SPIEGEL ONLINE - 29. Oktober 2005, 11:10
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VW-Affäre
 
Huren belasten Hartz

In der Affäre um Betriebsratslustreisen gerät der vormalige VW-Personalchef Peter Hartz weiter unter Druck. Zwei Prostituierte haben Vorwürfe gegen den Ex-Manager bestätigt.

Hamburg - Die Huren aus Hannover haben nach SPIEGEL-Informationen in der vergangenen Woche gegenüber der Staatsanwaltschaft Braunschweig Angaben des Ex-VW-Managers Klaus-Joachim Gebauer bestätigt. Der 61-Jährige hatte ausgesagt, er habe eine der Frauen für Treffen mit dem früheren VW-Personalvorstand Peter Hartz in einer Braunschweiger Wohnung engagiert, die er auf VW-Kosten als Liebesnest umgebaut habe.

Die andere Prostituierte habe an einem Urlaub mit dem Ex-Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert nach Fehmarn teilgenommen. Der Anwalt einer der Frauen bestätigt: "Meine Mandantin hat Hartz belastet." Die Aussagen waren zustande gekommen, nachdem die Steuerfahndung auf Strafverfahren gegen die Frauen verzichtet hatte. Hartz und Volkert äußerten sich nicht zu den Vorwürfen.

Dubiose Sex-Party

In einem anderen Punkt ist Gebauers Aussage möglicherweise unzutreffend. Er hatte von einer Sex-Party in Hannover im Rahmen eines Betriebsrätetreffens berichtet, an der unter anderem Volkert und die Betriebsräte und heutigen SPD-Politiker Hans-Jürgen Uhl und Günter Lenz teilgenommen hätten, was beide bestreiten. Die Feier mit mehreren Prostituierten habe 30.000 Mark gekostet und sei von VW bezahlt worden.

Anhand seiner Kontenbelege rekonstruierte Gebauer, dass die Feier am 18. Oktober 2000 stattgefunden habe. Das Datum kann aber offensichtlich nicht stimmen, weil es zu diesem Zeitpunkt kein solches Betriebsrätetreffen in Hannover gab. Die Ermittler prüfen nun andere Daten. Infrage käme ein Treffen im November 1999 - dann allerdings wären die Untreuevorwürfe bereits verjährt.

Mögliche Schadenersatzforderung gegen Hartz

Der Volkswagen-Konzern prüft laut einem Bericht das Magazins "Focus" Schadenersatz-Ansprüche gegen Hartz. Demnach sollen ihm Forderungen in sechsstelliger Höhe drohen. VW-Chef Bernd Pischetsrieder hat entschieden, gegen sämtliche Beschuldigten der Affäre Schadenersatzansprüche zu prüfen und veruntreute Gelder auch vor Gericht einzuklagen. Damit wolle Pischetsrieder seinen Aufklärungswillen demonstrieren und möglichen Klagen von Aktionären vorbeugen.

Mitarbeiter der VW-Revision listeten derzeit Fälle auf, in denen der zurückgetretene Topmanager möglicherweise Firmengelder veruntreut habe. Dabei gehe es um Reisen und Bordellbesuche sowie um eine Wohnung in Braunschweig, die auf VW-Kosten renoviert worden sei und als Liebesnest gedient haben soll. Ein VW-Sprecher war zunächst nicht zu erreichen.
 


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