485. Bremer Montagsdemo
am 25. 08. 2014  I◄◄  ►►I

 

Das Märchen von der Unterstützung für deine Rückkehr in den Beruf

Hans-Dieter Binder1. In einigen Stunden wird die Bundesagentur für Arbeit wieder die Falschmeldung des Monats veröffentlichen. Monat für Monat geht es so: Die Kernaussage über die Zahl der registrierten Arbeitslosen ist falsch. In der Meldung werden nur die Erwerbslosen gemäß den Rahmenbedingungen der Statistik genannt. Die Zahl der gemeldeten Erwerbslosen ist wesentlich höher. Aufgrund der für die Statistik geschaffenen Rahmenbedingungen weiß Herr Weise auch nicht, wie viele Er­werbs­lo­se es in Deutschland gibt. „Die Linke“ hat die Ausnahmen gemäß Statistik bis Juli addiert und kommentiert.

Wenn du vom Arbeitsamt oder Jobcenter betreut wirst, bekommst du Hilfe und Unterstützung für deine Rückkehr in den Beruf. Sie machen sogar einen Vertrag mit dir, wie dies geht und was du und das Amt tun müssen, um dieses Ziel zu erreichen – so die weitverbreitete Meinung. Ein Märchen! Natürlich könnte die Bundesagentur für Arbeit oder das Jobcenter dies leisten. In einigen Fällen klappt es auch. In der Behörde werden aber auch die Vermittlungserfolge nach den Rahmenbedingungen der Statistik gemessen.

Ein Erwerbsloser, der erkrankt ist, fliegt genauso aus der Statistik wie ein Erwerbsloser, der in Arbeit vermittelt wurde. Bei dem Kranken ist ausschlaggebend, dass er am Zähltag arbeitsunfähig ist. Die Zähltage sind bekannt. Für die „erfolgreiche“ Arbeitsvermittlung reicht eine Tätigkeit von sieben Tagen. Auch der Übergang in die Rente, die hundertprozentige Leistungskürzung sowie Todesfälle sind aus der Statistik als „Abgang in Nichterwerbstätigkeit“ zu entnehmen. Sie stehen unter „Bewegungsdaten zur Arbeitslosigkeit“ in der letzten Zeile.

Aus der Tabelle ergibt sich (Seite 5): Abgang an Arbeitslosen insgesamt 4.936 Menschen, davon 38,8 Prozent in Nichterwerbstätigkeit: 1.915 Menschen. Nur 1.327 Menschen wurden in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. Diese Zahlen sind für Mai, es sind die neuesten beim Senator für Häfen et cetera. Würde die Bundesagentur für Arbeit die Unterbeschäftigungszahlen veröffentlichen, käme dies der Wahrheit etwas näher.

Die Einladungen zum Gespräch mit der Ankündigung „Wir wollen über Ihre berufliche Zukunft sprechen“ sind eine Farce. Sie sind neu erwerbslos und freuen sich auf ein produktives Gespräch? Das ist meistens Fehlanzeige, denn der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ist Ihrem Gesprächspartner zwingend vorgeschrieben. Worauf Sie achten müssen, steht unter der 374. Bremer Montagsdemonstration. Das „Aktionsbündnis Sozialproteste“ hat dazu eine Hand­rei­chung verfasst.

 

2. „ZDF Zoom“ hat einen sehr interessanten Bericht gebracht über die Ansiedlung von „Legoland“ im Wahlkreis von Theo Weigel, obwohl einige Kilometer weiter ein sofort bebauungsfähiges Grundstück zur Verfügung stand. Außerdem ging es um die Behandlung und Entlohnung der Mitarbeiter(innen) und den Kontrast zum „Legoland“ in Dänemark. Die Firmengestaltung führt scheinbar dazu, dass in Deutschland keine Unternehmenssteuern bezahlt werden müssen. Wie Herr Weigel auf diese Information reagiert, zeigt nicht gerade den Ehrgeiz, für Steu­er­ge­rech­tig­keit einzustehen.

Herr Schäuble klebt an der „schwarzen Null“, egal wie viel dadurch versäumt wird. Allein die fehlenden Bildungsvoraussetzungen sind nicht reparierbar, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen. Diese Art der Steuerumgehung ist auch Thema der Sendung „Zeitbombe Steuerflucht – Wann kippt das System?“

Bei „Stratmanns“ im WDR am vergangenen Samstag war Edward Snowden Thema. Nur ein Beispiel für den mangelnden Elan, sich für Menschen einzusetzen, die alles aufgegeben haben, weil sie den Betrug an den anderen Menschen nicht mehr mittragen wollten? Edward Snoden hat weitere drei Jahre Asyl in Russland erhalten, er darf dort aus- und einreisen. Wir können dies unserer Bundesregierung verklugfideln. Edward Snowden Asyl in Deutschland anzubieten, wäre eine angemessene Reaktion! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Nachbarländer beschweren sich schon: Sparpolitik, Lohndumping und Exportüberschüsse Deutschlands gefährden die Währungsunion („Spiegel-Online“)
 
Perfide Streikwarnung: Solidarisieren Sie sich bloß nicht mit kämpferischen
Arbeiter(inne)n und Gewerkschaften („Spiegel-Online“)
 
Propagandaschlacht: Die Erträge mit gentechnisch verändertem Saatgut
gehen oft nach wenigen Jahren wieder zurück („Das Erste“)
 
Perfide Pathologisierung: Es ist doch nicht normal, dass man sich
Gedanken um gesunde Ernährung macht! („Spiegel-Online“)

 

Energiewende mit dem Stromzähler

Helmut MinkusHeute erzähle ich Ihnen, wie Sie aktiv daran mitwirken können, einige sinnlose Atom- oder Kohlekraftwerke in Deutschland abzuschalten, denn eine vernünftige Energiewende erfordert entschlossenes Handeln gleichermaßen von Bürgern wie von Politikern. Da die meisten Politiker beim Gesetz- und Gewinnmachen aber eher mit Atom- und Kohlestromern kooperieren, statt ihre Bürger besser zu beteiligen, wende ich mich direkt an Sie – hier auf dem Marktplatz!

Es geht darum, den Stromverbrauch um mindestens 25 Prozent effizienter zu machen, das heißt sinnlosen Verbrauch zu vermeiden, was noch nichts mit Sparen zu tun hat. So kann ich auf meinem Stromzähler indirekt ablesen, wie viel Kohlendioxid mein Stromlieferant für mich bereits in die Luft geblasen hat – mit den Kraftwerken, in denen er meinen Strom erzeugt.

Lesen Sie auf Ihrem Zähler die Kilowattstunden ab – egal, ob es ein alter schwarzer mit mechanischem Zählwerk ist oder ein neuer weißer mit LC-Display – und multiplizieren Sie diesen Wert mit 0,9 Kilogramm pro Kilowattstunde. Das ist die für Ihren Strom erzeugte Masse Kohlendioxid in Kilogramm. Dieser Wert soll möglichst niedrig gehalten werden. Wenn Sie zum Beispiel für einige Zeit in Urlaub gehen, schreiben Sie die Zählerstände vorher und nachher genau auf und bilden die Differenz. Dann wissen Sie, wie viel Strom selbst während Ihrer Abwesenheit verbraucht wurde.

Teilen Sie diese Kilowattstunden durch die Tage Ihrer Abwesenheit und nehmen diesen Wert mal 365. Das ist die Zahl der Kilowattstunden, die in einem Jahr theoretisch vermeidbar gewesen wären. Es darf in dieser Zeit keine Kühltruhe oder kein Kühlschrank nebenher mitgelaufen sein; da sie sich selbst ein- und ausschalten, muss ihr Jahresverbrauch getrennt ermittelt werden. Es wäre ideal, wenn Ihr Stromzählwerk während des Urlaubes stehen bliebe, der Verbrauch also null wäre.

Dazu müssen Sie natürlich alle Strom verbrauchenden Geräte in Ihrem Haushalt wirklich finden und abschalten können beziehungsweise wollen. Das kann ein Radiowecker sein, die Haustelefonanlage, ein Computerteil, eine Ladestation oder die Heizungsanlage. Es kann sogar ein falsch angeschlossenes Gerät sein, das gar nicht zu Ihrem Haushalt gehört und trotzdem Ihren Strom frisst. So etwas ist möglich in einem alten oder umgebauten Mehrfamilienhaus.

Das können Sie aber nur herausfinden, wenn Sie das Zählwerk selbst zum Stillstand bringen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie jetzt eine Stromrechnung erhalten, bei der Sie nichts mehr zahlen müssen, denn selbst wenn Sie es schaffen, ein ganzes Jahr lang keine einzige Kilowattstunde Strom zu verbrauchen, muss die Grundgebühr trotzdem gezahlt werden. Der genaue Betrag steht in der Stromrechnung und liegt bei etwa 100 Euro pro Jahr.

In diesen Gebühren ist nach § 25 des Bundeseichgesetzes alle 16 Jahre ein neuer Zähler enthalten. Fragen Sie mal bei Ihren Stadtwerken, wann Ihr neuer Zähler installiert wird. Mit ihm können Sie viel einfacher Ihre einzelnen elektrischen Geräte kontrollieren. Wenn Sie alle gefunden und abgeschaltet haben, sehen Sie sofort, dass die Anzeige im Zähler auf null Watt springt. Das habe ich in meinem letzten Montagsdemobeitrag vom 18. August 2014 genauer beschrieben.

Eine weitere Möglichkeit bietet ein moderner Zähler, über die Sie auch informiert sein sollten: Mit ihm und Ihrem Computer könnten Sie Ihre Elektrogeräte ferngesteuert schalten. Ihr Stromlieferant kann abhängig von Ihrem Verbrauchsverhalten Tarife umschalten. (Lastmanagement). Lassen Sie sich diese Möglichkeiten genauer von Ihren Stadtwerken erläutern.

Doch lassen Sie sich nicht abschrecken von Horrormeldungen aus den USA, wo sich Bürgerinitiativen gebildet haben, die sich dagegen wehren, dass von US-Stromversorgern gewaltsam oder ohne Erlaubnis in Wohnungen eingedrungen worden sein soll, um ihren Kun­den neue Zähler aufzuzwingen, und dass die Zähler mit stark strahlenden Sendern versehen sind, die dazu benutzt werden, Kunden auszuspionieren, woraufhin diese aus ihren Wohnungen flüchten.

Technisch ist heute sehr viel möglich, und wir wollen nicht zu leichtgläubig werden. Doch ich denke, wer sich gut informiert, braucht weniger Angst zu haben. Zudem gibt es hier in Deutschland noch immer die Möglichkeit, öffentlich und ungestraft unsere Kritiken, unsere Meinungen, unsere Bedenken, unseren Kummer zu äußern, Missstände und Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und dagegen öffentlich zu protestieren, auch hier auf dem Bremer Marktplatz bei den Montagsdemos. Nutzen auch Sie diese Freiheit!

Helmut Minkus (parteilos)
 
Untragbare Zustände: Wuppertaler Erwerbslosenpolizei verbietet Protestaktion vor dem Jobcenter wegen „Privatheit des Grundstücks“ („Tacheles Sozialhilfe“)
 

 
Kriminalkräuter auf der Dachterrasse: Berliner Grünzeug- und Graswurzel­polizei prüft „jeden möglichen Gesetzesverstoß(„Westdeutsche Allgemeine“)
 

 
Abgang statt Abflug: Klaus nicht mehr pobereit („Spiegel-Online“)
Spendenkonto: Jobst Roselius, IBAN: DE25 2011 0022 2837 7391 84,
BIC: PBNK DERR XXX (Postbank Hamburg)
 
Aktualisiertes – Druckfassung – Suchen – Vorwoche – Zuschrift
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz