549. Bremer Montagsdemo
am 14. 12. 2015  I◄◄  ►►I

 

Leiharbeit ist nicht Teil der 
Lösung, sondern des Problems

Elisabeth Graf1. Erwerbslosen-Verbände und Hartz-IV-Betroffene kritisieren schon eine ganze Weile, welch ein schier unglaublich lukratives Geschäft sich da zwischen den Jobcentern und der Zeitarbeitsbranche entwickelt hat, das für diese beiden Seiten zu einer prächtigen Win-win-Situation auf Kosten der Erwerbslosen avanciert ist, die davon ja eigentlich profitieren sollten. Wenn Hartz-IV-Bezieher nicht absolut jede Arbeit annehmen, in die das Jobcenter sie hineinpressen will, dann stehen ihnen Sanktionen bevor, die ihre Existenz empfindlich bedrohen.

Ob sie es nun wollen oder nicht, ob es sie weiterbringt oder nicht, ob die Arbeit ihren Fähigkeiten entspricht oder nicht: Arbeitssuchende werden mit Sanktionsandrohungen in die Fänge von Zeitarbeitsfirmen gedrängt, die dafür meistens auch noch Fördergelder bis zur Hälfte eines normalen Arbeitslohns erhalten können. Obwohl diese Zuschüsse in Wirklichkeit dem Zweck dienen sollten, Vermittlungshemmnisse abzubauen, werden die meisten der so „beglückten“ Erwerbslosen nach ein paar Wochen oder Monaten wieder arbeitslos und müssen erneut Hartz IV beantragen – wenn sie nicht ohnehin die ganze Zeit aufstocken mussten.

Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums wurden allein 2014 über 100.000 Erwerbslose an Zeitarbeitsfirmen vermittelt. Der Anteil der Erwerbslosen, die in einen sozialversicherungspflichtigen Job vermittelt wurden und sich dann bei einer Leiharbeitsfirma wiederfanden, liegt bei etwa 35 Prozent. Wer weiß, dass der Anteil der regulär Beschäftigten an allen Arbeitnehmern in Deutschland gerade einmal bei 2,5 Prozent liegt, den lässt diese deutliche Auffälligkeit hellhörig werden. Die Hartz-Gesetze scheinen der wie ein Pilz aus dem Boden geschossenen Leiharbeitsbranche wie auf den Leib geschneidert zu sein, so herzallerliebst wonniglich profitiert sie davon.

Schließlich müssen die Betroffenen zu weitaus geringeren Löhnen als branchenüblich arbeiten und werden dann oftmals bereits nach kurzer Zeit wieder entlassen, je nach Auslastung des entleihenden Unternehmens. Allein im zweiten Halbjahr 2013 wurden rund 500.000 Leiharbeitsverhältnisse neu geschlossen, jedoch auch 547.000 im gleichen Zeitraum wieder beendet. Somit zeigt sich supersonnenklar, dass die Leiharbeit nicht etwa ein Teil der Lösung, sondern eben des Problems ist. Diese Form der modernen Ausbeutung kann nur zur dauerhaften Erwerbslosigkeit mit Unterbrechungen führen.

Selbstredend ist den Jobcentern diese Problematik durchaus bekannt – doch was wird nicht alles für die kurzfristigen Erfolge der euphemistischen Statistikauswertungen kreiert und veranstaltet! Wegen der kräftig ausgeschütteten Eingliederungszuschüsse erhalten die Zeitarbeitsunternehmen für die Ausbeutung und die Kurzzeitbeschäftigung satte Gelder. Die Prüfer des Bundesrechnungshofes stellten fest, dass allein drei Leiharbeitsfirmen, bei denen zusammen etwa 120.000 Leiharbeiter angestellt waren, in den Jahren 2013 und 2014 fast 9,7 Millionen Euro aus der EGZ-Förderung erhielten. Hier werden unrechtmäßig einzelne Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler subventioniert!

 

2. Eigentlich bekommen Hartz-IV-Bezieher 399 Euro Pseudogrundsicherung, um davon das kinkerlitzig kleinste, minimalste Minimum ihres aberwitzig winzigen heruntergerechneten Lebensunterhalts bestreiten können zu sollen – doch uneigentlich müssen sie davon oft auch einen Anteil an ihren Miet- und Heizkosten zahlen, obwohl am Ende des Geldes ohnehin noch ganz viel Monat übrig ist. Nach einer Datenübersicht der Bundesagentur für Arbeit mussten die Bedarfsgemeinschaften im vergangenen Jahr rund 620 Millionen Euro aus ihren Regelleistungen für die Unterbringung beisteuern, was rund vier Prozent der Wohnkosten entspricht.

Damit fehlen einem Hartz-IV-Haushalt im Schnitt rund 16,50 Euro im Monat beziehungsweise 197 Euro im Jahr für anderweitige Ausgaben. Sabine Zimmermann, Vize-Chefin der Linksfraktion im Bundestag, kritisiert, dass dies praktisch zulasten der Mittel ginge, die eigentlich der Sicherung des Lebensunterhalts der Betroffenen dienen sollen. Wie viel von den 399 Euro monatlich auch für die Wohnkosten herangezogen werden müssen, ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt und reicht von 125 Euro jährlich in Bremen bis zu ausufernden 285 Euro in Rheinland-Pfalz.

Die Bundesagentur für Arbeit unterscheidet bei ihrer statistischen Erfassung zwischen den tatsächlichen und den anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung, die sich an den örtlichen Richtlinien orientieren, die im Einzelfall niedriger als die tatsächlichen Wohnkosten sind. Weil die Kommunen selbst festlegen dürfen, was im Einzelfall „angemessen“ ist, spare die öffentliche Hand offenkundig durch zu niedrige Angemessenheitsgrenzen auf Kosten der Betroffenen, beanstandet Sabine Zimmermann. Sie nimmt Anstoß daran, dass sich Hartz-IV- Bezieher beispielsweise beim Essen oder in ihrer Mobilität einschränken müssen, um nicht Mietschulden anzuhäufen und perspektivisch aus der Wohnung zu fliegen. Die Vize-Chefin der Linksfraktion fordert, dass der Bund das Recht auf Wohnen gewährleisten müsse.

 

3. Arbeitsministerin Nahles geht neuerdings erstaunlicherweise davon aus, dass im nächsten Jahr 35 Prozent der Schutzsuchenden, die dann erstmals Hartz IV bekommen, den Sprung aus der staatlichen Grundsicherung schaffen und folglich einen Job finden oder in irgendeiner Form selbst für sich sorgen können. Bislang warnte Frau Nahles stets vor „zu viel Optimismus“ und ging noch im September davon aus, dass nicht einmal jeder Zehnte direkt in Arbeit oder Ausbildung kommen könne, weil nach einer Studie des „Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ in der Vergangenheit lediglich acht Prozent der Flüchtlinge im ersten Jahr eine Beschäftigung gefunden hätten.

Ein Modellprojekt der Bundesagentur für Arbeit, bei dem in neun Städten 1.000 ausgesuchte Flüchtlinge besonders gefördert wurden, lieferte ähnliche Ergebnisse. Die Nürnberger Bundesagentur geht nach eigenen Angaben davon aus, dass sich 2016 etwa zwölf Prozent der geduldeten oder anerkannten Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren ließen. Da erscheint die vom Ministerium angegebene Abgangsquote aus Hartz IV von 35 Prozent weitaus höher. Darunter könnten auch Personen sein, die das Land verlassen, anfangen zu studieren oder etwa „reich heiraten“.

Hier sprechen wohl nicht nur die Grünen von Schönfärberei. Ja, wenn jetzt alle Reichen eine(n) Arme(n) heiraten würden, dann könnte sich das Problem von Hartz IV doch in Luft auflösen! Gegenwärtig bliebe bloß noch die Frage nach der Definition von „reich“ im Raume stehen. Möglicherweise könnten demnächst sogar Verstorbene als „erfolgreich vermittelt“ gelten. Vielleicht werden auch bald die Kosten für Flirtbörsen von den Jobcentern übernommen? Überhaupt sehe ich da ganz neue Aufgaben auf die Arbeits-, äh: Partnervermittlung an Reiche zukommen!

Wird hier ein ganz neuer Markt wie ein Stern geboren, tut sich ein noch nie dagewesener, nigelnagelneuer, unkonventioneller Jobmotor auf, mit dem in der Eingliederungsvereinbarung festgetackerten Ziel, durch das Eingehen eines Eheverhältnisses zur Reduzierung und Loslösung aus der Hilfebedürftigkeit maßgeblich beizutragen? Selbstredend muss dann auch der oder die sanktioniert werden können, wer sich seiner entsprechenden Mitwirkungspflicht durch die Anbahnung von mindestens sechs Ehebemühungen pro Monat widersetzen sollte. Hach, was wird nicht alles unternommen, um die Welt, um die Bedeutung der erfolgreichen Wie-auch-immer-Vermittlung in Arbeit und raus aus der Statistik ein wenig hübscher erstrahlen zu lassen!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Gescheiterte Partei: In die klaffende Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit passt sogar Sigmar Gabriel („Spiegel-Online“)
 
Eine Farce: Das Weltklimaabkommen („Rote Fahne News“)
Leserbrief im 'Weser-Kurier' vom 7. Dezember 2015
Leserbrief im „Weser-Kurier“ vom 7. Dezember 2015

Bremen verweigerte Erwerbslosen im August über 300.000 Euro Miete

Hans-Dieter Binder1. Zum Jahreswechsel wird das Wohngeld verändert – überwiegend erhöht. Die Än­de­run­gen hat Sozialrechtsexperte Harald Thomé zusammengefasst. Der Bundesrat kündigt sie wie folgt an: „Das Gesetz erhöht ab Januar 2016 das Wohngeld für Haushalte mit geringem Einkommen und passt den Mietzuschuss an die Entwicklung der Einkommen und Wohnkosten in den vergangenen Jahren an. Letztmals erfolgte eine Erhöhung im Jahr 2009. Durch die Novelle soll das Wohngeld für einen Zweipersonenhaushalt auf durchschnittlich 186 Euro im Monat steigen. Insgesamt können mehr als 866.000 Haushalte von der Reform profitieren.“

Eine starke Ankündigung! Veröffentlicht wurde bisher die Tabelle der Mietpreisstufen. Die Beschlussvorlage für den Bundesrat wurde so verabschiedet, jedoch mit Fehlerkorrektur für die Mietstufe im Rhein-Neckar-Kreis. Bremen behält Mietstufe IV, Bremerhaven III. Diese Wohngeldänderung wurde mit zwischenzeitlichen Mietsteigerungen von 29 Prozent begründet. Nachzulesen sind die Änderungen in der Bun­des­tags­druck­sache 18/4897 (neu).

Auf Seite 65 steht: „Auch die Zahl der Wohngeldhaushalte, die die Höchstbeträge für Miete und Belastung überschreiten, ist von 2009 bis 2012 von 25 Prozent auf 31 Prozent gestiegen. Die Höchstbeträge legen fest, bis zu welcher Höhe die Miete oder Belastung zuschussfähig ist.“ Auf Seite 66 steht die prozentuale Erhöhung der Mietobergrenzen ab 1. Januar 2016 unter Punkt b): „Eine regional gestaffelte Anhebung der Miethöchstbeträge zur Anpassung an die regional differenzierte Mietenentwicklung“.

Dort geht es um „Höchstbeträge für Miete und Belastung, das heißt die Beträge, bis zu denen die Bruttokaltmiete beziehungsweise die Belastung bei Eigentümern bei der Wohngeldberechnung berücksichtigt wird“. Die Anhebung der Bemessungsgrundlage für Bremen mit der Mietstufe IV beträgt plus 21 Prozent, für Bremerhaven mit der Mietstufe III plus 18 Prozent auf die Höchstbeträge für Miete und Belastung – allerdings wurden die neuen Tabellen (gemäß Seite 84) bisher nicht veröffentlicht. Diese Erhöhung ist für Bremen weiterhin eine Deckelung der Bemessungsgrundlage.

Beim Wohngeld gibt es noch weitere Änderungen bei Stichtagen und Berechnungsbestimmungen sowie erhöhte Einkommensgrenzen. Daher können die Tabellen und Ausführungsbestimmungen noch Überraschungen bergen. Eine solche Überraschung kann die Änderung für Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften sein. Am 13. Dezember 2015 hat der „Weser-Kurier“ auf Seite 10 getitelt: „Wohngeldreform tritt in Kraft“ Dort steht zur Umsetzung: Alle Bescheide die zum 31. Januar 2016 oder danach enden, werden automatisch angepasst. Hierfür gibt es einen neuen Bescheid. Falls keine Erhöhung eintritt, wird auch kein neuer Bescheid erlassen. Wessen Antrag noch nicht beschieden wurde, erhält den Bescheid ab 1. Januar 2016 nach neuem Recht.

Der bremische Bausenator hat bisher noch keine Unterlagen und Tabellen zur Rechtsänderung ab 1. Januar 2016 veröffentlicht. Er verweist auf den Bund. Das Bundesgesetz wurde im September 2015 verabschiedet. Der Datenabgleich wird mit dieser Änderung noch umfangreicher. Der Senator bittet bereits für die letzten Änderungen im Wohngeldgesetz um Geduld: „Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, die neue Software sowie der Datenabgleich erfordern einen erheblichen Arbeitsaufwand. Die Mitarbeiter des Wohngeldreferats sind sehr bemüht, die Bearbeitungszeiten so kurz wie möglich zu halten. Wir bedanken uns sehr für Ihr Verständnis und Ihre Geduld!“

Wessen Wohngeldantrag bisher abgelehnt wurde, kann einen neuen Anlauf nehmen. Die Stadt Köln sagt für Neuanträge bis zum 30. Januar 2016 die rück­wir­ken­de Anerkenntnis ab 1. Januar 2016 zu. Es wird eine „Wanderung“ von ALG II ins Wohngeld erwartet. Darauf wird sicher das Jobcenter hinweisen – hoffentlich fair! Alle vier Jahre gibt es übrigens einen neuen „Wohngeld- und Mietenbericht“ der Bundesregierung.

 

2. Die Freie Hansestadt hat jetzt eine „Mietpreisbremse“ installiert. Sie greift bei Neuvermietungen, zur Ausgrenzung der Bestandsmieten durch die Kappungsgrenze siehe 546. Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion. Wer jedoch eine neue Wohnung sucht hat, in Bremen kaum eine Wahl. Die „Mietpreisbremse“ hat den Schönheitsfehler, dass sie nicht bei jeder Neuvermietung greif, weil der ortsübliche Mietpreis nicht amtlich festgestellt wurde. Der Pressesprecher des Senators für Bau und Umwelt sagt dazu, für Durchschnittspreise könnten Immobilienportale als Maßstab dienen. Alternativ könne man drei vergleichbare Wohnungen benennen oder einen Sachverständigen hinzuziehen, der den Preis ermittelt.

Derzeit stellt der Bausenator Material für eine „Mietpreisbremse“ zusammen. Das Gesetz tritt am 1. Juni 2016 in Kraft. Der Termin 1. Juni 2015 wurde nicht gehalten. Am Sachverhalt hat sich aber nichts geändert. Für den Artikel des „Weser-Reports“ hat Laura Bohlmann „etwa 7,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche“ als Auskunft zu dieser Frage erhalten. Im Rahmen der Mietbegrenzungsverordnung wurde der Deputation für Bau und Umwelt die Lage des Wohnungsmarktes in Bremen erläutert.

In der Tagesordnung wird bei Punkt 12c ein Dokument zur „Mietpreisbremse“ verlinkt, in dem oben auf Seite 12 steht: „Darüber hinaus ist festzustellen, dass die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen so gut wie keine Leerstände zu verzeichnen haben. Sie liegen zum Beispiel bei der ‚Gewoba‘ mit ihren 31.000 Wohnungen in der Stadtgemeinde Bremen ausweislich ihres Geschäftsberichts seit 2009 mit weiter sinkender Tendenz bei unter einem Prozent. Diese Werte liegen deutlich unterhalb der notwendigen Umzugsreserve, die bei etwa vier Prozent liegt. Daraus ergibt sich, dass die Quote der leer stehenden Wohnungen eine Mangellage am Wohnungsmarkt belegt.“ Allein durch diesen kleinen Absatz wird klar: Umziehen in Bremen ist ein Lotteriespiel.

Ab Seite 6 der Verordnung wird ab Position 2.5 die Mietpreisentwicklung in Bremen kommentiert. Auf Seite 15 steht unter Punkt c) das Ergebnis zur Mietenentwicklung: „Die Auswertung der vorhandenen Daten zeigt, dass die Mieten in der Stadtgemeinde Bremen seit dem Jahr 2006 erheblich angestiegen sind. Auffällig ist, dass insbesondere die Mieten von Wohnungen in einfacher bis mittlerer Wohnlage beziehungsweise Wohnungen mit einfachem bis mittlerem Wohnstandard seit 2010 überdurchschnittlich stark angestiegen sind, nachdem sie vorher eher moderat gestiegen waren. Gerade diese Wohnungen sind für die Wohnraumversorgung von Haushalten mit geringeren Einkommen von besonderer Bedeutung. Es ist also so, dass der besonders starke Mietenanstieg im unteren bis mittleren Marktsegment diesen Personenkreis besonders stark belastet.“ Das Lesen des gesamten Dokuments lohnt sich!

 

3. Bremen verweigerte den Erwerbslosen im Monat August 2015 über 300.000 Euro bei der Erstattung ihrer Kosten der Unterkunft. Mit etwas abweichenden Beträgen geht das Monat für Monat so (siehe Tabelle 4 auf Seite 7), verursacht durch die falschen Miet­richt­werte. Sie sind einfach zu niedrig! Klar wird dies auch durch die Begründungen zu Wohngeldänderung und Mietpreisbremse. Die Verwaltungsanweisung sieht zwar die Möglichkeit einer Anerkenntnis höherer Kosten der Unterkunft vor, aber die strikten internen Vorgaben für die Sachbearbeitung verhindern dies in der Praxis. Der „Erfolg“ ist in der Statistik nachlesbar. Die 87-seitige Arbeitshilfe zur Verwaltungsanweisung ab 1. Janaur 2014 enthält die umfassenden Änderungen zu den Kosten der Unterkunft, allerdings noch immer ohne Aktualisierung.

Wer als Leistungsbezieher einen Eigenanteil zu den Kosten der Unterkunft zahlt, kann dies rückwirkend ab 1. Januar 2014 ändern: Einfach noch in diesem Jahr einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide mit den zu niedrigen Kosten der Unterkunft stellen, mit der Begründung, die anerkannte Miete sei zu gering. Bitte auch schildern, wenn es gar nicht einfach war, diese „zu teure“ Wohnung anzumieten, und einen eventuellen Schufa-Eintrag angeben: „Die Wohngeldänderung zum 1. Janaur 2016 und die Begründung zur Mietpreisbremse zeigen, dass meine Miete angemessen ist und bereits am 1. Januar 2014 (oder dem Datum des Einzugs bezeihungsweise der Erhöhung) angemessen war.“

Dies reicht zur Begründung. Für den Überprüfungsantrag erfolgt ein Bescheid. Wenn dieser noch Kürzungen enthält, kann er mit Widerspruch innerhalb der Frist belegt werden. Das Jobcenter oder der Leistungsträger muss dann nochmals prüfen. Der Widerspruchsbescheid ist mit Klage anfechtbar. Wichtig ist, dass auch alle zwischenzeitlichen Bescheide mit zu niedrigen Kosten der Unterkunft mit Widerspruch belegt werden. Wer einen größeren Eigenanteil zur Miete trägt und aktuelle Geldnot hat, kann beim Sozialgericht ein Eilverfahren beantragen. Bei der Formulierung hilft die Rechtsantragsstelle des Sozialgerichts.

Wer unsicher ist, sollte einen Beratungsverein aufsuchen oder einfach vorbeikommen. Der Antrag auf Überprüfung muss bis Jahresende beweisbar beim Jobcenter oder Leistungsträger eingegangen sein. Er kann ohne Begründung gestellt weden: „Die Begründung reiche ich nach“. Dann aber nichts wie ran! Diesen Überprüfungsantrag kann auch stellen, wer sich schriftlich zur Differenzzahlung verpflichtet hat. Wenn diese Verpflichtung Voraussetzung für die Genehmigung der Miete im Jobcenter war, so handelt es sich um eine Notsituation. Diese Unterschrift ist daher nicht verpflichtend.

Wer nun glaubt, der Verwaltungsanweisung ab 1. Januar 2014 lägen aktuelle Zahlen und Erhebungen zugrunde, irrt sich. Die Information der Deputation für Soziales belegt das Gegenteil. Auf der Tagesordnung vom 31. Oktober 2013 steht die Vorlage 134/13 zu den Kosten der Unterkunft. Sie beschreibt die Festsetzung der Mietrichtwerte ab 1. Janaur 2014. Auf Seite 2 steht, dass die Zahlen dafür bereits im Jahr 2010 erhoben wurden:

„Die Gerichte bemängeln, dass Bremen überhaupt keine Ermittlungen vorgenommen und den Versuch der Erstellung eines schlüssigen Konzepts unternommen habe. Vor diesem Hintergrund erkennen die Gerichte nicht einmal mehr die Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz als angemessene Richtwerte für die Kosten der Unterkunft an, sondern vertreten die Auffassung, dass im Falle eines fehlenden schlüssigen Konzepts die tatsächlichen Unterkunftskosten als angemessen anzuerkennen sind.“

2013 wurden Angebotsmieten erhoben, und mit den Werten aus dem Jahr 2010 führte dies zu den neuen Mietrichtwerten. Damit ist klar: Dies sind keine aktuellen und belastbarenn Werte. Die Veröffentlichung insgesamt sagt zu wenig zu den Annahmen und Abgrenzungen und erfüllt damit nicht die Voraussetzung des Bundesverwaltungsgerichts für Verwaltungsanweisungen mit Außenwirkung (Aktenzeichen 5.CN1.03).

Das Sozialgericht Bayreuth hat dies BVerwG-Urteil aus dem Jahr 2004 für seine Entscheidung zu den Kosten der Unterkunft (Aktenzeichen S4A S102/15) herangezogen (Seiten 9 und 10). Bremen macht weiterhin keine Anstalten, stimmige Mietobergrenzen festzustellen – und spare zulasten der Leistungsberechtigten allein im SGB II über 300.000 Euro im Monat August 2015. Die Unterdeckung bei Sozialhilfe und Grundsicherung sowie im Asylbewerberleistungsgesetz werden in keiner Statistik erfasst. Gegenwehr ist möglich! Macht euch ran: Antrag auf Überprüfung noch in diesem Jahr!

 

4. Was gibt es sonst noch im SGB II? Was kostet die Erwerbslosen weiterhin viel Geld? Die Bestrafung per Sanktion! Dazu informieren wir auf der 550. Bremer Montagsdemonstration. Anschließend wird gefeiert! Noch eine Kleinigkeit von Sozialrechtler Harald Thomé „Der Europäische Gerichtshof kam mit Aktenzeichen C-316/13 vom 26. März 2015, zu dem Schluss, dass der Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie 2003/88/EG jede echte weisungsgebundene und vergütete Tätigkeit umfasse und durch nationale Rechtsordnungen nicht unterschiedlich ausgelegt werden dürfe.

Der Kläger könne zwar aus der Grundrechtecharta sowie der Richtlinie keinen direkten Rechtsanspruch ableiten, gegebenenfalls jedoch einen Schadensersatzanspruch. Das Urteil wird Auswirkungen auf deutsche Werkstätten für behinderte Menschen haben, aber auch auf durch die Jobcenter vermittelte Arbeitsgelegenheiten.“ Damit ist klar: Jeder Ein-Euro-Job ist ein Arbeitsverhältnis, jeder Null-Euro-Job mit Aufwandsentschädigung ebenfalls. Sollte jemandem noch ein Dritter Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitlose einfallen: Es ist ein Arbeitsverhältnis!

Weitere Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Suchmaschine auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren! Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und Erfahrung! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Blanko-Unterschrift für Herstellerangaben: Wird aus dem Abgas-Skandal
auch ein TÜV-Skandal? („Spiegel-Online“)
 
Zwanzig Prozent für neue Linkspartei: Spanier(innen) verpassen
den Etablierten einen Denkzettel („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz