513. Bremer Montagsdemo
am 23. 03. 2015  I◄◄  ►►I

 

Wird die „Jugendberufsagentur“ wie die „Joboffensive“ als Sanktionsschleuder missbraucht?

Hans-Dieter Binder1. Die aktuelle Regierung Griechenlands will die ärmsten Menschen schützen und die reichen Bürger stärker zur Kasse bitten. Bitte zum Verständnis auch meinen Beitrag zur vor­herigen Bremer Montagsdemonstration lesen. Der Umgang mit der griechischen Regierung entspricht dem Umgang mit den Länderregierungen und den Bürgermeistern in Deutschland, sobald ein Haushalt nicht ausgeglichen ist. Die Schuldenbremse macht es möglich!

Dass Wolfgang Schäuble sehr gereizt auf die neuen Ansprechpartner reagiert hat, war in den Nachrichten zu beobachten. Sahra Wagenknecht hat zu Griechenland und den Umgang Deutschlands mit den anderen Staaten am 19. März 2015 im Deutschen Bundestag gesprochen. Ich kann diese Rede voll unterstützen, jede Facette! Das Dilemma der deutschen Politik wurde treffend dargestellt. Die Selbstmordrate in Griechenland ist aktuell zurückgegangen! „Schäuble belügt die Bevölkerung“, lautet die Überschrift der ergänzenden Pressemitteilung.

„Nicht nur Schäubles Starrsinn wird langsam zu einem Problem. Der Finanzminister scheint taub und blind zu sein, wenn er behauptet, er wisse nicht, was die griechische Regierung eigentlich vorhabe. Die griechische Regierung will die Not der ärmsten Bevölkerungsschichten lindern, die Reichen stärker besteuern und die Korruption bekämpfen, statt wie bisher in korrupter Komplizenschaft mit den griechischen Oligarchen und der Troika die eigene Bevölkerung auszuplündern. Außerdem fordert die neue griechische Regierung ein Aufbau- und Investitionsprogramm, damit sich die griechische Wirtschaft erholen kann, da nur dann entsprechende Erlöse für den Schuldendienst erwirtschaftet werden können. Was ist daran eigentlich so schwer zu verstehen?“

Die Berichte über die Finanzen Griechenlands wurden von der Vorgängerregierung gefälscht. Die falschen Zahlen wurden der EU vorgelegt, die um die Entstehung dieser Zahlen wusste. Den Betrug vereinfacht dargestellt: Das Geld wurde von Goldmann Sachs nicht Kredit genannt, sondern auf der Habenseite ausgewiesen. Dieses nicht vorhandene Geld wurde so als vorhandenes Geld deklariert. Natürlich viel verwirrender, als Derivategeschäft dargestellt. Die EU hat geprüft und akzeptiert. Sachbearbeiter bei Goldmann Sachs war damals Mario Draghi. Goldmann Sachs soll dabei 1,2 Milliarden Euro verdient haben. In der Dokumentation „Goldmann Sachs – eine Bank lenkt die Welt“ wird unter anderem dieser Sachverhalt geschildert, siehe auch vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

Das „Handelsblatt“ hat 2010 darüber berichtet: „Die Affäre um die langjährige Verschleierung des griechischen Haushaltsdefizits bringt jetzt auch den italienischen Notenbankchef Mario Draghi in Erklärungsnot. Draghi war bei Goldman Sachs zuständig für die Geschäfte mit Staaten – und in seine Amtszeit fällt die mutmaßliche Beteiligung der Investmentbank an undurchsichtigen Finanztransaktionen“. „Fehler zuzugeben fällt Goldman Sachs offenbar nicht leicht. Immerhin räumt der Finanzkonzern aber Versäumnisse bei den Derivategeschäften ein, die Griechenland den Weg zum Euro-Beitritt ebneten.“

Nicht nur Griechenlands Bevölkerung leidet unter den Sparvorgaben der EU. Im „Weser-Kurier“ wurde Kritik an der neuen griechischen Regierung mit der Feststellung verbunden: „In Brüssel weiß man, dass das bisherige Rezept sehr wohl funktioniert – das haben Irland, Portugal, Spanien und sogar Zypern bewiesen.“ Es hat tatsächlich überall geklappt, aber zu einem unakzeptablen Preis. Die Ärmsten haben besonders gelitten, das Leiden ist nur für die Toten vorbei. Am nächsten Tag heißt es in der gleichen Rubrik: „Lange wird der junge Wilde seine Re­vo­luz­zer­spiel­chen nicht mehr treiben können.“

Leider eine weitverbreitete Meinung, die besonders von der „Bild“-Zeitung und dem Bundesfinanzminister forciert wird. Der „junge Wilde“ hat bereits jetzt vielen Landsleuten das Leben erhalten. Sie haben wieder eine Perspektive! Im Artikel „Von Fingern und Mächten“ vom Freitag, dem 20. März 2015, stand: „Spätestens wenn Griechenland seine Krise als Euro-Mitglied meistert, ist der Nachweis erbracht, dass die Währungsgemeinschaft auf Dauer angelegt ist und funktioniert. Dann kann die europäische Einheit vertieft werden.“ Diese Meinung teile ich!

Empört und erschüttert bin ich deshalb von Arpad Bondys und Harald Schumanns Fernsehfilm aus der Reihe „Die Story im Ersten“. Dieser Film wird wie folgt angekündigt: „Mit dem Regierungswechsel in Griechenland ist eine Institution in den Vordergrund gerückt, die in keinem EU-Vertrag jemals vorgesehen war: die Troika. Mehr als 500 Milliarden Euro haben die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds den Krisenländern Griechenland, Irland, Portugal und Zypern geliehen, um sie zahlungsfähig zu halten. Aber im Gegenzug übertrugen die Kreditgeber nicht gewählten Beamten aus den drei Institutionen IWF, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission – der Troika – eine enorme Macht. Ohne jede öffentliche Kontrolle zwangen die Beamten den Regierungen eine Politik auf, die das soziale Gefüge zerreißt und die Demokratie außer Kraft setzt.

Nach dem mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten Film ‚Staatsgeheimnis Bankenrettung‘ fragt der Wirtschaftsjournalist und Bestsellerautor Harald Schumann nun: Was passiert mit Europa im Namen der Troika? Die Dokumentation von Arpad Bondy und Harald Schumann analysiert Versäumnisse und die bisherige Sparpolitik in Europa, die zu den heutige Ereignissen in Griechenland führten. In allen Krisenländern forcierte die Troika eine radikale Lohnsenkung, die das Gegenteil der erklärten Ziele erzeugt: Immer mehr Menschen verlieren ihre Arbeit. So treibt das Spardiktat auch in den ‚Musterländern‘ Irland und Portugal so viele verzweifelte Menschen in die Emigration, dass andauernder wirtschaftlicher Niedergang droht.

Gleichzeitig können die Privilegierten sich weiterhin der Besteuerung entziehen und – veranlasst von der Troika – das verbliebene Staatseigentum zum Billigpreis erwerben. So vertieft die Krisenpolitik die Spaltung zwischen Arm und Reich dramatisch und verwandelt das europäische Projekt von einer Hoffnung in eine Bedrohung.“ Wer den Film gesehen hat, wird meine Empörung verstehen. Die regierungsamtlichen Informationen festigen die Vorurteile der Völker, Desinformationen werden so durch Tatsachen ersetzt! Nach meinem Gespür eilt es. Macht der EZB klar: Wenn Griechenland ausgetrickst wird, hat dies eine Langzeitwirkung!

 

2. Im „Weser-Kurier“ wurde das Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft vorgestellt: „Die europäischen Volkswirtschaften dümpeln vor sich hin, etliche schrumpfen sogar: die spanische und die italienische seit 2010 um drei, die portugiesische um vier, die griechische gar um 22 Prozent. Das liegt an einer ausgeprägten Investitionsschwäche: Wo nicht investiert wird, schrumpft die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit steigt, das Land verarmt.“ Treffender können die Auswirkungen der Sparvorgaben der EU kaum zusammengefasst werden!

Die Lösung, weiteres Geld zur Ankurbelung der Wirtschaft anzubieten, ist umstritten: Damit die Staaten sich in dieses Programm einbringen und eventuell eine weitere Verschuldung vornehmen, will die EU alle Mitgliedstaaten, die dem Fonds Geld geben, bei der Kontrolle, ob die Obergrenzen des Pakts eingehalten werden, „wohlwollend“ behandeln. Es geht um über 300 Milliarden Euro. Nicht eingegangen ist der Artikel auf die geplanten besonderen Sicherheiten für die In­ves­to­ren.

Die bisherigen Projekte in Deutschland mit einer Finanzierung in „öf­fent­lich-pri­va­ter Part­ner­schaft“ wurden für den Steuerzahler immer wesentlich teurer. Die Investoren haben sich meist eine Mindestgewinn-Zusage ertrotzt. Wo da noch die Notwendigkeit für eine bessere Absicherung besteht, erschließt sich für mich nicht. Die kommende Schuldenbremse in Deutschland schwächt die Verhandlungsbasis der öffentlichen Hand gegenüber den Kapitalgebern nochmals erheblich! Investitionen in die privaten Unternehmen scheitern augenblicklich oftmals an den vorhandenen Liquiditätsreserven der Unternehmen.

Diese Programm von Herrn Juncker steht im Wettbewerb zur Geldflut der Europäischen Zentralbank: Herr Draghi kauft jeden Monat für 60 Milliarden Euro Anleihen und Schuldverschreibungen. Es geht um über eine Billion Euro. Die ersten Auswirkungen: Der Wechselkurs des Euros fällt, der Dax explodiert, die Kaufkraft des Inhalts der Lohntüte schrumpft. Alles wie geplant! Die Begründung des Programms war die Deflation; die Preissteigerungen waren Herrn Draghi nicht hoch genug. Die Ursache waren aber lediglich die sinkenden Energiepreise: Weil der Euro an Wert verliert, müssen wir entsprechend mehr für importierte Energie und alle anderen Importe bezahlen.

Die Überlappung beider Programme wird auch aus der Einschätzung von „N-TV“ für die Ankäufe der EZB sichtbar: „Das frische Geld kommt im Idealfall über die Geschäftsbanken, denen die Zentralbank Anleihen abkaufen will, in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Das könnte Konsum und Investitionen anschieben.“ Der „Weser-Kurier“ meldet: „Dax durchbricht die 12.000-Punkte-Marke, Experten warnen vor Spekulationsblasen“ und verweist auf das Wechselrisiko: „Im vergangenen Jahr bekamen sie für einen Euro im Schnitt 1,33 Dollar, zuletzt waren es gerade noch 1,05 Dollar.“

 

3. Die Freihandelsabkommen sind immer für eine negative Überraschung gut. In einem Entwurf soll stehen, dass dieser Vertragstext auch fünf Jahre nach dem Inkrafttreten nicht veröffentlicht werden darf. Bei der Maut soll eine Investorenschutzklausel mit Schiedsgericht vereinbart sein, zwischen dem deutschen Minister und deutschen Unternehmen. Der Vertragstext ist geheim, siehe 492. Bremer Montagsdemonstration. Wieso? Gehen Sie zu dem Abgeordneten Ihrer Wahl in die Sprechstunde, machen Sie ihm klar, was Sie von dieser Geheimhaltung halten und was Sie erwartet!

Zwar werden weitere Details der Freihandelsabkommen bekannt, aber noch immer wird getrickst und geschwiegen. Bei „Quer“ vom 19. März 2015 wird der Bericht über TTIP wie folgt angekündigt: „Da gibt’s erhebliche Risiken. Christoph Süß spricht mit Thilo Bode über das geplante Freihandelsabkommen mit den USA. Bode ist Volkswirt, arbeitete für ‚Greenpeace‘ und gründete die Verbraucherschutzorganisation ‚Foodwatch‘.“

Herr Bode stellt sein Buch vor. Bereits die erste Frage nach dem Gen- Anbau zeigt die Eingriffe von TTIP, insbesondere durch die Investorenschutzklausel. Bei TTIP ist die Geheimhaltung Programm! TTIP greift in alle Lebensbereiche ein. Wenn der Vertrag den Länderparlamenten vorgelegt wird, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Annehmen oder Ablehnen. Eine Änderung, eine Diskussion ist dann nicht mehr möglich! Ich bin für die Ablehnung, wenn nicht alles vorher offengelegt wurde und die vielen Negativklauseln beseitigt wurden. Die Industrie kann sich inzwischen weiterhin auf Standards verständigen. Zölle gibt es eh kaum noch.

Herr Bode war auch Gast bei „Titel, Thesen, Temperamente“ am 22. März 2015. Der Inhalt: „Gerade stehen wir vor einer wegweisenden Entscheidung: Frei­han­dels­ab­kom­men wie TTIP sollen den Verkehr von Waren und Dienstleistungen vereinfachen. Die Verhandlungen zwischen Europa und den USA sind streng geheim. Die Verantwortlichen behaupten, von TTIP hänge unsere wirtschaftliche Zukunft im Wettbewerb mit China ab. Aufgrund der massiven Proteste schwenkt die Bundesregierung gerade um und beschwichtigt, die Bürger hätten von TTIP nichts zu befürchten. ‚Wenn Sie sehen, wie stark China und Asien an Bevölkerungszahl und wirtschaftlichem Gewicht wachsen, dann merkt man, wie sehr Europa dabei gleichzeitig schrumpft‘, sagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. ‚Europa braucht Partner, um in einem offenen Welthandel nicht überrollt zu werden.‘

Doch wollen wir das wirklich, dass sich unsere Wirtschaft an China orientiert? Dass die dortigen Arbeits- und Lebensbedingungen zum Maßstab werden? Kluge Ökonomen sagen, dass sich der Wettbewerb zwischen Europa und Asien nicht am Abbau von Handelshemmnissen entscheiden wird, sondern an der Frage, wer die besten Produkte liefert. ‚Wie soll das denn aussehen?‘, fragt Thilo Bode von ‚Foodwatch‘. ‚Werden in zehn Jahren die Chinesen plötzlich bessere Standards haben für Lebensmittel für Babys? Das ist doch prima. Dann kaufen wir die.‘“ – Schleich-Fernsehen“ hatte am 19. März 2015 Peer Steinbrück zum Gespräch. Thema war sein neuer Arbeitgeber aus der Ukraine im zweiten Beitrag. Gut gemacht!

 

4. „Titel, Thesen, Temperamente“ zeigte einen Beitrag über Freeports, „die steuerfreien Luxusoasen für die Kunstschätze von Superreichen“: „‚In den Freeports lagern für ungefähr 4.000 Milliarden US-Dollar Kunstgegenstände‘“, sagt Friedrich Schneider, Wirtschaftsprofessor an der Universität Linz. ‚Davon sind 1500 Milliarden mit kriminellem Hintergrund behaftet, dass heißt sie sind hinterzogen oder gestohlen.‘ Besonders wichtig: die perfekte Lage neben dem Flughafen. Die Wertgegenstände werden direkt aus dem Flieger in einen der hundert Lagerräume umgeladen... Der neueste Freeport steht mitten in Europa, in Luxemburg... Dass Superreiche angelockt werden, dafür hatte Jean-Claude Juncker noch als Luxemburger Ministerpräsident persönlich gesorgt. Er brachte ein Gesetz auf den Weg, dass im Freeport Steuerfreiheit gewährt. Derselbe Mann, der als EU-Kommissionspräsident diese Woche einen Gesetzentwurf gegen Steuerdumping in Europa präsentieren ließ.“

Eine Steigerung der Steuerbetrugsmöglichkeiten und der organisierten Kriminalität – und wieder Herr Juncker! Ohne die Sondervereinbarungen mit den großen und ertragreichen Konzernen in Luxemburg wäre das Steueraufkommen in Deutschland spürbar höher, auch in den anderen EU-Ländern, siehe Bremer Montagsdemonstrationen. Warum fordert Deutschland nicht die Aufhebung aller Verträge über steuerliche Vorteile von der Luxemburger Regierung? Ist auch hier die Untätigkeit eine Referenz an die Superreichen? Auch befristete Verträge können gekündigt werde. Wenn ein Steuerpflichtiger sich der Aufkündigung widersetzt – ab in die Medien! Den Rest erledigen die Verbraucher. Aber wie soll dies mit Herrn Schäuble gehen?

 

5. Sahra Wagenknecht hat am 15. März 2013 im Bundestag das Finanzgebaren der Banken angesprochen (Seite 12 des Sitzungsprotokolls): „Wo ist der Aufschrei der Bundesregierung angesichts des aktuellen Richtlinienentwurfs der EU-Kommission, nach dem eine Gläubigerhaftung bis 2018 ausgeschlossen werden soll? Und hören Sie doch auf, uns zu erzählen, diese elende Bankenretterei auf unser aller Kosten wäre im Interesse des Kleinsparers! Das ist nun wirklich eine der dümmsten Lügen.“ Die EU wollte die Straffreiheit für betrügerische Banken (Quelle: Roger Willemsen, „Das hohe Haus“, Seite 151).

Die Rede von Frau Wagenknecht ist insgesamt lesenswert und trifft den Nerv! Über die Finanzgebaren der Banken ist einiges bei den vorherigen Bremer Montagsdemonstrationen nachlesbar. Wie umfangreich getrickst und betrogen wurde, ergibt sich auch aus einem Bericht über die Bestrafung der Commerzbank durch die USA. Die Bank muss rund 1,5 Milliarden Euro zahlen. Im „Weser-Kurier“ stand, dass die Commerzbank zur Verschleierung Kundendaten gelöscht hat. Es soll sich um rund 60.000 Transaktionen mit einem Volumen 253 Milliarden Dollar gehandelt haben.

 

6. Die weltweite Abschöpfung aller Informationen läuft mit Eigendynamik. Die NSA kann und will jedes Handy in eine Wanze verwandeln, auch jedes Telefon und jedes internetfähige Gerät. Samsung hat vor dem eigenen sprachgesteuerten Fernseher gewarnt. Alles ist möglich. Es wird noch ausgebaut. Die Gesichtserkennungssoftware ist auf der Zielgeraden. Dann lassen sich Gespräche, Daten, Gesichter und Personen zueinander bringen, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

Diese Bundesregierung sieht den Handlungsbedarf beim Datenschutz nicht, im Gegenteil: Mit ihrem Projekt „Industrie 4.0“ werden auch geheimste Betriebsdaten ins Netz gehen. Alles ungeschützt, weil über den gesetzlich vorgeschriebenen „Hintereingang“ jeder Telefonanlage in Deutschland das IT-Netz jederzeit zu knacken ist. Dieser Hintereingang ist dem Bundesnachrichtendienst bekannt – aber nicht dem Besitzer der Telefonanlage! Die Verschlüsselung von Mails findet der Bundesnachrichtendienst nicht schlimm: „Diesen Nutzern werden wir einen Trojaner auf dem Rechner platzieren. Dann lesen und hören wir weiterhin mit.“

 

7. Atomtechnik ist unbeherrschbar. Strahlung tötet. Selten hört man dies in den Nachrichten. Zum Jahrestag der Katastrophe von Fukushima hat „3Sat“ am 6. März 2015 eine Dokumentation gesendet. Die Ankündigung: „Fukushima und die Wahrheit hinter dem Super-GAU. „Wissen wir alles, was im März in den Reaktorblöcken 1 bis 4 des Atomkraftwerks in Fukushima passierte? Die Frage ist berechtigt, denn die Verantwortlichen in Japan haben nichts unversucht gelassen, um die Details und den Umfang der Katastrophe vor der eigenen Bevölkerung und der Weltöffentlichkeit zu verbergen.“

Und in Deutschland? „Das Bundesamt für Strahlenschutz hat am Mittwoch die vom Atommülllager Asse im Kreis Wolfenbüttel ausgehenden Gefahren relativiert“, meldet der „Weser-Kurier“. „Noch 2008 habe der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Asse als ‚problematischste kerntechnische Anlage, die wir in Europa finden‘ bezeichnet, sagte Peter Dickel vom ‚Asse-2-Koordinationskreis‘“. Keiner kennt den tatsächlichen Inhalt des Lagers Asse. Ich erinnere mich noch an die Vorladung des Chefs von Siemens. Er lehnte ab: „Wir haben entsprechend den damaligen Bestimmungen angeliefert.“ Betrieben wurde das Atommülllager Asse nach dem Bergrecht, nicht nach atomrechtlichen Vorschriften, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

 

8. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen sieht die „Jugendberufsagentur auf gutem Weg: Start im Mai 2015. Jugendliche ohne Abschluss können ab dem kommenden Jahr die Unterstützung der Jugendberufsagentur Bremen-Bremerhaven in Anspruch nehmen. Als gemeinsame Einrichtung der drei Ressorts Bildung, Arbeit und Soziales, des Magistrats Bremerhaven sowie der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven und der Jobcenter in Bremen und Bremerhaven richtet sich die Jugendberufsagentur an junge Menschen bis zum 25. Lebensjahr, die keinen Berufsabschluss haben. Die Jugendberufsagentur berät, begleitet und orientiert auf dem Weg zu einem Berufs- oder Studienabschluss.

Die Jugendberufsagentur kann voraussichtlich im Mai 2015 ihre Arbeit aufnehmen. Sie wird drei regionale Standorte haben und zunächst in Bremen-Mitte und Bremerhaven mit der Beratung der Jugendlichen beginnen. Der weitere Standort in Bremen-Nord wird im Laufe des Jahres 2015, spätestens zu Beginn 2016 eröffnet. Ziel der Jugendberufsagentur ist die direkte Vermittlung in betriebliche oder schulische Ausbildung oder ins Studium. Um dies zu erreichen, arbeitet sie eng und vertraglich gebunden mit den zuständigen Kammern und Unternehmensverbänden zusammen.“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wieso erst jetzt? Hört damit die Spal­tung der Jugendlichen in „ausbildungsfähig“ und „nicht ausbildungsfähig“ auf? Für diese Frage von Jugendlichen fühlte sich Bürgermeister Böhrnsen nicht zuständig. Die Einteilung in „Kästen“ erfolgt weiterhin.

Die „Jugendberufsagentur“ gibt es auch in Hamburg: „Im September 2012 hat Hamburg als erstes Bundesland flächendeckend eine Jugendberufsagentur eingerichtet, um junge Menschen unter 25 in Ausbildung oder Beschäftigung zu vermitteln. Sie finden dort Beratung und Hilfe aus einer Hand. An den Vorbereitungen der Jugendberufsagentur war das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms ‚Perspektive Berufsabschluss‘ bis März 2012 geförderte Projekt „Kora“ beteiligt. Das Konzept der Jugendberufsagentur wurde auf dem Bildungskongress des Deutschen Städtetages 2012 in München nun als ‚Best-practice‘-Beispiel vorgestellt.“ Für Hamburg steht als Teilziel Folgendes: „Alle schulpflichtigen Jugendlichen werden so lange aktiv angesprochen, bis sie eine Ausbildung beziehungsweise Arbeit aufgenommen haben.“

Dieses Teilziel macht mich nachdenklich, weil in der Vergangenheit junge Menschen, die eine Ausbildung beginnen wollten, vom Sachbearbeiter des Jobcenters in ein normales Arbeitsverhältnis vermittelt wurden. Dies auch noch befristet. Ist es einfach so, dass die Jugendberufsagentur nur die Arbeit des Jobcenters und der Bundesagentur für Arbeit fortsetzt? Ich hoffe wirklich, mit mehr Möglichkeiten und Fingerspitzengefühl! Auf der Hamburger Website steht folgender Finanzierungshinweis: „Das Programm ‚Perspektive Berufsabschluss‘ wird gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Europäischen Sozialfonds“.

Bremen hat mit der Deputationsvorlage vom 6. Februar 2014 seine Ziele und den Weg für die Jugendberufsagentur aufgezeigt. Auf Seite 3 unten steht: „Rund 400 junge Menschen (6,8 Prozent der altersgleichen Bevölkerung) verlassen im Land Bremen jährlich das allgemeinbildende Schulsystem ohne Abschluss... Im Jahr 2010 verfügten knapp 22 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 29 Jahren, die im Land Bremen einer Erwerbstätigkeit nachgingen, über keinen Berufsabschluss. Zum Stichtag 31. Dezember 2013 wurden fast 4.600 arbeitsuchende Personen im Alter von 20 bis unter 30 Jahren als Ungelernte in den Statistiken des SGB II und III geführt, davon waren 2.000 Personen zwischen 20 und unter 25 Jahren alt.“

Damit ist klar: Es besteht Handlungsbedarf. Beginnen soll alles noch vor der Wahl zur Bürgerschaft. Das „Bremer Bündnis soziale Arbeit“ merkt an, es gehe hier eigentlich um Jugend-Jobcenter. Die „Jugendberufsagentur“ darf keinesfalls wie die „Joboffensive“, die Erwerbslose über 25 Jahre verwaltet, als „Sanktionsschleuder“ missbraucht werden. Das Jobcenter wird aber scheinbar wie bei der „Joboffensive“ dieses neue Konzept umsetzen. Ist es also nur alter Wein in neuem Schlauch? Die „Joboffensive“ hat alle Ziele verfehlt, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

Auf Seite 4 steht in der Deputationsvorlage: „Ein gewisser Anteil der Zielgruppe ‚verschwindet‘ zumindest zeitweise aus den Systemen, sodass der Verbleib bei keiner der unterstützenden Institution bekannt ist“. Einige dieser „verschwundenen“ Jugendlichen wurden per Sanktion auf die Straße gesetzt. Dies kann aber nur gelingen, weil die Jugendlichen sich nicht gewehrt haben. Weglaufen ist einfach... die schlechteste Lösung. – Noch Fragen? In Bremen gibt es ein gutes Netz von Beratungsstellen, und wir sind jeden Montag ab 17:30 Uhr in Bremens „guter Stube“. Wir haben ein offenes Mikrofon – für Lob und Tadel, nicht für Nazis und nicht für Rassisten. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Vorladen bis zur Unterschrift: Jobvermittler rekrutieren sich selbst („Spiegel-Online“)
 
Erschöpft von Zehn-Stunden-Schichten: Emmely ist tot („Neues Deutschland“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz