ype="text/javascript"> SPIEGEL ONLINE - 29. Dezember 2005, 15:26
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Streit um Gaspreis
 
Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine gescheitert

Trotz des Zeitdrucks haben Russland und die Ukraine auch in der heutigen Verhandlungsrunde keine Einigung im Streit über eine Preissteigerung für Gaslieferungen gefunden. Wenn Russland seine Drohung in die Tat umsetzt, steht der Nachbar ab Sonntag ohne Gas da.

Moskau - Gespräche mit seinem ukrainischen Kollegen Iwan Platschkow seien ergebnislos beendet worden, sagte der russische Energieminister Viktor Christenko laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti. "Die einzige feststehende Zahl sind 110 Milliarden Kubikmeter Gas, die Russland 2006 durch das ukrainische Pipelinesystem nach Westeuropa pumpt", sagte Christenko nach Angaben der Agentur Itar-Tass. Bei Gasmengen für den Eigenbedarf der Ukraine wie auch bei den Gaspreisen habe es keinen Kompromiss gegeben.

Moskau hat damit gedroht, die Lieferungen in die Ukraine am Sonntag einzustellen, sollte Kiew nicht eine Vervierfachung des Preises akzeptieren. Platschkow hatte noch gestern Abend erklärt, eine Einigung sei möglich, wenn beide Seiten Kompromisse eingingen. Russland will von seiner Forderung aber offenbar nicht abrücken. Präsident Wladimir Putin schlug nach Medienberichten vor, der Ukraine übergangsweise ein Darlehen in Höhe von drei Milliarden Euro zu gewähren.

Für Deutschland ist eine Einigung von großer Bedeutung, denn Russland ist der wichtigste Erdgas-Lieferant, und die Leitungen für rund 80 Prozent der russischen Gasexporte nach Westeuropa laufen durch die Ukraine.

Trotz der Abhängigkeit von den russischen Gaslieferungen hat die deutsche Regierung Verständnis für die Position der Ukraine. Das Land habe ein Recht darauf, dass die Preise für die russischen Gaslieferungen schrittweise und nicht auf einen Schlag angehoben würden, sagte der deutsche Botschafter in der Ukraine, Dietmar Stüdemann, in einem Interview mit der ukrainischen Zeitung "Delo".

Die Ukraine hatte sich hingegen grundsätzlich bereit erklärt, mehr zu zahlen, aber um eine schrittweise Erhöhung der Preise gebeten. Stüdemann kritisierte das Verhalten Moskaus und nannte das Ultimatum nicht hinnehmbar. Gestern hatte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin den Streit als bilaterales Problem bezeichnet und eine Vermittlerrolle Deutschlands abgelehnt.
 


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SPIEGEL ONLINE - 30. Dezember 2005, 07:11
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Forderung
 
Schröder soll im Gasstreit vermitteln

Politiker mehrerer Parteien haben Altkanzler Schröder aufgefordert, sich vermittelnd in den Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine einzuschalten. Schröder könne sich "verdient machen", sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Fell laut einem Zeitungsbericht.

Hamburg - Um die Versorgungssicherheit Deutschlands nicht zu gefährden, sollte Schröder als "Vermittler zwischen seinen beiden Freunden Putin und Juschtschenko einen Kompromiss vermitteln", sagte der energiepolitische Sprecher der Grünen, Hans-Josef Fell, laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung. Schröder könne sich "verdient machen".

Ähnlich äußerte sich die CDU-Wirtschaftsexpertin Rita Pawelski. "Als Aufsichtsratschef der Gasprom-Tochter NEGPC sollte Gerhard Schröder Einfluss auf die Regierungschefs von Russland und der Ukraine ausüben, damit sie ihren Streit beilegen, so dass unsere Gaspreise nicht noch stärker steigen", sagte die CDU-Politikerin.

Auch SPD-Fraktionsvize Michael Müller erhofft sich von Schröder Hilfe. "Jetzt zeigt es sich, wie wichtig es sein kann, im internationalen Gasgeschäft mitsprechen zu können", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Russland und die Ukraine hatten auch gestern keine Einigung in ihrem Gas-Streit erzielt. Die Gespräche sollten heute weitergeführt werden, teilte der ukrainische Energieminister Iwan Platschkow gestern in Moskau mit. Experten des russischen Konzerns Gasprom und des ukrainischen Staatsunternehmens Naftogas sollten neue Dokumente vorbereiten, die Grundlage für die Verhandlungsrunde am Freitag sein sollten, sagte der Minister. Gasprom will die Preise für seine bisher zu Vorzugsbedingungen geleisteten Gaslieferungen an die Ukraine zum Jahreswechsel fast verfünffachen. Kiew lehnt dies ab.
 


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SPIEGEL ONLINE - 29. Dezember 2005, 19:28
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Strom- und Gas
 
Auch 2006 und 2007 drohen deftige Preiserhöhungen

Eine aktuelle Umfrage unter Energiekonzernen zeigt: Ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht. Wie zur Bestätigung erhöhten heute gleich mehrere Versorger die Gaspreise.

Hamburg - Die deutschen Strom- und Gasversorger erwarten für die kommenden zwei Jahre weiter steigende Preise für alle Energiearten. Das geht aus einer Umfrage der internationalen Beratungsfirma Russell Reynolds Associates für die "Financial Times Deutschland" hervor. "Mittel- und längerfristig muss man sich auf ein hohes Preisniveau mit weiter steigender Tendenz einrichten", erklärte ein führender Versorger.

An der Umfrage nahmen unter anderem Tochterunternehmen der vier führenden deutschen Versorgungskonzerne E.on , RWE , Energie Baden-Württemberg (EnBW) und Vattenfall Europe teil. Beteiligt waren auch kleine und mittelgroße Versorger sowie ausländische Unternehmen.

Schon heute kündigte eine Reihe von Energieunternehmen neue Preisrunden an. So wird die EnBW Gas GmbH zum 15. Januar die Gaspreise im Großraum Stuttgart erhöhen. Wie EnBW heute mitteilte, werde der Arbeitspreis von Mitte Januar an um 0,56 Cent je Kilowattstunde brutto steigen. Dies bedeute eine Preiserhöhung von knapp neun Prozent. EnBW begründete den Anstieg mit den erhöhten Weltmarktpreisen. Diese hätten zu höheren Vorlieferantenpreisen für Erdgas geführt. Schon zum 1. November waren die EnBW-Gaspreise um rund zehn Prozent gestiegen.

Zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten erhöhen auch die beiden südhessischen Energieversorger Entega und Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk Bergstraße (GGEW) die Gaspreise. Beide Unternehmen kündigten heute eine Anhebung um 0,49 Cent brutto pro Kilowattstunde zum Jahreswechsel an.

Die immer neuen Preisrunden der Energiebranche hatten zuletzt für erheblichen Unmut auf politischer Ebene gesorgt. Mehrere Bundesländer hatten die Erhöhungsanträge für Strom abgelehnt. Zudem kündigte gestern das Bundeskartellamt an, gegen anziehende Gaspreise vorzugehen. Die Bundesbehörde habe bereits Vorermittlungen gegen rund 30 Versorger eingeleitet, sagte eine Sprecherin. Mitte Januar rechne man mit Ergebnissen. Der Ausgang sei zwar noch offen, im vergangenen Jahr habe das Bundeskartellamt aber wegen identischer Vorwürfe schon sieben Missbrauchsverfahren eingeleitet.
 


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SPIEGEL ONLINE - 30. Dezember 2005, 12:34
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Gasstreit
 
Gasprom bereitet Lieferstopp für Ukraine vor

Die Zeit wird knapp für eine Einigung zwischen Russland und der Ukraine. Der russische Gasproduzent Gasprom bereitet bereits Maßnahmen für eine Reduzierung der Gaslieferungen vor.

Moskau - Ein Gasprom-Sprecher teilte heute in Moskau mit, dass im Tagesverlauf eine Expertenkommission zusammenkomme, die das Vorgehen nach dem Auslaufen der gültigen Gasverträge mit der Ukraine zum Jahreswechsel koordinieren solle. Heute, am letzten Arbeitstag des Jahres, wollten beide Seiten in Moskau ihre Verhandlungen über erhöhte Exportpreise für russisches Gas an die Ukraine fortsetzen.

Zum Verlauf der Verhandlungen mit Russland sagte Der ukrainische Ministerpräsident Juri Jenachurow dem Kiewer Radiosender Era, das russische Gasmonopol Gasprom habe alle zwölf ukrainischen Vorschläge zur Beilegung des Streits abgelehnt und zugleich eine neue Vereinbarung angeboten, die in einigen Punkten sehr interessant sei. Nähere Angaben machte er nicht.

Russland will den Preis pro 1000 Kubikmeter Erdgas von derzeit 50 Dollar auf 220 bis 230 Dollar anheben. Das entspricht in etwa dem Weltmarktniveau. Die Regierung der Ukraine sperrt sich nicht grundsätzlich gegen höhere Preise. Man befürchtet jedoch, dass eine schlagartige Verfünffachung insbesondere der energiehungrigen Schwerindustrie großen Schaden zufügen könnte und hat darum gebeten, die Erhöhung über fünf Jahre zu strecken. Dazu aber ist die russische Regierung offensichtlich nicht bereit. Präsident Wladimir Putin hatte Medienberichten zufolge lediglich vorgeschlagen, der Ukraine übergangsweise ein Darlehen in Höhe von drei Milliarden Euro zu gewähren.

Danach waren die Gespräche gestern ergebnislos beendet worden. Man hatte sich lediglich darauf einigen können, dass Russland im kommenden Jahr 110 Milliarden Kubikmeter Gas durch das ukrainische Pipelinesystem nach Westeuropa pumpen darf. Bei Gasmengen für den Eigenbedarf der Ukraine wie auch bei den Gaspreisen habe es keinen Kompromiss gegeben.

In Kiew beklagte die ukrainische Führung eine nach ihrer Sicht kompromisslose Haltung des Gasprom-Konzerns. Die russische Seite habe am Vorabend zwölf ukrainische Vorschläge zur Beilegung des Konflikts komplett abgelehnt, sagte der ukrainische Regierungschef Juri Jechanurow.

Ukrainische Politiker vermuten hinter der Preiserhöhung eine von Russland betriebene Bestrafung der Ukraine für ihre Hinwendung zum Westen. Auf der anderen Seite steht die russische Regierung auf dem Standpunkt, ein günstiger Gaspreis wie bisher würde die Ukrainische Wirtschaft ungerechtfertigt subventionieren. Für Deutschland ist eine Einigung von großer Bedeutung, denn Russland ist der wichtigste Erdgas-Lieferant, und die Leitungen für rund 80 Prozent der russischen Gasexporte nach Westeuropa laufen durch die Ukraine. Eine einfache Sperrung der Gasströme in die Ukraine hätte auch Auswirkungen auf die Lieferungen nach Europa. Denn bislang zweigt die Ukraine das Gas für den Eigenbedarf aus den Transitlieferungen ab. Kiew physisch am Abzweigen des Gases zu hindern, ist unmöglich, solange die Leitung offen ist.

Des ungeachtet kündigte das ukrainische Notfallministerium kündigte heute die Einrichtung eines Krisenstabes an, der die Lage koordinieren soll, falls die Lieferungen aus Russland ausbleiben. Das staatliche Gasunternehmen Naftogas hatte jedoch gestern erklärt, die derzeitigen Vorräte reichten aus, um die Versorgung den Winter über sicherzustellen. Die Ukraine hat Lagerkapazitäten für rund 32 Milliarden Kubikmeter Erdgas, das sind etwa 40 Prozent des jährlichen Verbrauchs. Wie viel Erdgas Naftogas derzeit gelagert hat, sagte Sprecher Dmitro Marunich nicht.
 


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SPIEGEL ONLINE - 30. Dezember 2005, 17:38
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Russisch-ukrainischer Gasstreit
 
Gasprom dreht am 1. Januar den Hahn zu

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine droht unmittelbar vor dem Jahreswechsel zu eskalieren. Sollte die Regierung in Kiew die Preisforderung nicht annehmen, stellt der Gasprom-Konzern zum 1. Januar die Lieferung ein.

Moskau/Kiew/Berlin - Der von der russischen Regierung kontrollierte Gasproduzent Gasprom forderte die ukrainische Führung heute ultimativ auf, die drastisch erhöhten Bezugspreise zu akzeptieren. Falls dies nicht bis zum Jahreswechsel geschehe, würden die russischen Gaslieferungen für ukrainische Verbraucher am 1. Januar eingestellt, drohte Gasprom-Chef Alexej Miller in Moskau.

