SPIEGEL ONLINE - 04. November 2005, 17:15
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Vorstadt-Unruhen
 
Rebellion gegen die Grande Nation

Eine explosive Grundstimmung in den vernachlässigten Vorstädten, eine konfus reagierende Regierung und ein Gebirge ungelöster Integrationsprobleme: Die Serie gewalttätiger Ausschreitungen, die Frankreich seit einer Woche in Atem hält, wird kaum so schnell abreißen.

Berlin - 9000 Polizeiwagen sind in Frankreich in diesem Jahr schon in Brand gesteckt oder auf andere Weise zerstört worden. Diese Zahl gab der französische Innenminister Nicolas Sarkozy am 25. Oktober bekannt, also bevor die seit acht Tagen andauernden Unruhen in Frankreich überhaupt ihren Höhepunkt erreichten, in deren Verlauf bis jetzt Hunderte weitere Autos abgezündet wurden.

9000 Fahrzeuge in einem knappen Jahr, das bedeutet rund 30 pro Tag - ein deutlicher Hinweis darauf, wie explosiv die Stimmung in den Vorstädten des Landes schon seit langem ist. Die derzeitige Eskalation kommt also kaum überraschend. Und trotzdem stellt sie etwas Neues dar: In ihrem Ausmaß und in der Entschiedenheit, mit der die Randalierenden - vor allem Jugendliche nichtfranzösischer Herkunft - sie vorantreiben.

Die Unruhen entzündeten sich vor genau einer Woche am Unfalltod zweier Jugendlicher in der Pariser Vorstadt Clichy-sous-Bois, die, so will es das Gerücht der Straße, vor der Polizei flohen. Seitdem brennen in den Banlieues Nacht für Nacht die Autos und die Barrikaden. Schwerverletzte oder gar Tote hat es bisher nicht gegeben; aber die ritualisierte Gewalt greift allmählich auch auf andere Departements und die Provinz über. Frankreich hat ein ernstes Problem, dessen Ende bisher ebenso wenig absehbar ist wie ein Ausweg aus der Misere.

"Das ist erst der Anfang"

Der Boden, auf dem die Ausschreitungen gedeihen, sind die von Unterprivilegierten, vor allem von Ausländern und eingebürgerten Franzosen, bewohnten Vorstädte. Sie fühlen sich vernachlässigt und diskriminiert. Hohe Arbeitslosenzahlen, Kleinkriminalität und allgemeine Hoffnungslosigkeit und Ablehnung bestimmen das Lebensgefühl der Jugendlichen dort. Das drückt sich auch in deren Äußerungen gegenüber französischen Medien aus: "Wir haben es satt, von der Polizei wie Dreck behandelt zu werden", sagte einer von ihnen "Le Parisien", "Das ist erst der Anfang. Wir machen so lange weiter, bis Innenminister Nicolas Sarkozy geht", wird ein weiterer von "Le Monde" zitiert.

Innenminister Sarkozy hat die Krise bisher vor allem mit markigen Parolen unter Kontrolle zu meistern versucht - er gibt den Law-and-Order-Politiker, was aber nach Ansicht der linken Opposition nur bedeutet, Öl ins Feuer zu gießen. Abschätzig sprach er von "Gesindel", dass er mit dem Hochdruckreiniger entfernen wolle - seitdem wird er mit Steinen beworfen, wenn er sich in den Unruheregionen blicken lässt. Premierminister Dominique de Villepin schlägt derweil versöhnlichere Töne an und fordert ein Sofortprogramm für die Vorstädte.

Doch was bleibt, ist vor allem der Eindruck, die Regierung biete ein undurchdachtes "Guter Bulle, böser Bulle"-Spiel und sei in Wahrheit einfach nur ratlos. Ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wird, dass Villepin und Sarkozy die Krise nach allgemeiner Einschätzung dazu nutzen, sich für die 2007 anstehende Präsidentschaftswahl warm zu laufen. "Es gibt keinen Staat mehr", konstatierte heute der Herausgeber des Nachrichtenmagazins "L'Express", Denis Jeambar. Schon längst geht es in Frankreich nicht mehr nur um randalierende Jugendliche - es geht um den Staat, dessen Rolle und seine Politik gegenüber den Migranten.

Eskalieren oder deeskalieren die Islamisten?

Rund 52 Millionen Einwohner hat Frankreich, etwa 3,5 Millionen davon sind Ausländer, vor allem aus Marokko, Algerien, der Türkei und den Subsahara-Staaten Afrikas. Zählt man die eingebürgerten Franzosen mit, liegt die Quote bei knapp zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Die meisten der Nichtfranzosen sind Muslime, und so scheint es sich auch bei den Krawall-Stiftern zu verhalten, die jetzt zum Teil schon mit scharfer Munition auf die Polizei losgegangen sind. Das wirft auch die Frage auf, ob sich bei den Unruhen ein spezifisch islamischer Anti-Frankreich-Reflex Bahn bricht. Erlebt die Grande Nation eine Intifada à la francaise? Ist der Nährboden, auf dem die Gewalt gedeiht, derselbe, auf dem Terroristen nach dem Muster der Londoner Attentäter wachsen?

Erste Stimme, vor allem auf der Rechten, haben solche Ideen schon geäußert. In einigen Blättern war zu lesen, es seien Islamisten, die die Stimmung immer wieder anfachten. Innenminister Sarkozy sprach von "perfekt organisierter" Gewalt, was man auch in diesem Sinne verstehen kann. Doch sind keine islamistisch inspirierten Parolen bekannt, es ist vor allem ein religiös ungebundenes, eher diffuses Gefühl der Vernachlässigung, das zum Ausdruck kommt. In Wahrheit sei es sogar anders herum, ist denn auch zu lesen: Es seien gerade die Islamisten, die sich zwischen Angreifer und Sicherheitskräfte gestellt hätten, um die Stimmung zu deeskalieren. Das könnte ihnen, die Integration ablehnen aber nicht notwenig militant sind, zwar Zulauf verschaffen - spricht aber keinesfalls dafür, dass die derzeitigen Unruhen die Gefahr von Anschlägen steigern.

Angriff auf den Staat

Als eine Revolte gegen die Ordnung des Landes deutet der Soziologe Michel Wieviorka die Ereignisse: Die Jugendlichen griffen alles an, was "die Institutionen des Staates symbolisiert", sagte er "Le Parisien". "Das angebliche Modell der republikanischen Integration hat versagt." Kosmetische Erklärungen und ein x-ter Notfallplan für die Vorstädte seien deshalb nicht ausreichend.

