74. Bremer Montagsdemo
am 13. 02. 2006  I◄◄  ►►I

 

Die Hartz-IV-Spinne ist
hart an die Wand geknallt

Ursula Gatzke auf der Demo gegen 
Bolkestein in Straßburg am 11. 2. 2006

Jetzt will sie unter den Schwächsten und Ärmsten besonders die Jüngsten aussaugen!

Glaubt man im Ernst, die 18- bis 25-Jährigen könnten Hartz IV noch retten? Oder will man bloß an das Geld ihrer Eltern und Großeltern he­ran?

Erst hat man sogar Angst, den Leuten zu sagen, wie weit ihnen das Arbeitslosengeld II zusammengestrichen werden soll. Wenn schon eine „erhebliche Kürzung“ nach draußen posaunt wird, will man wenigstens nicht auch die Tatsachen gleich nennen!

Warum dieser Hartz-IV-Eiertanz? Das sind die „kleinen Schritte“! Den nächsten macht Franz Müntefering erst ein paar Tage später, als er die Zahlen nennt: Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die 18 bis 25 Jahre jung sind und noch zu Hause wohnen, bekommen 20 Prozent weniger! Sie sollen mit 276 Euro im Monat abgespeist werden!

Wie immer werden mit Hartz IV die Hausaufgaben total vermasselt, verschlurt, verschönt und sogar versteckt wie bei kleinen Kindern: „Ich habe hier etwas, das zeige ich euch aber nur, wenn ihr mir nicht zu böse seid! Ich muss nämlich erst einmal die Lage peilen, ob ich damit rausrücken kann!“.

Die Hartz-IV-Spinne liegt auf der Lauer, und im Netz zappeln schon die 18- bis 25-jährigen ums Überleben! Aber es gibt kein Entkommen, die Opfer werden ausgesaugt! Bieten wir der nimmersatten Spinne Paroli! Retten wir unsere Kinder, Enkel und uns selbst aus ihrem Netz! Kämpfen wir gegen die Spinne, die Armut und Elend bringt!

Ursula Gatzke (parteilos)
 
Samstag in Straßburg: Bremer Montagsdemonstrantin
stoppt Bolkestein (Foto, JPG, 338 kB)

 

Fortschaffer mit Schlagseite

Gudrun BinderLetzte Woche habe ich gefragt, was der „Weser-Kurier“ wohl davon hat, dass er einseitig oder gar nicht über bestimmte Vorkommnisse in der Bremer oder Berliner Politik berichtet. Letzten Freitag war Peter Bauer, stellvertretender Chefredakteur der Bremer Tageszeitungen AG, zum Schaffermahl eingeladen, wo diejenigen beköstigt werden, die sich um Bremen verdient gemacht haben. Herr Bauer hat das sicherlich, indem er kritiklos über Dinge berichtet, wie unsere Politiker es lesen möchten!

Der „Weser-Kurier“ hat in den letzten Jahren gern Fotos von Gästen abgebildet, wie sie auf historischem Weg vom „Schütting“ zum Rathaus schreiten. Das war diesmal leider nicht möglich, ohne das Plakat der Bremer Montagsdemo zu zeigen! Darum wurden nur die im Rathaus geknipsten Bilder abgedruckt. Jetzt wissen wir ein Detail mehr darüber, wie man wichtig genug für eine der hoch begehrten Einladungen zum Schaffermahl wird! Und wie erwerben sich Politiker ihre „Verdienste“?

Herr Müntefering tut sich mit dem Vorschlag hervor, das Renteneintrittsalter auf 67 zu erhöhen. Er steht voll dahinter und verteidigt seinen Vorstoß, weil er ja auch weiß, wovon er spricht: Er selbst arbeitet bis heute schwer und kann nachempfinden, wie sich ein 67jähriger Mensch nach 45 Jahren körperlicher Arbeit fühlt und wie es ihm gesundheitlich geht!

Wenn man weiß, dass Herr Müntefering 1940 geboren ist, eine Industriekaufmannslehre absolviert hat und seit 1975 Mitglied des Bundestages ist, dann können wir uns ausrechnen, wie viele Jahre Herr Müntefering als Otto Normalverbraucher sein Geld verdient hat und wie stark er dafür körperlich arbeiten musste!

Man muss sich nur einmal vorstellen, wie solch ein Arbeitstag des Herrn Müntefering aussieht, wie er von seinem Büro mit dem Dienstwagen abgeholt, zum Militärflughafen gefahren und zu seinem Treffpunkt geflogen wird, dort eine von Mitarbeitern ausgearbeitete Rede hält, das für ihn und seine Begleiter bereitstehende Essen hinunterwürgt und wieder im Dienstwagen zum Flughafen gefahren wird, um zu seinem nächsten Arbeitstreffen zu gelangen!

Das alles ist Stress pur, weil es einen kritischen Augenblick gibt: Er muss aufpassen, auf welcher Veranstaltung er sich gerade befindet, damit er nicht versehentlich die falsche Rede aus der Tasche zieht! Dann würde man merken, dass er keinen Schimmer hat von dem, was er vorträgt!

Dieser Mann also will festlegen, dass ein Mensch, der körperlich anstrengende Arbeiten ausführt, auch mit 67 Jahren noch fit genug dafür ist, diese Arbeit zu leisten! Es handelt sich um Arbeiter im Bauhandwerk, um Schornsteinfeger, Krankenschwestern, Pflegepersonal und Beschäftigte in ähnlich schweren und verantwortungsvollen Berufen!

Es wird keine Ausnahmen von dieser Regelung geben, wenn es nach Herrn Müntefering geht, doch er ist nicht auf dem Laufenden. Zum Glück gibt es schon lange Ausnahmeregelungen, beispielsweise ist das Arbeitsleben für Bergleute im Tagebau mit 60 und für Bergleute unter Tage mit 55 Jahren beendet. Wenn wir nun wissen, dass die Politiker für sich anstreben, ihr Renteneintrittsalter von 65 auf 63 herabzusetzen, müssen wir wohl annehmen, dass unsere Politiker alle schon mal im Bergbau gearbeitet haben!

Gudrun Binder

 

Wo bleiben die Arbeitsplätze?

„Herr Verheugen, ich möchte mal mit Ihnen über meine Enttäuschung reden! Keine Angst, es geht nicht um mein Privatleben. Nein, ich bin enttäuscht, dass noch immer keine Arbeitsplätze geschaffen wurden!“

Am Freitag gingen wir, als ich das Transparent gegen die neue Dienstleistungs-Richtlinie für unsere Demo in Straßburg fertiggemalt hatte, noch spontan zu einer Aktion beim diesjährigen Schaffermahl auf den Marktplatz und hielten es hoch: „Bolkestein macht uns zum armen Schwein!“

'Wo bleiben die Arbeitsplätze, Herr Kommissar?
Bolkestein macht uns zum armen Schwein!' -
Günter Verheugen stellt sich der Bremer 
Montagsdemo beim Schaffermahl 2006

Einige der Gäste, die an uns vorüberschritten, fanden unsere Aktion sogar gut. Als ich aber auf mein Schild „Wo bleiben die Arbeitsplätze, Herr Kommissar?“ hinwies, zuckten sie nur die Achseln und wussten keine Antwort. Die Woche über lauteten die Nachrichten, Bremen befinde sich mehr als erwartet im Aufschwung, nur schlage das leider nicht durch auf den Arbeitsmarkt! Wann denn sonst, Herrschaften? Erst wenn es der Wirtschaft wieder schlechter geht?

Das war die erste Enttäuschung, aber es kommt noch dicker! Herr Müntefering möchte jetzt noch die Leistungen für die Unterfünfundzwanzigjährigen kürzen, sagt aber kein Wort von Schaffung neuer Arbeitsplätze! Was heißt das anderes als: Den Empfängern von ALG II geht es immer noch zu gut, und man will sie zwingen, bestimmte Arbeiten zu Billigstlohn anzunehmen!

Hier kommt wieder mal zum Vorschein, wie weit sich die Politiker von uns Bürgern entfernt haben. Wie wollen diese Damen und Herren mit solchen Plänen Glaubwürdigkeit gewinnen? Sollen bloß die Kosten abgewälzt werden auf andere, zum Beispiel die Eltern?

Liebe Politiker beim Schaffermahl! Sorgt endlich dafür, dass die Wirtschaft Arbeitsplätze zu fairen Bedingungen schafft, dann lösen sich auch unsere Geldprobleme, und die Renten sind gesichert! Erst wenn genügend solcher Arbeitsplätze da sind und niemand sie annehmen will, bin ich bereit anzuerkennen, dass diejenigen, die diese Chance nicht wahrnehmen wollen, auch mit Kürzungen zu rechnen haben. Aber nicht vorher, sonst müsste ich auf den Gedanken kommen, dass ihr Politiker euch auch schon für die Zukunft mit den hohen Arbeitslosenzahlen abgefunden habt!

Udo Riedel (parteilos)

'Wo bleiben die Arbeitsplätze, Herr Kommissar?
Bolkestein macht uns zum armen Schwein!' -
Udo Riedel (Mitte) und Wolfgang Lange
diskutieren mit Günter Verheugen beim
Bremer Schaffermahl am 10. 2. 2006

Günter Verheugen stellt sich der Bremer Montagsdemo: „Wo bleiben die Arbeitsplätze, Herr Kommissar? Bolkestein macht uns zum armen Schwein!“ – Udo Riedel (Mitte) und Wolfgang Lange diskutieren mit dem Ehrengast beim Bremer Schaffermahl am 10. Februar 2006 (Fotos, JPG, 300 kB)
 
Bolkestein muss ganz weg: Die Ersetzung von „Herkunftslandprinzip“ durch „Dienstleistungsfreizügigkeit“ macht es nicht besser („Rote Fahne News“)
 
Vogelsterben auf Rügen: Gibt es angemessene Schutzkleidung
für die Ein-Euro-Jobber, die unter Lebensgefahr infizierte
Kadaver beseitigen sollen? („Spiegel-Online“)
 
Bremer WASG unterstützt Klage gegen Sozialressort: Nur für elf Prozent
aller „nicht angemessen“ wohnenden Bedarfsgemeinschaften
gibt es freie Wohnungen („Radio Bremen“)

 

„No, non, nein à Bolkestein!“

Diese Parole skandierten Tausende in Straßburg und Berlin. Nach ersten Berichten waren über 55.000 Teilnehmer anwesend! Es herrschte eine hervorragende Stimmung, ständig wurde im Sprechchor gerufen oder gesungen, oft das alte Arbeiterlied von der „Internationalen“, die das Menschenrecht erkämpft.

Französische und deutsche Gewerkschafter, IG Metall, Verdi, IG Bau, Sozialverbände, Montagsdemos und Attac, auch Parteien wie WASG, Linke, DKP und MLPD waren vertreten. Sogar aus anderen Ländern waren Demonstranten angereist, an einem Offenen Mikrofon sprach beispielsweise ein Vertreter des Sozialforums von Zypern.

Bremer Montagsdemo:
Bolkestein macht uns zum armen Schwein!

In Berlin bestand die Spitze der Demo aus einem Konvoi großer Müllfahrzeuge, und Verdi bot ein kämpferisches Bild. DGB-Chef Sommer versuchte in seiner Rede den „Kompromiss“ zwischen Konservativen und Sozialdemokraten als guten Erfolg zu verkaufen. Für seine Lobpreisung der SPD als einer „Kraft, auf die wir vertrauen können“ erhielt er mächtig Pfiffe!

Schon am Freitag hatte Herr Verheugen persönlich hier auf dem Marktplatz uns alle und besonders den Mann mit dem Schweinchenrüssel beschwichtigen wollen: „Die Giftzähne sind gezogen, ihr braucht da gar nicht mehr hinzufahren!“. Die Kollegen sahen das anders: „Wir warten nicht auf den Sommer“, rief die Montagsdemo aus Eisenhüttenstadt, „wir sind zum Kämpfen bereit!“.

Die Bremer Montagsdemo war mit dem Bus nach Straßburg gefahren und hatte zwei Transparente dabei, die Hartzer-Käse-Kostüme, Clementines „Doppel-Minus-Renten-Sturz“-Schirm und den Lautsprecherwagen. So machen wir es wie die Docker und stoßen Bolkestein vom Hocker!

Jobst Roselius

 

Täglich 18 Minuten Mehrarbeit
für den Stellenabbau

Elisabeth GrafNicht nur, weil ich selbst zwei Kinder habe, mache ich mir Sorgen um die Situation der jungen Menschen in unserem Land. Dabei befinde ich mich in guter Gesellschaft, denn offenbar aufgeschreckt durch die dramatischen PISA-Ergebnisse hat die Menschenrechtskommission den UNO-Sonderberichtserstatter Vernor Muñoz auf Deutschlandreise geschickt. Dabei wird er in den nächsten zehn Tagen deutsche Bildungsstätten besuchen, um zu überprüfen, ob bei uns das Recht auf Bildung gewährleistet ist, ob Kinder von Ausländern, aus sozial schwachen Familien oder Behinderte ausreichend gefördert werden.

In keinem anderen EU-Land ist die Höhe des Bildungsabschlusses derart eng verknüpft mit dem der Herkunftsfamilie wie in Deutschland. Ein Akademikerkind hat viermal so große Chancen, einen höheren Bildungsabschluss zu erwerben wie ein Facharbeiterkind. Im Wissensstand ist ein 15jähriger Jugendlicher aus einem Akademikerhaushalt dem aus einem Nichtakademikerhaushalt um etwa zwei Jahre voraus. Deutschland hat vor zehn Jahren die Kinderrechtskonvention unterschrieben, und es ist an der Zeit, endlich Konsequenzen daraus zu ziehen, die bekannten Defizite zu beseitigen! Eben weil diese Ergebnisse doch hinreichend bekannt sind, frage ich mich, weshalb sie wiederholt untersucht werden müssen. Nicht neues, altes Zahlenmaterial ist gefragt, sondern dass endlich entsprechend gehandelt wird!

Deutschland, ein Wintermärchen? Bildungsministerin Annette Schavan befindet erstaunlicherweise, dass es doch gerade in den höheren Klassen eine vermehrte Chancengleichheit gebe, die sie gerne auch in den jüngeren Jahrgängen herstellen würde. Überhaupt finde ich es befremdlich, welche „Initiativen“ von Seiten der Großen Koalition unternommen werden: Erst gestern wurde in den Nachrichten bekannt gemacht, die Bundesregierung plane, Langzeitarbeitslosen unter 25 Jahren 20 Prozent des Arbeitslosengeldes II zu kürzen! So wird mit Sicherheit nicht die Arbeitslosigkeit bekämpft, sondern mal wieder nur der oder die junge Arbeitslose selbst. Egal wie sehr dadurch der Anreiz geschaffen werden soll, sich um die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zu bemühen: Es gibt diese vielen Stellen überhaupt nicht!

Es gibt sie nicht, weil die Bundesregierung es versäumt, den Unternehmen die Abwanderung ins Billiglohnausland zu erschweren, so wie es zum Beispiel Frankreich macht. Es gibt diese Stellen auch nicht, weil nur noch ein Drittel der Betriebe überhaupt ausbildet und keine Nichtausbildungsabgabe für die anderen Unternehmen vorgesehen ist. Der momentane Streik im Öffentlichen Dienst zeigt auf, welch schwachsinnige Politik betrieben wird: Bei der Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich geht es keineswegs nur um lumpige 18 Minuten, die täglich mehr gearbeitet werden müssten, sondern aufs Jahr verteilt um mehrere tausend Arbeitsplätze, die auf diese Weise ebenso eingespart werden können wie neue Ausbildungsplätze!

Elisabeth Graf (parteilos)

 

Das erfüllte Leben

Ein Blick in die Zukunft: Geboren in den fetten sechziger Jahren, genoss ich eine gute Schulausbildung. Ich bekam einen Ausbildungs- und einen Arbeitsplatz, einen Festvertrag bis zu meinem 65. Lebensjahr. Berufsbedingt habe ich aber nur eine statistische Lebenserwartung von 64 Jahren.

Nehmen wir an, ich überliste die Statistik und gehe, gestützt auf meinen Stock, zu meinem Arbeitsplatz. Durch die langjährige Erfahrung ist es mir möglich, die Arbeit mit einer Hand auszuführen. Mein Arbeitgeber sagt aber, mit beiden Händen zu arbeiten sei effektiver. Außerdem müsse aus wirtschaftlichen Gründen schneller gearbeitet werden. Ich habe es versucht, aber mein Stock fällt immer um, sodass ich einen jüngeren Kollegen bitten muss, ihn mir aufzuheben. Die Kollegen maulen, haben nicht die Zeit dazu.

Völlig genervt sitze ich zu Hause und überlege, wie ich meine staatlichen Pflichten erfüllen soll, ohne meinen Chef oder meine Kollegen zu ärgern. Da fällt mein Blick auf den Wirtschaftsteil der Zeitung. Dort steht, dass Ein-Euro-Jobs immer beliebter werden. Das ist doch die Idee! Ich stelle von meinem überzogenen Gehalt einen Ein-Euro-Jobber ein und schaffe damit auch noch einen Arbeitsplatz!

Seit drei Monaten habe ich jetzt meinen persönlichen Stockhalter. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Jetzt stehe ich kurz vor der Rente und räume meinen Arbeitsplatz. Mein Ein-Euro-Jobber hat gleich bei meinem Chef gefragt, ob er den freien Platz belegen darf, und siehe da: Wenn er sich beim Gehalt noch etwas einschränkt, steht einem befristeten Arbeitsverhältnis nichts mehr im Weg!

Als er zu mir kommt, um mir die frohe Botschaft zu überbringen, trifft mich vor lauter Rührung der Schlag: tot, aus, vorbei. Welch ein erfülltes Leben: Alle staatlichen Pflichten erfüllt und einen anderen Menschen glücklich gemacht! Das Geld, das ich in die Rentenkasse eingezahlt habe, haben die Herren in Berlin sowieso schon längst ausgegeben.

Leserbrief von Heiko Mühlenbruch im „Weser-Kurier“
vom 11. Februar 2006, vorgetragen von Gudrun Binder

 

Mietobergrenzen anheben!

Eine Sammelklage gegen Zwangsumzüge

Matthias BrittingerDer Kläger reicht hiermit gemäß § 43 Absatz 2 Satz 1 VwGO Leistungsklage gegen die Stadt Bremen, vertreten durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, ein. Es wird beantragt: 1. Die Verwaltungsanweisung zu § 22 SGB II vom 18. 11. 2005 ist zurückzunehmen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, die Miet­obergrenzen um 20 Prozent anzuheben. 3. Der Schutz der Wohnung soll gemäß des Bestandschutzes gewahrt bleiben. 4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Begründung: Der Kläger vertritt durch Vollmachten mehrere Betroffene der Verwaltungsanweisung der Beklagten. Aufgrund der Vielzahl von Betroffenen sieht sich der Kläger verpflichtet, deren Interessen zu vertreten. Die Beklagte beauftragte im Frühjahr 2005, offensichtlich auch als Reaktion auf die Veröffentlichung des inoffiziellen Mietspiegels durch den Kläger, das „Gewos“-Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH mit einer Analyse für die Stadt Bremen zum Thema „Preisgünstiger Wohnraum in Bremen“.

In ihrer Verwaltungsanweisung vom 18. 1. 2005 ignorierte die Beklagte offensichtlich bewusst die wesentlichen Teile des „Gewos“-Gutachtens, um trotz eindeutig gegenteiliger Empfehlungen die Mietobergrenzen nicht erhöhen zu müssen. So heißt es in dem „Gewos“-Gutachten, dass die durchschnittlichen Bruttokaltmieten überwiegend oberhalb der Angemessenheitsgrenzen liegen. Auch weist das Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass der durch jährliche Fluktuation zusätzlich freiwerdende angemessene Wohnraum nicht in vollem Umfang den ALG-II-Beziehern zu Verfügung stehen wird. Zum einen erfolgen bei Mieterwechseln häufig Mietanpassungen, und zum anderen werden diese Wohnungen auch von anderen Bevölkerungsgruppen wie z.B. Studenten nachgefragt.

In dem Gutachten wird weiterhin mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass den 10.860 nicht angemessen wohnenden Bedarfgemeinschaften nur ein angemessener Wohnungsleerstand von 1.220 Wohnungen gegenübersteht. Dies entspricht circa 11 Prozent des tatsächlichen Bedarfs. Bei alleinstehenden Personen entspricht der angemessene Wohnungsleerstand sogar nur knapp 4,4 Prozent.

Auch weist das Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass mehrere Faktoren zu einem Anstieg der Wohnkosten führen können, die eine Verringerung des angemessenen Wohnraums gemäß der Tabelle nach § 8 WoGG zur Folge haben. Dazu gehören zum einen fortschreitende Modernisierungen insbesondere der älteren Baualtersklassen, die zumeist mit Mietsteigerungen in diesem Segment einher gehen. Zum anderen sind zukünftig auch weiterhin steigende kalte Betriebskosten zu erwarten.

Auch zeigt das Gutachten eindeutig auf, dass die Mietkosten der Stadt Bremen seit Erstellen der Tabelle nach § 8 WoGG um circa acht Prozent gestiegen sind. Aufgrund dieser Fakten ergibt sich eindeutig die Rechtswidrigkeit dieser Verwaltungsanweisung, da sie die tatsächlichen Fakten und Grundlagen, die zur Berechnung der Mietobergrenze eigentlich heranzuziehen sind, in keiner Weise berücksichtigt.

Die Beklagte ignoriert auch weitgehend die Aussagen des Gutachtens, dass eine Verwaltungsanweisung einer weiteren Segregation entgegenwirken soll. Durch die Verwaltungsanweisung vom 18. 11. 2005 wird entgegen der Analyse des Gutachtens eine weitere Konzentration von angemessenem Wohnraum herbeigeführt. Dass die Umzugsaufforderungen zu einer verstärkten Segregation führen und damit auch erhebliche Folgekosten für die Beklagte nach sich ziehen, ist in dem Gutachten mehrfach betont worden. Dabei erscheint es dem Kläger wichtig festzustellen, dass die Verwaltungsanweisung in Punkt 3.3.1. Absatz 1 eindeutig dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes widerspricht und daher schon rechtswidrig ist.

Auch sagt das Gutachten eindeutig aus, dass ohne eine Anhebung der Miet­obergrenzen zwar rein rechnerisch ein Abbau der Zahl der unangemessen Wohnenden in zwei bis drei Jahren möglich wäre. Dies gilt aber nur unter der hypothetischen Annahme, dass keine ALG-II-Bezieher dazukommen würden und alle frei werdenden Wohnungen ausschließlich an Leistungsempfänger vergeben werden. Werden jedoch, was realistisch ist, nur die Hälfte der verfügbaren Wohnungen an ALG-II-Bezieher vermietet, dauert der Abbau insgesamt fünf bis sechs Jahre.

Da das Gutachten auch mit einem weiteren Anstieg der ALG-II-Bezieher rechnet und, wie oben schon angeführt, die Mieten und kalten Betriebskosten weiter steigen werden, sind diese fünf bis sechs Jahre völlig unrealistisch. Im Gutachten heißt es außerdem, dass die Analyse auf der Basis unterschiedlicher Quellen gezeigt hat, dass die durchschnittliche Bruttokaltmiete von 1999 bis 2004 um acht Prozent gestiegen ist. Vor diesem Hintergrund sei eine Anpassung der Grenzwerte an die Marktentwicklung angebracht. Eine solche Anpassung ist erst recht im Jahr 2006 angebracht.

Das Gutachten weist ausdrücklich darauf hin, dass vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen durchschnittlichen Bruttokaltmieten geprüft werden sollte, ob eine Anhebung der Grenzwerte nicht sinnvoll ist. Durch diese Maßnahme wird insbesondere das derzeit und zukünftig verfügbare angemessene Angebot deutlich erhöht. Somit kommt es zu einem deutlich schnelleren Abbau der Bedarfsgemeinschaften, die nicht angemessen wohnen. Für die Stadt Bremen ergeben sich auf der einen Seite Kostenerhöhungen durch die Anhebung der Grenzwerte. Auf der anderen Seite werden jedoch kurzfristig deutlich die Kosten verringert, da zurzeit 5.060 Bedarfsgemeinschaften mit ihren Bruttokaltmieten mehr als 20 Prozent oberhalb der Grenzwerte liegen, die sich so schneller angemessen versorgen könnten. Hinzu kommen noch erhebliche Umzugskosten sowie, wie bereits erwähnt, die Folgekosten aufgrund verstärkter Segregation.

Wie die Analyse des „Gewos“-Gutachtens beweist, würde die Anhebung der Mietobergrenzen um 20 Prozent eine Verringerung der Zahl nicht angemessen wohnender Bedarfsgemeinschaften um 53,4 Prozent bedeuten. Speziell bei den Alleinstehenden würde sich die Zahl der nicht angemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften um 48,8 Prozent verringern. Auch der direkt verfügbare Wohnraum würde sich von 1.220 auf über 2.000 erhöhen. Aufgrund der jährlichen Fluktuation in Höhe von 13 Prozent würde sich jährlich ein zusätzlicher angemessener Wohnraum von circa 9.000 Wohnungen ergeben. Somit könnte ein Abbau der nicht angemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften in ein- bis eineinhalb Jahren erreicht werden. Wird noch der Bestandsschutz für Wohnungen, der auch nach Artikel 14 der Bremischen Landesverfassung gesichert werden soll, hinzugenommen, ist das Problem in höchstens einem Jahr zu lösen.

Aufgrund der vorliegenden Fakten erscheint es dem Kläger zwingend notwendig, die Mietobergrenzen entsprechend der Analyse des „Gewos“-Gutachtens um 20 Prozent anzuheben. Die Verwaltungsanweisung der Beklagten vom 18. November 2005 widerspricht der Überzeugung des Klägers nach auch den Artikeln 1, 2, 11 sowie 20a des Grundgesetzes und, wie oben schon erwähnt, Artikel 14 der Bremischen Verfassung. Daher ist eine schnelle richterliche Entscheidung zum Schutz der Betroffenen dringend erforderlich. Auch in anderen Städten wie Lüneburg und Oldenburg wurden die Mietobergrenzen den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst. Diese Rechtsprechung sollte auch für Bremen gelten.

Klageschrift vom „Sozialen Lebensbund e.V. – Miteinander leben,
füreinander da sein“, vertreten durch den Ersten Vorsitzenden Matthias Brittinger, gegen die Stadt Bremen, vertreten durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales

 

Verunsicherung macht krank

Hans-Dieter Binder1. Bereits seit langem geht das Gerücht um: Wer unter 25 Jahre alt ist, darf nicht ohne Erlaubnis der Bagis von zu Hause ausziehen. Herr Müntefering hat am Wochenende bestätigt: Das sind nur Gerüchte, aber die gesetzliche Grundlage wird geschaffen. Außerdem sollen die Regelsatzleistungen für Menschen unter 25 Jahren reduziert werden.

Wer schon keine Arbeit, keine Ausbildung hat, wird damit nochmals abgestraft. Es sind diese jungen Menschen, die leistungsmotiviert unsere Renten sichern werden. Sie werden sich wehren! Politiker kann mensch wegkreuzen! Vieles wurde geplant, aber „handwerkliche“ Fehler in den Gesetzen sind an der Tagesordnung. Letztlich ist eine Regelsatzkürzung nur mit Abnicken der Richter möglich, falls dann diese Regelung beklagt wird!

Bezeichnend ist das begleitende Zahlenbeispiel. Inzwischen weiß jeder, dass die Ausgangszahlen zum ALG II „haushaltslagengerecht“ festgelegt wurden, nicht nach dem vorhersehbarem tatsächlichen Aufwand. Wiederum nicht erwähnt wurde die Ersparnis bei Sozialhilfe, Sozialgeld und Arbeitslosenhilfe. Die Sozialhilfeempfänger wurden zu fast 100 Prozent dem ALG II zugeordnet. Warum hinterfragt die Zeitung eine solche Meldung nicht kritisch? Wird sie dann aus dem Verteiler genommen? –

Niemand muss seine Wohnung kündigen! Nur das bestehende Mietverhältnis schützt vor Obdachlosigkeit. Auch der Auszug eines Mitbewohners aus der Wohnung muss für angemessene Zeit von der Bagis ausgeglichen werden. Kündigen sollte der Mensch erst, wenn er eine neue Wohnung gefunden und die Bagis diese Wohnung akzeptiert hat! Geht nicht allein zur Bagis; falls doch, lasst in jedem Fall die Fakten schriftlich festhalten! Der Sachbearbeiter kann sie eintippen und ausdrucken, dieser Schrieb ist als Ausdruck der Bagis erkennbar.

Die Klage des „Sozialen Lebensbundes – miteinander leben, füreinander da sein“ hat aufschiebende Wirkung. Trotzdem ist es erforderlich, dass gegen die Bescheide Widerspruch eingelegt wird. Wir sollten über jeden Bescheid reden und die Einzelheiten besprechen. Die Bagis wird wohl die vorläufige Entscheidung über die Klage abwarten und zwischenzeitlich Briefe versenden, so nach dem Motto: „Es könnte sein, dass Sie die Kosten für Ihre Wohnung werden senken müssen!“. Auch solche Briefe muss man ernst nehmen, und wir reden darüber! Gemeinsam können wir die Antwort abstimmen. Solche Briefe sind durch nichts zu rechtfertigen! Solche Briefe verunsichern die Betroffenen!

Wir hoffen, dass Herr Lange von der Bagis viel mitgenommen hat; er war auf der Veranstaltung „Entwurzelung macht krank“ im „Haus im Park“ beim Krankenhaus Ost. Ich fordere die Bagis auf, diese geplante Briefaktion nicht durchzuführen! Allein die Verunsicherung macht krank! Ich möchte, dass die Bagis jedem Betroffenen schriftlich mitteilt, dass er die Wohnung behalten kann und die Kosten weiterhin erstattet werden!

Die Freie Hansestadt Bremen hat diese Beträge bereits durch das ALG II eingespart, denn sie hat weniger Sozialhilfe und Sozialgeld zu zahlen. Es gibt weniger Personalkosten, aber einen Bundeszuschuss aus Berlin! Darüber hinaus kann ein freundlicher Umgang mit den Betroffenen und eine den tatsächlichen Umständen angemessene Vermittlungstätigkeit den Krankenstand in der Bagis reduzieren und darüber hinaus erhebliche Minderausgaben verursachen. –

Die ehemaligen Stadtwerke Bremen schreiben jetzt vor der Energieunterbre­chung keine gelben Briefe mehr: Die Abschaltung wird auf der zweiten Mahnung angekündigt! Somit muss der Mensch bereits bei der ersten Mahnung handeln. Wer Energieschulden hat, sollte für den Ausgleich ein Darlehn beantragen und die SWB darüber informieren, möglichst schriftlich, möglichst mit Begleitung.

Für Heizung und immer, wenn die Heizung betroffen ist, geht dieser Antrag an die Bagis; desgleichen, wenn die Berufstätigkeit gefährdet ist. In allen anderen Fällen ist das Sozialamt zuständig. Mit Kindern im Haushalt werden diese Anträge angenommen, oftmals aber grundsätzlich abgelehnt, obwohl Energieversorgung von vielen Gerichten als Grundrecht eingestuft wurde. Aber nur rechtzeitiges Handeln erspart die Abstellung! Auch das ist ein Grund dafür, dass wir jeden Montag hier demonstrieren!

 

2. Der Intendant des Theaters hat es auf den Punkt gebracht und seine Meinung gesagt: „Bestellte Wahrheiten“. Diese Überschrift sagt alles! Der Kultursenator gibt viel Geld aus für Gutachten, und alles ist nur Theater! Im „Weser-Kurier“ wurde ein weiteres Gutachten auf der Kulturseite vorgestellt, es soll viele Vergleiche mit anderen Theatern enthalten.

Auf der gleichen Seite steht in der Nebenspalte ein Artikel, der sich mit falschen Zahlen befasst. Der Finanzsenator hat einen „Kultur-Benchmarking-Bericht“ herausgegeben. Obwohl dieser Bericht bisher nur teilweise veröffentlicht wurde, ist klar: Die Zahlen stimmen nicht! Die Unterlage für diesen Bericht wurde von der Kulturbehörde zugearbeitet. Es geht um Vergleiche der Kultur in Bremen und anderswo, es geht um Auslastung und Finanzierung. Diese Vergleiche und sogar die verwendeten Zahlen sind falsch, der Kultursenator hat dies eingestanden! Die Vorlage war als Grundlage für die Haushaltsberatungen total daneben, was Herr Kastendiek ganz einfach zu erklären wusste: ein Bürofehler!

Der Intendant des Bremer Theaters wurde zu dem Gutachten befragt, nachdem es in der Zeitung kommentiert wurde. Er sagte, er wolle das Gutachten erst einmal lesen, anschließend könne er sich dazu äußern. Inzwischen hat der Intendant das Gutachten gelesen, sein Kommentar taugte zur Überschrift! Dieses Gutachten wird vermutlich nachgebessert oder verschwindet als unbrauchbar in der Schublade. Bezahlt wird es sicherlich, wie alle anderen Gutachten auch. Aber hoffentlich nicht aus der Theaterkasse!

Die erstellende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war auch für den Jahresabschluss der Theatergrundstücksgesellschaft tätig und hat die VVG geprüft, den Jahresabschluss mit der Überweisung für die Günther-Grass-Stiftung über 500.000 Euro und der Überweisung an die Freie Universität über 15 Millionen. Dieser Jahresabschluss enthält weitere Besonderheiten! Oder ist es normal, dass der Käufer bestimmt, was ich mit dem Geld anfange, wenn ich ihm mein Auto verkaufe? Dass er mir sagt: „Du bekommst 4.000 Euro für die Kiste, und davon spendest du 1.000 an diesen und jenen“?

Meine Frau würde sich das nicht bieten lassen, auch nicht für einen schönen Garten, aber das Parlament der Freien Hansestadt Bremen hat auf sein Mitspracherecht verzichtet! Daher Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

Hans-Dieter Binder

 

Holiday In(n) Straßburg

Am 11. Februar 2006 machte sich eine kleine, aber feine Gruppe aus Bremen auf, um gegen die „Bolkestein“-Dienstleistungsrichtlinie der EU-Kommission in Straßburg zu protestieren. Die Nacht verlief kurzweilig, Mitprotestler aus Oldenburg wurden abgeholt, die Stimmung war prächtig. Während der Dämmerung begleitete uns sogar circa eine Stunde lang Venus! Ein schönes Zeichen?

Irgendwann die Grenze. Nach kurzer Ausweiskontrolle ging es quer durch Straßburg und unter Polizeischutz zur Sammelstelle. Wir hatten viel Zeit. Es gab eine kleine Stadtbesichtigung unter kundiger Leitung von Jobst. Feine alte Fachwerkbauten wurden außen und innen besichtigt und zum Eigentumstransfer ausgesucht, auch die üble Verschandelung alter Bauten durch endlose Werbetafeln in allen Farben bekrittelt.

Dann war Demozeit. Zahllose bunte Fahnen. Wie viele Lautsprecherwagen? Keiner weiß es. Ein wogendes Menschenmeer, sogar das Wetter spielte mit, zwar frisch, aber trocken, nur mäßiger Wind. Dank angepasster Kleidung gab es keine Erfrierungen, nur freundliche, aufgeschlossene, sogar fröhliche Menschenminen, trotz des Themas, viele gute Gespräche, trotz der Sprachprobleme, aber das war zu erwarten, denn klar war: Bolkestein macht uns nicht zum armen Schwein! Bolkestein muss weg, ohne Wenn und Aber!

Irgendwann geht das beste Ereignis zu Ende. Nach einer Grußadresse eines Hamburger Hafenarbeiters, der es drei Wochen zuvor mit europäischen Kollegen geschafft hatte, die sogenannte Port Package II niederzuringen, war Schluss. Und dann kam es: Nach einem langen Tag mit Anreise, Essen und Trinken, viel Bewegung muss sich jeder mal erleichtern. Am Bustreff stand das Holiday Inn, und viele gedachten, es dort zu tun.

So weit so schlecht, denn keine Rechnung ohne den Wirt. Vor unseren Augen wurde von einer kleinen, gelackten Figur Anweisung gegeben, die Toiletten abzusperren. Die Entrüstung war groß, aber eine Konsequenz blieb leider aus. Wünschen wir der Firmenleitung einsichtigere Branchenkollegen, damit die Holiday-Inn-Gruppe vielleicht zuerst nur die oberen fünf Etagen abtragen lassen muss, weil kein Bedarf mehr an ihren Betten besteht!

Vielleicht kann die Stadt Straßburg in ein paar Jahren das Grundstück günstig zurückerwerben und eine schöne, großzügige Bedürfnisanlage errichten, dann wird, bei künftigen Reisen, jedem sicherlich der Name Holiday Inn wieder einfallen, oder besser nicht! Unser Bus steuerte schließlich eine Bundesautobahn-Raststätte an, wo auch das aufgefüllt wurde, was körperlich nötig war. So kamen wir nach circa 30 Stunden wohlbehalten und unbeschädigt, aber reichlich müde wieder in Bremen an.

Roland Springborn (parteilos)

 

Die Straßburg-Demo
feuert richtig an!

Die Tage werden länger, die Montagsdemonstranten wieder zahlreicher: Trotz Kälte zog die 74. Montagsdemo in Bremen um 17:30 Uhr über 40 Leuten auf dem Marktplatz an. Manche blieben entfernt stehen, manche kamen dicht heran. Die Parole gegen Bolkestein schallte nicht nur in Straßburg, sondern auch in Bremen über den Platz! Dass über 55.000 Menschen in Straßburg und Berlin demonst­riert hatten, erfreute uns sehr.

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene Abwahl17 Montagsdemonstranten waren zusammen mit Oldenburger Mitstreitern nach Straßburg gefahren. Als wir dort ankamen, trafen wir auf eine Familie aus Emden, die ganz alleine hergekommen war, um gegen Bolkestein zu kämpfen. Vom ganzen Tag in Straßburg waren wir begeistert. Unser blinder Freund, der nur ein akustisches Bild und das, was wir ihm erzählten, aufnehmen konnte, war ebenso erfüllt.

Etwas traurig zeigte sich aber eine Teilnehmerin, die mit dem DGB nach Berlin gefahren und dort im Gewerkschaftsblock mitgelaufen war: Ständig wurde man mit Schlagerschnulzen beschallt! Um danach sich und uns zu stärken, spendete sie 20 Euro für die Montagsdemo-Kasse.

Das große Redebuch
Band II (2005/2006)Nach der schönen Wolke Straßburg kommt aber der Alltag wieder. Der Druck auf die Betroffenen nimmt weiter zu! Der Regierungsplan, dass die unterfünfundzwanzigjährigen Kinder ALG-II-Betroffener bei gekürztem Geld noch zu Hause wohnen sollen, obwohl die Eltern vielleicht schon in eine kleinere Wohnung umziehen mussten und kein „Kinderzimmer“ mehr da ist, könnte makabrer nicht sein: Dürfen die jungen Erwachsenen auf der „Besucherritze“ im elterlichen Ehebett Platz nehmen?

Der Klassenkampf von oben nimmt immer schärfere Züge an! Es soll sich nur kein Manager, Boss oder Politiker dieser Richtung einbilden, dass kein Stein auf seine Füße fällt. Die Schröder, Clement, Stoiber, Müntefering und wie sie alle heißen, werden noch ihre Zeche zahlen müssen!

Natürlich war auch die „Schaffermahlzeit“ am vergangenen Freitag ein Thema. Nach dem Erfolg im letzten Jahr mit lustigen „Ein-Euro-Anschafferinnen“ hatten wir ein neues schönes Transparent „Bolkestein macht uns zum armen Schwein“, das wir den „hohen Herren“, die zur Schaffermahlzeit nur im Frack erscheinen dürfen, entgegen hielten, als sie vom „Schütting“ zum Rathaus defilierten.

Einige zollten uns Beifall, andere fragten ihren Nebenmann: „Wer ist denn Bolkestein?“. Der Ehrengast, EU-Vizepräsident Verheugen, ließ es sich nicht nehmen, uns ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit zu widmen, bis sein klingelndes Handy zum Weitergehen mahnte. „Bolkestein? Die Giftzähne haben wir doch gezogen, da braucht ihr gar nicht mehr hinzufahren! Das habe ich, der ich seit 20 Jahren Gewerkschafter bin, dem DGB schon vor einem Jahr gesagt: Das erledigt sich alles von selbst, und außerdem werden 150.000 neue Arbeitsplätze dadurch geschaffen!“. Argumente von uns wollte er nicht hören, da klingelte auch schon sein Handy. Aber wir fuhren noch in der gleichen Nacht nach Straßburg!

Bis zum nächsten Montag, wieder um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz! Wir bereiten die zentrale Delegiertenkonferenz der bundesweiten Montagsdemo vor, hierfür werden sich die Delegierten-Kandidaten und die Kandidaten für die zentrale Koordinierungsgruppe vorstellen. Die Wahl der Delegierten und die Nominierung der Koordinierungsgruppen-Kandidaten erfolgt am 27. Februar auf dem Bremer Marktplatz, jeweils ab 17:30 Uhr. Kommt zahlreich!

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo
 
Erster Erfolg im EU-Parlament: „Herkunftslandprinzip“ gestrichen,
nationales Arbeits- und Sozialrecht sowie Tarifverträge
gelten weiterhin („Rote Fahne News“)
 
Mogelpackung ist Startschuss zu Sozialdumping: Nur zum Schutz
von Sicherheit, Ordnung, Gesundheit und Umwelt gelten nationale
Bestimmungen, ansonsten diejenigen des Landes, aus dem
der „Dienstleister“ kommt („Neues Deutschland“)
 
Zweite Anti-Bolkestein-Demo in Straßburg: Teilnehmerzahl
vervielfacht („Rote Fahne News“)
 
Stallpflicht bis 25: Wer als junger Mensch am Arbeitsmarkt scheitert,
wird mit Verarmung und Entmündigung bestraft („Junge Welt“)
 
ALG-II-Kürzung für junge Arbeitslose erhöht Verwaltungsaufwand:
700.000 Bescheide müssen wegen unangemessener Software
von Hand bearbeitet werden („Spiegel-Online“)
 
Beeilt euch: Erwerblose organisieren Protest
gegen Hartz-IV-Verschärfung („Indymedia“)
 
Seuchenexperten der Bundeswehr angefordert: Journalisten finden auf
Rügen Stellen mit Hunderten verendeter Vögel, die von ausgebildeten
Personen geborgen werden müssen („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz