Der Wohlstand in Deutschland steigt und steigt, doch davon profitieren nur die Reichen. Als ob es nicht schon unerträglich genug ist, dass den wenigen Reichen 53 Prozent des Gesamtvermögens gehören, während der unteren Bevölkerungshälfte nur ein Prozent bleibt, verdeutlicht jeder weitere „Armutsbericht“, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klafft. Natürlich verschärfen „Stundenlöhne, die bei Vollzeit zur Sicherung des Lebensunterhalts eines Alleinstehenden nicht ausreichen“ die „Armutsrisiken und schwächen den sozialen Zusammenhalt“. Das Nettovermögen des Staates ist im Vergleich zwischen 1998 und 2008 um über 800 Milliarden Euro zurückgegangen.
Ulrike Herrmann beschreibt sehr schön, wie die Mittelschicht furchtbar gern an den eigenen Aufstieg glauben möchte und sich diese Hoffnung durch Heftchenromane oder ZDF-Sonntagsfilmchen mit einlullendem rosa Plüsch-Happy-End vorgaukeln lässt. Dabei begreifen wir eigentlich schon lange, dass wir keineswegs durchs Sparen oder Lernen und auch nicht durchs Heiraten reich werden können, denn Eliten pflegen unter sich zu bleiben! Heutzutage wird kaum ein armes Mädchen von einem reichen Jungen geheiratet, der auch gerne adelig sein darf. Fast niemand heiratet „unter seinem Stand“, es gilt das alte Sprichwort „gleich und gleich gesellt sich gern“.
Weil der Mittelschicht nicht entgangen ist, dass „in ein Vermögen einzuheiraten“ eher selten gelingt, wird zunehmend auf Bildung und individuelle Karriereplanung der eigenen Kinder investiert. Aber auch wenn fast alle DAX-Manager einen Universitätsabschluss haben, meist in Jura oder Betriebswirtschaft, ist es ein Trugschluss anzunehmen, das eigene Kind könnte mittels eines guten Jura-Abschlusses auch zum Konzernchef aufsteigen: Entscheidend ist und bleibt nach wie vor die eigene soziale Herkunft.
Damit das hübsch so bleibt, gibt es in Deutschland das dreigliedrige Schulsystem, obwohl mancherorts getan wird, als ob es die Ungleichheit abschaffe, wenn die Haupt- und Realschulen zur Pseudo-Oberschule geadelt würden, sodass durch den Namen Oberschule bei ihrem Besuch ein Märchen wahr werde. Das Übrige erledigt die neoliberale Politik, die weiterhin alles von unten nach oben verteilt und zu diesem Zweck auch die menschenverachtenden Hartz-Gesetze geschaffen hat.
2. Ei der Daus, da handelt sich lovely Zensursula von der Leyen offenbar Ärger ein mit ihrem Entwurf für den neuen „Armuts- und Reichtumsbericht“: Das Wirtschaftsministerium verweigert glatt seine Zustimmung dafür, mit Daten über eine „ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung“ Steuererhöhungen zu rechtfertigen und lehnt „vor allem Forderungen nach höheren Steuern für die“ ab, „die den Sozialstaat finanzieren“. Laut „Weser-Kurier“ vom Samstag, dem 21. September 2012, will Rösler dem Armutsbericht nicht zustimmen. Wenn also demnächst jemand etwas Negatives sagt, dann brauche ich dem bloß nicht zuzustimmen, und alles wird ins Positive verwandelt?
Auch Finanzsekretär Steffen Kampeter sprach von „Linksrhetorik pur“, alle wenden sich gegen eine höhere Vermögensabgabe. Röslers Ressort dringt darauf, die „positiven Trends stärker in den Vordergrund“ zu stellen. So hätten seit 2005 mehr als zwei Millionen Menschen eine Beschäftigung gefunden. Arbeit über alles, Hauptsache Arbeit, egal ob sich davon menschenwürdig leben lässt? Ich wüsste gern, in welcher Statistik die Regierung die 40 Prozent Langzeitarbeitslosen versteckt, die aus der Langzeitarbeitslosigkeit verschwunden sein sollen – oder werden sie schlicht nicht mehr mitgezählt?
3. Nach Ansicht von EU-Sozialkommissar Laszlo Andor sind die niedrigen Löhne in Deutschland ein Grund für die anhaltende Wirtschaftskrise in Europa, weil durch die jahrelange „Lohnzurückhaltung“ die Deutschen dazu beigetragen hätten, dass „wirtschaftliche Ungleichgewichte“ in der EU entstanden seien. Deshalb forderte der EU-Sozialkommissar höhere Löhne und einen Mindestlohn in allen Branchen.
Zwar habe sich der deutsche Arbeitsmarkt schnell von der Krise erholt, sei aber zunehmend „segmentiert“. Wenn das so bleibe, werde die Kluft zwischen regulärer Arbeit und Minijobs schnell wachsen, wobei die Minijobber riskieren, in eine Armutsfalle zu geraten. Selbstredend wies der Präsident des „Industrieverbandes Gesamtmetall“ Andors Thesen als „absurd und haltlos“ zurück. Deutschland sei eine „Konjunkturlokomotive“ und der mit Abstand größte Nettozahler der EU.
4. Die Forscher des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ griffen für eine Untersuchung auf Daten des „Sozio-ökonomischen Panels“ zwischen 1984 und 2010 zurück und kamen zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Männer aus armen Haushalten eine geringere Lebenserwartung hätten. Die Männer, die über 80 bis 100 Prozent des mittleren Einkommens verfügen, sterben statistisch gesehen immer noch 4,5 Jahre vor ihren wohlhabenden, Männer aus der zweithöchsten Einkommensgruppe von 100 bis 150 Prozent drei Jahre früher.
Bei Frauen seien die Unterschiede kleiner, aber immer noch deutlich. Ihre Lebenserwartung sei in armutsgefährdeten Haushalten um dreieinhalb Jahre geringer als in wohlhabenden. Bei einem Einkommen von 80 bis 100 Prozent schrumpfte die Lebenserwartung um zweieinhalb, in der zweithöchsten Gruppe bis 150 Prozent um anderthalb Jahre. Bei Frauen sei die geringere Lebenserwartung auf psychische Belastungen zurückzuführen, die durch die knappen finanziellen Möglichkeiten, fehlende soziale Netzwerke und Freizeitmöglichkeiten durch Einkommensarmut ausgelöst würden.
Bei Männern seien hingegen vor allem die geringere Bildung und die körperliche Belastung im Arbeitsleben als Ursache zu sehen. Ihnen könnte mit einer Reform des Arbeitsschutzes und stärkerer betrieblicher Gesundheitsförderung geholfen werden. Ein Zyniker könnte nun fragen, warum Menschen in Armut auch noch lange leben wollen!
5. Wenn Hartz-IV-Bezieher dazu verpflichtet werden, ihre finanziellen Verhältnisse offenzulegen und sich um einen „Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt“ zu bemühen beziehungsweise für entsprechende Maßnahmen bereitzuhalten, so kann dies in keiner Weise rechtfertigen, was die Stadt Plauen neun Langzeitarbeitslosen zumutete: Sie sollten als Ein-Euro-Jobber im Park das Unterholz lichten und damit Platz für den Kampfmittelräumdienst schaffen. Berichten zufolge werden in dem Bereich rund ein Dutzend Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet. Das zuständige Flop-, Mob- oder (No-)Job-Center soll den Probanden perfide mit Leistungsentzug bei einer Weigerung gedroht haben.
Dass die Ein-Euro-Jobber quasi an einem Himmelfahrtskommando teilnahmen, erfuhr das zuständige Jobcenter angeblich erst aus den Medien. Natürlich wusste niemand vorher irgendwas, und noch natürlicher würden doch keine Arbeitslosen in solche gefährlichen Jobs geschickt! Doch zeigt sich natürlich ebenso natürlich, zu welchen Maßnahmen und Mitteln Jobcenter greifen können. Oder wollte da etwa ein Sachbearbeiter unliebsame „Kunden“ loswerden? Ich verstehe aber auch die Erwerbslosen nicht, die brav in den Park trotten und ihr Leben riskieren, statt sich Unterstützung bei ihrem Widerspruch zu holen! Diese Arbeit hätte wegen Unzumutbarkeit sanktionslos verweigert werden können. Sollte der Zyniker dieses Mal fragen, ob nicht jedes Mittel recht sei, um die Statistik zu bereinigen?
6. Die Leiterin einer Grundschule in Kreyenbrück wies vor den Sommerferien darauf hin, das nach den Ferien fällige Kopiergeld werde sich von bisher zehn auf nun 15 Euro fürs Schuljahr erhöhen. Einen Tag nach den Sommerferien forderte sie die Eltern, die bisher nicht gezahlt hatten, zur Zahlung in spätestens zwei Tagen auf und wies darauf hin, dass die Kinder sonst keine Arbeitsblätter erhalten und nicht entsprechend am Unterricht teilnehmen könnten. Eine Mutter, von deren sechs Kindern zwei diese Grundschule besuchen, bat für die 30 Euro um Aufschub bis zur Mitte des Monats, wenn das Kindergeld komme.
Die 70 Euro aus der „Bildungs- und Teilhabe- Förderung“ zur „Sicherung des Existenzminimums hilfebedürftiger Kinder und Jugendlicher zur Bildungsteilhabe“, zu denen im Februar weitere 30 Euro kommen, hatte sie im Juli für Schulbücher und Material bezahlt. Doch hatte die Schule kein Einsehen. Die Tochter kam weinend nach Hause, weil ihr – anders als den anderen Kindern in ihrer Klasse – keine Fachblätter ausgeteilt worden waren. Sie hatte zudem kein Bastelmaterial erhalten und dadurch im Unterricht nicht mitbasteln können, weil auch das „Bastelgeld“ in Höhe von zehn Euro noch nicht gezahlt worden sei.
Die Schulleiterin sagte, der Brief an die Eltern sei „nicht aus dem hohlen Bauch entstanden“, denn es gebe viele Säumige. Auch sei sie nicht dagegen, das Jugendamt zu informieren, wenn das Kopiergeld nicht bezahlt werde, weil dies „eine Frage der elterlichen Sorge“ sei. Kinder müssen es ausbaden, noch mehr Ausgrenzung und Beschämung ertragen, wenn Politiker noch immer nicht berechnet haben, wie viel Geld Kinder tatsächlich zum Leben und für die Schule benötigen. So oft werden Kinder von finanziell klamm gehaltenen Eltern als „bildungsfern“ verhöhnt, obwohl ihre Teilhabe an Bildung – wie beschrieben – verhindert wird!
7. Weil all die vielen Programme – von ABM bis Ein-Euro-Job – dauerhaft nicht die gewünschte Wirkung zeigen, fordert die Bundesagentur für Arbeit dauerhafte staatliche Lohnzuschüsse. Ihr Chef Heinrich Alt will darauf hinarbeiten, dass auch „Menschen mit größeren Vermittlungshemmnissen“ eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt erhielten. So sollten „Dauerarbeitslose mit vielfachen Beschäftigungshindernissen“ auch auf lange Sicht Bundeszuschüsse erhalten, um „ihre objektiv eingeschränkte Produktivität auszugleichen“. Insbesondere wolle Alt vor allem jene 400.000 Arbeitslosen „fördern“, die zuvor noch keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und ohne Zuschüsse oft keine Chance auf einen Arbeitsplatz hätten, sollten sie nicht als „arbeitsunfähig“ in die Sozialhilfe abgeschoben werden.
Angeblich soll gerade diesem Personenkreis signalisiert werden, dass sie nicht aufgegeben werden und sie es mit Hilfe und eigener Anstrengung schaffen könnten. Wenn das kein alter Wein in neuen Schläuchen ist! Diese Fördermöglichkeiten gibt es doch längst, bei denen das Beschäftigungsverhältnis nur etwa dem Zeitraum entspricht, den der Arbeitnehmer beschäftigt werden muss, damit der Arbeitgeber die Zuschüsse weder zurück- noch Strafen zahlen muss. Anschließend wird der Betroffenen wahrscheinlich wieder auf der Straße sitzen. Dann können diese „neuen“ Mitnahmeeffekte einem weiteren Erwerbslosen als fördernde Wohltat vorgegaukelt und angediehen werden.
1. Daniel Cohn-Bendit, der als Befürworter des Fiskalpaktes der Entdemokratisierung Europas Vorschub leistet, indem die Finanzhoheiten einer demokratischen Kontrolle entzogen werden sollen, ist aus den französischen Grünen ausgetreten. Das stimmt mich froh. Die übrigen Armani-Ökos hierzulande wie Jürgen Trittin oder Claudia Roth – die dazu beigetragen haben, dass die Bundesrepublik zur Krieg führenden Nation wurde, die uns Hartz IV bescherten und die Beseitigung von Regenwäldern sowie die Verschlimmerung des Hungers zur Palmölgewinnung fördern, damit sie „Biosprit“ tanken können – sollten es ihm gleichtun, damit wir endlich eine nachhaltige Friedens-, Umwelt-, Sozial- und Finanzpolitik gestalten können, die die Mehrheit der Bevölkerungen Europas nicht mehr neoliberal übervorteilt.
2. Bist du der Cadaverbag- oder der Zinksargtyp? Du kannst entscheiden! Geile 80 Kilometer am Stück. Gewaltmärsche mit zwölf Kilogramm Sturmgepäck. Lecker Fast-Foot-Blutwurst und Hartkekse („Panzerplatten“) aus der Einmannpackung und ein krasser Anschiss vom Feldwebel. Stubenreinigen bis die Finger bluten. Nachtalarm-Events bis der (Stabs-)Arzt kommt. Sei dabei! Kotz auch du in die Hurraatüte! Anschließend geht’s im coolen Bundeswehr-Flieger nach Afghanistan. Da geht’s erst richtig heiß zur Sache. Du selbst bist der Kugelfang und erlebst richtiges Granatfeuer. Mit dem Granatsplitter im Rückenmark gibt’s zu Hause dann den Rollstuhl gratis. Wir sind stolz auf dich! Denn Mami und Papi können billig tanken. Es geht um die (Markt-)Freiheit und die (Billiglohn-)Arbeitsplätze.
1. „Jedes dritte Kind in Bremen lebt in Armut, sagt der ‚Paritätische Wohlfahrtsverband‘ in Bremen und will das ändern. Mit einer Grundsicherung in Höhe von 584 Euro für jedes Kind wollen die Wohlfahrtsverbände die Familienförderung auf neue Füße stellen“, so eine Kurzmeldung von „Radio Bremen“.
Dieser Wahlhilfsverein der SPD geht mir inzwischen ganz gehörig auf die Nerven! Pünktlich und kurz vor jeder Bundestagswahl läuft diese Kampagne. Ernst nehmen darf man das wohl nicht. Hier versucht man nicht zum ersten Mal, Politik auf dem Rücken der Kinder zu machen. Gleich nach den Wahlen hört man dann nichts mehr von diesen Organisationen.
Am 1. Mai hatte ich hierzu mal bei einer Mitarbeiterin der AWO nachgefragt. Auch diese bestätigte mir, dass die Kampagne für die Kindergrundsicherung „zurzeit“ bei ihnen nicht läuft. Der Schirmherr eines Bündnisses hierzu, Ex-Werder-Manager Willi Lemke, hat mir auf meine Mails mit entsprechenden Nachfragen nie geantwortet. Warum wohl nicht?
2. Den Gürtel enger schnallen! Was würden die Merkel, die von der Leyen und der Experte der Bundesanstalt für No Jobs, Heinrich Alt, wohl in dem Moment empfehlen, wenn das nicht mehr funktioniert? Gestern war ich unterwegs auf einer Bundesautobahn, als mich plötzlich der Hunger übermannte – und das als Hartz-IV-betroffener Mensch, vier Tage vor dem Ersten! An einer Raststätte hielt ich an, um mir eine Bratwurst zu gönnen.
Gott sei Dank fragte ich vorher nach dem Preis: Vier Euronen und 59 Cent wollte man dafür haben! Da musste ich leider passen, denn es wäre der Regelsatz eines ganzen Tages gewesen. Ich versuchte dann mit knurrendem Magen, meinen Gürtel enger zu schnallen. Fleutschepiepen, ging nicht mehr! Aber mir kam sofort die richtige Idee: Gleich werde ich erst einmal nach Hosenträgern Ausschau halten und beim Jobcenter dafür eine Hungerbeihilfe beantragen. Mal sehen, ob es klappt?
Aber vielleicht werde ich ja auch von einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei erwartet, denn man muss ja die Sicherheit in den Jobcentern erhöhen, um den Frust der Menschen in den Griff zu bekommen. Ich wünsche allen Freundinnen und Freunden ein erholsames Wochenende und den Verursachern dieser asozialen Zustände aus den Parteien und der Regierung ein kräftiges „Kleit mi an’n Mors!“