Tatsächlich hat Frankreich die Integration seiner Migranten in ähnlicher Weise vernachlässigt wie Deutschland oder andere europäische Staaten: Bei den Gastarbeitern, die ins Land strömten, ging man davon aus, dass sie bald wieder gehen würden, und pferchte sie in trostlosen Trabantenstädten zusammen. Heute gibt es in Frankreichs Vorstädten vielerorts schlecht ausgerüstete Schulen; Freizeitangebote sind kaum vorhanden. Dazu kommt das Gefühl von Perspektivlosigkeit: Immer wieder beklagen die Jugendlichen, mit einer Absenderadresse aus einer Vorstadt würde man nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Laut einem Regierungsbericht gibt es im Land bereits 751 solcher Problemviertel, in denen rund fünf Millionen Menschen leben - bei einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 20,7 Prozent, doppelt so hoch wie im Rest Frankreichs.

Angesichts der aktuellen Gewaltausbrüche, so hat die Regierung nun erklärt, stehe die Polizeiarbeit und die Herstellung der Ordnung an erster Stelle. Doch was danach kommen soll, darüber gibt es bisher nur vage Vorstellungen. An einer schmerzhaften Integrationsdebatte aber dürfte kaum ein Weg vorbeiführen. Sie müsste zur Kenntnis nehmen, dass die bisher gepflegte Vorstellung, die französische Republik mache es jedem Zugezogenen denkbar einfach, ein Teil von ihr zu werden und sich mit ihr zu identifizieren, eine Illusion ist. "Was ist das für ein Land, in dem in einer Nacht über 300 Autos in Brand gesteckt werden?", fragte "Express"-Herausgeber Jeambar heute. Mit Sicherheit keines, das weitermachen kann wie bisher.

Yassin Musharbash
 


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SPIEGEL ONLINE - 05. November 2005, 10:44
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Unruhen in Frankreich
 
Randalierer fackeln 900 Autos ab

Die Krawalle in den Pariser Vororten haben sich letzte Nacht noch verschärft. Rund 900 Autos brannten nieder, die Polizei nahm über 250 Randalierer fest. Brandenburgs Innenminister Schönbohm hält solche Jugendkrawalle auch in Deutschland für möglich.

Paris - Frankreich hat in der Nacht zum Samstag die schlimmsten Ausschreitungen seit Ausbruch der Krawalle am 27. Oktober erlebt. Auch in der neunten Nacht in Folge haben zumeist jugendliche Randalierer in Frankreich wieder hunderte Brandstiftungen verübt. Nach Bilanzen der Polizei und des Generalstaatsanwaltes der Hauptstadt wurden bis Samstagmorgen rund 900 ausgebrannte Autos gezählt. Etwa ein Viertel davon seien außerhalb der Region Paris angezündet worden. 250 Menschen seien festgenommen worden. In der Nacht zuvor seien es 78 Festnahmen gewesen. Als Jüngster sei ein Zehnjähriger mit einer Brandflasche in der Hand erwischt worden.

Zwischen Polizei und Randalierern sei es jedoch nicht zu direkten Konfrontationen gekommen. Damit trage die Strategie Polizei Früchte, solche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die Zahl der Brandstiftungen außerhalb der Region Paris habe jedoch zugenommen, hieß es. Nach Polizeiangaben war die Zahl der angezündeten Autos in dem bisher am härtesten betroffenen Département Seine-Saint-Denis stark rückläufig. Dort seien am Freitagabend 700 Feuerwehrleute und 1400 Polizisten im Einsatz gewesen.

Allerdings wurden nun selbst aus bisher ruhigen Départements in der Picardie nördlich von Paris Zwischenfälle gemeldet. In den Pariser Vororten wurden immer wieder öffentliche Gebäude wie Schulen, Rathäuser, Geschäften, Polizeistationen und Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr Ziel der Aggressionen der zumeist aus Nord- und Schwarzafrika stammenden Täter. Der Schaden geht in die Millionen. Neben Autos gingen Geschäfte und Lagerhallen in Flammen auf. In Pierrefitte bei Paris mussten zwei Wohnhäuser mit rund 100 Einwohnern geräumt werden, in deren Tiefgarage offenbar Feuer gelegt worden war. Auch gegen eine Synagoge wurde ein Brandsatz geworfen, ohne Schaden anzurichten.

Wie es hieß, feuerten Randalierer in Sarcelles nördlich von Paris mehrere Schüsse auf einen bereits zerstörten Bus ab. In Aubervilliers am nördlichen Stadtrand von Paris setzten Gewalttäter ein Lagerhaus in Brand. In Persan nordwestlich der Hauptstadt wurde Feuer in einem unterirdischen Parkhaus gelegt, auch in Suresnes wurde ein Parkdeck in Brand gesteckt. In Meaux östlich von Paris hinderten Randalierer Sanitäter daran, einen Kranken in ein Krankenhaus zu bringen. Nach Polizeiangaben schleuderten die Jugendlichen Steine auf die Sanitäter, der Krankenwagen wurde in Brand gesetzt. In Pierrefitte nordwestlich von Paris fiel der Strom aus, nachdem ein brennendes Auto einen Strommast beschädigt hatte.

Bürgermeister spricht von "Guerillakrieg"

In Lille gingen Autos in Flammen auf, in einem Vorort von Rouen schleuderten Jugendliche an einer Haltestelle einen Brandsatz auf einen Bus. Die Fahrgäste konnten den Bus verlassen, verletzt wurde nach Angaben der Präfektur niemand. Der Bus wurde zerstört. Die Krawalle gingen am Freitag in die zweite Woche und griffen auf weitere Städte in Frankreich über. Der Bruder eines der Jungen, deren Tod vor acht Tagen die schweren Krawalle ausgelöst hatte, rief seine Altersgenossen zur Mäßigung auf. 30 Bürgermeister aus dem besonders betroffenen Département Seine-Saint-Denis riefen gemeinsam zur Ruhe auf. Der Bürgermeister von Rosny-sous-Bois, Claude Pernes, erklärte, es handele sich um einen regelrechten Guerillakrieg, um einen urbanen Aufstand.

In den Nächten zuvor hatte die Polizei bereits 230 Festnahmen und 1260 ausgebrannte Fahrzeuge sowie Dutzende angezündete Gebäude gezählt. Der Nahverkehr im Norden von Paris war teilweise gestört, weil S-Bahn-Fahrer nach Angriffen von Jugendlichen den Einsatz verweigerten.

In den am schwersten betroffenen Vorstädten von Paris setzte die Polizei erstmals auch Hubschrauber ein, um den Überblick zu behalten. Innenminister Nicolas Sarkozy besuchte in dieser neunten Krawallnacht in Folge überraschend eine Polizeiwache und sicherte den Beamten die Unterstützung der Regierung zu. Sarkozy setzt weiter auf eine harte Linie: "Der Schlüssel zur Lösung liegt in den Festnahmen", sagte er. "Wir brauchen mehr Erkenntnisse, um ihre Organisation besser zu verstehen", denn es gebe eine Organisation der Unruhen. Die linke Opposition forderte Sarkozys Rücktritt, weil er mit scharfen Sprüchen die Unruhen geschürt habe.

Aufrufe der Regierung und muslimischer Würdenträger hatten die Lage nicht beruhigen können. Premierminister Dominique de Villepin empfing am Freitag 16 junge Erwachsene aus den Problemvierteln zu einem Gespräch. Einige der Männer und Frauen zwischen 18 und 25 Jahren seien Schüler und Studenten, andere arbeitslos oder in Billigjobs beschäftigt, teilte Villepins Büro in Paris mit. Die Gespräche gehörten zu einer Reihe von Konsultationen, die Villepin mit Blick auf einen neuen Aktionsplan für die Krisensiedlungen begonnen hat.

Schönbohm warnt vor Krawallen wie in Frankreich

Der Fraktionschef der Sozialisten in der französischen Nationalversammlung und Oberbürgermeister von Nantes, Jean-Marc Ayrault, hat der Regierung unter Präsident Jacques Chirac eine Mitschuld an den Krawallen in den Pariser Vororten gegeben. Die französische Regierung habe in den vergangenen drei Jahren die Problemviertel vernachlässigt, sagte Ayrault am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Einen möglichen Rücktritt von Innenminister Nicolas Sarkozy als Reaktion auf die Krawalle bezeichnete er jedoch als "zu einfach".

"2002 hat Chirac die Wahl mit den Themen Gewalt und Sicherheit gewonnen. Aber er hat das Problem nicht gelöst", kritisierte der Oppositionspolitiker. Allerdings lasse sich das Problem nicht allein mit Polizei und Justiz bewältigen. Vielmehr seien Schule, Arbeit, Ausbildung und Wohnsituation die dringendsten Probleme in den Vororten großer Städte. Hier lebten vor allem Menschen mit Migrations-Hintergrund zu dicht gedrängt.

Der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm hat davor gewarnt, dass auch in Deutschland Jugendkrawalle wie in Frankreich ausbrechen könnten. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte das CDU-Präsidiumsmitglied, glücklicherweise seien Ausschreitungen wie in der Umgebung von Paris hierzulande nicht akut. Solche Verhältnisse drohten aber, wenn es nicht gelinge, zugewanderte Bevölkerungsgruppen stärker zu integrieren und vor allem Jugendlichen eine Perspektive zu bieten.

"Es ist unübersehbar: Es gibt auch in Deutschland Entwicklungen in Richtung Ghettoisierung, weil wir die Integration lange Zeit nicht ernst genug genommen haben", sagte Schönbohm. Er beklagte, dass es gerade in Großstädten zum Beispiel eine hohe Zahl von Türkischstämmigen gebe, die auch in zweiter und dritter Generation in Deutschland nicht integriert seien. Als besonders problematisch wertete er Sprachdefizite und mangelnde Schulabschlüsse bei Jugendlichen. Sie seien dadurch oft nicht ausbildungsfähig und hätten entsprechend kaum Chancen auf einen Arbeitsplatz. "Das muss unbedingt geändert werden", forderte der CDU-Politiker.

Heftige Kritik daran äußerte der Parlamentarische Grünen-Geschäftsführer Volker Beck. Schönbohm und andere Unionspolitiker hätten maßgeblichen Anteil an einer Integrationsdebatte, die "jahrelang den falschen Focus" gehabt habe. "Weder mit einer Leitkultur-Debatte noch mit ausländerrechtlichen Sanktionen wird man das Integrationsproblem lösen", kritisierte Beck. Schlüssel zur Eingliederung sei die Bildung. Hierfür müssten "gleiche Bildungs- und Berufschancen für Migrantenkinder" geschaffen werden. Zudem müsse ihnen stärker beim Erlernen der deutschen Sprache geholfen werden.

Ebenso wie Schönbohm hält auch Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky hält Ausschreitungen wie in Paris in Zukunft auch in Berlin für möglich. "Es kann ein Hinweis auf das sein, was uns in zehn bis fünfzehn Jahren droht", sagte er dem "Tagesspiegel". Momentan gebe es für derartige Aggressionen zwar noch keinen Nährboden. Die von ihm prognostizierte Zunahme des Migrantenanteils in Neukölln und anderen Zuwandererhochburgen könne das Problem jedoch verschärfen. Buschkowsky forderte stärkere Integrationsbemühungen.
 


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SPIEGEL ONLINE - 05. November 2005, 09:16
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Cohn-Bendit über Frankreich-Krawalle
 
"Ghettos, wie man sie in Deutschland gar nicht kennt"

Auch heute Nacht brannten die Pariser Vorstädte. "Innenminister Sarkozy hat versagt", sagt der grüne Europa-Politiker Daniel Cohn-Bendit. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE spricht der Ex-Straßenkämpfer über nutzlose Aktionspläne, eine notwendige Schulreform und das Gewaltpotenzial in Deutschland.

SPIEGEL ONLINE: Herr Cohn-Bendit, die Ausschreitungen in den Pariser Vororten halten schon die achte Nacht in Folge an und weiten sich nun sogar auf andere Landesteile aus. Was halten Sie von Innenminister Sarkozys Einschätzung, die Krawalle sei inzwischen "perfekt organisiert"?

Daniel Cohn-Bendit: Quatsch, Unsinn, Blödsinn. Das zeigt, dass er nicht nur als Innenminister versagt hat, sondern jetzt auch noch versucht, sein Versagen zu kaschieren, indem er einer Verschwörungstheorie hinterherläuft.

SPIEGEL ONLINE: Auslöser der Krawalle war der Tod zweier Jungen, sie kamen durch einen Stromschlag an einer Trafostation um. Zeugen sagen, die Polizei habe sie in den Tod gehetzt. Der Bericht der Polizei sagt etwas anderes. Wie muss man sich Polizeieinsätze in diesen Problemvierteln vorstellen?

Cohn-Bendit: In diesen Stadtvierteln finden tagtäglich Polizeirazzien statt. Dabei werden überwiegend junge Nordafrikaner kontrolliert, sie werden schikaniert, sie müssen vier Stunden auf dem Revier bleiben und dann werden sie wieder freigelassen. Auch die Jungen gerieten in eine Kontrolle. An diesem Tag, um 16 Uhr, war Ramadan und sie wollten bei Einbruch der Dunkelheit essen und nicht vier Stunden in Polizeigewahrsam verbringen. Deswegen sind sie geflohen.

SPIEGEL ONLINE: Sie misstrauen dem Bericht der Polizei, dass die Jungen nicht verfolgt wurden?

Cohn-Bendit: Was heißt verfolgen? Es war eine Kontrolle. Die Jungen wollten der Kontrolle ausweichen, deswegen sind sie weggelaufen, und die Polizisten hinterher.

SPIEGEL ONLINE:Sie halten die Polizeieinsätze in diesen Stadtvierteln also für ein grundsätzliches Problem?

Cohn-Bendit: Seit Nicolas Sarkozy die Strategie beendet hat, Polizisten einzusetzen, die im Stadtteil verankert sind. Sarkozy schickt nur noch Spezialeinheiten in diese Gegenden, die jeden kontrollieren. Dadurch gibt es hier schon seit Jahren eine Stimmung des Misstrauens und der Kontrolle. Diese vermischt sich mit der ohnehin in Form von hoher Arbeitslosigkeit oder Rassismus in der Polizei vorhandenen sozialen Sprengkraft.

SPIEGEL ONLINE: Sie sind eine Symbolfigur der Pariser Mai-Unruhen von 1968. Können sie nachvollziehen, dass sich die Unzufriedenheit der Jugendlichen auf den Straßen in Gewalt entlädt?

Cohn-Bendit: Wir haben es in den Vorstädten jeden Tag mit einer sehr gewalttätigen Situation zu tun. Vor diesem Hintergrund tritt dann der Innenminister auf und sagt: Ich räum' da auf und wer sich mir entgegenstellt, der wird weggepustet. Oder hat jemand Mumm? Natürlich gibt es genügend Jugendliche, die ohnehin in einer gewalttätigen Situation leben und sagen: Ja, natürlich haben wir Mumm und wir werden es dir zeigen, du Schwätzer.

SPIEGEL ONLINE: Sie sprechen Sarkozys Null-Toleranz-Strategie an. Andererseits sagt die Regierung, sie suche auch den Dialog...

Cohn-Bendit: ... danach, danach! Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es erstmal nass. Dann kann ich zwar Handtücher benutzen, aber erstmal ist das Kind nass. In den Vorstädten herrscht seit Jahren eine sehr aufgeladene Situation. Ein Ereignis reicht, um plötzlich einen Flächenbrand auszulösen. Dann propagieren die Medien die Gewaltausbrüche, andere Jugendliche sehen das und sagen sich: Das machen wir auch. Das gab es in den sechziger Jahren genauso. Wenn in Hamburg und in Berlin eine Demonstration war, wollten sie in Frankfurt auch demonstrieren. Das sind bekannte Phänomene.

SPIEGEL ONLINE: Soziologen befürchten, die Gewalt könne sich noch radikalisieren. Beteiligte Jugendliche werden mit Sätzen zitiert wie: "Das ist erst der Anfang." Glauben Sie, dass sich die Lage noch weiter verschärfen kann?

Cohn-Bendit: So unmittelbar, wie sich solche Dinge sich ereignen, so schnell enden sie auch wieder. Niemand kann voraussehen, wann es dazu kommt, und niemand kann voraussehen, wie und wann es endet.

SPIEGEL ONLINE: Präsident Jacques Chirac und Regierungschef Dominique de Villepin haben für Ende des Monats einen Aktionsplan zur Beschäftigung arbeitsloser Jugendliche angekündigt. Was erwarten Sie sich davon?

Cohn-Bendit: Das ist der 1783. Aktionsplan. Das Problem ist nicht mehr so einfach mit einem Aktionsplan zu lösen. Sie müssen die Frage der Ghettos lösen. Das sind Ghettos, wie man sie in Deutschland gar nicht kennt. Sie müssen die Frage der Jugendarbeitslosigkeit lösen, die viel, viel größer ist als in Deutschland. So etwas wie ein duales Ausbildungssystem gibt es in Frankreich gar nicht. Sie haben in den Migrantenfamilien eine extrem hohe Arbeitslosigkeit. Es gibt Familien, die seit zwei Generationen nichts anderes als Arbeitslosigkeit kennen. Außerdem haben sich in diesen Stadtvierteln über Jahre hinweg Banden und Drogenringe gebildet. Ich finde es ja niedlich, dass Chirac und de Villepin sich jetzt zusammensetzen wollen, aber, was auch immer sie machen, es wird so schnell nicht greifen.

SPIEGEL ONLINE: Was könnte schnell greifen?

Cohn-Bendit: Schnell greifen könnte eine ganz andere Polizeistrategie. Einige Städte haben etwa Mediatoren, die versuchen, die Atmosphäre langsam zu entspannen. Aber das würde eine starke Bereitschaft der Polizei zur Selbstkritik voraussetzen. Wenn man aber glaubt, dass sich der Gewalt nur mit einem härteren Auftreten begegnen lässt, muss ich warnen: Das ist ein Vabanquespiel. Die Polizei kann hart auftreten und die Krawalle unterbinden, aber die Gewalt kann morgen in Montpellier, Lyon oder Marseille ausbrechen.

SPIEGEL ONLINE: Wenn ein Aktionsplan keinen Sinn hat, wie könnte eine langfristige politische Strategie aussehen?

Cohn-Bendit: Die ist natürlich schneller erzählt als umgesetzt. Es braucht eine Strategie, die nicht nur Arbeitslosigkeit abbaut, sondern auch Maßnahmen umfasst, mit denen diese Jugendlichen in eine Situation gebracht werden, die ihnen auch eine materielle Integration in die Gesellschaft ermöglicht.

SPIEGEL ONLINE: Welche Rolle spielen dabei die Schulen?

Cohn-Bendit: Die Schulen in diesen Stadtvierteln sind restlos überfordert. Die Lehrer fliehen, die ganze Strategie der Schulen in den problematischen Stadtteilen ist gescheitert. Diese Schulen konnten nie wirklich auf die Krise der Einwanderung eingehen, weil sie glaubten, man müsste die Einwanderer nur im traditionellen Sinne besser erziehen. Man müsste aber ein System entwickeln, dass den Schulen mehr Autonomie gibt, auch für den Einsatz von Reformpädagogen. Das erfordert natürlich hohe Investitionen, pädagogisch wie finanziell.

SPIEGEL ONLINE: Was kann Europa zur Lösung dieses Problems beitragen, etwa mit einer Weiterentwicklung des Europäischen Sozialmodells?

Cohn-Bendit: Kurzfristig nichts. Langfristig aber muss Europa die verschiedenen Integrationsstrategien der einzelnen Mitgliedstaaten vergleichen. Dann wird man feststellen, dass alle europäischen Bildungssysteme dort gescheitert sind, wo die Einwanderungsquote hoch ist. Ob Sie nach England schauen, in die Niederlande, nach Frankreich, nach Belgien, nach Deutschland - überall dort finden wir Schulsysteme, die Kinder von Einwanderern ausschließen. Hier müsste Europa ansetzen.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben die Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland genannt. Auch in Deutschland wird über Ghettoisierung und Parallelgesellschaften geklagt. Wäre ein ähnlicher Gewaltausbruch auch hierzulande möglich?

Cohn-Bendit: Ich glaube, sollte es in Deutschland zu solchen Auseinandersetzungen kommen, fänden sie nicht auf diesem Gewaltniveau statt. Es sähe vermutlich sehr eruptiv und sehr gewalttätig aus, allerdings ist der Sprengsatz in Deutschland geringer. Ich sage immer: Berlin-Kreuzberg ist ein Insel der Glückseligkeit im Vergleich zu dem, was in Frankreich existiert.

Das Interview führte Philipp Wittrock
 


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SPIEGEL ONLINE - 05. November 2005, 16:54
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Pariser Vorstadt-Unruhen
 
Türkische Gemeinde befürchtet Gewalt in Deutschland

Randalierende Jugendliche, brennende Autos - die Türkische Gemeinde in Deutschland warnt davor, dass sich derartige Szenen, die derzeit Frankreich in Atem halten, künftig auch hierzulande abspielen könnten. Viele Migranten fühlten sich ausgeschlossen.

Berlin - Die Bildungssituation und die Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt seien prekär, erklärte die Türkische Gemeinde in Deutschland heute. Die Arbeitslosigkeit unter Migranten sei doppelt so hoch wie bei der einheimischen Bevölkerung, die Ausbildungsbeteiligung seit Jahren rückgängig. "Wenn es in den nächsten Jahren so weitergeht, besteht ernsthaft die Gefahr, ähnliche Verhältnisse hier zu haben", erklärte der Vorsitzende Kenan Kolat. Viele Jugendliche nichtdeutscher Herkunft fühlten sich ausgeschlossen und könnten ihre Wut und ihren Hass auf ähnliche Weise zum Ausdruck bringen.

Kolat appellierte an die Bundesregierung und an die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Maßnahmen für die Eingliederung der Migrantenbevölkerung und zu Chancengleichheit zu intensivieren. Die Nichtdeutschen müssten das Gefühl des Dazugehörens bekommen. "Nur so wäre eine Identifikation mit der Bundesrepublik Deutschland möglich." Die Reformen am Sozialsystem müssten die Lage der benachteiligten Schichten besonders berücksichtigen, da die nichtdeutsche Bevölkerung überwiegend aus diesen Schichten stammten.
 


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SPIEGEL ONLINE - 05. November 2005, 18:58
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Pariser Vorstadt-Unruhen
 
Sarkozy bleibt bei harter Linie gegen Krawall

Die Bilanz der vergangenen Nacht: Fast 900 niedergebrannte Autos, selbst in Provinzstädten fernab von Paris lodern die Flammen. Für Frankreichs Innenminister Sarkozy gibt es nur einen Weg, die Unruhen der vergangenen Tage zu beenden: "Festnahmen. Das ist der Schlüssel!"

Viroflay/Paris - In dieser Nacht brennen mehr Autos als je zuvor, am Ende zählt die Polizei 897 abgefackelte Wracks. Während die Pariser Trabantenstädte und inzwischen sogar einige französische Provinzstädte lodern, taucht Innenminister Nicolas Sarkozy zu einem Überraschungsbesuch im Polizeizentrum von Viroflay bei Paris auf. Plötzlich bleibt der Law-and-Order-Mann stehen. Er hat eine große Schautafel erspäht, auf der die Festnahmen im Département Yvelines aufgelistet sind. "Festnahmen! - Das ist der Schlüssel!", lobt der Minister. "Das sehe ich gerne!" In dieser Nacht werden mehr Randalierer festgenommen als zuvor, am Ende zählt die Polizei 253 Festnahmen.

Im Kampf gegen die Verwüstungen, die von zumeist jugendlichen Tätern angerichtet werden, gibt es eine perfekte Rollenaufteilung zwischen Sarkozy und Premierminister Dominique de Villepin. Niemand muss die Rollen neu erfinden, sie entspringen dem Naturell der beiden konservativen Politiker, die zugleich zu den Anwärtern für das Amt des Staatspräsidenten im Jahr 2007 zählen: Villepin setzt auf die Macht der Überzeugung, auf Dialog und Gelassenheit, Sarkozy auf blitzschnelles Handeln, auf die Macht der Repression. Bei den Wortführern der Randalierer gibt folgerichtig Sarkozy das Feindbild ab. Schließlich hat der Innenminister sie zu "Schurken" und "Gesindel" geklärt, das mit Hochdruck weggespült gehöre.

Villepin hingegen nimmt sich am Freitagabend zweieinhalb Stunden Zeit, um mit 16 jungen Leuten zwischen 18 und 25 Jahren über die Wurzeln des Gewaltausbruchs zu debattieren. Es ist nicht gerade der harte Kern der Randalierer, der in den Amtssitz des Premierministers vorgelassen wird. Aber immerhin sind auch Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger dabei. Von der Politikstudentin Sihame, die ehrenamtlich in Problemvierteln des Départements Seine-Saint-Denis für eine karitative Organisation arbeitet, lässt sich der Premierminister erläutern, dass die Probleme "nicht gestern begonnen haben". Viele Einwandererkinder fühlten sich wie "Franzosen der dritten oder vierten Zone", sagt Sihame.

Der Premierminister will sich derartige Bemerkungen durch den Kopf gehen lassen, bevor Grundsatzentscheidungen fallen. Am kommenden Mittwoch will er den Dialog mit Vertretern von allerhand Vereinigungen fortsetzen, die in den landesweit 750 "sensiblen Stadtvierteln" ihr Bestes tun, um den aufgestauten Frust von vielfach arbeitslosen und zumeist nahezu mittellosen jungen Leuten aufzufangen. Bis zum Monatsende sollen sich die Beratungen zu einem "Aktionsplan" verdichten - einem Versuch, die nun allseits beklagte "Ghetto-Bildung" an den Rändern der französischen Großstädte aufzuhalten.

"Das sind regelrechte Banden"

Die angehende Politikwissenschaftlerin Sihame bezeichnet es im Gespräch mit Villepin als "schockierend", dass Sarkozy mit dem Hochdruckreiniger drohte. Der Innenminister aber ist nicht zum Einlenken bereit. "Das sind regelrechte Banden!" Als Beleg nimmt der Minister die Schilderungen eines Polizisten aus dem Département Yvelines, nach denen die Jugendlichen kiloweise Steine auf Dächern auftürmen, um von dort aus Polizisten zu bombardieren.

Alarmiert hört sich Sarkozy auch noch den Bericht von Polizeidirektorin Martine Monteil an. Danach trauen sich die Polizeieinheiten bisweilen kaum, den Randalierern nachzustellen. Sie laufen sonst Gefahr, "in Kellern und in labyrinthartigen Zonen" zu landen, wo sie sich nicht "einzingeln lassen wollen". Monteil berichtet von einem zehnjährigen Kind, das von Polizisten mit einer Benzinflasche in den Händen aufgegriffen wurde. Sarkozy ist entsetzt. Von der Polizeidirektion in Viroflay verlangt er mehr Festnahmen und verstärkte "Nachforschungen". "Der Staat kann die Gewalt nicht akzeptieren", sagte Sarkozy heute nach einem Krisentreffen bei Villepin.

Chirac will sich "zu gegebener Zeit" äußern

Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac will sich trotz Kritik an seiner angeblich zu zurückhaltenden öffentlichen Reaktion auf die Krawalle im Land will Frankreichs zunächst nicht weiter äußern. Der Staatspräsident werde sich "zu gegebener Zeit" zu Wort melden, wenn er "den Moment für gekommen halte", hieß es heute aus Chiracs Umfeld. Es gehe nicht darum, "nur zu reden, um zu reden". Der Präsident stehe mehrmals am Tag in Kontakt mit Premierminister Villepin.

Im Großraum Paris beruhigte sich die Lage im Vergleich zu den vorhergehenden Nächten leicht. Erstmals überflogen Sicherheitskräfte die Vororte mit Hubschraubern. In Aubervilliers im Département Seine-Saint-Denis brannten zwei Textillager nieder. In Pierrefitte-sur-Seine wurde laut Polizei ein Brandsatz auf die Mauer einer Synagoge geworfen. Mehr als hundert Bewohner von zwei Häusern mussten in der Stadt in Sicherheit gebracht werden, nachdem in einem darunter gelegenen Parkhaus ein Brand ausgebrochen war.

Im weiteren Umkreis von Paris flammte die Gewalt stärker auf. Im Département Essonne wurde ein Polizist bei einem Brandanschlag auf ein Reifenlager verletzt. In Achères im Département Yvelines wurde ein Kindergarten in Brand gesetzt, in Torcy im Département Seine-et-Marne wurde eine Schule durch Brandstiftung zur Hälfte zerstört. In Champigny im Val-de-Marne setzten Jugendliche einen Bus in Flammen. Die Insassen konnten rechtzeitig fliehen. In Suresnes verbrannten 36 Fahrzeuge, nachdem in einem unterirdischen Parkhaus ein Brand gelegt worden war. In Montreuil setzten Demonstranten ein Textil-Geschäft, ein Parkhaus und ein Autogeschäft in Brand. Bei Fahrzeugbränden wurden dort drei Menschen leicht verletzt. Auch in Rennes in der Bretagne gingen mehrere Fahrzeuge in Flammen auf.

In der Pariser Vorstadt Aulnay-sous-Bois nahmen mehr als 500 Einwohner an einem Schweigemarsch teil. Dort hatte es in der Nacht zum Donnerstag schwere Zusammenstöße zwischen Polizei und Jugendlichen gegeben. Auch in Sevran, ebenfalls im Département Seine-Saint-Denis, protestierten 150 Menschen gegen die Unruhen. Dort hatte am Mittwoch eine behinderte Frau schwere Brandverletzungen erlitten, als ein Bus in einen Hinterhalt geriet.

Auslöser der Krawalle war der Tod zweier Jugendlicher in der Pariser Vorstadt Clichy-sous-Bois am Donnerstag vergangener Woche gewesen. Die Jungen hatten sich vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen versteckt und dort tödliche Stromschläge erlitten. Die Eltern der getöteten Jugendlichen riefen am Samstag zur Ruhe auf. "Wir appellieren an den Bürgersinn jedes Einzelnen", hieß es in der Erklärung. "Frankreich verdient dies nicht."


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SPIEGEL ONLINE - 06. November 2005, 08:41
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Zehnte Gewaltnacht
 
Flächenbrand in Frankreich

Trotz der Ankündigungen der französischen Regierung, mit aller Härte gegen die Randalierer vorzugehen, haben sich die seit Nächten andauernden Krawalle gestern Nacht auf das ganze Land ausgebreitet. Fast 1300 Fahrzeuge wurden in Brand gesetzt - mehr als je zuvor.

Paris - In der vergangenen Nacht wurden fast 200 Randalierer festgenommen. Es gelang der französischen Polizei jedoch nicht, die Gewalt einzudämmen. Wie die französischen Behörden am frühen Morgen mitteilte, wurden in der Nacht zu Sonntag mindestens 1295 Fahrzeuge in Brand gesetzt. Die Zahl der Festnahmen gaben die Sicherheitskräfte mit 312 an.

Erstmals gab es auch im Zentrum von Paris Ausschreitungen. Im dritten Arrondissement nahe dem Platz der Republik warfen Randalierer nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP einen Brandsatz auf Fahrzeuge. Im 17. Arrondissement wurde nach Feuerwehrangaben ein halbes Dutzend Autos durch Brandstiftung beschädigt. Im Département Essonne im Großraum Paris wurden ein Kindergarten und eine Mc-Donald's-Filiale durch Brandstiftung zu großen Teilen zerstört.

Wie auch in der Nacht zuvor versuchte die Regierung vergeblich, der Unruhen durch ein starkes Sicherheitsaufgebot Herr zu werden. Allein in der Region Ile-de-France waren rund 2300 Sicherheitskräfte im Einsatz. Sieben mit Scheinwerfern und Kameras ausgestattete Hubschrauber überflogen die betroffenen Pariser Vororte. Innenminister Nicolas Sarkozy hatte zuvor ein hartes Vorgehen angekündigt. Der Staat könne die Gewalt nicht akzeptieren, sagte Sarkozy nach einem Krisentreffen bei Premierminister Dominique de Villepin.

Bei einem Brand in einem dreistöckigen sozialen Wohnungsbau in Athis-Mons im Essonne erlitten zwei Menschen Rauchverletzungen, rund hundert weitere mussten in Sicherheit gebracht werden. Am frühen Morgen brachte die Feuerwehr den Brand wieder unter Kontrolle. Allein im Essonne wurden nach vorläufigen Polizeiangaben rund 70 Fahrzeuge in Brand gesetzt. Im Département Yvelines gingen rund 80 Fahrzeuge in Flammen auf, in Seine-Saint-Denis waren es 90 sowie 33 im Val-d'Oise.

Krawalle im ganzen Land

In Mureaux (Yvelines) versammelten sich am frühen Samstagabend rund 30 Jugendliche und griffen die Ordnungskräfte mit Wurfgeschossen an. Wie ein Sicherheitsbeamter berichtete, behinderten die Randalierer das Vordingen der Polizei mit Motorradreifen und Einkaufswagen. Einige warfen eine Schranke auf ein vorbeifahrendes Auto.

Auch in mehreren Städten im Westen des Landes dauerten die Krawalle an: In Nantes, Rennes, Rouen und Montargis wurden dutzende Autos und Mülleimer in Brand gesetzt. Im südfranzösischen Toulouse musste die Feuerwehr nach eigenen Angaben rund 50 Mal ausrücken, um von Gruppen von Jugendlichen gelegte Brände zu löschen. Dutzende Randalierer wurden festgenommen. In Evreux in der Normandie wurde ein Einkaufszentrum bei Zusammenstößen zwischen bewaffneten Jugendlichen und der Polizei schwer beschädigt.

In der Nacht besuchte Innenminister Sarkozy überraschend eine Polizeistation im Essonne, wo er sich mit festgenommenen Minderjährigen unterhielt. Der sozialistische Senator Jean-Luc Mélenchon hatte zuvor die Notwendigkeit eines Dialogs mit den Jugendlichen in seinem Département angemahnt. Die Situation dürfe nicht zum "Konflikt zwischen verzweifelten Jugendlichen und zornigen Polizisten werden".

Auslöser der Krawalle war der Tod zweier Jugendlicher in der Pariser Vorstadt Clichy-sous-Bois am Donnerstag vergangener Woche gewesen. Die Jungen hatten sich vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen versteckt und dort tödliche Stromschläge erlitten.

Vorwürfe gegen Sarkozy

Sarkozy selbst war ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, nachdem er die Jugendlichen als Abschaum bezeichnet hatte. Kommunisten und Grüne forderten ihn daraufhin zum Rücktritt auf. Bewohner der Problem-Städte verlangten eine Entschuldigung. "Wir sind alle gegen das, was hier passiert", sagte ein aus Nordafrika stammender Bewohner von Aulnay-sous-Bois. "Hier gibt es nichts für die Jugendlichen zu tun. Sarkozy hat das Feuer entzündet und bisher nicht gesagt, dass es ihm Leid tut."

In der Bevölkerung regte sich erster Protest gegen die Gewalt: Die Bewohner eines Vorortes demonstrierten am Samstag für ein Ende der Ausschreitungen. Durch das von rund 80.000 Einwohner große Aulnay im Nordosten von Paris zogen Tausende Menschen, die ein Banner mit der Aufschrift "Nein zur Gewalt, ja zum Dialog" durch die verwüsteten Straßen trugen. "Es ist ein Zeichen, dass die Gesetze der Republik für alle gelten und dass wir uns der Gewalt nicht einfach ergeben werden", sagte Bürgermeister Gerard Gaudron.
 


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SPIEGEL ONLINE - 06. November 2005, 13:28
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Brennende Vorstädte
 
Politiker warnen vor Krawallen wie in Frankreich

Unionspolitiker befürchten in Deutschland ähnliche Gewaltausbrüche wie sie derzeit in Frankreich stattfinden. Es gebe hierzulande ebenfalls eine zunehmende Ghettoisierung, sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU).

Frankfurt - "Auch wenn die gesellschaftliche Realität bei uns anders ist, sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass so etwas wie in Frankreich bei uns nicht geschehen könnte", sagte der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach der "Welt am Sonntag".

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jörg Schönbohm. Zwar sei die Gefahr von Ausschreitungen wie bei Paris in Deutschland glücklicherweise nicht akut, sagte Schönbohm der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Solche Verhältnisse drohten aber, wenn es nicht gelinge, Einwanderer stärker zu integrieren und vor allem Jugendlichen eine Perspektive zu bieten.

"Es ist unübersehbar: Es gibt auch in Deutschland Entwicklungen in Richtung Gettoisierung, weil wir die Integration lange Zeit nicht ernst genug genommen haben", sagte der brandenburgische Innenminister. Schönbohm beklagte, dass es in Großstädten zum Beispiel eine hohe Zahl von Türkischstämmigen gebe, die auch in zweiter und dritter Generation nicht integriert seien. Als besonders problematisch wertete er Sprachdefizite und mangelnde Schulabschlüsse.

Auch nach Einschätzung von Bosbach müssen Einwanderer in Deutschland besser integriert werden. Das Straf- und Ausländerrecht müsse außerdem konsequent angewendet werden. "Und drittens wird es Zeit, dass wir viel genauer hinsehen und hinhören, was sich da hinter verschlossenen Türen in den Moscheen abspielt", sagte der CDU-Rechtspolitiker.

Der SPD-Rechtsexperte Dieter Wiefelspütz sagte der "Welt am Sonntag", dass die Integration eine wichtige Aufgabe einer großen Koalition sei. Er sei zuversichtlich, dass Einwanderer am Wohlstand teilhaben und eine bessere Bildung bekommen könnten. "Wir leben nicht auf einer Insel der Seligen." Manches werde in Deutschland aber besser gemacht als in Ländern wie Frankreich, den USA oder Großbritannien.

Angesichts der Krawalle warb der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller für die soziale Marktwirtschaft. "Es ist ein gefährlicher Unsinn, wenn Sozialabbau und Zerstörung des öffentlichen Sektors mit Reformen gleichgesetzt wird", erklärte er.
 


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SPIEGEL ONLINE - 06. November 2005, 15:54
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Analyse
 
Frankreich brennt - aber Chirac schweigt

Aus Paris berichtet Kim Rahir

Hubschrauber knattern über Wohnsilos, Festnahmen werden wie Siegesmeldungen veröffentlicht: Frankreichs konservative Regierung zeigt sich zu einer harten Linie entschlossen. Doch die Lage im Land gerät immer mehr außer Kontrolle.

Paris- Hinter den Ankündigungen von "Strenge und Gerechtigkeit", von entschiedenem Durchgreifen und dem Durchsetzen der republikanischen Ordnung in den elenden Trabantenstädten vor den Toren der Hauptstadt Paris verbirgt sich politische Ratlosigkeit. Denn all die Festnahmen haben nicht verhindert, dass in der Nacht zum Sonntag landesweit mehr Autos abgefackelt wurden denn je, fast 1300 zählte die jüngste Bilanz.

Und die Krawalle rücken näher an die Wohnstuben des bürgerlichen Frankreich. Nicht nur die "Banlieue", desolate Wohnsiedlungen arbeitsloser Einwanderer-Kinder, auch die Hauptstadt selbst und zahlreiche Provinzstädte sind inzwischen betroffen. Jugendliche ohne Hoffnung, die von sich selbst sagen, sie hätten "nichts zu verlieren", toben ihre Wut an Autos, Bussen oder Lagerhallen aus, ja oftmals auch an Jugendzentren, Turnhallen oder Schulen, die ursprünglich zu ihrem Nutzen gebaut worden waren.

Dieser unbändigen Wut haben die Behörden nicht viel entgegenzusetzen. Die beiden großen Akteure der Regierung, Premierminister Dominique de Villepin und Innenminister Nicolas Sarkozy, spielen nach anfänglichen Scharmützeln wieder gemeinsam ihre Rolle, ein wenig nach dem Motto amerikanischer Krimis: "guter Polizist, böser Polizist". Sarkozy gibt weiterhin den Rammbock, den Mann, der dem Volk aus der Seele spricht und keine Kompromisse duldet. Er besucht Polizeiwachen in den sogenannten "sensiblen" Zonen, lobt die langen Listen der Festnahmen und kündigt an "wir werden Ordnung in diesen vernachlässigten Gebieten schaffen".

Villepin, der wie Sarkozy den Blick vorrangig auf die Präsidentschaftswahlen 2007 gerichtet hat, empfängt derweil Bürgermeister, Jugendliche und Polizisten in seinem Amtssitz. Bis Ende November hat Villepin einen "großen Aktionsplan" für die Vorstädte versprochen - eine Ankündigung, die ohne jeden Effekt verpuffte.

Denn Pläne und Projekte hat es seit 1990 immer wieder gegeben, sie haben alle nicht gefruchtet. Wenn sich die Lage in den Vorstädten geändert hat, dann zum schlechteren, da sind sich fast alle Betroffenen einig. In den 60er Jahren für Gastarbeiter gebaut, sind diese Sozialbausiedlungen inzwischen das Zuhause der folgenden Einwanderer-Generationen, die anders als ihre mittlerweile integrierten Vorgänger keine Chance finden, in Frankreichs Gesellschaft aufgenommen zu werden.

Bankrott der Integrationspolitik

Der "größte Fehler" der Integrationspolitik war nach Auffassung des Sprachsoziologen Alain Bentolila, "dass man meinte, Gleiches müsse mit Gleichem zusammengepfercht werden". So entstanden Ghettos, in denen Arme, Arbeitslose und Ausgeschlossene ein trübes Dasein fristen. "Diese Menschen fühlen sich zutiefst ungerecht behandelt, verachtet und verstoßen", sagt der Soziologe Michel Wierviorka. "Diese Krise wird nicht durch einen X-ten Aktionsplan geregelt werden können."

Viele Einwohner der Vorstädte haben längst begriffen, dass Hilfe nicht von außen kommen wird. Sie versuchen aus eigener Kraft, die Lage der jungen Menschen zu verbessern. Als "große Brüder" bezeichnen sich nicht mehr ganz junge Banlieue-Bewohner, die es durch Tüchtigkeit oder Glück geschafft haben, aus dem Teufelskreis von Armut und Kriminalität auszubrechen. Manche sind Sozialarbeiter oder Lehrer, andere sogar Unternehmer, und sie sind seit dem Beginn der Krawalle Nacht für Nacht unterwegs, um die Jungen Leute zur Vernunft zu rufen. Selbst die Eltern der beiden Jungen, die am 26. Oktober bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei in einem Transformatorenhäuschen durch Stromschläge ums Leben kamen, und deren Tod die Unruhen auslöste, riefen zur Besonnenheit auf. In manchen Vorstädten haben die Einwohner Schweigemärsche und Protestzüge organisiert, um gegen den Vandalismus zu demonstrieren.

Auf die Polizei als "Freund und Helfer" wollen sich die wenigsten Menschen der betroffenen Viertel verlassen. Im am schlimmsten betroffenen Département Seine-Saint-Denis schießen "Bürgerwehren" wie Pilze aus dem Boden. In Drancy sagte sogar Bürgermeister Jean-Christophe Lagarde selbst, "die Leute müssen sich selbst verteidigen". Und so organisieren die Einwohner nächtliche Patrouillen mit Funkgeräten, um Brandattacken zu verhindern oder gelegte Feuer möglichst schnell zu löschen. "Ich verstehe nicht, warum sie die Öffentlichkeit angreifen, wenn sie mit der Politik unzufrieden sind, sollen sie doch die Politiker attackieren", sagt der Rathausangestellte Stéphane, der in Sevran in Seine-Saint-Denis nächtens mit seinem Kollegen Bruno Streife fährt.

"Wir machen weiter

Doch gerade von den Politikern fühlen sich die jungen Menschen ignoriert und missachtet. Dass Innenminister Sarkozy die Viertel mit dem "Hochdruckreiniger" säubern wollte, hat aus dem ehrgeizigen Populisten die Hassfigur Nummer eins der jungen Leute gemacht. "Wir machen so lange weiter, bis Sarko zurückgetreten ist", werden immer wieder anonyme Randalierer zitiert. Der Minister scheint auf diese Rolle fast schon stolz zu sein. "Mein Name wird von den Banden ausgebuht, die die Vororte terrorisieren? Na, dann ist ja alles in Ordnung, wäre ja auch verdächtig, wenn sie mich in den Himmel loben würden", tönte Sarkozy einer Tageszeitung zufolge.

Angesichts von Bürgerwehren und einem Sachschaden der von den Versicherungen bis Sonntag mit sieben Millionen Euro beziffert wurde, kann die Regierung sich weitere Brandnächte kaum noch leisten. Der politische Schaden ist noch höher, denn im Lande macht sich Unsicherheit breit - die Franzosen fragen sich, ob das noch ihr Frankreich ist.

Schon werden auch im rechten Lager Stimmen laut, die einen Einwanderungsstopp fordern, der allein das Problem beseitigen könnte. Doch ein härteres Durchgreifen ist den Verantwortlichen überhaupt nicht geheuer. Hochrangige Polizeiquellen geben zu, dass die Sicherheitskräfte sich in vielen Situationen zurückhalten oder gar zurückziehen, da sie ein erstes Todesopfer - sowohl auf seiten der Polizei als auch auf seiten der Randalierer - um jeden Preis verhindern wollen. Es scheint zweifelhaft, ob diese Taktik dauerhaft durchgezogen werden kann. In Sevran wurde schon am Donnerstagabend eine behinderte Frau in einem Bus fast verbrannt, in Stains in Seine-Saint-Denis liegt seit Samstagnachmittag ein 61-jähriger Mann im Koma, der von einem Jugendlichen niedergeschlagen worden war.

Chirac schweigt - Sarkozy verliert

"In der Klemme" titelte die Tageszeitung Le Parisien am Sonntag und meinte damit Innenminister Sarkozy, dessen Ausdrucksweise von den Franzosen immer weniger geschätzt wird. Doch in der Klemme steckt die gesamte Regierung, und das nicht nur wegen der Krawalle. Seit Jahren äußern die Franzosen bei Wahlen und Abstimmungen ihren Unmut über ihre Regierung, reiht sich Protestbewegung an Protestbewegung, stehen Streiks auf der Tagesordnung. Doch einen Politikwechsel hat es nie gegeben, statt dessen werden Regierungschefs ausgetauscht. So setzte Präsident Jacques Chirac nach der Ablehnung der europäischen Verfassung bei der Volksabstimmung im Mai an die Stelle des ihm treu ergebenen Regierungschefs Jean-Pierre Raffarin den ihm treu ergebenen Villepin.

Da mag es auch nicht verwundern, dass Chirac seit Beginn der Krawalle schweigt. Ein kurzer Aufruf zur "Beruhigung der Gemüter" am Mittwoch - und seither ist Sendepause. Der Staatschef werde sich äußern, wenn er es für richtig halte, hieß es in seiner Umgebung. Chirac weiß, dass ein Auftritt keinen Sinn hat, solange er keinen Ausweg aus der Krise vorschlagen kann. Und den hat bisher auch nach zehn Brandnächten noch niemand gefunden.


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