Miller hatte bereits zuvor wenig Kompromissbereitschaft erkennen lassen. "Wir werden eindeutig und entschlossen handeln", kündigte Putins enger Vertrauter an. Die Gasprom-Führung hat demnach bereits Vorbereitungen für eine Verminderung der Gastransporte in Richtung Ukraine getroffen.

Die vom ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko vorgeschlagene Fristverlängerung hatte Gasprom abgelehnt. Nach ergebnislosen Verhandlungen beider Seiten in Moskau schlug Juschtschenko in einem Telegramm an seinen russischen Kollegen Wladimir Putin vor, die Verhandlungsfrist bis zum 10. Januar zu verlängern und die umstrittenen Gaspreise so lange auf dem jetzigen Niveau einzufrieren. Der Vorschlag sei "unannehmbar", hieß es bei Gasprom. "Sie wollen die Preise für zehn Tage im Januar einfrieren - und dann wollen sie wieder zehn Tage", sagte Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow.

Russland will zum 1. Januar die ukrainischen Bezugspreise für Erdgas von derzeit 50 Dollar (42 Euro) für 1000 Kubikmeter auf die in Europa üblichen 230 Dollar erhöhen. Die Ukraine wertet die Erhöhung auf knapp das Fünffache als Erpressung und vermutet politische Motive hinter der Preispolitik.

EU beruft Expertenrunde

Angesichts des eskalierenden Gasstreits hat die EU-Kommission für kommenden Mittwoch ihre Expertenrunde für Erdgas einberufen. Die Runde werde die Lage erörtern und langfristig bewerten sowie über eine "angemessene Antwort" beraten, erklärte die Kommission heute. Energiekommissar Andris Piebalgs habe die Runde einbestellt, weil die EU auf "alle Eventualitäten" vorbereitet sein müsse. Die Kommission verfolge die Entwicklung des Gasstreits sehr genau und vertraue darauf, dass Russland und die Ukraine eine Lösung finden.

Auch Deutschland schaltete sich in den Konflikt ein. Die Bundesregierung sei "auf Arbeitsebene mit beiden Seiten im Gespräch", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Eine Vermittlerrolle strebe die Regierung aber nicht an. Zugleich mahnte der Sprecher, dass die störungsfreie Versorgung mit Gas Bestandteil der Beziehungen mit beiden Ländern sei. Die deutsche Versorgung ist nach Angaben des Wirtschaftsministeriums aber vorerst gesichert. Die Gaswirtschaft könne zur Not andere Quellen anzapfen. Zum einen reichten die Vorräte in den Gasspeichern für bis zu 75 Tage, zum anderen könnten die Importe aus anderen Ländern erhöht werden. "Insgesamt sehen wir die Lage nicht dramatisch", sagte eine Ministeriumssprecherin.

Russland ist für Deutschland der wichtigste Erdgas-Lieferant und stellte im vergangenen Jahr rund 35 Prozent der gesamten deutschen Gasversorgung. Die Leitungen für rund 80 Prozent der russischen Gasexporte nach Westeuropa laufen durch die Ukraine.

Gasprom plant mit anderen Pipelines

Bei Gasprom gibt es unterdessen Überlegungen, Gasleitungen außerhalb der Ukraine verstärkt zu nutzen. "Wir werden alles dafür tun, um Europa mit Gas in der nötigen Menge zu versorgen", sagte Gasprom-Sprecher Kurpianow der Internetzeitung "Russland-Aktuell". Für die europäischen Verbraucher werde Gasprom alle verfügbaren Ressourcen einsetzen. Es könnten dafür sowohl unterirdische Gas-Reservoirs in Europa als auch die neue Gaspipeline Blue Stream, die durch das Schwarze Meer in die Türkei führt, genutzt werden.

Es sei auch möglich, die Gaslieferungen über die Pipeline Jamal-Europa durch Weißrussland zu erhöhen, um Verluste in der Ukraine zu kompensieren. Es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, zwei neue Druckstationen in Weißrussland fertig zu stellen. Danach könne die Pipeline die Projektkapazität voll erreichen.

Nach Angabe von "Russland-Aktuell" hat Gasprom der Ukraine allerdings noch eine Angebot gemacht. Demnach schlägt der Gasgigant vor, das Transitpipelinesystem gemeinsam zu betreiben. Die Einnahmen könnten mit dem höheren Gaspreis verrechnet werden. Weißrussland hat für 2006 einen Gaspreis von nur 46 Dollar ausgehandelt. Als Gegenleistung wurde der Grund und Boden im Verlauf der Pipelinetrasse Jamal-Europa für 49 Jahre an Gasprom verpachtet. Die Ukraine lehnt ein solches Gemeinschaftsunternehmen mit Gasprom bisher als Bedrohung der eigenen Souveränität ab.
 


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SPIEGEL ONLINE - 01. Januar 2006, 08:13
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Energie-Konflikt
 
Russland verringert Druck in Gas-Pipeline

Gasprom hat seine Drohung wahrgemacht: Am Neujahrsmorgen begann der russische Staatskonzern damit, den Druck in der Gas-Pipeline Richtung Westen zu reduzieren. Die Ukraine hatte zuvor zwar ein Kompromissangebot von Russlands Präsident Putin akzeptiert, jedoch keinen neuen Liefervertrag unterschrieben.

Moskau - Die Ukraine habe sich geweigert, den angebotenen Liefervertrag zu unterschreiben, teilte Gasprom kurz nach Mitternacht Moskauer Zeit mit. Daher werde die Gaslieferung an die ehemalige Sowjetrepublik um 7.00 Uhr GMT eingestellt, hieß es in der dürren Mitteilung des russischen Staatskonzerns lediglich.

Heute Morgen setzte Gasprom die Drohung in die Tat um: Nach Berichten mehrerer Nachrichtenagenturen begann das Unternehmen um 10.00 Uhr Moskauer Zeit damit, die Gaslieferung um die für die Ukraine vorgesehene Menge zu reduzieren.

Gaspoker am Silvesterabend

Am Silvesterabend hatte zunächst noch alles so ausgesehen, als hätten sich Russland und die Ukraine in letzter Minute geeinigt: Russlands Präsident Putin hatte der Ukraine in einem Ultimatum angeboten, das Land weitere drei Monate mit verbilligtem Gas zu beliefern, wenn die Ukraine verbindlich zusage, ab dem zweiten Quartal 2006 einen marktgerechten Preis zu zahlen. Russland sieht den Marktpreis bei rund 230 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas - mehr als dem Vierfachen des jetzigen Preises.

Putin hatte deutlich gemacht, dass sein Vorschlag noch im alten Jahr anzunehmen sei. Sollte die Ukraine dem am Samstag nicht zustimmen, werde dies als Ablehnung gewertet. Gasprom hatte in den vergangenen Tagen immer wieder gedroht, der Ukraine an Neujahr den Gashahn abzudrehen, sollte es zu keiner Einigung kommen.

Entwarnung am späten Abend

Die ukrainische Regierung hatte am Nachmittag zunächst zurückhaltend auf Putins Vorschlag reagiert. Präsident Viktor Juschtschenko sagte im Fernsehsender TV5, alle Probleme könnten durch eine am Markt orientierte Vorgehensweise gelöst werden. Dies müsse aber auch ein Preis sein, den sich die Ukraine leisten könne. Am Abend teilte ein Sprecher des ukrainischen Ministerpräsidenten jedoch mit: "Was die Erklärung Putins angeht: Wir akzeptieren den Vorschlag zum Übergang zu Marktpreisen". Allerdings müssten beide Seiten sich über die Zahlen noch verständigen. Kurz danach gab das ukrainische Gasunternehmen Naftogas Entwarnung: Russland habe nach der Erklärung Juschtschenkos zugestimmt, die Ukraine noch drei weitere Monate zum bisherigen günstigen Preis mit Gas zu beliefern.

Doch Gasprom genügten die politischen Willenserklärungen offensichtlich nicht aus: Kein neuer Liefervertrag, kein Gas mehr so die knallharte Geschäftpolitik des russischen Monopolisten.

Gasprom will Preis um Faktor 4,5 erhöhen

Russland will den Preis für je 1.000 Kubikmeter Erdgas von derzeit 50 Dollar (42 Euro) auf 220 bis 230 Dollar (186 bis 194 Euro) anheben. Das entspricht in etwa dem Weltmarktniveau. Die Ukraine befürchtet davon Nachteile für ihre energiehungrige Schwerindustrie und hat darum gebeten, die Erhöhung über fünf Jahre zu strecken. Juschtschenko erklärte am Freitag, sein Land könne höchsten 80 Dollar (68 Euro) für 1.000 Kubikmeter Erdgas zahlen.

Versorgungs-Engpass für Westeuropa?

Über die Gasleitung durch die Ukraine werden auch Deutschland und viele andere europäische Staaten mit Gas beliefert. Theoretisch könnte die Ukraine dieses Gas nun abzweigen, Kiew hat dies aber bereits ausgeschlossen. Und Russlands Energiekonzern versicherte: "Gasprom garantiert seinen europäischen Kunden, dass sie im kommenden Jahr nicht frieren müssen."

Wie lange reichen die Gas-Vorräte der Ukraine

Mitarbeiter der ukrainischen Regierung hatten zuletzt erklärt, dass das Land über genügend Gasreserven verfüge um einen mehrwöchigen russischen Lieferstopp zu überstehen. Die genauer Höhe der Reserven wurde jedoch nicht mitgeteilt. Im vergangenen Jahr hatte Gasprom rund 25 Millionen Kubikmeter Gas an die Ukraine verkauft. Das entspricht etwa einem Drittel des Gasverbrauches der ehemaligen Sowjetrepublik. Mit Turkmenien vereinbarte die ukrainische Führung in den vergangenen Tagen, auch weiterhin die Hälfte ihres Gesamtbedarfs geliefert zu bekommen. Das Prozedere des turkmenischen Gasexports in die Ukraine bleibt aber unklar, da die Transitstrecke durch Russland verläuft.

Aus der Ukraine lag am Sonntagmorgen zunächst keine Stellungnahme zur jüngsten Entwicklung im Gasstreit mit Russland vor.
 


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SPIEGEL ONLINE - 31. Dezember 2005, 13:58
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Öffentliche Demütigung
 
Gas-Stopp für Ukraine soll im TV gezeigt werden

Das Szenario ist bereits minutiös geplant: Die Kameras des russischen Fernsehens werden live übertragen, wenn Russland seine Gaslieferungen an die Ukraine am Neujahrsmorgen stoppen sollte - es sei denn, die Urkaine stimmt einem letzten Ultimatum zu.

Moskau - Drei Monate Galgenfrist will der russische Präsident Wladimir Putin den Ukrainern noch einräumen, dann soll der neue Preis von 230 Dollar pro 1000 Kubikmeter Erdgas gelten.

Viel Zeit für die Entscheidung lässt Putin der ukrainischen Regierung nicht. Bis morgen früh muss die Zustimmung erfolgen, sonst werden die Gaslieferungen reduziert.

Um die Demütigung perfekt zu machen, soll der Lieferstopp vor aller Augen zelebriert werden. Im Fernsehen sollen die Russen mit eigenen Augen sehen, wie der Druck in der Hauptpipeline, durch die das Gas nach Westen schießt, Punkt neun Uhr abgesenkt wird.

Die Gasmenge würde dann genau um den Wert fallen, der gewöhnlich für die Ukraine reserviert ist. Dieser wird normalerweise über Pipeline-Verästelungen in das Land weitergeleitet. Durch die Hauptpipeline aber erhalten auch Deutschland und zahlreiche europäische Staaten ihr Gas.

Theoretisch könnte die Ukraine dieses Gas abzweigen, Kiew hat dies aber bereits ausgeschlossen. Und Russlands Monopolist formuliert gnädig: "Gasprom garantiert seinen europäischen Kunden, dass sie im kommenden Jahr nicht frieren müssen."

Wenige Stunden vor Ablauf des russischen Gas-Ultimatums hat der ukrainische Staatspräsident Viktor Juschtschenko noch einmal seine Bereitschaft zu weiteren Verhandlungen bekundet. Die Ukraine sei bereit, über eine Preisbildung für russisches Gas nach europäischer Formel zu sprechen, sagte Juschtschenko heute auf einer Krisensitzung der ukrainischen Regierung in Kiew. Nähere Angaben machte Juschtschenko nicht, wie die Agentur Itar-Tass meldete. In Moskau war keine Verhandlungsbereitschaft zu erkennen.

Juschtschenko hatte am Vortag die russische Seite gebeten, keine Entscheidung vor dem 10. Januar zu treffen. Der vom Kreml kontrollierte Gasförderer Gasprom hatte den Vorschlag abgelehnt. Gasprom fordert, dass die Ukraine künftig den Preis bezahlt, der am Weltmarkt üblich ist. Das wäre fast das Fünffache dessen, was die Ukraine derzeit bezahlt.
 


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