SPIEGEL ONLINE - 22. August 2005, 07:56
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Hartz-Folgen
 
Bundesagentur bekommt Computerchaos nicht in den Griff

Die Bundesagentur für Arbeit hat laut einem Pressebericht weiter mit massiven Computerproblemen zu kämpfen. Vor 2007 ist mit einem Ende der chaotischen Zustände demnach nicht zu rechnen.

Hamburg - Derzeit seien 160 Entwickler zum Teil nächtelang im Einsatz, um pünktliche Auszahlungen von Leistungen sicherzustellen und das pannenanfällige Arbeitslosengeld-Programm in den Griff zu bekommen, berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Spezialisten der Behörde. Im Juli habe ein umfangreicher Systemabsturz dazu geführt, dass 400.000 Empfänger ihre Zuschüsse und Nachzahlungen erst acht Tage zu spät bekamen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bestätigte gegenüber SPIEGEL ONLINE den Vorfall. "Wir haben im Juli eine neue Programmversion eingeführt. Dabei gab es Probleme", sagte eine Sprecherin.

Ein schnelles Ende des Durcheinanders ist demnach nicht absehbar. Nach interner Einschätzung von Experten der Bundesagentur werde davon ausgegangen, dass die Software der Telekom-Tochter T-Systems frühestens in zwei Jahren so laufen wird, wie ursprünglich zugesagt.

Fehler im Computersystem der Bundesagentur haben bereits in der Vergangenheit immer wieder Schlagzeilen gemacht. So hat die BA in mehreren hunderttausend Fällen Meldungen zur Krankenversicherungen von Arbeitslosengeld-II-Empfängern ohne Grund storniert.

Die falschen Storno-Meldungen betrafen An- und Abmeldungen sowie Veränderungsmitteilungen. Bei den Krankenkassen entstand deswegen erheblicher Verwaltungsaufwand.
 


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SPIEGEL ONLINE - 03. September 2005, 12:25
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Hartz-Programm
 
Bundesagentur droht Software-GAU

Die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit bekommt die Probleme mit der Arbeitslosen-Software nicht in den Griff. Nun erwägt die Behörde, das Programm für das Arbeitslosengeld II vollständig neu entwickeln zu lassen.

Hamburg - Grund sind nach SPIEGEL-Informationen die zahlreichen Fehler im existierenden Computerprogramm, über die eine Krisenrunde aus Vertretern von Bundesagentur, Wirtschaftsministerium und Kommunalverbänden vergangenen Dienstag in Berlin beriet. Demnach sind zu den bereits bekannten Computerproblemen in den vergangenen Wochen zahlreiche neue Schwierigkeiten hinzugekommen, so dass die Nürnberger Agenturzentrale die Software inzwischen als "nicht mehr wartungs- und entwicklungsfähig" einstuft.

Zum Beispiel führen die Jobcenter derzeit monatlich bis zu 25 Millionen Euro zu viel an Krankenkassenbeiträgen ab, weil das Programm wichtige Berechnungsgrundlagen nicht korrekt verarbeitet. Zudem musste die Behörde einräumen, dass eine verbesserte Software-Version nicht wie geplant in diesem, sondern erst im nächsten Jahr aufgespielt werden kann. Für rund 60 Verwaltungsvorgänge müssen die Sachbearbeiter deshalb weiterhin auf Behelfslösungen zurückgreifen; wollen sie etwa Sanktionen für Arbeitsunwillige verhängen oder Darlehen an Bedürftige vergeben, können sie dazu nicht das eigentlich vorgesehene Computerprogramm nutzen.

Um die Probleme zu beheben, will die Krisenrunde nun bei einem Experten-Workshop unmittelbar nach der Bundestagswahl grundlegende Alternativen debattieren: Entweder sollen angepasste Computerprogramme für jede der rund 350 Arbeitsgemeinschaften erstellt oder eine neue bundesweite Zentral-Software erarbeitet werden. Der Programmhersteller T-Systems will an der Weiterentwicklung der Software dagegen festhalten und die aufgetretenen Mängel so schnell wie möglich abstellen.
 


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