593. Bremer Montagsdemo
am 14. 11. 2016  I◄◄  ►►I

 

Faschismus ist keine „Alternative“ zum Kapitalismus

Wolfgang LangeNun wird tatsächlich Donald Trump der nächste US-Präsident, ein extremer Reaktionär. Millionen Amerikaner wird er ohne Krankenversicherung dastehen lassen, die Klimakatastrophe leugnet er. Trump will aus dem „Klimaabkommen“ aussteigen und setzt voll auf Kohle und Öl. Er ist offener Rassist, Sexist, Schwulenfeind und faschistoider Kriegstreiber: Er plant den Bau eines Zaun an der Grenze nach Mexiko und die Abschiebung aller Flüchtlinge. Trump ist eine Kreatur der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus. Wer meint, damit eine „Alternative“ zum herrschenden System gewählt zu haben, hat sich gründlich getäuscht: Trump verkörpert den aggressivsten und reaktionärsten Teil des amerikanischen Großkapitals und ist eine ernste Gefahr für den Weltfrieden.

Auch Hillary Clinton, Wunschkandidatin des internationalen Finanzkapitals, ist reaktionär bis in die Knochen, auch sie ist kriegslüstern, und ihr Clan hat sich seit Jahrzehnten an diesem System gemästet. „Pest oder Cholera“ war also die Ausgangslage bei dieser Wahl, eine fortschrittliche Alternative gab es nicht. Deshalb sind auch nur 50 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne gegangen, nicht einmal 25 Prozent von ihnen stimmten also für Trump. Clinton hat sogar mehr Wählerstimmen als Trump bekommen, erhält aber durch das merkwürdige Wahlrecht, das die Bundessstaaten verschieden gewichtet, weniger Wahlmännerstimmen als er.

Seit Mittwoch gibt es jeden Tag Massendemonstrationen in den USA unter dem Motto: „Das ist nicht mein Präsident!“ Zunehmend wird dabei der Sozialismus gefordert. In den USA stand keine „linke Alternative“ zur Wahl. Die Alternative zum bestehenden System kann aber nicht von rechts kommen, denn Faschismus ist die Herrschaftsform des Kapitalismus mit extremster Ausbeutung und Unterdrückung, mit offenem Kampf um die Weltherrschaft. Es ist ganz gefährlich, zu meinen: „Der kocht auch nur mit Wasser!“ Das haben bei Hitlers Machtantritt auch viele gesagt. Bayer spendete übrigens 433.000 Dollar für den Wahlkampf von Trump. Auch in Berlin gab es am Samstag eine Anti-Trump-Demo mit 1.000 Teilnehmern. Das Fehlen einer linken Alternative bei der Wahl unterstreicht die Bedeutung des „Internationalistischen Bündnisses“. Dessen Aufbau ist auch eine Kampfansage an die nach rechts gerückten Regierungen in Deutschland, der Türkei, Russland oder den USA.

30.000 Menschen versammelten sich am Samstag in Köln zum Protest gegen den Faschismus in der Türkei. Die HDP-Vorsitzenden Yüksedag und Demirtas sind verhaftet worden, ebenso der Herausgeber der ZeitungCumhuriyet“. Die letzten bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten werden abgeschafft, die Türkei wird ein offen faschistisches Land.

Dass die Regierungen in immer mehr Ländern extrem nach rechts rücken, heißt noch lange nicht, dass auch die Massen es tun. Zwar ist es in Deutschland gelungen, einen Teil der Nichtwähler für die Wahl der faschistoiden AfD zu gewinnen, und in den USA eben für Trump – aber den Großteil der Nichtwähler eben nicht. Diese gilt es für den linken Pol in der gesellschaftlichen Polarisierung zu gewinnen! Am kommenden Freitag, dem 21. November 2016, trifft sich deshalb in Bremen wieder das „Internationalistische Bündnis“ um 19 Uhr im Café Paganini, Erlenstraße 60, in der Neustadt. Dazu lade ich alle herzlich ein!

Die Bundesregierung will die Ausgaben für Hartz IV im nächsten Jahr um 1,2 Milliarden Euro kürzen, also bei denen sparen, die am wenigsten haben – und einer der „Väter“ der Hartz-Gesetze, Frank-Walter Steinmeier, soll nun Bundespräsident werden. Inzwischen will das auch die CDU/CSU. Der angeblich „in der Bevölkerung beliebte“ Außenminister ist bei uns jedenfalls nicht beliebt. Außer für die Agenda 2010 mit all ihren Folgen wie der Verarmung breiter Bevölkerungsschichten ist Steinmeier persönlich dafür verantwortlich, dass Murat Kurnaz jahrelang unschuldig in Guantánamo gefangen gehalten und gefoltert wurde und dass sich die Bundesregierung nicht für einen humanitären Korridor nach Rojava einsetzte.

Jeder fünfte der weltweit 45.000 Suizide, so eine Untersuchung in 63 Staaten, hat als Ursache die Arbeitslosigkeit, weil Millionen Arbeitsplätze fehlen. Die Statistik wird gefälscht, indem Mini- und Billigstjobs mitgezählt werden, als ob es vollwertige Arbeitsplätze seien. Leiharbeiter verdienen 40 Prozent weniger als fest eingestellte Arbeiter. Deshalb muss Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich her! Alle Werte auf dieser Welt werden durch Arbeit geschaffen und indem sie der Natur abgerungen werden. Kapital kann nicht arbeiten!

Die nächsten Montagsdemonstrationen bis zum Jahresende finden wegen des Weihnachtsmarktes wieder auf dem Hanseatenhof statt. Am 19. Dezember 2016 soll nach der letzten Montagsdemo ab 19 Uhr unsere Weihnachtsfeier im Freizeitheim Buntentor stattfinden. Die Planung dafür machen wir nach der Montagsdemo am 28. November 2016 im Seemannsheim.

Wolfgang Lange (MLPD)

 

Die Innenrevision beanstandet nur Fehler zulasten des Jobcenters

Hans-Dieter BinderDas Jahr 2017 naht mit Riesenschritten, und wer seine „Hausaufgaben“ ins nächste Jahr verschiebt, verliert eventuell sein Recht. Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X können für ein Jahr rückwirkend gestellt werden, somit in diesem Jahr noch rückwirkend zum 1. Januar 2015, aber ab dem neuen Jahr nur noch bis zum 1. Januar 2016. Der Bedarf an Überprüfungsanträgen für die Kosten der Unterkunft geht in die Tausende, weil Bremen rund 400.000 Euro pro Monat an den Erwerbslosen einspart. Hinzu kommen noch die anderen Leistungsempfänger, nachzulesen auf der Seite zur 588. Bremer Montagsdemonstration. Auf der 590. Wochenseite steht eine Entscheidung des Sozialgerichts Bremen. Der Kläger bekommt künftig seine volle Miete erstattet, obwohl die neue Wohnung teurer ist. Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für die Heizkosten.

Der Überprüfungsantrag erfordert eine Begründung. Wer zum Beispiel einen Teil seiner Miete selbst bezahlt, bittet um Überprüfung der Mietkosten und beantragt die volle Übernahme. Dabei ist anzugeben, welche Bescheide geprüft werden sollen. Die einfachste Überschrift lautet: „Antrag auf Überprüfung aller Leistungsbescheide ab 1. Januar 2015“. Nun muss der Antrag zum Amt, und zwar nachweisbar. Am sichersten ist die Abgabe gegen Stempel. In einigen Dienststellen wird der Eingang per Fotokopie bestätigt und diese entsprechend ergänzt.

Das (No-)Job-Center muss jetzt alles nochmals ansehen und erlässt dann einen Bescheid über das Ergebnis der erneuten Prüfung. Wenn er dem Übel nicht abhilft, sollte innerhalb der Frist Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt werden, zur Wahrung der Rechtsfrist: „Begründung folgt“, denn in dieser Zeit sind die Beratungsstellen überlaufen. Wenn der Widerspruchsbescheid dem Übel ebenfalls nicht abgeholfen hat, ist dagegen Klage beim Sozialgericht möglich. Auch hier ist die Fristwahrung durch eine Klage mit dem Hinweis „Begründung folgt“ möglich.

Die Rechtsantragsstelle im Sozialgericht nimmt die Klage entgegen und hilft bei der Formulierung. Bescheide und Ausweis sind mitbringen, aber kein Geld. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist für den Kläger kostenlos. Wer Unterstützung durch einen Anwalt erhalten möchte, kann sich einen suchen. Allerdings sollte bereits bei der Terminvereinbarung ausgemacht werden, dass der Anwalt für die Prozesskostenhilfe tätig wird und den Antrag hierauf stellt, sodass keine Kosten vom Erwerbslosen zu tragen sind. Oder einfach vorbeikommen!

Wenn das (No-)Job-Center einen Fehler macht, heißt das nicht, dass dieser fällt der Innenrevision auffällt, und ich mein Geld nachträglich bewilligt bekomme. Die Innenrevision prüft zwar laufend, aber nicht lückenlos, und beanstandet nur Fehler zulasten des (No-)Job-Centers. Zu wenig Geld für die Erwerbslosen, Minderbewilligungen oder Ablehnungen werden von der Innenrevision nicht beanstandet. Gegen zu wenig Geld, Ablehnung von Anträgen oder Verweigerung von Weiterbildung muss jede(r) Leistungsempfänger(in) selbst vorgehen. Auch hier gilt: Umgehend den Antrag auf Überprüfung stellen! Dabei kann das (No-)Job-Center eigene Fehler berichtigen und auch Nach- oder Rückforderungen stellen. Dagegen kann sich der Mensch mit Widerspruch und letztlich der Hilfe des Gerichts wehren.

Die 400.000 Euro Minderleistung pro Monat haben mich erschreckt. Von Beratungsmenschen wird die Differenz noch höher eingeschätzt, weil oftmals Wasser und Abwasser nicht übernommen werden und nicht in den Kosten der Unterkunft enthalten sind. Jeder Mensch braucht Wasser, es ist entweder in der Nebenkostenabrechnung enthalten oder wird mit der SWB direkt abgerechnet. Auch mit Pauschalen kann Wasser abgedeckt sein. Das (No-)Job-Center fordert den Mietvertrag von jeder Bedarfsgemeinschaft, früher Familie, ein, weil er zur Leistungsprüfung unverzichtbar sei. Darin ist die Regelung des Wasserentgelts nachlesbar.

Jede(r) Sachbearbeiter(in) kann sofort feststellen, wie der Wasserbezug abgerechnet wird, insbesondere wenn das Wasser direkt mit der SWB abgerechnet wird und kein entsprechender Leistungsantrag vorliegt. Es ist eigentlich selbstverständlich, Arbeitslose auf die Möglichkeit der Kostenerstattung für Wasser hinzuweisen, doch hier wird durch Unterlassung weiteres Geld eingespart. Macht euch ran! Die Mietrichtwerte sind nicht mehr bindend, eventuelle Ablehnungen wegen Überschreitung der Mietrichtwerte sind kurzfristig mit Widerspruch und Klage zu beseitigen!

Wer eine Kostensenkungsaufforderung erhalten hat, die bisher nicht zurückgenommen wurde, kann beim (No-)Job-Center nachfragen, ob sie aufrechterhalten wird. Falls die Antwort beunruhigt, kann mit Widerspruch und Klage Abhilfe geschaffen werden. Aktuell sollen keine Kostensenkungsaufforderungen erfolgen. Wer bereits vor Jahren eine, die nicht weiter verfolgt wurde, erhalten hat: siehe 523. Bremer Montagsdemonstration.

Den aktuellen Mietrichtwerten fehlt das Fundament. In den vergangenen Jahren wurden die Berechnungsgrundlagen für Wohngeld herangezogen. Da auch an diesen Werten der Zahn der Zeit genagt hat, wurde ein Zuschlag von zehn Prozent hinzugerechnet. Die Berechnungsgrenzen für Wohngeld wurden zum 1. Januar 2016 erhöht. Die Zahlen sind auf den Seiten des Bausenators nicht nachlesbar, dort stehen Zahlen aus dem Jahr 2009. Die Bemessungsgrundlagen für Wohngeld in Bremen richten sich nach der Mietstufe IV plus Heizung. Die aktuellen Werte und die Entwicklung sind auf der Seite zur 588. Bremer Montagsdemonstration nachlesbar.

Wer jeden Monat zu wenig Leistung erhält, muss dies umgehend beenden und braucht nicht auf die Entscheidung über den Überprüfungsantrag zu warten: „Ich bitte um Prüfung der Kürzung der übernommenen Kosten meiner Unterkunft und beantrage die sofortige vollständige Erstattung meiner tatsächlichen Kosten“, mit Begründung siehe oben nachweisbar im (No-)Job-Center abgeben.

Falls der Fehlbetrag höher und das fehlende Geld schwer zu verkraften ist, kann sofort die Hilfe des Gerichts beantragt werden. Mit den Unterlagen die Rechtsantragsstelle aufsuchen. Bereits bei zehn Euro und entsprechenden Problemen hat das Sozialgericht einen Eilantrag als angemessen eingestuft. Im Eilverfahren wird nur für die Zukunft entschieden. Meistens, wenn auch nur vorläufig, akzeptiert das (No-)Job- Center diese Entscheidungen. Dann ist keine Hauptverhandlung nötig. Für fehlende Zeiträume die Leistung beim (No-)Job-Center einfordern!

Alles Vorstehende ist nicht auf das ALG II beschränkt: Bei allen anderen Leistungsträger für Grundsicherung sind Eigenanteile an der Miete ebenso einzufordern. Auch die Rahmenbedingungen sind gleich: Alle Minderleistungen sind so zu bereinigen, auch das Sozialgericht ist zuständig. Wer Wohngeld bezieht, sollte die Bewilligung hinsichtlich der neuen Obergrenze prüfen. Allerdings haben sich einige Besonderheiten ins Wohngeldgesetz eingeschlichen, daher in jedem Fall zur Beratungsstelle gehen!

Vielen anderen Gründe, Möglichkeiten der Unterzahlung und abgelehnte Anträge sind auf den Seiten zum Jahresende 2015 nachlesbar. Die Rechtsprechung hat sich geändert, Sanktionen sind verpönt. Wer eine Sanktion erlitten hat, kann das Geld rückwirkend retten, wenn die Begründung nicht vergessen wird. Für Sanktionen wurden den Erwerbslosen in Bremen rund eine Million Euro nicht ausgezahlt. Hier hat die „Job-Offensive“ des (No-)Job-Centers gewirkt, siehe 498. Bremer Montagsdemonstration.

Die Zulagen für besondere Ernährung wurden nicht gestrichen, sondern es wurde behauptet, dass besondere Ernährung genauso günstig sei wie normale Ernährung. Dies ist widerlegbar, aber aufwendig. Das Thema Brillen ist vor Gericht geklärt, aber schwer umzusetzen. Wer mit 63 Jahren zwangsverrentet wurde und einen Monat lang keine Leistungen erhalten hat, weil die Rente angerechnet wurde, kann dies beseitigen. Die Reaktion auf die bevorstehende Zwangsverrentung sollte durch den Gang zum Arzt abgemildert werden.

Wer zur Tat schreiten will, sollte sich darüber klar sein, dass notfalls die Hilfe des Gerichts gebraucht wird. Das ist kein Grund zum Zurückweichen! Aktuell hatte das Sozialgericht in Bremen über die Mietrichtwerte zu entscheiden. Es war alles vorbereitet, Gutachter waren bestellt, da hat das (No-)Job-Center die Kläger klaglos gestellt und alle Forderungen erfüllt. Damit war die Verhandlung geplatzt. Das Sozialgericht hat in einer anderen Entscheidung die Mietrichtwerte gekippt. „Wir müssen erst das Gutachten und die neue Verwaltungsanweisung abwarten“, lautet die Verzögerungstaktik. Kein(e) Anspruchberechtigte(r) muss auf das Gutachten warten!

Weitere Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Suchmaschine auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren! Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und Erfahrung! Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“, „so:leb – Sozialer Lebensbund“)

 

Warum so wenige Erfolge
bei Weltklimagipfeln?

Helmut MinkusUN-Generalsekretär Ban Ki Moon sieht im Ergebnis des Pariser Weltklimaabkommens vom Dezember 2015 ein breites, nicht mehr zu stoppendes Bündnis der 197 Teilnehmerstaaten. Einer der Gründe dafür: Von diesen Teilnehmern (einschließlich USA und China) hatten bis zum 5. Oktober dieses Jahres die 55 Staaten, die für mindestens 55 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, ihre Ratifizierungsurkunden bei den Vereinten Nationen hinterlegt. Damit ist (30 Tage später) seit dem 4. Dezember 2016 das von inzwischen 94 Teilnehmerstaaten ratifizierte Pariser-Klimaabkommen gültig.

Beim gerade stattfindenden Klimagipfel in Marrakesch sollen alle Staaten ihre Beiträge vorstellen, die zu einer drastischen Reduzierung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid führen, um die damit zusammenhängende Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Jeder einzelne Mensch, der glaubt, hierbei seinen Beitrag leisten zu können, hat viele Möglichkeiten dazu, wenn er ein paar Zahlen und Fakten kennt. Nicht erst seit Autos produziert werden, gilt die Faustregel: Bei der Verbrennung von einem Liter Treibstoff, Heizöl oder Flugzeugbenzin werden circa drei Kilogramm Kohlendioxid in die Atemluft geblasen.

Die Kohlendioxid-Erzeugung durch Treibstoffverbrennung schwankt um Hunderte Gramm pro Liter, abhängig von der Art des Kraftstoffes. Über der Bundesrepublik werden von Ziviljets etwa zwei Milliarden Liter Treib­stoff verbraucht, das bedeutet neun Millionen Tonnen Kohlendioxid, also sogar 4,5 Kilogramm pro Liter. Bei vereinfachter Berechnung der Energiebilanz kommen – abhängig von der gewählten chemischen Formel des Treibstoffes, der eigentlich ein Gemisch ist – immer um drei Ki­lo­gramm heraus. Rechnen Sie also aus, wie viele Tonnen Kohlendioxid Sie selbst pro Jahr erzeugen, nur durch Heizen und Au­to­fah­ren!

Mit jeder Kilowattstunde Strom, die Sie aus dem deutschen Netz nehmen, werden circa 850 Gramm Kohlendioxid in die Erdatmosphäre geblasen, denn Strom wird hierzulande noch zu 46 Prozent Kohlekraftwerken erzeugt. Das gilt auch für den Strom eines Elektroautos, dessen Akku zum Beispiel mit 70 Kilowattstunden an einer normalen Steckdose aufgeladen wird. Damit können laut Hersteller 350 Kilometer gefahren werden. Für dieses „saubere“ Elektroauto wären das 170 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Für jeden Kilometer mit dem Flugzeug werden 360 Gramm und pro Bahnkilometer 60 Gramm Kohlendioxid zugrunde gelegt.

Hinzu können einige Tonnen Kohlendioxid für die Erzeugung Ihrer Lebensmittel veranschlagt werden, abhängig davon, wie viel Fleisch Sie essen, denn Fleischproduktion ist sieben Mal energieaufwendiger als Pflanzennahrung. Für jeden Deutschen können circa 12 Tonnen Kohlendioxidemission pro Jahr angenommen werden; der weltweite Kohlendioxidausstoß von heute 36 Milliarden Tonnen „erlaubt“ aber nur 4,5 Tonnen.

Wer sich angesichts dieser Tatsache von seinem Autohersteller betrogen fühlt und womöglich im Sinne der Gleichberechtigung Schadenersatz für alle fordert, weil der Schadstoffausstoß seines Autos etwas höher ist als es irgendwo geschrieben steht, hat das Grundproblem noch nicht verstanden. Er oder sie sollte sich selbst mal fragen, warum er oder sie sich auf einen solchen „Fehlkauf“ eingelassen hat. Letztlich sind alle Autokäufer der Welt betrogen beziehungsweise betrügen sich selbst, denn an der uralten Verbrennungsmotortechnik hat sich grundsätzlich nichts geändert.

Das ist unabhängig davon, ob ein Auto wie früher in Einzelmanufaktur nur für reiche Leute hergestellt wurde oder wie heute in immer weiter perfektionierter Massenproduktion, nur damit es billig wird, denn möglichst jeder Mensch soll eines kaufen können. Allein in Deutschland sind heute 44 Millionen private Pkw zugelassen. Im Sinne der Gleichberechtigung sollte jeder Mensch der Welt die Möglichkeit haben, ein Auto kaufen zu können. Jeder Mensch hat das Recht, sich belügen und betrügen zu lassen.

Der freie „König Kunde“ zeigt sein wahres Konsumverhalten und seinen Bewusstseinszustand nicht nur auf Deutschlands Autobahnen und Straßen. Die werden für ihn immer weiter ausgebaut. Ein Kilometer vierspurige Autobahn kostet acht Millionen, ein Kilometer Nordseedeich-Erhöhung zwei Millionen Euro. Es wird sogar darüber nachgedacht, Lkw-Spuren zu elektrifizieren, damit Lastwagenkolonnen noch dichter fahren und Treibstoff sparen können. Nur gibt es das schon alles auf Schienen. Diese Art von Transportsystem wird im Ausbau vernachlässigt, obwohl die Kohlendioxidbilanz im Güterverkehr nur ein Viertel von Lkw-Transporten beträgt.

Schikanen wie Tempolimits und Nachtfahrverbote für Güterzüge sind in Diskussion. All das ist ähnlicher Unsinn wie darauf zu warten, bis Gesetzgeber „unschädliche“ Grenzwerte für Schadstoffe festlegen oder Wirtschaftskriminelle „effektive“ Verkehrssysteme planen. Es ist absurd zu glauben, dass Autohersteller ökologisch vernünftige Fahrzeuge bauen. Es ist sinnlos, darauf zu warten, bis staatlich subventionierte Kohlestromer mit einer „Energiewende“ beginnen.

Es ist sehr schwer, ein verantwortungsvolles Umweltbewusstsein oder Konsumverhalten zu entwickeln, in einer kritiklosen Leistungsgesellschaft, die nur Wirtschaftswachstum propagiert und Wegwerfmentalität fördert. Welche Konsequenzen daraus gezogen werden, bleibt immer eine persönliche Entscheidung, abhängig vom Bewusstseinszustand jedes einzelnen Menschen. Ihre Kaufentscheidungen treffen Sie selbst. Ob es um Autos, Urlaub, Lebensmittel oder Klimakiller geht, ist im Prinzip egal. Wir alle sind nicht nur an Kohlendioxid Emission beteiligt.

Helmut Minkus (parteilos)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz