SPIEGEL ONLINE - 19. August 2005, 15:24
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,370508,00.html

Neuwahlen
 
Linkspartei kann in allen Bundesländern antreten

Jetzt ist es offiziell: Die Linkspartei kann bei der geplanten Bundestagswahl zusammen mit Kandidaten der WASG in allen Bundesländern antreten. Die Landeswahlausschüsse erklärten die offenen Listen, auf denen sich auch viele Mitglieder der WASG finden, für zulässig.

Berlin - Die Entscheidung fiel heute nach nochmaliger öffentlicher Anhörung in allen Wahlausschüssen der Länder. Staats- und Parteienrechtler äußerten weiter Bedenken gegen die gemeinsame Liste der ehemaligen PDS mit Kandidaten der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG).

Nach Auskunft der einzelnen Landeswahlleiter gab es in keinem der Bundesländer ernsthafte Einwände gegen die Beteiligung der Linkspartei an der Bundestagswahl. So sagte beispielsweise die sächsische Landeswahlleiterin Irene Schneider-Böttcher, dass die ehemalige PDS die tragende Partei sei, die sich für andere geöffnet habe. Eine unzulässige Listenverbindung von mehreren Parteien liege nicht vor.

Der rheinland-pfälzische Landeswahlleiter Jörg Berres erklärte in Mainz, die Linkspartei habe die formellen Bedingungen des Wahlvorschlags erfüllt. So sei die Aufstellung der Bewerber "zweifelsfrei nach demokratischen Verfahrensgrundsätzen" erfolgt.

Es sei für die Zulassung unerheblich, dass auf aussichtsreichen Plätzen Mitglieder der WASG kandidierten. Der hessische Landeswahlausschuss führte aus, die in der Öffentlichkeit geäußerten Bedenken hätten nicht nachvollzogen werden können, weil die Anforderungen des Wahlgesetzes von der Linkspartei erfüllt worden seien.

Bodo Ramelow, Wahlkampfleiter der Linkspartei, sagte im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, die Spekulationen über rechtliche Tricks der Linkspartei würden nun in sich zusammenfallen. "Die Menschen in ganz Deutschland werden auf dem Wahlzettel eine echte linke Alternative haben - das sind wir."

Staatsrechtler kündigt Verfassungsbeschwerde an

Der Bonner Staatsrechtler Wolfgang Löwer bekräftigte indes, dass er den Einzug der Linkspartei mit Kandidaten der WASG in den Bundestag nicht hinnehmen werde. Löwer kündigte an, nach dem 18. September fristgerecht Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einzulegen. Zur Begründung sagte er, es gehe nicht an, dass zwei Parteien, die allein kaum die Fünf-Prozent-Klausel überwinden könnten, mit Hilfe solcher "Umgehungsgeschäfte" in das Parlament einzögen. Löwer ist sich sicher, dass er die für die Verfassungsbeschwerde notwendigen 100 Unterstützer-Unterschriften zusammenbekommt.

Der Düsseldorfer Staats- und Parteirechtler Martin Morlock sagte im Westdeutschen Rundfunk, es sei grundsätzlich nicht verboten, dass eine Partei Kandidaten einer anderen auf ihre Liste nehme. Zwar schreibe das Wahlgesetz das Ein-Parteien-Prinzip vor, doch könne man den aktuellen Vorgang eines Antretens der Linkspartei plus Kandidaten der WASG als "eine Anpassung an die Gesetzeslage" bezeichnen. Man könne zwar auch sagen, "das ist eine Trickserei", doch habe sich "die Partei bemüht, sich an das zu halten, was das Gesetz verlangt".

Unterdessen haben Linkspartei-Chef Lothar Bisky und WASG-Vorstandsmitglied Klaus Ernst in Berlin angekündigt, nach der Bundestagswahl erste Schritte für einen Zusammenschluss beider Parteien zu unternehmen. Schon jetzt gilt die Absprache, dass beide Parteien bei kommenden Wahlen nicht gegeneinander antreten. In aktuellen Umfragen liegt das Linksbündnis bei acht Prozent.

Nicht zugelassen für die Wahl wurde in Baden-Württemberg die rechtsextremistische NPD. Zur Begründung erklärte Landeswahlleiterin Christiane Friedrich in Stuttgart, dass die Aufstellung der Bewerber für die Landesliste nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
 


© SPIEGEL ONLINE 2005
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet GmbH