525. Bremer Montagsdemo
am 29. 06. 2015  I◄◄  ►►I

 

Wenn die Armen nicht für Schulden der Reichen zahlen, heißt das „ganz anderes Wirtschaftssystem“

Hans-Dieter BinderGriechenland will in der EU bleiben, den Euro behalten und lässt am Sonntag wahrscheinlich abstimmen. Veröffentlicht wird der letzte ultimative Einigungsvorschlag für Griechenland. Die Griechen sollen darüber abstimmen, ob sie diese Belastungen nun akzeptieren wollen oder nicht. Es gibt viele Informationen über den Verhandlungsreigen mit beziehungsweise über Griechenland. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat am Donnerstag, dem 25. Juni 2015, über die Verhandlung berichtet – mit der Schlagzeile „Forderungen, die Athen niemals erfüllen kann“.

Kurz vor Sitzungsbeginn haben die Kreditgeber neue Forderungen erhoben, von denen sie wussten, dass diese für die griechische Regierung untragbar sind. Es wurde klar: Die Gläubiger wollen nicht auf die Sparvorschläge der Griechen eingehen; der neueste war vom Montag, dem 22. Juni. Laut „Süddeutscher Zeitung“ sind „selbst die kleinen Annäherungen wieder gestrichen“.

Am Sonntag hatte die ARD-Sendung mit Günther Jauch dieses Thema. Die Debatte war energiegeladen und voller suggestiver Unterstellungen. Nach circa vier Minuten wird die Verhandlung geschildert, und Klaus Regling, geschäftsführender Direktor der „Euro-Rettungsschirme“ ESF und EFSF, bestreitet die Vorlage neuer Forderungen durch die Gläubiger.

Deren Forderungen hatte die „Süddeutsche“ zu diesem Zeitpunkt bereits veröffentlicht. Die Schilderung Reglings ist daher unerklärlich oder nicht glaubwürdig. Fragwürdig ist somit auch seine Schilderung über die Beweglichkeit der Gläubiger. Anja Kohl hat Herrn Regling geglaubt und folglich Griechenland für die Kurzfristigkeit stark kritisiert. Wolfgang Schäuble soll als einziger Finanzminister den Vorschlag Griechenlands von Montag, dem 22. Juni 2015, insgesamt abgelehnt haben.

Angesprochen wurde auch die Besteuerung griechischer Schiffseigner. Das Steuerprivileg der Reeder steht in der Verfassung des Landes. Änderungen sind mit einer Frist von acht Jahren möglich. Schiffseigner zahlen nur ein Dreißigstel der normalerweise fälligen Einkommenssteuer. Deutschland soll diese Steuervorteile für Schiffseigner inzwischen in das deutsche Steuerrecht übernommen haben.

Die „Lagarde-Liste“ mit den Guthaben in der Schweiz unter Nennung der Kontoinhaber wurde nicht abgearbeitet. Die neue Regierung ist dabei, aber es dauert. Die Schweizer Regierung hat eine fünfzehnprozentige Pauschalsteuer angeboten. Griechenland hat abgelehnt, denn dies wäre eine Belohnung der Steuerhinterzieher. Regling schilderte, dass Griechenland erhebliche Zugeständnisse bei der Tilgung und Verzinsung gemacht wurden. Der Zinssatz beträgt aktuell ein Prozent plus ein Prozent vom erwirtschafteten Bruttosozialprodukt. Die EZB fordert zurzeit aber nur 0,05 Prozent Zinsen für Kredite.

Bei der Aufzählung der Kürzungen hat Syriza-Ökonom Paraskevopoulos auch auf die bereits laufenden Rentenkürzungen in Deutschland (siehe 498. Bremer Montagsdemonstration) hingewiesen. Nachdenklich macht die Fassungslosigkeit Edmund Stoibers: Diesmal sollen die Armen nicht für die Schulden der Reichen zahlen! Das als „ganz anderes Wirtschaftssystem“ zu bezeichnen, ist stark. Regling hat die Bezeichnung gleich übernommen und die Griechen gewarnt, diesen Weg fortzusetzen. Frau Kohl stellte Stoiber die Frage: „Geht es wirklich weiter so?“ Wie sehr leiden die anderen Völker unter den Kürzungen und Reformen, wie sehr haben die Griechen bereits gelitten!

Der „Weser-Kurier“ sieht „Premier Tsipras in der Sackgasse“. Dieser Artikel geht scheinbar von den vielen Schilderungen der Verhandlungen aus. Der Bericht der „Süddeutsche Zeitung“ vom letzten Mittwoch und die abweichende Schilderung in der Sendung von Günther Jauch zeigen diese Verhandlungsrunden in einem ganz anderem Licht: Der Abbruch wurde klar und vorsätzlich durch die Gläubiger herbeigeführt. Das Referendum ist kein geplanter „Schachzug der Griechen“, sondern einfach Notwehr. Wieso die Vorschläge Griechenlands „die Grundprinzipien, auf die die Gemeinschaftswährung beruht, verraten“ sollen, ist nicht nachlesbar. Diesmal sollen die Armen nicht für die Schulden der Reichen zahlen! Ich glaube, daran sollten wir uns künftig halten.

„Monitor“ hat Frau Merkel und die Herren Gabriel, Schäuble und Juncker unterdessen beschuldigt, die griechische Regierung absichtlich auszugrenzen, um sie so schnell wie möglich loszuwerden. Die von Juncker veröffentlichte Verhandlungsgrundlage stimmt außerdem nicht mit der von der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlichten Unterlage überein: Bei Herrn Juncker fehlt einiges!

Die Liste der Lügner ist aber noch länger: Sie ist um Herrn Regling, den geschäftsführenden Direktor der „Euro-Rettungsschirme“ ESF und EFSF, zu ergänzen. Erneut wird diese Regierung der beständigen Lüge überführt! Unterstützt wird sie dabei durch die anderen Funktionsträger im EU-Auftrag. Einfach unhaltbar! Deshalb ruft „Blockupy Bremen“ auf zur Demonstration am Freitag, dem 3. Juli 2015, um 16 Uhr ab Ziegenmarkt unter dem Motto: „Nein! Oxi! No! zur Kürzungspolitik – Ja zur Demokratie!

Weitere Details sind unter Nutzung der Suchmaschine auf unserer Seite zu lesen. Zu finden sind viele Informationen über Entscheidungen und Weichenstellungen, die sozial betrachtet anders sein müssten. Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre und Eure Meinung und Erfahrung. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
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