht dazu gezwungen! –, sie will zum Beispiel auch die in Deutschland geplante Einführung der Rente mit 63 kippen, die freilich erst nach 45 Beitragsjahren und nur für die Jahrgänge 52 und 53, also eine sehr kleine Betroffenenzahl, gelten soll. Wenn die Durchsetzung der Interessen von Bonzen und Kapital am Widerstand von unten zu scheitern droht, dann wird eben die EU-Kommission instrumentalisiert.
3. Seit nunmehr zehn Jahren kämpfen wir gegen die Hartz-Gesetze. Auslöser war Harz IV: die Streichung der Arbeitslosenhilfe und die Beschränkung der Zahlung von Arbeitslosengeld auf zwölf Monate. Zuerst gab es 345 Euro ALG II, heute sind es 392 Euro. Wenn es vor zehn Jahren schon zu wenig zum Leben war, dann jetzt erst recht, denn die Preise, vor allem für den Lebensunterhalt, sind viel schneller gestiegen. Immer mehr Menschen leben in Armut. In Bremen lebt ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in Hartz-IV-Familien. Aber wer meint, die Hartz-Gesetze gingen nur die Arbeitslosen etwas an, täuscht sich: Mit Hartz I-III wurden Zeit und Leiharbeit im Massenumfang und damit Billiglöhne eingeführt.
Jetzt kommen die Vertragsarbeiter dazu. Das ist noch eine Schublade tiefer: Für 2,50 bis drei Euro arbeiten die rumänischen Schlachterei-Arbeiter in Niedersachsen. Da will Daimler nicht zurückstehen und hat ebenfalls diese feinste Form der Ausbeutung eingeführt. Wer heute einen neuen Job bekommt, als junger Mensch sowieso, bekommt in aller Regel nur noch einen Zeit- oder Leihvertrag. Die Hartz-Gesetze müssen weg, ohne Wenn und Aber! Stattdessen Arbeitslosengeld für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit! Arbeitszeitverkürzung für alle, um Millionen Arbeitsplätze zu schaffen! Mehr Lehrstellen in der Großindustrie, mindestens zehn Prozent Ausbildungsquote! Und für alle, die nicht mehr arbeiten können, einen weit über Hartz IV liegenden Sozialsatz, für ein Leben ohne Armut!
4. Diesen Montag waren circa 60 Teilnehmer aktiv im Kreis und zahlreiche Zuhörer in den Cafés da. Ich wurde darauf angesprochen, ob man auch etwas zum Thema Frieden und der drohenden Kriegsgefahr wegen der Ukraine-Krise sagen könne. Selbstverständlich! Die Montagsdemo ist offen für alle Fragen, die uns oder unsere Mitmenschen betreffen. Wir haben hier auch schon ausführlich darüber gesprochen: über die Heuchelei der Herrschenden, über die aggressive Rolle der EU im Ukraine-Konflikt, über die Provokation gegenüber Russland durch ständiges Verschieben der Grenzen von EU und Nato nach Osten. Selbst Altkanzler Schmidt bezeichnet das Verhalten der EU als „Größenwahn“. Auch Russland ist ein imperialistisches Land und alles andere als demokratisch. In einem solchen Konflikt gibt es keine Seite im Recht. Ein imperialistischer Krieg ist ein ungerechter Krieg, und jedes Volk ist gut beraten, den Kampf gegen die eigene Regierung zu führen. Erst wenn die imperialistischen Mächte gestürzt sind, können die Völker frei und friedlich miteinander leben.
Nun gibt es auch hier in Bremen eine „Montagsmahnwache für den Frieden“. Initiatoren wie Ken Jepsen aus Berlin steuern diese Veranstaltungen. Sie grenzen sich nicht eindeutig von den Faschisten ab. Wenn sie behaupten, alle Kriege der letzten 100 Jahre seien von der Fed, also der amerikanischen Notenbank, gesteuert worden, vom „jüdischen Finanzkapital“, dann begeben sie sich in ein ganz trübes Gewässer. Wer hat denn den Ersten und Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen? Das war der deutsche Imperialismus in seinem Größenwahn und seinem Streben nach Weltherrschaft! Das wird alles vertuscht und nur von Menschlichkeit und Liebe gefaselt. Wer soll da eigentlich an der Nase herumgeführt werden? Als Moderator der Bremer Montagsdemo erkläre ich jedenfalls: Mit den Initiatoren dieser „Friedensmahnwache“ wird es keinerlei Zusammenarbeit geben! Wir lassen die seit zehn Jahren bestehende Montagsdemo weder untergraben noch in Misskredit bringen. Jeder, der ehrlich für den Frieden eintreten will, ist hier auf der Montagsdemo willkommen. Aber wer hier vom „jüdischen Finanzkapital“ als Ursache alles Bösen schwafeln will, ist nicht willkommen, und dem werden wir den Ton abdrehen!
Es war kein Arbeitsunfall, sondern ein Massaker! Am 13. Mai 2014 ist es in einer Mine in Soma in der türkischen Provinz von Manisa zu einer Explosion gekommen. Dabei sind nach offiziellen Zahlen mindestens 301 Arbeiter ums Leben gekommen, etwa 70 wurden verletzt. Es werden weitere 700 Arbeiter vermutet, die in der Grube eingeschlossen sind. Es handelt sich dabei nicht, wie die AKP-Regierung versichert, um einen Unfall. Zuvor haben allein in der Regierungszeit der AKP mehr als 100 Arbeiter ihr Leben verloren. Um nur die Massaker der vergangenen zwölf Jahre in Minen aufzulisten:
Das alles ist kein Schicksal, kein Unfall, sondern ein Massaker, das sich infolge der Profitgier des Kapitalismus ereignet hat! Leiharbeit, niedrige Löhne, Kinderarbeit, fehlende soziale Absicherung, stattdessen Ausbeutung und moderne Sklaverei, Missachtung der Sicherheitsstandards, Privatisierung: Recep Tayyip Erdogan verkauft die Bevölkerung für dumm! Nach einer Gasexplosion am 17. Mai 2010 in Zonguldak erklärte er: „Leider gehört das zur Natur dieses Berufs“.
Wir bekommen auch nach dieser Katastrophe Statements der Regierung zu hören, in denen von „Schicksal“ die Rede ist und Geduld gefordert wird. Das ist unakzeptabel! Die Regierung ist für diese Katastrophe verantwortlich. Es war ein Massaker! Warum müssen immer die armen Menschen sterben? Weil das Leben der Menschen im kapitalistischen System nichts wert ist. Es zählt allein der Profit. Die Erdogan-Regierung hat die Verantwortung und die Konsequenzen für dieses Massaker zu tragen.
Die Lage nach der verheerenden Minen-Explosion am 13. Mai 2014 ist auch eine Woche danach alles andere als entspannt. Diversen Medienberichten zufolge werden außerhalb der Stadt mit Messern und Knüppeln bewaffnete Schlägertrupps der AKP postiert. Linke Organisationen, aber auch Anwälte, die aus verschiedenen Landesteilen anreisen, um sich mit den Betroffenen in Soma zu solidarisieren, werden bei der Einfahrt in die Stadt von Polizeieinheiten gestoppt. Es werden ausnahmslos Fahrzeuge mit Kennzeichen der Provinz Manisa durchgelassen, und das auch nur nach massiven Kontrollen.
Berichten zufolge ereignete sich heute auch bei einer Versammlung im Haus der Bildungsgewerkschaft Egitim-Sen in Manisa ein Polizeiangriff. Vor dem Gebäude wurden zahlreiche Personen auf den Boden gezerrt und brutal festgenommen. Auch der Generalvorsitzende der „Vereinigung progressiver Jurist(inn)en“ CHD, der nach seiner Freilassung aus willkürlicher Haft erst kürzlich in Berlin mit dem diesjährigen „Hans-Litten-Preis“ geehrt wurde, ist Berichten zufolge festgenommen worden, nachdem er sich gegen den brutalen Polizeieinsatz ausgesprochen hatte.
Anwälte bestätigten die Festnahme und teilten zudem mit, dass ihrem Kollegen Kozagaclli von der Polizei ein Arm gebrochen wurde. Neben dem Anwaltsvorsitzenden sollen mehrere Anwält(inn)e(n) und Anrainer(innen), die sich ebenfalls gegenüber der Polizeigewalt empört zeigten, und ein Korrespondent der Zeitschrift „Yürüyüs“ festgenommen worden sein. Die Festgenommenen werden vorübergehend in einer Sporthalle festgehalten. Hierzu gibt es eine Erklärung vom „Anwaltsbüro des Volkes“:
„Folter, Festnahme, Verhaftung: Damit können sie uns weder mundtot machen noch die Wahrheit verschleiern! Im Zusammenhang mit dem Arbeiter-Massaker wurden die Anwälte in unserem Büro in Soma und Anwälte der CHD festgenommen. Die Namen unserer festgenommenen Anwaltsfreunde lauten: Selcuk Kozagacli, Günay Dag, Dincer Calim, Efkan Bolac, Mürsel Ünder, Fatma Demirel, Remzi Kazmaz, Gökhan Erkus.
Unser festgenommener Kollege Seluk Kozagacli wurde gefoltert: Seine Genitalien wurden gequetscht, und obwohl er mitteilte, dass er Metallplatten im Arm hat, wurde er rückwärts mit Handschellen gefesselt. Er wurde insbesondere auf den Arm, in dem sich eine Metallplatte befindet, getreten. Unsere Kollegen werden mit rückwärts verschlossenen Handschellen in einer Sporthalle festgehalten.
Unsere anderen Kollegen, die sich in Soma befinden, haben mit dem zuständigen Staatsanwalt gesprochen. Ihnen wurde mitgeteilt, dass unsere Kollegen nicht festgenommen wurden und dass es keinerlei rechtliche Hindernisse für die Kommunikation gebe. Entgegen diesen Aussagen können die Anwälte nicht von ihren Rechten Gebrauch machen und, abgesehen von der polizeilichen Behinderung, keine Gespräche nach außen führen. Die Polizeikräfte sind so rücksichtslos geworden, dass sie unserem Kollegen Alihan Pilaf, der ein Gespräch führen wollte, vor der Kameralinse mit Pfefferspray ins Gesicht sprühten.
Schon zuvor wurden unsere Kollegen, die sich im Lehrerhaus in Soma aufhielten, verbal belästigt und bedroht. Die Regierung zeigt uns mit ihren Angriffen, dass es in diesem Land keine Demokratie gibt und dass das Märchen von Menschenrechten eine längst überholte Lüge ist. Wer immer noch an die Lügen der EU von der ‚fortgeschrittenen Demokratie‘ glauben will, sollte sich nach Soma begeben und selbst überzeugen. Wer noch weitere Lügen hören will, kann sich die Erklärungen von Ramazan Dogru, dem Personaldirektor des Besitzers der Kohlengrube in Soma, Alp Gürkan, weiter anhören.
Natürlich fürchten sie uns nicht ohne Grund. Ob sie uns nun rückwärts Handschellen anlegen, unseren Mund und unsere Zunge festbinden, oder auch in einer Sporthalle einsperren: Sie können die Wahrheit nicht vor dem Volk verheimlichen. Wenn sie Ohren haben, hören sie das Stöhnen der Menschen aus Hunderten Metern unter der Erde. Wenn sie Augen haben, sehen sie die Hände, die sie aus allen Ecken des Landes am Kragen packen: Der Kampf für Gerechtigkeit geht weiter!“