Mit Kevins tragischem Tod
auf Wählerfang
300 Menschen demonstrierten gegen Mahnwache rechter Gruppen
Von unserer Redakteurin Rose Gerdts-Schiffler |
BREMEN. Heftige Böen setzten gestern Vormittag der Lautsprecherübertragung vor dem Eingang des Osterholzer Friedhofs zu. Außer einem Grüppchen von rund 25 NPD-Anhängern, Freien Nationalisten und so genannten Backstreet Skinheads sowie ein paar Staatsschützern hörte dem Dauerredner aber wohl niemand zu. Das rechte Bündnis hatte eine "Mahnwache" aufgebaut. Sein Thema: Der Tod von Kevin und die psychiatrische Behandlung seines Ziehvaters in der Forensik des Klinikums Ost.Zur selben Zeit hatten sich zehn Mal so viele Gegendemonstranten auf dem Klinikgelände in Osterholz versammelt. Beiratsmitglieder, Anwohner, Autonome und Mitarbeiter des Klinikums bekundeten ihren Abscheu für den Versuch von Rechtsextremen und Rechtspopulisten, das furchtbare Schicksal des kleinen Jungen politisch auszunutzen, um Wählerstimmen zu fangen.Pastorin Inge Kuschnerus erinnerte daran, dass in der Zeit des Nationalsozialismus rund 700 geistig und psychisch kranke Patienten aus der Klinik von den Nazis in die Tötungsanstalten Hadamar und Meseritz gebracht und dort ermordet worden waren.Modernste Sicherheitstechnik würde heute gewährleisten, dass psychisch kranke Straftäter wie der Ziehvater von Kevin keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuteten. Doch jeder Mensch habe Rechte vor dem Staat und vor seinem Richter, so Inge Kuschnerus. Die Fehler, die staatlicherseits zum Tod von Kevin geführt hätten, müssten frei von Ideologien und ohne "politische Süppchen zu kochen", aufgearbeitet werden. Zugleich stellte sich die Pastorin gemeinsam mit dem Beirat hinter die psychiatrische Arbeit der Klinik. Unter den Zuhörern, die der Rednerin applaudierten, stand auch Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter.Bürgerschaftspräsident Christian Weber bedankte sich bei den Gegendemonstranten, dass sie den Rechtsextremen "keinen Millimeter" überlassen wollten. "Die Rechten gehen jetzt in Stellung, um im Mai gewählt zu werden." Eine niedrige Wahlbeteiligung würde ihnen in die Hände spielen, warnte Weber. Laut Polizei waren gestern rund 500 Beamte im Einsatz.
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