587. Bremer Montagsdemo
am 26. 09. 2016  I◄◄  ►►I

 

An jene, die schweigen

Ich kann nicht viel in diesem Land,
Ich bin nicht reich, bin Immigrant.
Ich hab keinen Garten und wohne zur Miete,
Doch die Wahrheit zu sagen, kann mir keiner verbieten.

Ich leb hier im Land, es nennt sich christlich,
Doch wächst hier die Armut und wächst der Nazismus,
Das Geld wird gespart am Leiden der Kranken,
Die Alten betrogen, gehetzt werden die Armen.

Sie nennen sich christlich, die da oben regieren,
Die Arme bekämpfen und den Krieg finanzieren.
Weil die Mehrheit hier schweigt, unterstützt sie Verbreitung
Von Lügen und Kriegen, und es geht immer weiter!

Sie nennen sich christlich, die Fremdenhass verbreiten,
Doch nicht Muslime sind schuldig, sondern Christen, die schweigen.
„Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“, wurde oft gesagt,
Aber Menschen, die schweigen, haben wieder versagt.

Valentina Schneider

 

Für ein anderes Weltsystem

Letzten Montag gab es nachts einen Brandanschlag auf eine noch unbewohnte Flüchtlingsunterkunft in Bremen-Huchting – und am nächsten Tag gleich Demonstration mit mehr als 500 Teilnehmern. Wer die Brandstifter waren, wissen wir nicht, aber es ist mehr als wahrscheinlich, dass es eine Tat von rassistischen, faschistischen Tätern war. Wer die geistigen Brandstifter sind, kann man dagegen schon namentlich sagen: Die sitzen nicht nur in München, sondern auch in Berlin.

Wolfgang LangeAm Wochenende wurde bei einer Konferenz der EU-Re­gie­rungs­chefs in Wien die Schließung der „Bal­kan­rou­te“ bekräftigt. EU-Ratspräsident Tusk sagt: „Sie bleibt für immer geschlossen“. Merkel war natürlich auch dabei, sogar als treibende Kraft. Die neue Flüchtlingskatastrophe ist eine unmittelbare Folge der Schließung der „Balkanroute“: Mindestens 115 Menschen sind im Mittelmeer vor Ägypten ertrunken. Wahrscheinlich ist die Zahl der Opfer noch viel größer, denn es waren mehr als 500 Menschen an Bord, nur 160 wurden gerettet.

Gleichzeitig wurde beschlossen, die EU-Einsatztruppe „Frontex“ weiter aufzustocken, als „Privatarmee“ gegen Flüchtlinge, die keinem Menschen in Seenot hilft, sondern nur den Auftrag hat, ihn mit allen Mitteln am Betreten Europas zu hindern. Jeder „normalen“ Armee würde dafür sofort die Brechung der Genfer Menschenrechtskonvention vorgeworfen werden, nicht so dieser „Privatarmee“.

Wegen Krieg und Faschismus, Landraub und Umweltzerstörung wird es weltweit immer noch mehr Flüchtlinge geben. Derzeit sind es schon 65 Millionen. Wir brauchen ein anderes Weltsystem, wo die Menschen nicht mehr gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, wo in Einklang mit der Natur gelebt und gearbeitet wird und nicht alles dem Profit untergeordnet ist. Ein wichtiger Schritt dazu ist, dass sich die Ausgebeuteten und Unterdrückten zusammenschließen.

In Gelsenkirchen fand diese Woche eine regionale Montagsdemonstration mit Delegationen aus mehreren Städten des Ruhrgebiets und mit Flüchtlingen statt. Ihr Protest gegen die Wohnsitzauflage in einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Bayern zeigt erste Erfolge: In Niedersachsen wurde der Zwang aufgehoben, dort zu leben, wo es den Behörden gefällt, etwa auf dem Land, wo es keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, oder etwa in der Nähe bekannter Neofaschisten.

Diesen Samstag fahren wir zur Herbstdemo gegen die Regierung nach Berlin. Wer übernachten will, soll uns das sagen. Es besteht auch die Möglichkeit, sich für eine Stadtrundfahrt anzumelden, zu Kultur, Revolution, Arbeiterbewegung, Faschismus und Widerstand in Berlin. Sie beginnt am Sonntag um 10 Uhr am Brandenburger Tor und dauert bis 13 Uhr.

Am Sonntag findet in Berlin außerdem der Wahlkongress der „Internationalen Liste/MLPD“ statt. Sie ist Teil eines neuen Bündnisses fortschrittlicher, antifaschistischer, klassenkämpferischer, internationalistischer und revolutionärer Kräfte. Die Linken sind noch zu zersplittert, aber dieses Bündnis soll und wird daran etwas ändern!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Jung und Alt, Werktätige und Arbeitslose gemeinsam mit den Rentnern: Kommt zur 13. bundesweiten Herbstdemonstration gegen die Regierung am Samstag, dem 1. Oktober 2016, nach Berlin! Beginn ist dort um 12 Uhr auf dem Rosa-Luxemburg-Platz. Wir treffen uns um 6:30 Uhr am Eingang vom Bremer Hauptbahnhof. Der Zug fährt um 6.46 Uhr.

 

Sollen wir uns künftig mit dem Rollator zur Arbeit schleppen?

Harald BraunDie Bundesbank forderte vor Kurzem die Rente mit 69, andere „Experten“ wollen uns sogar bis 73 arbeiten lassen. Warum dann nicht gleich die Rente erst ab 99? Damit garantiert niemand mehr etwas davon hat! Das würde dem internationalen Finanzkapital mit seiner unersättlichen Profitgier so passen. Dazu wird uns ständig die Lüge aufgetischt, es gebe eine „erdrückende Bevölkerungspyramide“, weil zu wenige junge Menschen für die Rente vieler Älterer aufkommen müssten. So sollen Jung und Alt gegeneinander ausgespielt werden.

Die Wirklichkeit ist aber, dass sich die Arbeitsproduktivität der Beschäftigten in der Industrie in den letzten 25 Jahren verdreifacht hat. Schon längst könnte damit das Rentenalter gesenkt und ein menschenwürdiges Leben im Alter finanziert werden. Ein Arbeiter bei Opel produziert zum Beispiel einen Umsatz von 1,2 Millionen Euro im Jahr. Davon könnten 83 Rentner ein Jahr lang mit einer Rente von monatlich 1.200 Euro leben.

Aber der gesellschaftliche Reichtum kommt nicht der Bevölkerung zugute, sondern wird von einer kleinen Kapitalistenschicht privat angeeignet. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander, und die Altersarmut steigt beständig an. 2014 sank die Durchschnittsrente weiter: Im Westen betrug sie bei den Frauen 485, bei den Männern 980 Euro. Im Osten lag die Durchschnittsrente der Frauen bei 838, jene der Männer bei 915 Euro.

Durch die langfristige Absenkung des Rentenniveaus soll sie bis 2030 nur noch 43 Prozent des Nettolohns ausmachen. Diese „volle“ Rente bekommt allerdings nur, wer 45 Jahre Rentenbeiträge eingezahlt hat. Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metall, erteilt den Plänen eine klare Absage: „Bekanntlich führt die Anhebung der Regelaltersgrenze nicht zu einem längeren Verbleib in den Betrieben, sondern zu drastischen Rentenkürzungen.“

Bereits heute ist jede(r) Vierte zwischen 60 und 64 Jahren in Frühverrentung oder im Vorruhestand, weil die Steigerung der Arbeitshetze und der psychischen Belastung gesundheitlich nicht mehr auszuhalten war. Die Rentenkürzungen zwingen heute schon fast eine Million Menschen, nach Rentenbeginn weiter zu arbeiten, weil die Rente „hinten und vorne“ nicht reicht.

Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will Ältere möglichst lange im Erwerbsleben halten. Dazu hat sie einen Entwurf für eine „Flexi-Rente“ vorgelegt, die Beschäftigte zum Arbeiten bis zur Regelaltersgrenze „motivieren“, besser: unter Druck setzen soll. Sieht so die von SPD-Chef Sigmar Gabriel verkündete Orientierung der Sozialdemokraten auf „mehr soziale Gerechtigkeit“ aus?

Wir erinnern uns an viele weitere sozialpolitische „Wohltaten“ der SPD, von Hartz IV über die Ausdehnung der Leiharbeit bis zur Ausweitung des Niedriglohnsektors. Die bundesweite Montagsdemo sollte nicht nur den Widerstand gegen die geplante Erhöhung des Rentenalters fördern, sondern sich für eine Senkung des Renteneintrittsalters und die Schaffung einer staatlichen Mindestrente über dem Existenzminimum einsetzen!

Es ist ein großer gesellschaftlicher Fortschritt, dass die Menschen heute länger leben. Die Rentner(innen) sind keine lästige Plage, die man durchfüttern und notgedrungen versorgen muss. Sie bringen eine enorme Leistung in der Gesellschaft, zum Beispiel in den Familien bei der Betreuung der Enkelkinder oder der Pflege kranker Partner(innen), in der ehrenamtlichen Tätigkeit in Vereinen und Kultureinrichtungen oder als freiwillige Flüchtlingshelfer.

Die Anerkennung dieser Leistungen und ein reichhaltiges, menschenwürdiges Leben wird es für die breite Masse der älteren Menschen erst geben, wenn in einer befreiten Gesellschaft die Ausbeutung von Mensch und Natur beseitigt ist!

Harald Braun

 

Arbeitslos 5.0: Nahles, zahl deine Essensmarken zurück!

Am Freitag, dem 2. September 2016, gab Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles über die „Bild“ bekannt, dass „Arbeitslose“, also Leute, die unbezahlt arbeiten, ihren „selbstverschuldeten“ Bezug von Arbeitslosengeld II bis zu drei Jahre zurückzahlen sollen, samt dem Wert von Essensgutscheinen! Sie nannte das „sozialwidrigen Bezug“ („Spiegel“, „Tageszeitung“, Blog von Stefan Sell).

Wie kann mensch eine „Hilfsbedürftigkeit selbst herbeigeführt oder verschärft“ haben? Indem man ein Gauner und Betrüger ist und es besonders auf den Regelsatz von 400 Euro abgesehen hat! Mit dieser rechtspopulistischen Propagandaaktion sollen Arme und Wettkampfverlierer nur weiter abgeschreckt werden, von ihren Rechten Gebrauch zu machen, und die Solidarität soll aufgekündigt werden.

Lohnarbeit ist abstraktes Leisten für Geld auf kurzfristigen Märkten. Denen, die dabei keine Bezahlung finden, dafür moralische Vorwürfe zu machen, ist Ideologie von vorgestern. Gleichzeitig möchten diese Leute wie Markus Söder, CSU, nicht etwa die Steuermilliarden von Konzernen wie Apple zurück, sondern von den Einkommenslosen Geld einsammeln. Her mit den Apple-Milliarden – Nahles, zahl deine Essensmarken zurück!

In den Ämtern des Landes Bremen dagegen herrschen Kürzungen und Warteschlangen. Im „Jobcenter Ost II“ (Vahr, Kurfürstenallee 130) sind geregelte Geldüberweisungen Glücksache, ist aus der Wohnung zu fliegen ein echtes Risiko, sind richtige Übersetzungen dringend nötig. Täglich gibt es dort lange Schlangen. Nach Erhalt von 50 Euro muss man wiederkommen.

Wenn die Ämter funktionieren, dann als Vermittlung in Niedriglöhne – in den mit Hartz IV und der Leiharbeit geschaffenen Niedriglohnsektor. Das ist staatlich produziertes Elend, Schikane und Erpressung. Schluss mit den Hartz-IV-Sanktionen, Schluss mit der rechtspopulistischen Hetze! Gemeinsam gegen die Ausbeutung: Keine neuen Leiharbeitstarifverträge! Keine Einschränkung der Gewerkschaftsfreiheit!

Ministerin Nahles tourt mit dem Programm „Arbeiten 4.0“ durch die Städte. Es erinnert etwas an die Slogans von der „Wissensgesellschaft“. Sie hielten ein paar Verschlechterungen bereit. An der Uni Bremen müht man sich bereits, den Begriff „Exzellenz“ wieder aufzupumpen. Was bringt die damit propagierte Innovationsoffensive mit Robotik: Mehr Selektion, mehr Stress? Mehr Subventionen! Freut euch also auf mehr Markt, mehr Konkurrenz, mehr Hektik, mehr Staat, weniger Leben. Das sollten auch Sie am 3. Oktober feiern! – V.i.s.d.P.: VUPs, very unimportant persons.

