SPIEGEL ONLINE - 29. Juli 2005, 16:09
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Arbeitslosigkeit
 
Personal-Service-Agenturen am Ende

Eine der wichtigsten Hartz-Reformen steht vor dem Aus: Einem Zeitungsbericht zufolge haben fast die Hälfte der 821 Personal-Service-Agenturen wieder dichtgemacht. Dabei sollten die Zeitarbeitsvermittlungen Zehntausende von Arbeitslosen in feste Jobs bringen.

Hamburg - Einst galten sie als Herzstück der Hartz-Reformen, nun sind sie eine ihrer größten Pleiten: Die Personal-Service-Agenturen (PSA). Jede Arbeitsagentur wurde verpflichtet, mindestens eines der privaten Personalbüros einzurichten, das Erwerbslose gegen Gebühr an Unternehmen ausleihen soll. Bis zu 30.000 Arbeitslose sollten so als Zeitarbeiter vermittelt und in Zeiten ohne Job weiter qualifiziert werden. Tatsächlich waren es bisher gerade einmal 7000. Auch die Hoffnung, die Firmen würden gute Leiharbeiter schließlich behalten, bewahrheitete sich nur fallweise. Rund 2000 Arbeitslose kamen durch die Zeitarbeit in feste Jobs.

Waren noch im Februar 821 PSA bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet, sind es inzwischen nur noch 442, berichtet die "Financial Times Deutschland". Die zweijährigen Verträge für die PSA liefen jetzt aus, erklärte eine Sprecherin der Arbeitsagentur der Zeitung. "Viele Arbeitsagenturen überlegen, ob sie die PSAen in diesem Umfang brauchen, oder ob das gesetzlich vorgeschriebene Minimum reicht." Dass immer mehr Personal-Service-Agenturen schließen, läge auch daran, dass die Vermittlung angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht sehr erfolgreich und zu teuer sei, so die Sprecherin.

"Reingeschoben, was Füße hat"

Doch nicht nur die lahmende Konjunktur und die Konkurrenz privater Zeitarbeitsfirmen ist Schuld am Versagen der Leiharbeiterbüros. Bei der Umsetzung des Hartz-Konzepts wurden schwerwiegende Fehler gemacht. Anstatt die Arbeitsfirmen vor allem dort einzurichten, wo es auch genügend Stellen gibt, wurden die Büros über die ganze Bundesrepublik verteilt. Den Zuschlag für die Vermittlung bekamen oft obendrein nicht die erfahrenen Zeitarbeitsfirmen, sondern jene, die ein besonders günstiges Angebot machten.

Ob der Bewerber überhaupt für Zeitarbeit geeignet ist, sei nicht geprüft worden, fügt Michael Kästener von der Zeitarbeitsfirma Manpower hinzu, die zehn PSA betreibt. "Die Agenturen haben in die PSA reingeschoben, was Füße hat." Nicht zuletzt war das System überaus anfällig für Missbrauch: Manche Träger stellten Bewerber zum Monatswechsel für zwei Tage ein, und kassierten so die volle Pauschale für zwei Monate. Facharbeiter wurden in Putzhelferjobs vermittelt, oder die versprochenen Fortbildungskurse fielen aus. Inzwischen sind die Regeln zwar verschärft worden, doch damit ist die PSA nach Meinung Michael Kästners nur noch unhandlicher geworden. Die Konditionen seien kaum noch zu erfüllen: "Das ist ein bürokratischer GAU."

Sollten sich die Arbeitsagenturen tatsächlich mit dem gesetzlichen Minimum von einer PSA pro Bezirk begnügen, gäbe es bald nur noch 180 dieser Zeitarbeitsbüros. Die Union will die Personal-Service-Agenturen nach einem Wahlsieg sowieso abschaffen. Sogar die Gewerkschafter haben sich von der Idee, Arbeitslose durch Zeitarbeit zu Jobs zu verhelfen, offenbar bereits verabschiedet. "Eine Einrichtung, auf die man getrost verzichten kann", nannte der hessische Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Stefan Körzell, die PSA nüchtern.
 


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