258. Bremer Montagsdemo
am 07. 12. 2009  I◄◄  ►►I

 

Das Recht auf Existenz darf nicht an Bedingungen geknüpft werden!

Hans-Dieter Wege1. Deutschland befindet sich wie viele andere Länder in einer Wirtschafts- und Finanzkrise, hauptsächlich hervorgerufen durch finanzielle Fehlspekulationen von Banken und Finanzinstituten und aufgrund von gewaltigen Überproduktionen in der weltweiten Industrie. Nach Schätzungen beziehungsweise verschiedenen Angaben stehen zum Beispiel weltweit zwischen 18 und 27 Millionen Neuwagen auf Halde. Hier lassen sich die notwendigen Profite für die kapitalistischen Unternehmer derzeit nicht oder nur ungenügend realisieren. Die Profitraten der Produzenten sinken.

Durch den zunehmenden Einsatz von Computern sowie computergestützten Arbeitsgeräten und Maschinen können immer mehr Lohnarbeiter aus der Produktion herausgelöst werden. Andere Lohnarbeiter werden freigesetzt, um den immer weiteren tendenziellen Fall der Profitrate aufzuhalten. Es kommt zur Kurzarbeit und immer weiteren Versuchen, den Lohn der Arbeitnehmer herunterzudrücken. An die zehn Millionen Menschen, Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, wurden von der Teilhabe an der Lohnarbeit gänzlich abgekoppelt und sind auf staatliche Transferleistungen angewiesen. Ihnen wird keine gleichberechtigte Teilhabe an der noch vorhandenen Lohnarbeit ermöglicht.

Seit Jahren bleibt der stundenmäßige Ansatz von Lohnarbeit im Jahr bei circa 46 Milliarden Arbeitsstunden, die sich eigentlich auf 44 Millionen erwerbsfähiger Menschen aufteilen müssten. So sind heute über 600.000 Personen verschiedener Ausbildungsgrade bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt. Insgesamt betrachtet sind das allerdings nur 1,4 Prozent aller Beschäftigten (Antwort des Presse- und Informationsdienstes der Bundesregierung zu Zeitarbeitsfirmen vom 27. November 2009 bei „Direkt zu“).

 

2. Der eigentlich notwendige Auftrag an die derzeitige Regierungskoalition ist die Überwindung des asozialen und verfassungsfragwürdigen Hartz-IV-Gesetzes! Ein verfassungskonformes Gesetz muss die Forderungen nach einem zum Leben ausreichenden Lohn aus der gesamtgesellschaftlich zur Verfügung stehenden Lohnarbeit, radikalen Verkürzungen der Lohnarbeit, einer einheitlich bedingungslosen und sanktionsfreien Grundsicherung und gleichberechtigter Teilhabe an der zur Verfügung stehenden Lohnarbeit in Einklang bringen. Ein bedingungsloses und einheitliches Grundeinkommen für alle Menschen in Deutschland muss sich an der Armutsgrenze innerhalb der Europäischen Union und an der in Deutschland geltenden Pfändungsfreigrenze ausrichten und somit 1.000 Euro im Monat für alle Personen betragen, die dauerhaft in Deutschland leben, und zwar individuell und unabhängig vom Alter.

Die Gesetzgebung ist verfassungsrechtlich verpflichtet, dem Sozialstaatsgebot nach den Grundgesetzartikeln 20.1 und 28.1 Geltung zu verschaffen. Dabei kann sie einen Gestaltungsspielraum für sich in Anspruch nehmen, weil das Grundgesetz für die Umsetzung des Sozialstaatsgebotes keine konkreten Vorgaben macht. Verpflichtet ist die Gesetzgebung von Verfassung wegen jedoch, für Bedürftige jedenfalls das zur physischen Existenz Unerlässliche zu gewähren. Zu diesem das „nackte Überleben“ sichernde physische Existenzminimum, gehören neben Obdach und ausreichender medizinischer Versorgung auch ausreichende Nahrung und Kleidung. Die Verpflichtung der Gesetzgebung, vollziehenden Gewalt und Rechtsprechung, diese existenziellen Bedarfe sicherzustellen, folgt aus Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz, denn die Grundrechte enthalten nicht nur Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber der öffentlichen Gewalt, sondern stellen zugleich Wertentscheidungen der Verfassung dar, aus denen sich Schutzpflichten für die staatlichen Organe ergeben. Diese Regelungen begründen eine staatliche Schutzpflicht hinsichtlich der Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit sowie hinsichtlich der Würde der Menschen (Sozialgericht Kassel, 18. November 2009, Aktenzeichen S3 AS 322/09 ER).

 

3. Von der Regierungskoalition sind folgende notwendige Maßnahmen zu fordern:

 

4. Ziel des bedingungslosen Einheitsgrundeinkommen ist es, dass jeder dauerhaft in Deutschland lebende Mensch mit dem Zeitpunkt seiner Geburt ohne Vermögensüberprüfung ein bedingungsloses Recht auf Selbstbestimmung bekommt, wie er später sein Leben gestalten möchte, zum Beispiel welche Arbeit – ob Lohnarbeit, Pflegearbeit, Kindererziehung, Haushaltsarbeit, künstlerische Betätigung, Selbstbeschäftigung oder Kombinationen aller dieser Tätigkeiten – er ausführen möchte.

Ein Zwang zur Lohnarbeit muss gesetzlich eindeutig ausgeschlossen werden! Statt einer Abkopplung von der Lohnarbeit muss die gleichberechtigte Teilhabe an der tatsächlich zur Verfügung stehenden Lohnarbeit durch deren gerechte Verteilung auf alle erwerbswilligen Menschen garantiert werden! Grundsicherungssysteme und Bürgergeldvorstellungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sind als nicht Verfassungskonform abzulehnen und zu verwerfen!

 

5. Die Finanzierung des bedingungslosen Einheitsgrundeinkommen erfolgt über eingesparte Sozialversicherungsleistungen verschiedener Kassen bis 1.000 Euro im Monat sowie durch Einführung einer Arbeitskraftabgabe von zehn Euro pro Stunde. Diese erbringt insgesamt circa 460 Milliarden Euro im Jahr. Eingeführt wird eine negative Einkommensteuer bis 1.000 Euro im Monat mit anschließender progressiver Besteuerung. Eine Finanzierung über Verbrauchssteuern wie die Mehrwertsteuer wird gesetzlich ausgeschlossen!

Das Einheitsgrundeinkommen wird jährlich an die Preisentwicklung, die Inflationsrate und die Entwicklung der Verbrauchssteuern angepasst. Der Kranken- und Pflegekostenversicherungsbeitrag orientiert sich an der Größe der Gesamtbevölkerung und wird solidarisch ausgestaltet.

 

6. Liebe Hörer, liebe Leser,
Neues aus Bremen an der Weser!
Hier verkündet sehr viel Dreck
Ein „Herr“ mit Namen Möllenstädt.

Daumenschrauben müssen her,
Keuschheitsgürtel und noch mehr!
Der FDP Klein Ollilein
Meint, diese Dinge müssen sein.

Für Frauen, die hier Kinder kriegen
Und die Pille lassen liegen
Fordert Möllenstädt nun Attraktionen
In Gestalt von Kastrationen.

Auch trinkt des Moslem-Mannes Schatz
Angeblich gern mal einen Schnaps.
Olli hat auch keine Kenntnis vom Islam:
Von Bier und Schnaps ist kein Moslem angetan!

Vom Gesundheitsamt der Stadt
Fordert Olli Möllenstädt –
Aua, dass tut schon richtig weh! –
Ein Geburtenregelungs-ABC.

Migrantenkinder betrachtet Möllenstädt
Wohl mehr als überflüssigen Dreck.
Geburten will Olli mit Gewalt verhindern,
Damit Schluss ist mit Migrantenkindern!

Erinnern wir uns an die Stadtmusikanten,
Wie sie einst den Dieb verbannten!
Der Möllenstädt muss raus aus der Bürgerschaft,
Weil sonst an der Demokratie eine Wunde klafft!

Und ist die Bürgerschaft ein ehrenwertes Haus,
Dann schmeißt sie den Oliver ganz schnell raus,
Denn gewiss hätte jeder Stadtmusikant
Den Möllenstädt aus der Stadt Bremen verbannt!

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik)
 
Im Anschluss an die letzte Montagsdemo im Jahr laden wir ein
zur Weihnachtsfeier am 21. Dezember 2009 um 19 Uhr
im Naturfreundejugendhaus in der Buchtstraße.
 
Leistungsmissbrauch durch Gestaltungsmissbrauch: FDP stellt Anfrage zum
Leistungsbetrug durch Schwarzarbeit(Bremische Bürgerschaft)

 

Ware Arbeitskraft beseitigt, ohne für Lagerungskosten aufzukommen

Wieland von HodenbergNach Entlassungen vollzieht sich immer die gleiche Tragödie, die mit fortschreitender Entrechtung oftmals in völliger Erniedrigung, Entmündigung oder sogar mit dem Tod der Betroffenen endet. Millionen Menschen werden einfach weggeworfen. Das ist Kapitalismus! Das ist unsere Marktwirtschaft! Martin Behrsing vom „Erwerbslosenforum Deutschland“ schilderte dieser Tage ihren Leidensweg am Beispiel der Quelle-Belegschaft.

Nach dem Erhalt ihrer Kündigung fügen sich die Angestellten als disziplinierte Lohnabhängige ihrem Schicksal und geben bis zum letzten Tag ihr Bestes, auch dann, wenn die Firma sie auf die Halde der Erwerbslosen aussortiert. Sie melden sich arbeitslos und vertrauen darauf, dass die Konjunktur wieder anspringt. Dafür sind sie bereit, Opfer zu bringen, und würden auch Jobs mit weit niedrigeren Löhnen annehmen. Obwohl sie es anders wissen, hinterfragen sie nicht lautstark, warum sie dies eigentlich tun sollen. Die Hoffnung stirbt im Kapitalismus zum Schluss. So weit ist es noch lange nicht!

Sie werden erleben, dass es trotz ihrer Opferbereitschaft weder Jobs gibt, noch dass Politik und Wirtschaft sich um sie kümmern. Es folgt die systematische Zerstörung des letzten Funkens ihrer Würde. Die Arbeitsagentur wird ihnen immer neue Anstrengungen abverlangen und niemals zulassen, dass auch nur der Gedanke aufkommt, ihre Erwerbslosigkeit könne etwas mit unserem System zu tun haben. Erwerbslosigkeit wird ausschließlich auf individuelles Versagen reduziert! Entsprechend behandelt man sie. Also müssen sie sich anstrengen und sich als gute Sklaven sogenannten Arbeitgebern andienen, die sie statt einer Einstellung noch gnadenloser ausbeuten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Missmanagement und Firmenpleiten werden zur individuellen Schuld deklariert und Schuldige bestraft. Die Betroffenen haben den Glauben an Parteien und Gewerkschaften längst verloren. Sie setzen auf nichts mehr und erleben weitere Bestrafungsaktionen wie Bewerbungstrainings und sonstige unsinnige Kurse. Gefasst und gar nicht vorbereitet landen sie spätestens in einem Jahr bei Hartz IV oder müssen erst ihr bescheidenes, den Kapitalismus abgetrotztes Vermögen verbrauchen. Gebraucht fühlen sie sich nicht mehr. Gesellschaftlich werden sie als unqualifiziertes, abgehängtes Preka­riat stigmatisiert.

Spätestens hier beginnt ein Spießrutenlaufen, das einer wahren Hölle gleicht! Ähnlich einem Bestrafungslager wird jedes Stück Individualität gebrochen und dem Betroffenen auch der letzte Funken Würde genommen. Dies beginnt mit dem völligen Ausziehen vor einem bisher unbekannten Sachbearbeiter und führt über demütigende Befragungen bis hin zum quälenden Abwarten, wann denn endlich der erste Hungerregelsatz kommt. Als ob das nicht genug wäre, kommt es immer häufiger vor, dass alles noch mal passiert, weil längst eingereichte Unterlagen angeblich nicht aufzufinden sind. Selbstverständlich liegt die Schuld nur beim Hartz-IV-Empfänger, wie ihn der Mainstream verächtlich bezeichnet.

Niemals wird deutlich gemacht, was im nächsten Schritt folgt. Verstöße zum Beispiel gegen völlig nutzlose „Eingliederungsvereinbarungen“ werden gnadenlos mit Geldkürzungen bestraft, und sei es bis zum völligen Leistungsentzug. Es ist wie bei Kafka: Man wird angeklagt, ohne dass einem jemals die Anklage mitgeteilt wird. Wer aufmuckt, muss mit der ganzen Härte des Systems rechnen. Das Kapital hat das Ziel erreicht. Die Schuld an den hohen Staatsausgaben ist im abgehängten und angeblich bildungsfernen Prekariat zu suchen und keineswegs darin, dass das Kapital sich billigst der so entwerteten Ware Arbeitskraft entledigt hat, ohne für dessen Lagerungskosten aufzukommen. Gleichzeitig zeigt man den disziplinierten Lohnabhängigen, wo sie enden können, wenn sie sich nicht dem Diktat des Kapitals unterwerfen.

In der Menschenrechtskonvention von 1950 heißt es im Artikel 3: Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Artikel 4 Absatz 1 lautet: Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Im Absatz 2 ist zu lesen: Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Artikel 7 Absatz 1 besagt: Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nicht strafbar war. Artikel 8 Absatz 1: Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

Hartz IV verstößt ganz massiv gegen alle diese Grundsätze. Diese Methoden der psychischen Folter in den Argen gehören vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof! Doch es ist völlig unklar, ob sich das Gericht überhaupt damit befassen wird. Deshalb gilt hier und heute: Der Verlust der Persönlichkeit ist vermeidbar! Schließt euch zusammen und wehrt euch! Bildet Initiativen! Legt zum Beispiel gegen die Anrechnung von Vermögen Widerspruch und notfalls Klage ein! Es sind immer Menschen für euch da – zum Beispiel auf der Montagsdemo oder in der „Solidarischen Hilfe“! Geht nie allein aufs Amt, sondern lasst euch stets begleiten, wenn ihr zur Arge oder hier in Bremen zur Bagis müsst!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
„Nicht frei von Interessenkonflikten“: OSZE-Beobachter fordern „präzise und objektive Kriterien“ für die Wahlzulassung von Parteien („Spiegel-Online“)

 

Wer kürt sich da selbst zum
Mini-Sarrazin von Bremen?

Elisabeth Graf1. Letzte Woche tagte die Innenmi­nisterkonferenz in Bremen. Verschiedene Verbände forderten die Innenminister dazu auf, eine Lösung für Zehntausende der bisher nur geduldeten Flücht­linge in Deutschland zu beschließen, die sonst ab dem 1. Januar 2010 wieder in ihre Heimatländer zurückkehren müssten. Rein menschlich gesehen, wäre meiner Meinung nach ein dauerhaftes Bleiberecht für die sogenannten Altfälle das einzig Richtige! Dies wird augenscheinlich ausgerechnet von der CDU blockiert, die doch so christlich sein will. Dabei leben hier über 100.000 Menschen als Geduldete, rund 60.000 von ihnen bereits langjährig. Die meisten von ihnen weder arbeiten oder studieren, mussten in Wohnheimen leben und bekamen auch noch ein Drittel weniger Sozialhilfe als deutsche Bedürftige.

Damit wollte der Staat einerseits verhindern, dass sie hier Fuß fassen und verlangt aber andererseits jetzt von ihnen, dass sie sich plötzlich selbst unterhalten müssen. Wenn jetzt die Frist, bis sie einen Job gefunden haben, von dem sie leben können, um zwei Jahre verlängert wird, dann kommt dies nur einer Aufschiebung des Elends gleich! Von dieser „tollen“ Regelung sollen jedoch 30.000 Menschen „profitieren“. Eine Aufenthaltserlaubnis sollen dabei vor allem die Menschen erhalten, die eine Schul- oder Berufsausbildung machen oder mindestens eine Halbtagsbeschäftigung nachweisen können, hieß es zum Abschluss der Konferenz. Gleichwohl gibt es ja für Geduldete noch weniger Jobs als für die restliche Bevölkerung. Unter einem vernünftigen Kompromiss verstehe ich etwas anderes!

 

2. Weil Glückspielgewinne für Hartz-IV-Bezieher nicht als Vermögen qualifiziert werden können, sondern als sogenanntes Einkommen angerechnet werden, von dem unfairerweise der Lospreis nicht abgezogen wird, eignet sich das Lottospielen für Hartz-IV-Bezieher nicht, die auf diese Weise nichts unversucht lassen wollen, ihre finanzielle Bedürftigkeit zu beenden. Der normalerweise mögliche Abzug von Aufwendungen, die getätigt werden, um „Einkommen“ zu erzielen, gilt für den Loskauf nicht, weil die Aufwendungen für den Loskauf nach einem Urteil des Sozialgerichts Detmold nicht „wirtschaftlich vernünftig“ sei. Im vorliegenden Fall verlangte ein ALG-II-Bezieher, sein Lottogewinn in Höhe von 500 Euro dürfe nicht als Einkommen angerechnet werden.

Die Behörde rechnete den Gewinn an, indem sie in zwei aufeinander folgenden Monaten die Leistungen um jeweils 250 Euro kürzte. Das Gericht ließ sich nicht auf die Erklärung des ALG-II-Beziehers ein, er habe schließlich nur deswegen gewinnen können, weil er seit dem Jahr 2001 dieses Los halte und dementsprechend seit dieser Zeit mehr investiert als letztendlich als Gewinn herausbekommen habe. Da Lottoauszahlungen über 500 Euro grundsätzlich nur durch Überweisung erfolgen, stellt sich die Frage, ob ALG-II-Bezieher überhaupt für sich selbst spielen sollten. Reiche haben für solche Fälle ein Schweizer Nummernkonto. Bei ihnen geht es um exorbitante Summen, die Hartz-IV-Bezieher nie erreichen können. Eine Plutokratie ist nicht gerecht!

 

3. Nach einer Meldung von „Radio Bremen“ sind immer mehr Bremer lange krank. Den Grund dafür sieht die „Kassenärztliche Vereinigung Bremen“ in steigender Arbeitsbelastung, aber auch in einem zunehmend ungesunden Lebensstil. Die Handelskrankenkasse Bremen musste in den ersten zehn Monaten dieses Jahres etwa 19.000 Versicherten Krankengeld zahlen. Einen Grund für die längere Krankheitsdauer liegt wohl daran, dass immer mehr Arbeitnehmer Krankheiten nicht auskurieren und in der Folge länger krank sind. Dass Arbeitnehmer sich so verhalten, das ist wohl kaum den Arbeitnehmern anzulasten, sondern vielmehr ihrer berechtigten Angst geschuldet, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wenn sie sich mal krank melden.

 

4. So langsam nimmt das Gehetze in Bremen Formen an, die ich für nicht hinnehmbar halte! Der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Oliver Möllenstädt fällt immer wieder durch seine scheinbar unbedachte, aber wahrscheinlich absichtlich gestreute Hetzerei gegen ALG-II-Bezieher unangenehm auf. Diesmal fing es ganz harmlos an, als Möllenstädt die Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel für Hartz-IV- Bezieherinnen durch die Gesundheitsämter fordert. Auf das erste Hören hin klingt dies noch recht vernünftig, wird aber beim weiteren Zuhören immer perfider. Die FDP beklagt, immer mehr junge Hartz-IV-Bezieherinnen würden ungewollt schwanger würden, weil sie sich keine Verhütungsmittel leisten könnten. Die Überlegungen scheinen durch und durch ökonomisiert betrachtet zu sein. Wen kümmern schon die Gefühle von finanziell armen Menschen?

Nein, hier zählt nur der schnöde Mammon, da die hohe Zahl an Abtreibungen Bremen einen Menge Geld kostet. Weil die Länder für die Kosten der Schwangerschaftsabbrüche zuständig sind, muss Bremen dafür jährlich fast 500.000 Euro zahlen. Möllenstädt findet, dass Bremen statt massenhaft Abtreibungen zu finanzieren, besser die Kosten für Anti-Baby- Pille, Spirale oder Sterilisation übernehmen solle. So weit, so gut – aber dann seine kleine „Einschränkung“: „Eine Erhöhung des Regelsatzes werden die Empfängerinnen eher in den nächsten Schnapsladen tragen, als diesen in Vorsorge und selbstbestimmte Familienplanung zu investieren.“ Erst forderte Möllenstädt Daumenschrauben durch mehr Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher, nun billigt er ihnen nicht zu, selbstständig über ihre Lebensplanung ohne oder mit wie vielen Kindern nicht zu, indem er stattdessen pauschal den Kneipengang bei einer erhöhten Regelleistung unterstellt.

Das wirft viele Fragen auf: Wird da jemand größenwahnsinnig? Muss hier eine Person auf sich aufmerksam machen? Spielen gar die Possen eines Lümmels aus der letzten Bank eine Rolle? Geht es irgend einem besser, wenn er sich über andere zu stellen sucht, indem er Hartz-IV-Beziehern unterstellt, sie trügen ihre Regelsatzerhöhung „eher in den nächsten Schnapsladen“, als diese in Vorsorge und selbstbestimmte Familienplanung zu investieren? Kürt sich da jemand eventuell selbst zum Mini-Sarrazin von Bremen? Wofür bekam Oliver Möllenstädt seine Doktorwürde eigentlich verliehen? War es im Fach Laberologie oder in Nichtswisserologie, oder handelte es sich vielmehr um das immer beliebter werdende Fach Unterstellologie, das einen hohen Numerus Clausus erfordert? Soll es nun in Anlehnung an Wilhelm Busch vielleicht so weitergehen: „Ach, was muss man oft von fiesen Politikern hören oder lesen! Wie zum Beispiel hier von diesen, welche Thilo und Oliver hießen?“

 

5. Nach einer Einkommensstudie von der „Arbeitnehmerkammer“ und dem Statischen Landesamt Bremen erhöhte sich der Anteil der Niedriglöhner unter den Vollzeitbeschäftigten zwischen 2000 und 2007 von 15 auf 20 Prozent. Insgesamt arbeiteten zuletzt – inklusive Teilzeit – rund 40 Prozent aller Beschäftigten im Dumpinglohnbereich. Als Niedrigeinkommen werden Verdienste definiert, die weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns aller Beschäftigten betragen. 2007 lag die Grenze bei 1.765 Euro im Monat. In Bremen wurde diese Schwelle immerhin von jedem vierten Mann und sogar von mehr als der Hälfte aller beschäftigten Frauen unterschritten.

Dass Frauen spürbar niedrigere Monatsverdienste haben als Männer, liegt nicht nur an ihrer häufigeren Teilzeittätigkeit, sondern auch daran, dass Frauen auch in Vollzeitjobs ein gutes Viertel weniger verdienen als Männer. Im menschenverachtenden neoliberalen Zuge größerer Verarmung weiter Bevölkerungsanteile haben Frauen offensichtlich mit noch mehr Nachteilen zu kämpfen als Männer! Eindeutig belegt wird hier, was Frauen schon immer am eigenen Leibe spüren müssen: Je höher die Lohngruppe ist, desto größer wird auch die Differenz der Stundenlöhne zwischen Männern und Frauen. Ein absoluter Skandal ist das! Doch nicht bloß zwischen den Geschlechtern geht die Schere weiter auseinander, auch der Abstand zwischen niedrigen und höheren Einkommen nimmt zu.

Der geringe Verdienstanstieg im unteren Bereich ist vor allem auf die erhebliche Zunahme bei den Teilzeit- und Minijobs zurückzuführen. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Lockerung der gesetzlichen Schranken für geringfügige Beschäftigung führten letztlich zu einer Erosion bei der Vollzeitbeschäftigung. Das Risiko, in den Niedriglohn abzurutschen, wird immer größer! Gleichzeitig steigt der Anteil derjenigen, die von ihrem Vollzeitjob allein nicht mehr leben können und auf den Tropf unter Verfolgungsbetreuung angewiesen sind. Die asozialen Schweinereien auf dem Arbeitsmarkt können sich in Deutschland nur deswegen so ungeniert und unverhohlen ausbreiten, weil es bei uns keinen, schon gar nicht armutsfesten Mindestlohn gibt und sich das schwarz-gelbe Gruselkabinett mit Händen und Füßen gegen diese überfällige Forderung wehrt („Weser Kurier“ vom 4. Dezember 2009).

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) –
siehe auch „Die Linke

 

Bremer Politiker fürchten politische Zuordnung von Entscheidungen

Hans-Dieter BinderDiese Woche unternimmt Bremen einen erneuten Anlauf, um die Neugestaltung der Argen zu verhindern. Vorgeschoben wird das Argument, die Menschen sollten nicht zwei Anträge stellen müssen, aber die Planung sieht anders aus. Im Eck­punktepapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales steht ab Seite 7 das Konzept der Bundesregierung zur getrennten Trägerschaft. Ich denke, hieran werden die organisatorischen und rechtlichen Probleme deutlich, welche die getrennte Trägerschaft mit sich bringt. Damit sind die nächsten SGB-II- Änderungsgesetze vorprogrammiert.

Das Eckpunktepapier ist nicht geheim. Bereits am Ende der Seite 4 steht, dass zum Beispiel der Städtetag zugestimmt hat. Nichts als Schleiertänze! Die Bremer Politiker haben Sorge, dass die Entscheidungen politisch zuzuordnen sind. Dies geht vom fehlenden Stuhl bis zur Erreichbarkeit der Behörde, vom Ton der Sachbearbeiter bis zur Entscheidung! Dieses Rahmenpapier ist aus meiner Sicht noch nicht das „Gelbe vom Ei“, aber es ist auch noch nicht durch die Gesetzgebung gewandert. Auf Seite 7 unten wird klar: Wenn bei Sanktion eine Kürzung auf Null erfolgt, liegt die Entscheidung über die Kosten der Unterkunft allein bei der Freien Hansestadt Bremen. Damit wird klar, wer die Jugendlichen aus der Wohnung jagt! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Leyenhaft und verfassungswidrig: Komplizierte Verwaltungsabläufe genügen nicht zur grundrechtskonformen Sicherung des Existenzminimums („AFP“)

 

Montagsdemonstranten solidarisch
mit den Kollegen von Daimler!

An die Kolleg(inn)en von Daimler in Sindelfingen, von eurer Wut über die Verlagerungspläne des Daimler-Konzerns für die C-Klasse und euren Protesten haben wir gehört. Wir wünschen euch Kraft und Erfolg bei der Durchsetzung eurer Ziele, die Arbeitsplätze zu erhalten und die Solidarität konzernweit und länderübergreifend zu organisieren. In Bremen hat die Montagsdemo in der letzten Zeit ihre Solidarität mit den kämpfenden Hafenarbeitern vom Gesamthafenbetrieb und den Kollegen des ehemaligen Siemens-Betriebs Mdexx erklärt. Wir sind immer bereit, die kämpfenden Kollegen solidarisch zu unterstützen!

Zu viele Arbeitsplätze sind schon ersatzlos wegrationalisiert worden. Auch mit dem Überwechseln in sogenannte Qualifizierungsgesellschaften wird keine neue Arbeit geschaffen. Seit 2004 wird auch in Bremen gegen die Schröder'schen Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 gekämpft. Zu viele Menschen sind schon eingeschüchtert und hilflos gemacht worden. Die Montagsdemo will den Kampf der Arbeits- und Erwerbslosen mit dem Kampf der Arbeitenden verbinden und hilft den Betroffenen, im solidarischen Kampf mitzumachen. Die „neue“ Regierung hat bisher nur mit Chaos, Lug und Trug auf sich aufmerksam gemacht. Wir werden von eurem Kampf auf der Montagsdemo weiter berichten und sprechen. Wir wollen euch Mut machen, den Kampf konzernweit weiterzuentwickeln!

Initiative Bremer Montagsdemo
 
Der „Solidaritätskreis gegen Abmahnungen bei Daimler Bremen“ lädt ein zum nächsten Treffen am Dienstag, dem 8. Dezember 2009, um 18 Uhr im „Freizi Buntentor“, Geschwornenweg 11a.
 
In der Vorweihnachtszeit beginnt die Bremer Montagsdemo um 17:30 Uhr vor dem Konzerthaus „Glocke“ an der Domsheide. Wir ziehen durch die Oberstraße zum Hanseatenhof und halten dort unsere Kundgebung ab.
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz