SPIEGEL ONLINE - 10. Oktober 2005, 13:17
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Sozialdemokraten
 
"Blankes Entsetzen in SPD-Fraktion"

In der SPD-Fraktion regt sich Unmut über die Vereinbarungen ihrer Verhandlungsführer Schröder und Müntefering mit den Spitzen der Union. Der Parteirechte Kahrs spricht von "blankem Entsetzen", nennt das Ergebnis "suboptimal" und kündigte an: "Die Sache ist noch nicht durch."

Berlin - "Die CDU mit Wirtschaft und wir mit Arbeit, das ist die Totalblockade", sagte der Sprecher des rechten Seeheimer Kreises der SPD, Johannes Kahrs, SPIEGEL ONLINE. In der Fraktion herrsche "blankes Entsetzen" über die Vereinbarungen zwischen SPD-Chef Franz Müntefering und Kanzler Gerhard Schröder mit CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber.

Kahrs, der noch am Morgen angekündigt hatte, Merkel nicht zur Kanzlerin wählen zu wollen, bezeichnete sowohl die Entscheidung für Merkel als auch die Ressortaufteilung als "suboptimal". Die SPD sei "nur noch zuständig für die Probleme der Republik, die Union für die Zukunft." Der Hamburger Bundestagsabgeordnete kündigte Widerstand in der Fraktion an: "Die Sache ist noch nicht durch. Das wird uns noch sehr lange beschäftigen."

Ähnlich äußerte sich auch SPD-Bundesvorstandsmitglied Harald Schartau: Das Verhandlungsergebnis löse bei den Sozialdemokraten "keine Freudenstürme" aus, sagte er bei Verlassen der Sitzung des Parteivorstands.

Für die im "Netzwerk Berlin" zusammengeschlossenen jüngeren SPD-Abgeordneten ist die Zustimmung zu der Vereinbarung noch fraglich. "Die Große Koalition kann nur dann ein Erfolg für unser Land werden, wenn die SPD maßgeblich die Zukunftsfelder Wirtschaft, Technologie, Bildung und Familie mitprägt", teilte die Gruppe um Siegmar Gabriel, Ute Vogt, Kurt Bodewig und Hans-Martin Bury heute in Berlin mit. Die Union habe in diesen Themen bisher "keine Kompetenz gezeigt". Insofern kritisieren die Gruppe "die nun bekannt gewordene Ressortaufteilung". Das Netzwerk fordert, "dass in diesen Politikfeldern die sozialdemokratische Handschrift in der Koalitionsvereinbarung erkennbar wird und die SPD jetzt den Mut zur personellen Erneuerung hat". Davon mache das Netzwerk seine "Zustimmung abhängig".

Dieses erste Ergebnis zeige auch, "dass ein notwendiger Generationswechsel an die jetzt unter 60-jährigen in der SPD keine Personenfrage, sondern eine Frage der politischen Inhalte ist. Wir fordern deshalb nicht nur eine Erneuerung in Partei, Fraktion und Regierung, sondern auch die Einbindung der Jüngeren in die kommenden Koalitionsverhandlungen."

Auch Vertreter der SPD-Linken äußerten sich skeptisch, hoben aber die positiven Seiten der Vereinbarung mit der Union hervor. "Es wäre besser gewesen, wenn die SPD eines der gesellschaftspolitischen Schlüsselressorts, also Bildung oder Familie, bekommen hätte", sagte der Vorsitzende der traditionell linken Jusos, Björn Böhning, der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich halte aber auch Arbeit und Soziales für Gestaltungsressorts."

Der Sprecher der Parlamentarischen Linken, SPD-Fraktionsvize Michael Müller, kündigte gegenüber der "Westdeutschen Zeitung" an, Merkel im Bundestag zur Bundeskanzlerin mitzuwählen, wenn der SPD-Bundesparteitag Mitte November einen entsprechenden Beschluss treffe. "Ich werde eine solche Entscheidung mittragen", sagte er. Er spreche da für viele, die Merkel ursprünglich nicht mitwählen wollten. Es sei traurig, dass Gerhard Schröder nicht mehr dem neuen Kabinett angehören werde, aber der bisherige Kanzler stehe "nicht mehr zur Verfügung", sagte Müller.
 


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SPIEGEL ONLINE - 10. Oktober 2005, 20:10
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Minutenprotokoll
 
Der Tag der Entscheidung

Wer wird was in einer neuen Regierung? Die K-Frage ist bereits geklärt: CDU-Chefin Merkel soll Kanzlerin einer Großen Koalition werden. SPIEGEL ONLINE dokumentiert ein Nachrichtenprotokoll der Ereignisse in Berlin.

+++ Müntefering bestätigt Schröders Rückzugsabsicht +++

[19.33] SPD-Chef Franz Müntefering hat bestätigt, dass der amtierende Bundeskanzler Gerhard Schröder heute im SPD-Vorstand seinen Rückzug aus dem Kabinett angedeutet hat. In der Fernsehsendung "RTL Aktuell" bejahte Müntefering die Frage, ob Schröder gesagt habe, sein Lebensweg sehe anders aus: "Er hat es so gesagt, ja." Der SPD-Vorsitzende betonte, Schröder sei "offensichtlich bemüht" gewesen, eine weitergehende Diskussion zu vermeiden. Es sei dann "auch sehr still gewesen", fügte Müntefering hinzu. Dennoch würden sich "natürlich alle von uns sehr freuen, wenn Gerhard Schröder weiter mit dabei ist, und in der Verhandlungsgruppe ist er dabei".

+++ Müntefering: An Job-Gipfel anknüpfen +++

[19:11] SPD und Union können bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen nach Ansicht von SPD-Chef Franz Müntefering an die gemeinsamen Beschlüsse des Job-Gipfels vom Frühjahr anknüpfen. "Alles, was dort vereinbart worden ist, was der Kanzler vorgetragen hat, das kann auch Gegenstand werden", sagte Müntefering im Sender N24 mit Blick auf das Spitzentreffen. Es gehe um die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland, aber auch um eine bessere Bildung, Forschung und Entwicklung, fügte Müntefering hinzu.

+++ Weiss bleibt nicht im Amt +++

[19.05] Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) bleibt nicht im Amt. "Wenn die CDU die Kanzlerin stellt, wird mein Amt auch von ihr besetzt, und das heißt, dass dann nach der allerdings wunderbaren Zeit mit Gerhard Schröder die Arbeit in dieser Position auch für mich ein Ende hat", sagte Weiss der dpa, die vor drei Jahren von Schröder berufen wurde. "Die Frage des Weitermachens kann so nicht mehr an mich gestellt werden, weil ich 15 Jahre eindeutig für die SPD gearbeitet habe", betonte die frühere Hamburger Kultursenatorin. "Auch hätte ich nicht unter unveränderten Bedingungen weitergemacht, zum Beispiel ohne Ressorterweiterung durch die auswärtige Kulturpolitik oder die Bildung eines eigenen Bundeskulturministeriums."

+++ Britischer Premierminister Blair gratuliert Merkel +++

[18:57] In einem 15-minütigen Telefonat hat der britische Premierminister Tony Blair Angela Merkel zu ihrer künftigen Kanzlerschaft gratuliert. Ein Sprecher des Premierministers sagte, Blair habe Merkel gesagt, dass er sich auf eine Zusammenarbeit mir ihr freue.

+++ Schröder bald Berater des russischen Gaskonzerns Gasprom? +++

[18:48] Wie der Radiosender "Echo Moskwy" berichtete, könnte der vom russischen Staat kontrollierte Gaskonzern Gasprom Gerhard Schröder bald ein Angebot als Berater machen. Über den Beraterposten sei angeblich auch während Schröders Kurzbesuch bei Präsident Wladimir Putin am vergangenen Freitag gesprochen worden. Gasprom äußerte sich nicht zu den Gerüchten. Der Berliner Regierungssprecher Béla Anda bezeichnete die Behauptung am Montag als "haltlos". Der Wahrheitsgehalt der Rundfunkmeldung sei "gleich null".

+++ SPD-Linke gibt Kampf gegen Merkel auf - Fraktionsvize Müller glaubt an Schröders Rückzug +++

[18:42] Der Widerstand innerhalb der SPD-Linken gegen eine Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sinkt. Der Sprecher der Parlamentarischen Linken, SPD-Fraktionsvize Michael Müller, kündigte in der "Westdeutschen Zeitung" an, Merkel im Bundestag zur Kanzlerin zu wählen, wenn der SPD-Bundesparteitag Mitte November einen entsprechenden Beschluss treffe. Er spreche für viele Sozialdemokraten, die Merkel ursprünglich nicht mitwählen wollten. Es sei traurig, dass Gerhard Schröder (SPD) nicht mehr dem neuen Kabinett angehören werde, aber der bisherige Kanzler stehe "nicht mehr zur Verfügung", sagte Müller.

+++ Gewerkschaftsbund sieht in Großer Koalition eine Chance +++

[18:23] Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Michael Sommer, sieht die Einflussmöglichkeiten der Gewerkschaften in einer Großen Koalition steigen. Die Bundestagswahl habe gezeigt, dass neokonservative Politik nicht mehrheitsfähig sei in Deutschland, sagte Sommer der "Süddeutschen Zeitung". Eine Große Koalition könne nur erfolgreich sein, wenn sie die soziale Balance wahre und keine "platte Politik zu Lasten der kleinen Leute" mache. "Ich registriere außerdem überall das Bemühen um einen großen Schulterschluss in der Gesellschaft mit den Gewerkschaften", sagte der DGB-Chef.

+++ Deutsche Wirtschaft mahnt, lobt und kritisiert +++

[18:14] Bei den Wirtschaftsverbänden ist die Einigung von SPD und Union, eine Große Koalition unter Führung von Angela Merkel zu bilden, auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der Außenhandelsverband BGA mahnte am Montag in Berlin an, die künftige Regierung müsse "ihrer Verantwortung gerecht werden und unpopuläre, aber notwendige und wirksame Maßnahmen mit ihrer breiten Mehrheit durchsetzen".

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) begrüßte die Einigung: "Es ist ein gutes Signal, dass heute die Weichen für eine Große Koalition gestellt wurden", sagte der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Die Koalitionsvereinbarung dürfe aber auf keinen Fall ein Papier des kleinsten gemeinsamen Nenners werden, denn der Reformbedarf in Deutschland werde nicht kleiner. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte, dass CSU-Chef Edmund Stoiber einer Großen Koalition als Wirtschaftsminister angehören wird. Stoiber habe als Ministerpräsident in Bayern die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt.

Der Mittelstandsverband BVMW äußerte Zweifel, dass eine Große Koalition angesichts der programmatischen Unterschiede zwischen SPD und Union die "notwendigen Reformen" insbesondere am Arbeitsmarkt und in der Steuerpolitik in Gang setzen werde. "Daher lässt die geplante Aufteilung der Ressorts Wirtschaft und Arbeit unter den Koalitionsparteien wenig Hoffnung auf eine einheitliche Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung", erklärte der BVMW.

+++ Gratulation aus Frankreich +++

[18:07] Die Einigung von Union und SPD auf Koalitionsverhandlungen ist in Frankreich begrüßt worden. Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy erklärte, er sei froh, dass die Periode der Unsicherheit in Deutschland jetzt zu Ende gehe. "Frankreich ist Deutschlands engster Partner", sagte der Minister im Radio France-Inter. "Wir haben eine Menge Arbeit gemeinsam zu erledigen." Zuvor hatte bereits die französische Regierungspartei UMP Merkel gratuliert und von einer "guten Nachricht für Deutschland und für Europa" gesprochen. Die UMP freue sich, dass in Deutschland die Partei der Reform triumphiert habe, erklärte Parteisprecherin Valerie Pecresse. Merkel habe ihre Qualitäten in den langen Verhandlungen schon gezeigt.

+++ Polnischer Präsidentschaftskandidat hofft auf mehr Verständnis +++

[18:04] Donald Tusk, polnischer Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO), freut sich auf die Zusammenarbeit mit Angela Merkel als möglicher Bundeskanzlerin. Merkel verstehe polnische Belange besser als Gerhard Schröder, sagte der Vorsitzende der polnischen Schwesterpartei der CDU.

+++ Mbeki begrüßt Merkels Erfolg als "Wendepunkt" +++

[17.40] Der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki hat die Einigung auf Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin als einen "Wendepunkt" in der deutschen Geschichte bezeichnet. Diese unterstreiche Deutschlands Willen, der internationalen Staatengemeinschaft bei Geschlechterfragen und Frauenrechten ein gutes Beispiel zu geben, betonte Mbeki in einem offiziellen Glückwunschschreiben. Deutschlands kontinuierliches Bemühen um eine Neustrukturierung internationaler Foren wie der Uno sei für Afrika von höchstem Interesse. "Südafrika wünscht Deutschland für seine Konsolidierungsbemühungen zum afrikanischen und internationalen Nutzen Glück", hieß es in dem Brief.

+++ Konservative SPD-Abgeordnete wollen Schröder als Vizekanzler +++

[17.16] Nach der Einigung von CDU/CSU und SPD auf Verhandlungen für eine Große Koalition hat der rechte SPD-Flügel Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) aufgefordert, ein Ministeramt zu übernehmen. "Wir Seeheimer bitten und fordern ihn auf, Vizekanzler und Außenminister zu werden", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, der Rundfunkagentur Rufa. "Wir brauchen einen Reformmotor in dieser Koalition und können auf ihn nicht verzichten." Sollte sich Schröder anders entscheiden, sei er als Parteivorsitzender denkbar.

+++ Merkel setzt weiter auf höhere Mehrwertsteuer +++

[17.04] Die Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Entlastung der Lohnnebenkosten steht nach Angaben der wahrscheinlichen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter auf der Tagesordnung. "Da ist nichts vom Tisch genommen", sagte Merkel dem Fernsehsender RTL. Dagegen werde es eine Besteuerung von Sonn- und Feiertagszuschlägen nicht geben. "Da haben wir deutlich gemacht, dass wir das nicht weiterverfolgen im Zusammenhang mit einer Einkommensteuerreform. Wir hätten das mit den Sozialdemokraten nicht durchsetzen können."

+++ Schäuble sieht Personalfragen gelassen +++

[16.51] Bei der Besetzung des künftigen Innenministeriums durch die Union ist noch keine Entscheidung gefallen. Der als Favorit gehandelte bisherige Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, die Personalfragen seien nicht die wichtigsten Dinge. "Es raubt mir nicht den Schlaf, was ich werde", sagte er dem Fernsehsender N24. Wichtiger seien die Probleme des Landes. Zudem habe die Union mehrere gute Kandidaten für das Amt des Innenministers. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sei ein "ausgewiesen guter und starker" Politiker.

+++ Bosbach deutet Kompromissbereischaft bei Mehrwertsteuer an +++

[16.24] Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU- Fraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), hat angedeutet, dass die Union in den anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD nicht auf der beabsichtigten Mehrwertsteuer-Erhöhung bestehen wird. "Wir wollten nicht den oberen Mehrwertsteuersatz erhöhen um der Erhöhung willen, sondern zur Senkung der viel zu hohen Lohnzusatzkosten um mindestens zwei Punkte", sagte Bosbach dem Nachrichtensender N24. "Wenn wir dieses Ziel auf anderem Weg erreichen, dann ist es ja gut."

+++ Stoiber: Noch keine Entscheidung über Seehofer +++

[16.21]Über die politische Zukunft von CSU-Vize Horst Seehofer ist Angaben von Parteichef Edmund Stoiber zufolge noch keine Entscheidung gefallen. Die Information, Seehofer werde in einer Großen Koalition Minister für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, sei falsch, sagte Stoiber in München. Bis auf die Entscheidung über Angela Merkel (CDU) als Kanzlerin und ihn selbst als Wirtschaftsminister würden alle Personalfragen erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen entschieden.

+++ Stoiber sieht Wirtschaftsministerium als große Chance +++

[15.58] Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sieht das künftig von ihm geführte Ministerium für Wirtschaft und Technologie als "große Chance für die Gestaltung eines wirtschaftlichen Aufschwungs". Erstmals seit fast 40 Jahren übernehme wieder ein Vertreter der Union das Ressort von Ludwig Erhard, sagte Stoiber nach der Sitzung des CSU-Vorstands in München. Er glaube, dass er aus seiner Erfahrung in Bayern einiges für eine dynamische Wirtschaftspolitik in ganz Deutschland einbringen könne.

+++ SPD-Vorstand uneinig +++

[15.30] Im SPD-Vorstand ist die Einigung der Parteispitze mit der Union auf Koalitionsverhandlungen umstritten. Es sei kontrovers über die Frage beraten worden, ob es eine Sondersitzung des Vorstandes für weitere Beratungen geben solle, sagten Teilnehmer der Sitzung. Strittig sei auch die geplante Einsetzung einer Verhandlungsgruppe für die Koalitionsverhandlungen gewesen. SPD-Chef Franz Müntefering räumte ein, im Vorstand sei der Vereinbarung mit der Union bei zwei Gegenstimmen und sieben Enthaltungen zugestimmt worden. Die Entscheidung, dass Angela Merkel Nachfolgerin von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) werden soll, sei vom Vorstand mit Respekt zur Kenntnis genommen worden.

+++ Müntefering schließt Ministeramt nicht aus +++

[15.26] SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering schließt einen Wechsel in das Bundeskabinett nicht völlig aus. Darüber werde aber erst "zu gegebener Zeit" entschieden, sagte er vor Journalisten in Berlin. Er habe aber auch immer betont, dass er gerne Partei- und Fraktionschef sei. "Mit dieser Antwort müssen Sie leben", fügte Müntefering hinzu.

+++ Linkspartei: "Nur ein Frisurenwechsel" +++

[15.14] Die Linkspartei erwartet von der ersten Bundeskanzlerin in der Bundesrepublik keine Änderung der bisherigen Politik. Mit Angela Merkel als erster ostdeutscher Frau in diesem Spitzenamt "hätte eine Zäsur in der deutschen Geschichte stehen können, wenn sie für eine Politik der Geschlechtergleichstellung und eine Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West" einträte, sagte Linkspartei-Chef Lothar Bisky. Die CDU-Chefin stehe nicht dafür. "So wird es nur ein Frisurenwechsel im Kanzleramt."

+++ Müntefering: Wir wollen stabile Regierung für vier Jahre +++

[15.06] Die SPD will nach den Worten von Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering dazu beitragen, dass es zu einer Großen Koalition und stabilen Regierung mit der Union kommt. Die künftige Regierung müsse auf vier Jahre angelegt sein und sich den Herausforderungen stellen, sagte Müntefering nach einer Sitzung des Parteivorstandes in Berlin. Personalentscheidungen zur Besetzung der SPD-Ministerien seien noch nicht getroffen worden. Zu einer möglichen Rolle von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der neuen Regierung wollte sich Müntefering nicht weiter äußern. Er werde der SPD-Kommission bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union angehören.

+++ Schröder zieht sich zurück +++

[14.47] Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat seinen Rückzug aus dem Kabinett angekündigt. Schröder habe dies im SPD-Vorstand angekündigt, verlautete aus Teilnehmerkreisen.

+++ Merkel bestätigt Ressortaufteilung +++

[14.34] CDU-Chefin Angela Merkel hat die Ressortaufteilung in einer Großen Koalition bestätigt. Demnach stellt die SPD acht, die Union sechs Ministerien. Sie wolle "für dieses Land etwas bewegen", sagte Merkel vor Journalisten. Sie sei "willens, die Chancen zu sehen". Der CDU-Vorstand habe sich einstimmig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD ausgesprochen.

+++ Clement gegen Vereinbarung der Parteispitzen +++

[14.02] Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat einem Zeitungsbericht zufolge die Vereinbarungen der Spitzen von SPD und Union zur Großen Koalition abgelehnt. Clement habe in der Präsidiumssitzung kritisiert, dass die SPD mit den Ministerien für Finanzen und Arbeit weiterhin Ressorts besetze, die in den nächsten Jahren vorwiegend schlechte Nachrichten zu verkünden hätten, berichtete das "Handelsblatt". Auf Zukunftsministerien, mit denen man sich profilieren könne, hätten die Sozialdemokraten dagegen keinen Zugriff. Clement habe im Präsidium gegen die Vereinbarung gestimmt, die SPD-Linke Andrea Nahles habe sich der Stimme enthalten.

+++ Koalitionsverhandlungen ab Montag +++

[13.54] Die offiziellen Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD werden am Montag kommender Woche beginnen und sollen am 12. November abgeschlossen sein. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Unionskreisen. Der CDU-Bundesvorstand hatte zuvor einstimmig der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Am 14. November soll dann ein Sonderparteitag der CDU in Berlin das Verhandlungsergebnis debattieren.

+++ Schröders politische Zukunft offen +++

[13.51] Die politische Zukunft von Bundeskanzler Gerhard Schröder ist zunächst offen geblieben. Regierungssprecher Béla Anda wollte zu Spekulationen über einen Rückzug Schröders am Mittag nicht Stellung nehmen. "Wir werden sehen, was der Tag bringt", sagte er. Die Spitzen von Union und SPD hatten sich zuvor auf die Bildung einer Regierung unter Führung von CDU-Chefin Angela Merkel geeinigt.

+++ Schipanski: Merkel rechnet mit Schröder-Rückzug +++

[13.48] CDU-Chefin Angela Merkel rechnet Angaben aus der Union zufolge mit einem Rückzug von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). "Ihr Eindruck ist, dass er sich zurückzieht, aber sie hat keine definitive Zusage", sagte CDU-Präsidiumsmitglied Dagmar Schipanski (CDU). Schipanski forderte schnelle Entscheidungen über die endgültige Personalbesetzung einer Großen Koalition. Sie kritisierte, dass das Finanzministerium an die SPD geht. "Das ist nicht so eine helle Freude für uns."

+++ Bütikofer kritisiert "Personalgezocke" +++

[13.46] Die Grünen haben die Spitzengespräche zwischen Union und SPD heftig kritisiert. Es sei ein schlechtes Zeichen, dass Personalien schon zu Beginn die erste Priorität bei Schwarz-Rot hätten, sagte der Grünen-Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer nach Beratungen des Parteivorstandes und Parteirates in Berlin. Bei Union und SPD zählten erst Posten und dann die Positionen. Bütikofer sprach von einem "Personalgezocke".

+++ Wulff: Koalitionsgespräche bis Mitte November abgeschlossen +++

[13.44] CDU-Vize Christian Wulff rechnet damit, dass die Regierungsbildung bis Mitte November abgeschlossen ist. Jetzt sei eine schnelle Einigung bei den wichtigen inhaltlichen Fragen nötig, damit Deutschland vorankomme. "Es wird nicht das Programm von Rot- Grün sein, es wird nicht das Programm von Schwarz-Gelb sein, es wir ein Programm des Kompromisses sein", sagte der niedersächsische Ministerpräsident in Wolfsburg.

+++ FDP will Merkel nicht wählen +++

[13.36] Die FDP will der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel bei der Kanzlerwahl im Bundestag die Stimme verweigern. Der frühere Wunschpartner der Union vertrat außerdem die Auffassung, dass das Bündnis aus Union und SPD als "Kartell der Wahlverlierer" keine zwei Jahr halte. Es bestehe die Gefahr von Stillstand und dass sich Schwarz-Rot das Land zur Beute mache. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte: "Die FDP wird ihre Oppositionsrolle vom ersten Tag an wahrnehmen und sich entsprechend verhalten." Die Liberalen seien auch nicht dazu da, fehlende Stimmen aus der SPD bei der Kanzlerwahl auszugleichen.

+++ SPD und Union wollen Steuerrecht reformieren +++

[13.27] Union und SPD haben sich schon vor den Verhandlungen über eine Große Koalition auf eine Reform des Steuerrechts verständigt. Im gestrigen Spitzengespräch sei vereinbart worden, das Steuerrecht zu vereinfachen, sagte ein Teilnehmer der SPD-Vorstandssitzung. Dazu wolle man Steuervergünstigungen innerhalb der Einkommensteuer abbauen. Beide Punkte seien nach dem Gespräch zwischen der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, CSU-Chef Edmund Stoiber, SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering und Bundeskanzler Gerhard Schröder schriftlich fixiert worden. Nicht in dem Papier enthalten sei die von der Union geforderte Senkung der Einkommensteuersätze.

+++ Clement kritisiert Ressortaufteilung +++

[12.45] Der scheidende Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement hat die zwischen Union und SPD vereinbarte Teilung seines bisherigen Ressorts kritisiert. Er halte dies für falsch, sagte der SPD-Politiker. Demgegenüber meinte DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer, die Zusammenlegung habe sich nicht bewährt.

+++ EU und Nato gratulieren Merkel +++

[12.30] Der außenpolitische Vertreter der Europäischen Union, Javier Solana, hat Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel gratuliert. "Ich wünsche ihr alles Gute, ich wünsche der neuen Regierung alles Gute und ich wünsche dem deutschen Volk alles Gute", sagte Solana, nachdem die Berichte über eine Einigung bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin in Brüssel bekannt geworden waren. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer erklärte, es sei sehr bedeutsam, dass eine Frau die Führung der Bundesrepublik Deutschland übernehme. Zur Politik der künftigen Regierung wollten sich beide nicht äußern.

+++ SPD soll zwei Bundestagsvizepräsidenten stellen +++

[12.24] Die SPD soll zwei stellvertretende Bundestagspräsidenten stellen. Das sagte die amtierende Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner in Berlin und bestätigte damit indirekt, dass der Parlamentspräsident aus der Union kommen wird. Traditionell stellt die stärkste Fraktion den Parlamentspräsidenten und jede weitere Fraktion jeweils einen Stellvertreter.

+++ Mehrwertsteuererhöhung laut Union offen +++

[12.06] Die Umsetzung der Unionspläne zur Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel ist Angaben aus Unionskreisen zufolge in einer Großen Koalition noch nicht sicher. Diese Frage sei bislang noch offen, sagte ein Vertreter der Unionsspitze. Die Union hatte im Wahlprogramm vorgesehen, die Mehrwertsteuer Anfang 2006 um zwei Prozentpunkte anzuheben, um damit den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zu senken.

+++ Unions-Kreise: Schäuble wird Innenminister +++

[12.06] Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) soll neuer Innenminister in einer Großen Koalition werden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Unions-Kreisen. Schäuble war bereits von April 1989 bis November 1991 in der Unions/FDP-Regierung Chef des Innenressorts. Als zweiter CSU- Vertreter nach Parteichef Edmund Stoiber soll Horst Seehofer Minister für Verbraucherschutz und Umwelt werden.

+++ SPD-Kreise: Struck soll Außenminister werden +++

[11.59] Der bisherige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) soll Angaben aus SPD-Parteikreisen zufolge neuer Außenminister in einer Großen Koalition werden. Ob Struck damit auch automatisch Vizekanzler werden soll, sei jedoch noch offen, hieß es weiter.

+++ Dieckmann als Finanzminister im Gespräch +++

[11.44] Der nordrhein-westfälisch SPD-Landeschef Jochen Dieckmann ist nach der Einigung von Sozialdemokraten und Union auf Koalitionsverhandlungen als neuer Bundesfinanzminister im Gespräch. Als Vorsitzender des größten Landesverbandes sei Dieckmann ein guter Kandidat für die Nachfolge von Bundesfinanzminister Hans Eichel, hieß es aus der SPD-Spitze.

+++ Schröder nicht mehr in der Regierung? +++

[11.38] Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat laut Informationen der "Passauer Neuen Presse" seinen Rückzug aus der Regierung angekündigt. "Mein Lebensweg sieht anders aus", habe Schröder in dem Gespräch mit CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Edmund Stoiber und SPD-Chef Franz Müntefering Berichten aus Teilnehmerkreisen zufolge gestern erklärt. Die SPD bestätigte dies zunächst nicht.

+++ Spitzengespräch nach 20 Minuten beendet +++

[11.35] Union und SPD haben nach nur rund 20 Minuten ihr drittes Spitzentreffen in Berlin beendet. Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber sowie Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und SPD-Chef Franz Müntefering wollten anschließend die Vorstände ihrer Parteien über die Ergebnisse der Gespräche informieren. Zuvor war bekannt geworden, dass sich beide Seiten auf Merkel als Bundeskanzlerin verständigt hatten. Auch die Ressortaufteilung ist demnach weitgehend geklärt.

+++ SPD-Präsidium billigt Ressortverteilung +++

[11.30] Das SPD-Präsidium hat die Ressortverteilung in einer Großen Koalition gebilligt. Danach stellt die Union den Kanzler, die SPD erhält dafür mehr Ministerposten als CDU und CSU zusammen, wie aus SPD-Kreisen verlautete. Die SPD soll den Angaben zufolge acht Ressorts besetzen: Auswärtiges, Arbeit, Soziales Finanzen, Entwicklung, Umwelt, Verkehr und Justiz. Die Union soll neben dem Bundeskanzler auch den Bundestagspräsidenten stellen. Zudem wird sie voraussichtlich sechs Ministerien erhalten: Verteidigung, Inneres, Wirtschaft, Landwirtschaft, Familie und Bildung.

+++ Grüne begrüßen Einigung von SPD und Union +++

[11.23] Die Grünen haben die Einigung von SPD und Union auf die Personalverteilung in einer Großen Koalition begrüßt. Die neue Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, rechnerisch sei es nun "logisch", dass CDU-Chefin Angela Merkel Kanzlerin wird. "Für das, was bisher war, kriegen die vier niemals den Titel 'Die Phantastischen Vier'", sagte Künast in Anspielung auf den Namen einer Musiker-Gruppe zu den Spitzenverhandlungen der Viererrunde von Union und SPD. Fraktionschef Fritz Kuhn sagte: ""Ich find's erstmal gut, wenn die jetzt zusammenkommen, denn es ist ja eine sehr schwere Geburt gewesen."

+++ CSU: Koalitionsverhandlungen nächste Woche +++

[11.18] Die formellen Verhandlungen zwischen SPD und Union über die Bildung einer Großen Koalition sollen laut Angaben der CSU in der nächsten Woche beginnen. Das CSU-Präsidium beschloss in einer Schaltkonferenz mit Parteichef Edmund Stoiber, der Partei die Aufnahme von Verhandlungen zur Bildung zu empfehlen. Die endgültige Entscheidung solle am Nachmittag der CSU-Vorstand fällen.

+++ Lammert soll Bundestagspräsident werden +++

[11.15] Der bisherige Vizepräsident des Bundestages, Norbert Lammert (CDU), soll neuer Präsident des Parlaments werden. Das bestätigten CDU-Vorstandskreise der Nachrichtenagentur ddp. Die Union hatte in den Verhandlungen mit der SPD stets den Anspruch bekräftigt, als stärkste Fraktion sowohl den Kanzler als auch den Bundestagspräsidenten zu stellen.

+++ Spitzen von Union und SPD zusammengetroffen +++

[11.06] Die Spitzen von Union und SPD sind zu einem weiteren Gespräch zusammengekommen, um den Weg für Koalitionsverhandlungen frei zu machen. Zuvor war bereits von beiden Seiten als Ergebnis des Spitzentreffens vom Sonntagabend bekannt geworden, dass CDU-Chefin Angela Merkel Bundeskanzlerin einer Großen Koalition werden solle und damit Gerhard Schröder ablöst. An dem Treffen nahmen wie an den beiden Spitzengesprächen zuvor auf Unionsseite Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sowie auf SPD-Seite Schröder und Parteichef Franz Müntefering teil.

+++ Clement künftig kein Minister mehr +++

[11.04] Der bisherige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wird nach eigenen Angaben nicht mehr in einem künftigen Kabinett vertreten sein. Dies sagte Clement am Rande einer Präsidiumssitzung in Berlin.

+++ Stoiber rechnet mit Abdanken Schröders +++

[10.56] Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) rechnet mit einem Abdanken von Bundeskanzler Gerhard Schröder(SPD). Das habe Stoiber bei einer telefonischen Schaltkonferenz des CSU-Präsidiums deutlich gemacht, berichteten Teilnehmer laut Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Allerdings habe Stoiber auch darauf hingewiesen, dass man in der SPD Überraschungen nicht ausschließen dürfe.

+++ SPD-Präsidium für Große Koalition +++

[10.55] Das SPD-Präsidium hat das Ergebnis der Verhandlungen mit der Union über eine Große Koalition gebilligt. Angaben eines SPD-Sprechers zufolge gab es dafür eine große Mehrheit.

+++ Stoiber: Merkel wird Kanzlerin +++

[10.45]CDU-Chefin Angela Merkel wird Angaben des bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber zufolge Bundeskanzlerin einer Großen Koalition. Das teilte Stoiber laut Informationen der Nachrichtenagentur in einer Schaltkonferenz des CSU-Präsidiums mit. Der CSU-Chef übernimmt in einer Großen Koalition das Amt des Ministers für Wirtschaft und Technologie. Über die weiteren Positionen der Union soll erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen entschieden werden.

+++ Stoiber soll Wirtschaftsminister werden +++

[10.23] CSU-Chef Edmund Stoiber soll in einer Großen Koalition neuer Wirtschaftsminister werden. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus dem CSU-Präsidium. Demnach wird das Ressort um Kompetenzen für die Europapolitik erweitert.

+++ FDP begrüßt Verständigung von Union und SPD +++

[10.19] FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt hat die Einigung von SPD und Union in wichtigen Personalfragen begrüßt. Es sei aber "enttäuschend, dass Noch- Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sich fast drei Wochen Zeit gelassen hat, die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag endlich anzuerkennen", sagte Gerhardt.

+++ Althaus bleibt in Thüringen +++

[10.03] Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus hat einen Wechsel ins Bundeskabinett ausgeschlossen. "Ich bleibe Ministerpräsident in Thüringen", sagte der CDU-Politiker im Radiosender HR-Info. In diesem Amt wolle er sich weiter für Deutschland und die neuen Bundesländer einsetzen, betonte Althaus. Im sogenannten Kompetenzteam von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel war der Politiker für den Aufbau Ost zuständig, weshalb auch über seinen möglichen Wechsel ins Bundeskabinett spekuliert worden war.

+++ SPD-Kreise: Kanzleramt für Union, acht Ministerposten für SPD +++

[9.49] Union und SPD haben sich darauf verständigt, dass die Union das Kanzleramt in einer neuen Regierung besetzt und damit eine Große Koalition führt. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus SPD-Kreisen. Die Vereinbarung sieht den Angaben zufolge vor, dass die Union neben dem Regierungschef auch den Bundestagspräsidenten stellt. Die SPD soll der Vereinbarung zufolge acht Ministerien führen, vorgesehen dafür sind das Außen-, Finanz-, Justiz-, Arbeits-, Gesundheits-, Verkehrs-, Umwelt- und das Entwicklungshilferessort. Damit wird offenbar das bisherige Ministerium für Wirtschaft und Arbeit wieder geteilt.

+++ Weg frei für Merkel? +++

[9.16] Union und SPD haben sich Informationen der Nachrichtenagentur dpa zufolge offenbar über die schwierigen Personalfragen geeinigt. Danach kann die stärkste Fraktion den Bundeskanzler stellen. Damit könnte der Weg für die CDU- Vorsitzende Angela Merkel als künftige Kanzlerin frei sein.

+++ Parteipräsidien beraten +++

[9.13] Die Präsidien von CDU und SPD sind zu Sitzungen zusammengekommen, um über den Stand der Gespäche zur Bildung einer Großen Koalition und die Frage der Kanzlerschaft zu beraten. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte vor einer Präsidiumssitzung seiner Partei, er gehe davon aus, dass am Mittag alles verkündet werde. Auf die Frage, ob es eine Einigung auf CDU-Chefin Angela Merkel als Kanzlerin geben werde, sagte er: "Ja, sicher."

+++ ZDF: Merkel soll Kanzlerin werden +++

[9.06] Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel soll nach Informationen des ZDF Kanzlerin werden. Dies sei das Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD, meldete das ZDF-Hauptstadtstudio vor den Gremiensitzungen der beiden Parteien. Die Spitzen der Parteien sind am Vormittag zu Beratungen zusammengekommen.

+++ Ergebnisse am frühen Nachmittag +++

[9.06] CDU und SPD wollen gleichzeitig die Ergebnisse ihrer Gespräche über eine neue Regierung bekannt geben. Wie beide Parteien mitteilten, sind für 14.30 Uhr nach den getrennten Sitzungen der Gremien Pressekonferenzen in den Parteizentralen von CDU und SPD angesetzt.

+++ Müller pocht auf Führungsanspruch Merkels +++

[8.47] Im Machtpoker von Union und SPD steht eine Entscheidung offenbar unmittelbar bevor. "Ich glaube, dass heute eine Entscheidung fallen muss", sagte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller vor Beginn der Beratungen des CDU-Präsidiums in Berlin. Unabdingbare Voraussetzung für eine Koalition der Union mit der SPD sei aber, dass die CDU als stärkste Partei den Regierungschef stelle. "Ich halte das für unverzichtbar und nicht verhandelbar." Es sei nun an den Sozialdemokraten, sich zu entscheiden.

+++ Brüderle erwartet Neuwahlen nach zwei Jahren +++

[8.42] FDP-Vize Rainer Brüderle gibt einer Großen Koalition auf Bundesebene maximal zwei Jahre. Dann werde es zu Neuwahlen kommen, prognostizierte Brüderle im Deutschlandradio Kultur. Der FDP-Politiker fügte hinzu: "Die beiden Wahlverlierer werden ein Kartell der Macht bilden und einen vorprogrammierten Problemstau haben." Dadurch werde Deutschland weiter Zeit verlieren.

+++ Althaus rechnet mit baldigem Verhandlungsauftakt +++

[8.30] Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus rechnet fest damit, dass Union und SPD schon in den nächsten Tagen Koalitionsverhandlungen aufnehmen. "Wir haben heute die Lösung, und damit ist klar, das Vertrauensverhältnis ist da", sagte der CDU-Politiker im ZDF-Morgenmagazin. Die Spitzengespräche von Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Chef Franz Müntefering, der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und CSU-Parteichef Edmund Stoiber hätten das gegenseitige Vertrauen gestärkt.

+++ Platzeck hält Merkel als Kanzlerin für vorstellbar +++

[8.25] Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat erklärt, dass er CDU-Chefin Angela Merkel als nächste Bundeskanzlerin unter bestimmten Bedingungen akzeptieren würde. Eine Konstellation, in der Merkel Kanzlerin wird und die SPD im Ausgleich mehr Ministerposten erhält, könne er sich vorstellen, sagte Platzeck laut einem Bericht der "Märkischen Allgemeinen". "Wenn die Inhalte stimmen, könnte ich mir eine solche Konstellation vorstellen. Aber nur dann", sagte er.

+++ Erler: Große Koalition unter Merkel vorstellbar +++

[7.47] Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler kann sich unter bestimmten Umständen eine Große Koalition auch ohne Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vorstellen. Die Kritiker in der SPD könnten durch Inhalte überzeugt werden, CDU-Chefin Angela Merkel als Kanzlerin mitzutragen, sagte der Parteilinke im Deutschlandradio Kultur. Wörtlich sagte Erler: "Natürlich kann man sich auch vorstellen, dass durch eine Vereinbarung auf Inhalte, auf ein Programm, das einige wichtige Punkte des SPD-Wahlprogramms widerspiegelt, auch diejenigen erreicht werden können, die sich im Augenblick nicht vorstellen, dass sie so einer Lösung zustimmen können."

+++ Konservative SPD-Abgeordnete gegen Merkel +++

[7.32] Kurz vor der erwarteten Entscheidung über die Kanzlerfrage hat der konservative Flügel der Sozialdemokraten nochmals erklärt, CDU-Chefin Angela Merkel nicht zur Kanzlerin wählen zu wollen. Der einzig denkbare Kompromiss sei, dass die Kanzlerschaft nach der so genannten israelischen Lösung innerhalb der Legslaturperiode wechselt, sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, laut einem Bericht der Münchner "Abendzeitung". Für eine solche Lösung hatte auch Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) plädiert.
 


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SPIEGEL ONLINE - 11. Oktober 2005, 20:23
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Kanzler
 
Schröder kündigt seinen Rückzug an

Von Philipp Wittrock

Noch-Bundeskanzler Schröder hat erstmals öffentlich erklärt, dass er dem Kabinett Merkel nicht angehören wird. Er werde aber dafür arbeiten, die Große Koalition zusammen zu bringen. Was er nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt plant, ließ Schröder offen.

Hamburg - "Sieg oder Viktoria", hatte die "Zeit" vor dem 18. September für Gerhard Schröder als Losung ausgegeben - noch einmal Kanzler oder der Rückzug ins Privatleben und damit viel Zeit für seine vierjährige Adoptivtochter. Die Entscheidung darüber sollte sich länger hinziehen, als alle gedacht hatten. Erst rund drei Wochen nach der Schicksalswahl steht fest: Ein Sieg ist es nicht geworden, der Auszug aus dem Kanzleramt steht bevor.

Schröder geht: Nun also Viktoria?
REUTERS
Schröder geht: Nun also Viktoria?
Nun also Viktoria? Am Abend kündigte Schröder indirekt an, dass er einer künftigen schwarz-roten Bundesregierung unter Angela Merkel nicht mehr angehören wird. Zur Regierungsbildung sagte er auf einem Maschinenbau-Kongress in Berlin: "Ich will daran mitwirken, dass es gut wird. So verstehe ich die Aufgabe, die man dann ... hat, wenn man der nächsten Regierung nicht mehr angehören wird." Die anstehenden Koalitionsverhandlungen kommentierte er: "Ich hoffe, dass sie (die große Koalition) zu Stande kommt." Er fügte hinzu: "Ob es gut wird, wird man ja sehen."

Er wolle mithelfen, dass der von ihm begonnene Reformprozess in einer schwarz-roten Regierung vorangebracht werde, sagte Schröder. Er habe den Wunsch zu helfen, "dass wir den Aufbruch hinkriegen - am liebsten in einem anderen Amt, aber das ist nun mal nicht so". Rückblickend auf seine Regierungszeit sagte Schröder: "Ich nehme für mich in Anspruch, dass wir die Weichen in die richtige Richtung gestellt haben." Nun müssten andere daran arbeiten, dass der Zug über diese Weichen in die richtige Richtung fährt.

Er sei sich sicher, dass Schröder ein "political animal" bleiben wird, hatte zuvor noch SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter dem Nachrichtensender N24 gesagt. Der Kanzler werde sich nicht einfach so aufs Altenteil zurückziehen. "Wir hoffen und wir wünschen uns, dass Gerhard Schröder weiter ganz führend bei uns mitmischt."

Sie hofften lange, die Sozialdemokraten, und viele wünschen immer noch. Niemand in der SPD will sich so recht vorstellen, dass Schröder der Politik den Rücken kehrt. Nicht wenige glauben, dass er der einzige ist, der die Partei als starken Partner in eine Große Koalition führen kann.

"Wir brauchen einen Reformmotor in dieser Koalition und können auf ihn nicht verzichten", verbreitete der rechte Seeheimer Kreis, der noch kurz vor der Einigung zwischen Union und SPD seinen erbitterten Widerstand gegen eine Wahl von Angela Merkel zur Kanzlerin angekündigt hatte. "Gerhard, Du musst Außenminister werden", soll Fraktionsvize Ludwig Stiegler Schröder bekniet haben. Doch Schröder hat sich noch nie gerne etwas vorschreiben lassen. Was er müsse, das müsse man schon ihm überlassen, blaffte er zurück. "Meine Lebensplanung sieht anders aus", werden Schröders Worte überliefert, die alle Hoffnungen auf einen Verbleib im Dunstkreis der Macht zunichte machen. Ja, das habe Schröder so gesagt, bestätigte Parteichef Franz Müntefering inzwischen. Schröder will nicht Vizekanzler werden, er will nicht am Kabinettstisch sitzen und den Chefsessel Angela Merkel überlassen müssen.

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Nicht alle Bundeskanzler haben die Politik mit dem Ende ihrer Zeit als Regierungschef hinter sich gelassen. Konrad Adenauer etwa, blieb selbst nach 14 Jahren Amtszeit nach seinem Rücktritt 1962 einfacher Bundestagsabgeordneter und steuerte noch bis 1966 als Parteichef die Geschicke der CDU. Ludwig Erhard, Kanzler von 1963 bis 1966, zog nach dem Bruch der schwarz-gelben Koalition bis 1976 noch drei Mal für die CDU in den Bundestag ein, 1976 wurde er Spitzenkandidat in Baden-Württemberg. Nach der Wahl eröffnete er als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Parlaments.

Kurt Georg Kiesinger, von 1966 bis 1969 Kanzler der bisher einzigen Großen Koalition im Bund, ließ sich nach deren Ende erst 1980 nicht wieder in den Bundestag wählen. Helmut Schmidt verzichtete nach dem gegen Helmut Kohl verlorenen konstruktiven Misstrauensvotum zwar auf eine erneute Kanzlerkandidatur, er gehörte aber noch bis 1987 dem Bundestag an. Im gleichen Jahr erst, 13 Jahre nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler, gab Willy Brandt den Vorsitz der SPD ab.

Die Entscheidung ist noch nicht gefallen

Der Rückzug aus der Politik ist für den scheidenden Bundeskanzler nicht zwangsläufig, für Schröder ist er jedoch beschlossene Sache. Ob allerdings die einzige Alternative tatsächlich das ruhige Familienleben ist, scheint weit weniger klar. Auch wenn ihm die anstrengenden Jahre seiner Kanzlerschaft und vor allem der vergangenen Wochen seit Verkündung des Neuwahl-Plans ins Gesicht geschrieben sind, Schröder, 61, ist fit, gesund und sicher auch noch voller Energie. Die Entscheidung über seine künftige Betätigung ist noch nicht gefallen. Hätte er bereits einen Beschluss gefasst, wüsste er bereits, was er aus sich macht, er täte gut daran, es schnell kundzutun. Denn Spekulationen sind derzeit die liebste Freizeitbeschäftigung der Beobachter des politischen Berlin.

Die russische Gasprom, der staatlich kontrollierte größte Gasförderer der Welt, könnte Schröder bald einen Beraterjob anbieten, meldete heute ein russischer Radiosender. Angeblich soll darüber schon anlässlich Schröders Geburtstagsbesuch bei Präsident Wladimir Putin gesprochen worden sein. Ein "übles Gerücht" sei das, stänkerte SPD-General Benneter. Als "verleumderisch und falsch" ließ Schröder seinen Sprecher Béla Anda jüngst dementieren, Schröder habe einen mit 1,5 Millionen Euro Jahresgehalt dotierten Job bei der US-Investmentbank Merrill Lynch in Aussicht.

Über eine mögliche Zukunft Schröders im Bankgeschäft hatten Medien schon im vergangenen Jahr spekuliert. Seine engen Verbindungen zum Chef der US-amerikanischen Citigroup, Sanford Weill, könnten in einem Jobangebot Weills für Schröders Post-Politik-Leben münden, hieß es damals. Wunderbar passte da eine Äußerung seiner Frau, die in einem Interview Jahre zuvor bereits einmal angedeutet hatte, dass sie sich gut vorstellen könne, später einmal mit ihrer Familie in New York zu leben. Schröder-Köpf hatte dort Anfang der 90er bereits eine Zeit lang verbracht. Schröder könnte wieder der Genosse der Bosse sein. Doch der Kanzler widersprach: "Mein New York heißt Hannover."

Schröder ist kein Intellektueller

Könnte Schröder nicht auch einfach in seinen Beruf als Rechtsanwalt zurückkehren? Auf der Homepage der Kanzlei seines Freundes Götz-Werner von Fromberg, wird er immer noch aufgeführt. "Übt seinen Beruf zur Zeit nicht aus" steht unter seinem Namen. Die "Bild"-Zeitung glaubte zuletzt festgestellt zu haben, dass Schröder-Freund Bill Clinton wichtige Kontakte zur Redner-Agentur "The Harry Walker Agency" hergestellt habe. Schröder könne sich wie Clinton von der Agentur vermitteln lassen und pro Rede 50.000 bis 100.000 Euro kassieren.

Was wird aus Schröder? Er ist kein Intellektueller, kein Publizist wie Altkanzler Schmidt als Herausgeber der "Zeit". Schröder wird sich nicht ausschließlich dem Bücher schreiben widmen. Die Rolle des "elder statesman", die der moralischen Instanz, wie Brandt sie bis zu seinem Tod 1992 verkörperte, wird Schröder auf absehbare Zeit nicht spielen.

Nur eines ist mit Blick auf seine Zukunft derzeit sicher. Er wird früher oder später seine Memoiren veröffentlichen. Die hat er jüngst noch versprochen. "Irgendwann schreibe ich darüber", sagte er. Dann sollen alle erfahren, wie das so war, mit Franz Müntefering und den Neuwahlen.

Mitarbeit: Alwin Schröder, Ferda Ataman
 

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