Männerzwist
Lafontaine wirft Schröder
Rechtsbruch vor
Dass Lafontaine und Schröder alles andere als
Freunde sind, ist kein Geheimnis. Jetzt wird der Ton zwischen dem Kanzler und
dem frisch gekürten Spitzenkandidaten der Linkspartei immer schärfer. Lafontaine
wirft Schröder eine Nötigung der Verfassungsorgane vor. Schröder beharrt darauf,
Lafontaine scheue Veranwortung.
Berlin - Schröder laufe vor seiner Verantwortung für die höchste
Arbeitslosigkeit und die höchste Staatsverschuldung der Nachkriegsgeschichte
weg, sagte Oskar Lafontaine in einem Interview der "Berliner Zeitung". "Weil er
aber zu feige ist zurückzutreten, nötigt er die Verfassungsorgane und lässt
denunziatorische Dossiers über Bundestagsabgeordnete anlegen, die ihm
zähneknirschend die Treue gehalten haben."
Schröder hatte nach der
verlorenen Vertrauensabstimmung im Bundestag ein Dossier an Bundespräsident
Horst Köhler geschickt, um seinen Antrag auf Neuwahlen zu untermauern. Die
Dokumentation soll vor allem aus Zeitungsausschnitten bestehen, in denen
Kritiker von Schröders Politik aus den Reihen der Koalition genannt
werden.
Schröder sagte der "Passauer Neuen Presse" über Lafontaine und
Ex-PDS-Chef Gregor Gysi: "Diese beiden Herren scheuen Verantwortung wie der
Teufel das Weihwasser." Sie seien zwar politische Talente, liefen aber weg, wenn
es ernst werde.
Lafontaine konterte. "Der Kanzler ist vom Parteivorsitz
weggelaufen, als er die SPD an die Wand gefahren hatte. Jetzt läuft er wieder
weg", sagte er. Lafontaine gab auch den von SPD-Chef Franz Müntefering erhobenen
Vorwurf des "Verrats" an der SPD zurück: "Franz Müntefering hat mit einer Reihe
anderer Mitglieder der SPD-Führung die SPD verraten, indem er zuließ, dass die
SPD sich von ihren Grundsätzen entfernte", etwa durch die Hartz-IV-Reform.
Müntefering unterstrich, wie zerrüttet sein Verhältnis zu Lafontaine ist. Er und
Lafontaine seien politische Gegner und "nicht in der Lage jemals noch Freunde zu
werden", sagte er dem Sender n-tv.
Uneinigkeit über Koalition von SPD
und Linksbündnis
Den Streit mit Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit
über eine spätere Zusammenarbeit der SPD mit der Linkspartei sieht Müntefering
ausgeräumt. "Wir haben miteinander telefoniert", sagte er. "Ich hatte das
Gefühl, dass wir uns da völlig einig sind. Es kann eine Zusammenarbeit auf der
Bundesebene mit der PDS nicht geben." Wowerweit hatte eine solche Zusammenarbeit
mittelfristig nicht ausgeschlossen und diese Auffassung trotz Kritik der
SPD-Spitze wiederholt.
Scheer sagte der "Frankfurter Rundschau" laut
redaktionellem Vorabbericht, die SPD solle sich nicht für alle Zukunft auf
Koalitionen festlegen. Sie solle sich jetzt darauf konzentrieren, ein Debakel
bei der Bundestagswahl zu verhindern und nicht abwegige und falsche
Zukunftsdebatten führen. Sollte es eine große Koalition mit der Union geben,
hänge die Stärke der SPD in diesem Bündnis davon ab, dass sie durch die später
mögliche Kooperation mit einer Linkspartei als einziger Koalitionspartner noch
eine andere Machtoption habe, sagte das SPD-Vorstandsmitglied.
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