Flugblatt von Bernd Krause anlässlich des Besuchs von Andrea Nahles
 
Lürssen übernimmt Blohm & Voss: Bremer Waffen, Bremer Geld
morden mit in aller Welt („Spiegel-Online“)

 

Änderungen an Ceta
sind Wunschdenken

Ceta wird angepriesen. Gleichzeitig bezichtigt die Verhandlungsführerin der EU die Ceta-Gegner der Lüge. Sie versteht das mangelnde Vertrauen der Menschen nicht. Komisch: Wer Konzerne einlädt und deren Vorstellungen umsetzt, ohne Verbraucherschützer und andere an den Verhandlungstisch zu laden oder auch nur zu fragen oder wenigstens zu informieren, wundert sich über Misstrauen und Abneigung? Trotzdem wird weiter gelogen beziehungsweise getrickst.

Hans-Dieter BinderWenn Ceta umgesetzt werde, erhalte jeder EU Bürger zusätzliches Einkommen im Wert eines Kleinwagens – hört sich gut an, aber jetzt kommt der Pferdefuß – im Durchschnitt. Das wird bestens beschrieben im ARD-Film der „Land der Lügen“. Auch diese Äußerung ist ein weiterer Abbau von Vertrauen. Das Mehreinkommen wurde auf 500 Euro für eine vierköpfige Familie errechnet. Diese Hochrechnung beruht auf positiven Annahmen und wurde auf Nachfrage ergänzt: Es geht um magere 500 Euro in zehn Jahren!

Bleiben wir bei dem Kleinwagen und gehen davon aus, dass beide Zahlen stimmen, so beträgt der Mehrgewinn für wenige – Kleinwagen minus 125 Euro multipliziert mit der Anzahl der EU-Bürger – einen unvorstellbaren Vermögenszuwachs. Im August 2016 waren saison- und kalenderbereinigt rund 43,54 Millionen Erwerbstätige mit Wohnsitz in Deutschland registriert. Wenn also nur die Erwerbsfähigen berücksichtigt werden, 43.540.000 Menschen, und wenn ein Auto der Mittelklasse im unteren Bereich für 20.000 Euro angenommen wird 870,8 Milliarden Euro. Damit wäre das Motiv für Lug und Trug geklärt!

Zu Ceta sagte der frisch gewählte Regierungschef Kanadas: „Wir werden uns noch bewegen. Die Sonderregelungen für Investoren werden wir nicht brauchen.“ Was ist daraus geworden? Die Sonderregelungen der Investoren sind im Kern erhalten geblieben. Ein Sondergericht mit besonderen Regeln muss als Feigenblatt herhalten. Damit ist die Demokratie nicht zu bewahren! Warum nur, gnädige Frau, haben Sie nicht die Gunst der Stunde genutzt? Dazu sollten Sie mal etwas sagen! Jetzt bleibt scheinbar nur die Ablehnung insgesamt.

Herr Gabriel hat seinen Delegierten Klarstellungen und Änderungen ver­spro­chen. Diese Versprechen sind beim weiteren Ablauf von Ceta jedoch nicht einzuhalten. Dies war bereits während des Parteikonvents in Wolfsburg klar. Wenn Herr Gabriel kein Ass im Ärmel hat: Wie geht eine belogene Partei mit ihrem Kandidaten um? Weder das EU-Parlament noch Bundestag und Bundesrat können Ceta ändern. Es ist nur Ablehnung oder Zustimmung möglich. Änderungen sind hier Wunschdenken! Wenn Ceta mit diesen Sonderrechten für Investoren durchgeht, bedeutet dies den Abschied von unserem Demokratieverständnis.

Weitere Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Suchmaschine auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren! Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und Erfahrung! Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“, „so:leb – Sozialer Lebensbund“)
 
Niemand sonst will es machen: Jens Böhrnsen
wird neuer Bundespräsident („Spiegel-Online“)
 

 
Böhmermann freigesprochen: „Dass mit einem Kunstwerk eine
bestimmte Meinung zum Ausdruck gebracht wird, nimmt ihm nicht die
Eigenschaft als Kunstwerk(„Spiegel-Online“)
 
Herbstdemonstration 2016 in Berlin
 
Herbstdemonstration 2016 in Berlin
Herbstdemonstration gegen die Regierung am 1. Oktober 2016 in Berlin
 
Die nächste Bremer Montagsdemo findet wegen des Tages der Deutschen Einheit erst am 10. Oktober 2016 wieder ab 17:30 Uhr auf dem Marktplatz statt.
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz