23.8.2006

Streit um Arbeitsmarktpolitik
Senatorin Karin Röpke reagiert verschnupft / Grüne begrüßen Vorstoß für mehr feste Jobs

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

BREMEN. Mehr sozialversicherungspflichtige Stellen, finanziert aus öffentlichen Kassen, dafür weniger Ein-Euro-Jobs - diese Forderung aus der Bremer Arbeit GmbH (bag) sorgt für Wirbel im politischen Raum. Die Grünen applaudieren, Arbeitssenatorin Karin Röpke (SPD) reagiert verärgert, und der frühere Staatsrat Arnold Knigge weist die gegen ihn gerichteten Vorwürfe zurück."Es freut uns, dass wir mit unserer Auffassung nicht mehr allein dastehen." So kommentiert Silvia Schön (Grüne) den bag-Vorstoß. Ein-Euro-Jobs böten Langzeitarbeitslosen keine berufliche Zukunft, Arbeitsvermittler sollten lieber "echte Perspektiven" schaffen. Schön: "Wir hoffen, dass die neue Staatsrätin Birgit Weihrauch die Chance nutzt und die längst überfällige Korrektur in der Beschäftigungspolitik vornimmt."Röpke dagegen weist die bag-Forderung in weiten Teilen zurück. Die beanstandeten Injobs (Bremer Behördenjargon für Ein-Euro-Jobs) seien "bundesweit ein wichtiges arbeitsmarkt- und vor allem sozialpolitisches Instrument", um Langzeitarbeitslose zu beschäftigen. Sie seien ein gutes Mittel, um in großem Umfang zusätzliche Beschäftigung zu schaffen, ohne Jobs in der Wirtschaft zu verdrängen. Sozialversicherungspflichtige Stellen mit öffentlichem Geld könnten das nicht leisten. Zudem zeige die Erfahrung, dass sie zu selten das gewünschte Ziel erreichen, nämlich Arbeitslose in der freien Wirtschaft in Lohn und Brot zu bringen. Für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) - von der bag als Vorbild für sozialversicherungspflichtige Jobs ins Gespräch gebracht - werde heute zudem kein Beitrag mehr in die Arbeitslosenversicherung gezahlt. Folge: Anders als vor der Arbeitsmarktreform Hartz IV schone eine ABM nicht mehr die Kassen der Kommune zu Lasten der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die von der bag erhoffte Entlastung trete für die Kommune folglich gar nicht ein. Auch deshalb sei es "völlig absurd, dem früheren Staatsrat Dr. Knigge hier zu unterstellen, er sei mehr den Interessen der BA als den Interessen Bremens gefolgt". Röpke sagte aber auch: Sozialversicherungspflichtige Jobs, finanziert mit öffentlichem Geld, könnten sinnvoll sein, wo sie unmittelbar zum Übergang in die freie Wirtschaft beitrügen. Dafür habe Bremen ein Programm aufgelegt. Im Übrigen müsse die Stadt ihre "Konzepte immer wieder überprüfen und nach den besten Wegen suchen", das "enorme Problem" der Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen". Dafür müssten alle Akteure eng zusammenarbeiten "und nicht über die Presse gute Ratschläge erteilen".Der frühere Staatsrat Arnold Knigge betonte, er kenne "keine Stadt, in der Arbeitsmarktpolitik so eng mit den Interessen der Kommune" verwoben sei, wie in Bremen. Nachbarschftseinrichtungen, Pflege und Sport profitierten von Injobs.

© Bremer Tageszeitungen AG



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