253. Bremer Montagsdemo
am 02. 11. 2009  I◄◄  ►►I

 

Kurzarbeit ist das Vehikel zum Überstehen der Krise

Hans-Dieter Binder Die Bagis, die Bremer Arge, hat in einer Anzeige im „Weser-Report“ darauf hingewiesen, dass jedem ALG-II-Bescheid eine Bescheinigung für die Gebühreneinzugszentrale beigefügt ist. Diese kann mit dem Befreiungsantrag an die GEZ geschickt werden. Eine Kopie des ALG-II-Bescheids muss nicht mehr eingereicht werden. Allerdings wird bei einem Zuschlag nach § 24 SGB II diese Bescheinigung nicht erstellt. Hierin liegt eine erneute Lücke.

Der Zuschlag nach § 24 wird nur gezahlt, wenn vorher Anspruch auf ALG I bestand. Er wird für zweimal zwölf Monate gezahlt, soll den Sturz ins ALG II abfedern und wird daher auch Armutsgewöhnungszuschlag genannt. Wer nur einen geringen Zuschlagsbetrag erhält, sollte trotzdem die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragen und eine Kopie des Bescheides beifügen, aus welcher der geringe Zuschlag ersichtlich ist. Abgeben bei „Radio Bremen“. Der Pförtner kann den Originalbescheid einsehen und die Abgabe durch Stempel auf der Kopie bestätigen. Bei einer Ablehnung bitte mit den Unterlagen vorbeikommen – wir gehen mit!

Wichtig ist, dass bei einer Verzögerung des Bescheides die Befreiung beantragt wird, ohne auf diese Bescheinigung zu warten. Dies kann formlos geschehen. Die Unterlagen werden nachgereicht. Die Befreiung kann nur im Voraus beantragt werden. Daher möglichst frühzeitig den Antrag stellen. Für die Bezieher von Grundsicherung oder Sozialhilfe werden diese Bescheinigungen für die GEZ noch immer nicht den Bescheiden beigefügt.

 

2. „Wir schaffen einheitliche Kündigungsfristen im Mietrecht, dies dient der besseren Übersichtlichkeit“, so ähnlich verkündete es die FDP. Im „Weser-Kurier“ vom 1. November 2009 steht: Der Koalitionsvertrag sieht einschneidende Änderungen im Mietrecht vor. Die Mieter können künftig mit einer dreimonatlichen Kündigungsfrist vor die Tür gesetzt werden. Bisher musste der Vermieter bei langfristigen Mietverträge eine Kündigungsfrist von neun Monaten einhalten. Es stehen noch weitere Änderungen an, zum Nachteil der Mieter. Die Zahlung der Miete für ALG-II-Betroffene durch die Argen an den Vermieter dürfte jedoch vom Tisch sein. Zu den geplanten Änderungen will der Mieterbund diese Woche Stellung nehmen.

 

3. Das Komitee „Wir sind der GHB“ ruft zum Widerstand auf. Der Gesamthafenbetriebsverein hat massenweise Kündigungen ausgesprochen und die Arbeits­bedingungen radikal verschlechtert. Am 31. Oktober 2009 hat der „Weser-Kurier“ geschrieben, dass die Hafenarbeiter protestieren. Es wurde auf die Demo am selben Tag hingewiesen und die Entscheidung des Arbeitgebers wie folgt begründet: „Weil mit Einzug der Krise kein Geld mehr reinkam, leerte sich die einst mit knapp 20 Millionen Euro prall gefüllte GHB-Garantielohnkasse rapide. Ohne Entlassungen hätte das Ende des Traditionsunternehmens gedroht.“

Dies ist nicht richtig! Durch Kurzarbeit wäre der gleiche Effekt erzielt worden. Bei Kurzarbeit werden die Lohnkosten durch die Bundesagentur für Arbeit übernommen, mit Weiterbildung auch die Sozialversicherungsbeträge des Arbeitgebers. „Für einen Stundenlohn von acht statt zuvor 18 Euro“ hätte ein Betroffener sogar weiterarbeiten können, in Bremen statt in Bremerhaven, im Hochregallager statt im Hafen. Die Fahrkosten hätte er selbst bezahlen müssen! Die Klagen vor dem Arbeitsgericht laufen langsam an, aber es ist der richtige Weg. Leider hat die Gewerkschaft diesen Sozialplan mitgetragen.

Am Tag davor hat der „Weser-Kurier“ berichtet: „Metallbranche hält ihre Mitarbeiter“. Der Präsident des „Nordmetall-Verbandes“ lobt den Bremer Senat: „In Bremen sei das Problem gut gelöst worden, berichtet Herr Kramer. Da werde regelmäßig in großer Runde beim Senat mit Banken, Unternehmen, Gewerkschaften über die Lage und mögliche Lösungen gesprochen.“ Um so unverständlicher der Umgang mit den Hafenarbeitern! Der Hafen in Wilhelmshaven wird später fertig. Wird er nicht gebraucht?

In Wilhelmshaven werden mit 100 Prozent Förderung Erwerbslose zum Hafenarbeiter weitergebildet. Hat die Bremer Hafenwirtschaft daher keine Sorge um Fachleute? Die „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“ hat ebenfalls zum Angriff auf die Arbeitnehmerrechte geblasen. Die Krise dient als Vorwand für die sprunghafte Reduzierung der Lohnkosten. Ich hoffe darauf, dass die Gewerkschaft diesmal die Belegschaft stützt und die Probleme über Kurzarbeit gelöst werden. Beim Arbeitgeber bleiben so nur die Kosten für Urlaub und die Sonderzahlungen. Alle anderen Lohnkosten werden von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Dies reicht nicht für eine Begründung von Entlassungen!

Keiner kennt den Ausgang dieser Krise! Deshalb kann auch keine Aussage über die künftige Beschäftigung getroffen werden. Daher Kurzarbeit statt Kündigung! Falls es nicht läuft, den Eigentümer aufsuchen: den Senat der Freien Hansestadt Bremen! Am 2. November 2009 schrieb der „Weser-Kurier“: „Kurzarbeit ist kein Allheilmittel“. Ist dies erneut die Verteidigung der „Bereinigung“ durch Entlassung? Kurzarbeit ist das Vehikel zum Überstehen der Krise. Wenn der Gesetzgeber den Arbeitnehmern genauso helfen würde wie den Bankvorständen, wäre Kurzarbeit ein noch besseres Mittel! Allheilmittel gibt es sowieso nicht. Insofern ist bereits die Überschrift leider richtungweisend!

 

4. Am 30. Oktober 2009 schrieb der „Weser-Kurier“ über die drohende „Nullrunde für Rentner“: „Wegen der massenhaften Kurzarbeit dürfte die für die Rentenberechnung maßgeblich Lohnsumme voraussichtlich zurückgehen.“ Am Tag darauf hat der „Weser-Kurier“ das Thema nochmals aufgegriffen: „Rentenerhöhung stark gefährdet“. Die Krise will die Rentenversicherung mit den Rücklagen von knapp 16 Milliarden Euro überstehen. Der Beitragssatz bleibt stabil. Die Rentner müssen keine Minusrunde befürchten, aber eventuell eine Nullrunde.

 

5. Das Versandhaus Quelle wird aufgelöst. Dies zeigt schmerzlich eine Systemlücke: Kein Unternehmer ist zur Aufrechterhaltung des Unternehmens verpflichtet. Die Fortführung eines Betriebes kann nicht erzwungen werden. Die logische Folgerung: Wenn ein Unternehmer gehen will, so soll er gehen! Alle positiven Betriebsmittel, Patente et cetera fallen der Belegschaft zu, wenn diese den Betrieb weiterführt, alle Aktiva, die zum Betriebsvermögen gehören, egal, in welcher Firma sie aktiviert sind oder an welche Firma sie übertragen oder verkauft wurden. Die Schulden verbleiben dem bisherigen Inhaber! Wir erhalten so die Voraussetzungen für eine friedliche Zukunft!

 

6.Elena“ lässt grüßen! „Elena“ startet am 1. Januar 2010. Ein sympathischer Name, doch es geht nicht um die nette Frau von nebenan! „Elena“ ist eine Datenbank bei der Rentenversicherung. Jeder Arbeitgeber hat ab 2010 monatlich die entgeltbezogenen Daten an „Elena“ zu übermitteln. Dank „Elena“ kann jederzeit festgestellt werden, wer wo arbeitet, wer welche Tätigkeit ausführt, wer in welchem Umfang arbeitet (in Teil- oder Vollzeit oder als Aushilfe), wer welche Vorbildung hat, wer wie viel Geld verdient, wer einen befristeten Arbeitsvertrag hat, wer in unbezahltem Urlaub oder arbeitsunfähig erkrankt ist und wer kein Geld erhält. All dies geht aus den bisherigen Schlüsselzahlen hervor.

„Elena“ wird ausgebaut! Allerdings ist inzwischen beschlossen, dass jeder Fahnder zur „Terrorbekämpfung“ jede Datenbank „einsehen“ kann. „Terror“ ist überall zu vermuten! Viele geplante Datenbanken wurden inzwischen umgesetzt. Dass Ausmaß wird auch durch die aktuellen Datenpannen erahnbar. Vorangegangen sind Datenpannen unter anderem bei der Telekom.

 

7. „Ich habe 60 Jahre gearbeitet. Es gibt Familien, die in dritter Generation Sozialhilfeempfänger sind und noch nie im Leben etwas für unsere Gesellschaft geleistet haben.“ So ein stolzer Unternehmer im „Weser-Kurier“ vom 1. November 2009, dessen Lebenswerk beeindruckend ist. Ich habe mit zehn Jahren keine Schrauben für meinen Vater sortiert. Der hatte keinen Betrieb. Ich habe mit sechs Jahren begonnen, für die Familie einzukaufen, im Hauhalt mitzuhelfen und den Kleingarten zu beackern. Wäre meine Familie auf Sozialhilfe angewiesen, wäre es trotzdem kein Beitrag zur Gesellschaft gewesen? Dies zeigt, die Begriffe verwischen sich. Bezahlte Arbeit ist knapp, absolute Mangelware! „Bückware“ hieß das in der ehemaligen DDR.

 

8. Unsere letzte Demo in Berlin war allein schon durch die Art der Polizeipräsenz entspannter. Anders als bei den fünf vorangegangenen bundesweiten Montagsdemonstrationen waren die Polizisten nur in geringer Zahl und in normaler Uniform anwesend. Ihre Arbeit beschränkte sich auf die Verkehrsführung. Selbst die Bereitschaftspolizei war ohne Kampfausrüstung erschienen und nur auf der Auftaktveranstaltung präsent. Wahrscheinlich hat ein früherer Vorfall die Polizeiführung nachdenklich gemacht. Das Aufschaukeln von Stimmungen und die Verunsicherung war Gegenstand der Veranstaltung „Gewalt auf Demonstrationen – Ursachen der Eskalation“. Ein Namensschild für jeden Polizisten ist ein Schritt in die richtige Richtung! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Die Hasspredigt vom Versaufen
des Geldes für die Kinder

Elisabeth Graf1. In Brandenburg beschlossen SPD und „Die Linke“ bei ihren Koalitionsverhandlungen eine umfangreiche Arbeitsplatzvernichtung: Bis 2019 soll die Zahl der Stellen in der Landesverwaltung um rund 12.000 auf 40.000 gesenkt werden, wobei aber auf „betriebsbedingte“ Kündigungen verzichtet werden soll. Ministerpräsident Matthias Platzeck geht davon aus, dass der Personalbestand durch „natürliche Fluktuation“ bis 2019 auf 36.000 zurückgehen werde. Dennoch sei es geplant, in der neuen Legislaturperiode 1.250 neue Lehrer und rund 1.000 zusätzliche Erzieher einzustellen. Mit diesen Worten soll augenscheinlich die Tatsache, dass in Brandenburg jede fünfte Stelle im Öffentlichen Dienst gestrichen werden soll, verniedlichend umnebelt werden. Glaubt die Landesregierung, dass die Bevölkerung verlernt habe zu rechnen? Es bleibt bei einem Jobkahlschlag, auch wenn dann zehn Prozent der verschwundenen Stellen wieder besetzt werden sollen!

 

2. Offenbar bahnt sich schon wieder ein neuer Datenskandal in der deutschen Wirtschaft an, diesmal im Hause Daimler. Laut NDR-Informationen verlangt der Autokonzern Blutproben von Stellenbewerbern. Dabei sei potentiellen Mitarbeitern Blut abgenommen worden, obwohl sie noch keine feste Zusage für eine Arbeitsstelle hatten. Arbeitsrechtler und Datenschützer sind empört. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück: Natürlich handle der Konzern vollkommen uneigennützig im Interesse der möglichen Mitarbeiter, weil nur ärztlich untersucht werde, ob der Bewerber für die Stelle, für die er sich beworben hat, auch geeignet sei. Inwiefern der Bluttest Auskunft über die erforderliche Qualifikation im Sinne von einem Gesellenbrief oder handwerklicher Geschicklichkeit gibt, bleibt der Lesefähigkeit des medizinischen Personals vorbehalten.

Rein theoretisch können Jobsuchende den Bluttest ablehnen, aber praktisch brauchen sie sich dann gar nicht erst zu bewerben. Ich halte es für ein Ammenmärchen, dass Daimler hier lediglich seiner Fürsorgepflicht für die Angestellten nachkommen und herausfinden wolle, ob jemand zum Beispiel an Diabetes erkrankt sei und deswegen auf geregelte Schicht- und Arbeitszeiten geachtet werden müsse. Als ob diese Person dann eingestellt würde! Ich vermute, dass genau diese Betroffenen auf solche Art und Weise herausgefiltert werden sollen. Abgesehen davon kommt diese Pseudo-Fürsorgepflicht einer Bevormundung von erwachsenen Bewerbern gleich, die durchaus selbst dazu in der Lage sind, auf ihre Gesundheit zu achten! Eine weitere Möglichkeit für solche Untersuchungen wäre natürlich die Suche nach einem neuen Treibstoff wie Benzin oder Strom.

 

3. Nach dem Wahlversprechen von CDU und FDP sollen alle Bürger „mehr Netto vom Brutto“ behalten können. Es mag zwar Herrn Westerwelle die Zornesröte auf die Wangen treiben, wenn er hören muss, dass in Wirklichkeit die Geringverdiener dabei draufzahlen, aber er sollte sich schon mit der Realität vertraut machen, bevor er sich zu solch unwahren Äußerungen versteigt, wie eben jener, dass die FDP ein Herz für die „kleinen Leute“ habe. Weil die Sozialabgaben voraussichtlich steigen, werden logischerweise Beschäftigte mit niedrigem Einkommen stärker belastet, als dass sie durch die Steuer entlastet werden können. Weil über elf Prozent der Arbeitnehmer mit ihrem Niedriglohn nur zwei Drittel eines Durchschnittverdienstes erhalten, lässt sich auch kaum noch von einer kleinen Minderheit sprechen. Weil Steuern erst ab einem Jahreseinkommen von knapp 8.000 Euro anfallen, haben Geringverdiener häufig keine oder nur wenige Abzüge. Aber die Erhöhungen für Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge dürfen Geringverdiener natürlich bereits ab dem ersten sozialversicherungspflichtigen Euro berappen!

Zusätzlich zu den heute schon zu leistenden Abgaben will das schwarz-gelbe Gruselkabinett für alle Bürger eine private Pflegeversicherung zur Pflicht machen. Mit der monatlichen Mehrbelastung von ungefähr 20 bis 40 Euro behalten die Arbeitnehmer eindeutig weniger Netto von ihrem Brutto! Hier soll der Wunsch der privaten Versicherer von der Union und FDP bedient werden. Bei der Krankenversicherung soll der Arbeitgeberanteil auf sieben Prozent des Bruttoeinkommens eingefroren werden und die Krankenkassenbeiträge wahrscheinlich als Kopfpauschale unabhängig vom Einkommen gezahlt werden. Wenn die kommunalen Müllentsorgungs- und Abwasserunternehmen in Zukunft ebenfalls 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen müssen und diese Kosten selbstverständlich an die Privathaushalte weitergeben werden, dann kommen auf diese zusätzliche 150 Euro jährlich dazu. Hier kommt wohl mehr als das Solidaritätsprinzip zu kurz, wenn die FDP nur ihre ureigene Klientel bedient! Was nützt den Menschen mehr Netto von einem immer geringeren Brutto? Meiner Meinung nach steht die Zornesröte Herrn Westerwelle gar nicht gut zu Gesicht, denn darin müsste ihm vielmehr die Schamesröte aufsteigen, wenn er noch über ein Gewissen verfügen sollte!

 

4. Frau Merkel wies die Kritik an dem ab 2013 geplanten Betreuungsgeld für Kinder zurück und sagte, eine „Zweckentfremdung“ seitens der Eltern könne verhindert werden, wenn beispielsweise den Beziehern des ALG II Gutscheine für Kultur oder Bildung angeboten würden. Die Bundeskanzlerin distanzierte sich von der Unterstellung des Bezirksbürgermeisters von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, dass das Geld von der Unterschicht ohnehin „nur versoffen“ werde. Dies sei „nicht ihre Sprache“. Natürlich ist Frau Merkel dazu in der Lage, dieselbe Bezichtigung erheblich manierlicher auszudrücken, beherrscht sie doch den elaborierten Code! Ob nun mit vornehmem Mäntelchen oder ohne: Die Stigmatisierung von Hartz-IV-Betroffenen bleibt unerträglich bestehen! Wie soll es sonst verstanden werden, dass an wohlhabende Familien familienpolitisch völlig sinnlose Geldgeschenke verteilt werden, Hartz-IV-Betroffenen aber die gleiche Fähigkeit zur Erziehung ihrer Kinder abgesprochen wird?

Die Idee mit dem Betreuungsgeld ist ohnehin nichts weiter als eine Sparmaßnahme, weil Krippenplätze ungleich teurer sind. Natürlich wären viele Eltern dazu gezwungen, von diesen zusätzlichen 150 Euro den Lebensunterhalt ihrer Kinder zu bestreiten, eben weil die Regelleistung für Kinder dermaßen zu niedrig ist, dass sie etwa um diesen Betrag erhöht werden muss. Allen Hasspredigern, die damit vom Scheitern ihrer Politik ablenken wollen, empfehle ich, mal ein halbes Jahr von den ultrabescheidenen Regelsätzen zu vegetieren! Anschließend können sie ihre vorlaute Klappe mit Bedacht sorgsam verschließen. Wie ich gehört habe, soll der Alkohol unter leitenden Angestellten und Konsorten recht munter fließen. Sollte deswegen eine pauschale Forderung erhoben werden, dass zum Beispiel Abgeordneten zur Missbrauchsvorbeugung anstelle der Diäten lieber Gutscheine ausgegeben werden sollten?

 

5. Offiziell meldeten sich seit Ausbruch der Wirtschaftskrise vor einem Jahr 3,258 Millionen Menschen in Deutschland neu arbeitslos. Das seien 17,8 Prozent mehr als im Jahreszeitraum zuvor. Die Leiharbeiter waren hier erwartungsgemäß am stärksten betroffen, verloren von ihnen 430.000 Menschen ihren Arbeitsplatz. Insgesamt meldete sich jeder neunte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zwischen Oktober 2008 und September 2009 arbeitslos. Ein erhebliches Arbeitslosigkeitsrisiko zeigt die Studie auch für Gastgewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft mit jeweils 1,7 Prozent. Das Baugewerbe folgt mit 1,5 Prozent. Ungerechterweise trägt ausgerechnet die Branche, die die Krise verursachte, das geringste Arbeitsplatzrisiko: Mit einem Entlassungsrisiko von nur 0,2 Prozent liegen Banken und Versicherungen sogar noch besser als Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht mit jeweils 0,4 Prozent.

 

6. In seiner Sendung „Stern TV“ vom 28. Oktober 2009 berichtete Günther Jauch, dass eine werktätige Familie ohne ALG II gerade mal 150 Euro mehr zur Verfügung habe, als wenn sie nicht arbeiten würde und ALG II bezöge. Ich sah mir diese Sendung nicht an, weil ich mir schon denken konnte, was dort geschehen würde, las aber darüber. Offenbar wurde bei „Stern TV“ bewusst falsch gerechnet, um ein vorbestelltes Ergebnis zu liefern. Bei der Vergleichsberechnung des ALG II für Familie Igert wurde die Sozialleistung „Stromgeld“ in Höhe von 100 Euro mit einberechnet, die es bei ALG II aber gar nicht gibt. So wird ein um 100 Euro höherer ALG II-Anspruch und eine Differenz von nur 150 Euro gezüchtet, statt der tatsächlichen Differenz von 250 Euro zwischen ALG-II-Bezug und Einkommen. Hätten Herr Jauch und sein Team ordentlich recherchiert, wüssten sie, dass es beim ALG II kein Extra-Stromgeld gibt, sondern die Stromkosten aus der Regelleistung bezahlt werden muss! Es folgen weitere „Berechnungsfehler“, sodass der Eindruck entsteht, diese Sendung sei ausdrücklich als Bewertung zum derzeitigen, vor dem Bundesverfassungsgericht laufenden Grundsatzverfahren zur Grundsicherungspflicht des Staates und der Regelsatzhöhe des ALG II angelegt. Scheinbar soll der Eindruck entstehen, dass es Erwerbstätigen kaum besser geht als arbeitslosen ALG-II-Beziehern. Die Zuschauer werden bewusst belogen, um sie gegen die Bezieher des ALG II aufzubringen! Es lässt sich mittels der Massenmedien herzallerliebst manipulieren.

 

7. Nach Ansicht des zuständigen Bundesbeauftragten Peter Schaar lädt das Vermittlungssystem der Arbeitsagentur zum Missbrauch geradezu ein, was die BA natürlich strikt von sich weist. Schaar bemängelte, dass die Daten von Hartz-IV-Beziehern bundesweit für Tausende Mitarbeiter der BA einsehbar waren. Unglaublicherweise soll es sich dabei teils um sensible Angaben über Suchterkrankungen, Schulden und Wohnungsprobleme bis hin zu schwierigen familiären Verhältnissen handeln. Der Berliner Hauptpersonalrat sieht sogar „das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürger verletzt“ und warnt seine Beschäftigten, sich nicht „einer Verletzung des Sozialgeheimnisses schuldig zu machen“. Das „Erwerbslosenforum Deutschland“ rät allen Hartz-IV-Beziehern, nur noch absolut notwenige Daten herauszugeben und beteiligten Dritten die Weitergabe von Daten zu untersagen, weil die Bundesagentur für Arbeit ein äußerst gestörtes Verhältnis zum Sozialdatenschutz haben scheint. Kopien sollten auf das Notwenigste zu beschränkt werden, weil in den meisten Fällen eine Einsichtnahme völlig ausreiche. Martin Behrsing, Sprecher des „Erwerblosenforums“, fordert den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Frank-Jürgen Weise als Konsequenz für den nicht wiedergutzumachenden Schaden.

 

8. In der Bundesregierung scheint die FDP mit ihren unsozialen Forderungen Oberwasser zu haben und sich damit durchzusetzen! Es ist zwar nicht neu, dass die Regierung den Kündigungsschutz für Mieter kürzen will, doch nun scheint diese Forderung endlich durchgeboxt werden zu können. Nach Informationen der „Frankfurter Rundschau“ plant das schwarz-gelbe Gruselkabinett, den Kündigungsschutz für Mieter auf drei Monate zu senken. Wir wissen doch alle, wie unglaublich knapp günstige Wohnungen geworden sind und dass es Monate braucht, neuen Wohnraum zu finden, der erschwinglich ist. Offenbar soll in Kauf genommen werden, dass noch mehr Mieter in die Obdachlosigkeit getrieben werden! Vermieter müssen seit der großen Reform des Mietrechts 2001 für eine Kündigung, abhängig von der Dauer des Mietverhältnisses, Fristen von drei, sechs oder maximal neun Monaten einhalten. Mieterverbände warnen vor Missbrauch und kündigen Widerstand an. Bereits bei dieser Reform war der höchste Kündigungsschutz für Mieter und damit die Fristen für Vermieter von einem Jahr auf neun Monate reduziert worden. Nun sollen die Kündigungsfristen für Vermieter und Mieter „einheitlich“ werden. Kritiker fürchten sicherlich nicht zu Unrecht, dass auch solche Vermieter leichteres Spiel haben könnten, die Mietern allein mit der Absicht kündigten, mit einem neuen Vertrag eine höhere Miete für sich zu erzielen. Die Kündigungsgründe, die vorliegen müssen, bleiben aber bestehen. Da kann der Vermieter nicht einfach so kündigen, wie es ihm gefällt.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Als hätte man es nicht seit Monaten ahnen können: Nach dem Lohnverzicht der Beschäftigten wird Opel doch nicht an Putin verschenkt („Spiegel-Online“)

 

 

Der Skandal der heimlichen Atomtransporte durch Bremen

Die „Bremer Lagerhausgesellschaft“ ist bekanntlich nicht nur mit der Verschiffung von Rüstungsgütern befasst, was schon schlimm genug ist. Sie ist auch an Atomtransporten aller Art durch Bremen beteiligt, was jedoch in aller Heimlichkeit geschieht. Das ist ein ungeheuerlicher Skandal! In den letzten fünf Jahren seien über 2.700 Tonnen spaltbares Material umgeschlagen worden, berichtete die „Tageszeitung“ am 24. Oktober 2009.

Wieland von HodenbergEin Großteil der strahlenden Fracht ging demzufolge über die Häfen des Landes Bremen. Kleinere Teile wurden ausschließlich über Straßen oder Schienen befördert. Außerdem seien mehrere Tausend Tonnen weiteren radioaktiven Materials sowie nicht spaltbaren radioaktiven Atommülls durch Bremen verschoben worden. Demnach habe es von 2004 bis 2008 insgesamt 309 Transporte gegeben, also etwa 1,2 pro Woche. Diese seien laut „Tageszeitung“ aus allen Teilen der Welt gekommen.

Meist wurde sogenanntes Uranhexafluorid durch Bremen befördert, schreibt die „Tageszeitung“ weiter. Dies stamme häufig aus den Anreicherungsanlagen des Urenco-Konzerns in Gronau und aus Almelo in den Niederlanden. Das angereicherte Uran werde zu Brennstäben weiterverarbeitet und könnte dann in Atomkraftwerken eingesetzt werden. Bei jedem dieser Fertigungsschritte entsteht neuer Atommüll! Außerdem liefen auch Sendungen der US-Armee über Bremen, die atomares Material zum Beispiel von Kuwait nach Schweinfurt oder von South Carolina nach Trondheim enthielten. Der Senat nennt das Zeug in der Antwort auf eine Anfrage der „Linken“ verharmlosend „radioaktive Stoffe“.

Fachleute finden das alles andere als harmlos und glauben, dass es sich um Bestandteile von Uranmunition oder um Material für Atomreaktoren zum Beispiel in U-Booten oder auf Flugzeugträgern handelt. Die Bremer Häfen spielen dabei als Drehscheibe für derlei Transporte offenbar eine tragende Rolle! Für Bernhard Stoevesandt vom „Bremer Anti-Atom-Forum“ ist das besonders oft transportierte Uranhexafluorid besonders gefährlich. Wenn es an die Luft gerate, entstehe Flusssäure, die schnell gasförmig werde und dann extrem gesundheitsschädlich sei. Wenn mich nicht alles täuscht, werde ich dieses Thema hier noch öfter aufgreifen müssen, denn wie ich anfangs sagte, sind diese heimlichen Atomtransporte ein riesiger Skandal!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

„Die Linke“ im freien Vatten-Fall?

1. „‚Die Linke Brandenburg‘ tauscht Glaubwürdigkeit gegen Ministersessel“, kommentiert „Scharf links“. Es gibt in meinen Augen nur einen einzigen Gewinner durch diese „Koalitionsverhandlungen“ mit dem dazu gehörenden Parteitagsergebnis: The winner is Vattenfall! Wenn man die landesweite angebliche Zustimmung von 60 Prozent der Menschen in Brandenburg betrachtet, dann haben die Delegierten der „Linken“ sie mit ihrem Abstimmungsergebnis noch glänzend übertroffen. Mit 86,7 Prozent sind die „Linken“-Delegierten zur weiteren Umweltzerstörung und zur Unterstützung der Energiekonzerne bereit, die heute schon oftmals den Menschen im Land, auch den Armen, regelrecht das Geld aus der Tasche saugen.

Hans-Dieter WegeDagmar Enkelmann sagte in einem Interview mit der „Jungen Welt“, diese Entscheidung der „Linken“ in Brandenburg sei erst einmal nur für die nächste Legislaturperiode getroffen worden, also für fünf Jahre. Das allerdings kann man wohl nur den Menschen verkaufen, die sich die Hose „mit der Kneifzange“ anziehen, und anscheinend auch noch den Delegierten der „Linken“ in Brandenburg. Es dürfte kaum zu glauben sein, dass Vattenfall sich seine Verträge nur für fünf Jahre zusichern lassen wird!

Cleverer als die SPD sich hierzu verhält, kann man eigentlich auch kaum agieren. „Die Linke Brandenburg“ darf die Umweltministerin stellen und dann für die Regierung die Kohlen aus dem Feuer holen. Hoffentlich verbrennt sich „Die Linke“ hieran ordentlich die Hände! Meine Stimme hat „Die Linke“ letztmalig bei der Bundestagswahl 2009 bekommen, um ihre Glaubwürdigkeit zu beweisen, allerdings hat sie mir zu schnell den Gegenbeweis geliefert. Eine neue Partei muss her, die wirklich die notwendigen ökologischen und wirtschaftlichen Anstrengungen unternimmt, um dieses kapitalistische System, welches die ganze Erde bedroht, international auch wirksam zu bekämpfen! „Die Linke“ ist hierzu wohl nicht bereit und schon gar nicht geeignet.

 

2. Geehrte Frau Kanzlerin! Bildung ist alles: Das wird dem Volk immer wieder suggeriert, und man versucht es mit allen möglichen Mitteln den Menschen klarzumachen. Seltsamerweise müssen allerdings sehr oft gerade Erwerbslose nach ihren Bewerbungen von den potentiellen Arbeitgebern zur Kenntnis nehmen: „Sie sind überqualifiziert und können daher nicht eingestellt werden!“ Auch Fremdsprachen wie Englisch oder Spanisch sind heute besonders in der globalen Wirtschaft sehr wichtig. Die Beherrschung dieser Sprachen dürfte für Bewerber in den entsprechenden Berufen unverzichtbar sein. Diese Anforderung scheint aber leider nicht für alle Menschen zu gelten, selbst dann nicht, wenn es eigentlich erforderlich wäre.

Damit möchte ich zu meinen Fragen kommen, die ich Sie mir ganz genau zu beantworten bitte: Müssen nicht Beamte oder Personen, die für die Regierung im Bereich der Außenpolitik tätig sind oder werden wollen, zumindest die gängigsten Wirtschaftssprachen beherrschen, um überhaupt tätig werden zu dürfen? Falls ja: Muss eine solche Anforderung nicht auch für alle Minister der Regierung gelten, die in der Außenpolitik aktiv sind? Bezug nehmend auf das „lebenslange Lernen“: Sind auch Nachhilfestunden für Minister möglich, und werden diese eventuell von der Regierung finanziert? Mit freundlichen Grüßen.

 

3. Geehrte Frau Bundeskanzlerin! Bezug nehmend auf die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger am 20. Oktober 2009 und der damit verbundenen Blamage für die Vertreter der Regierung müsste sich eine „Kanzlerin aller Deutschen“ unverzüglich für eine Soforthilfe für alle armen Menschen in Deutschland einsetzen, insbesondere für die Kinder. Mehrere Organisationen und Verbände haben einen Bedarf für Kinder von ungefähr 500 Euro im Monat errechnet. Dies dürfte den tatsächlichen Bedarf von Kindern widerspiegeln und die total abstrakten Berechnungen der Vorgängerregierungen von „notwendigen“ Regelsätze für alle betroffenen Personen widerlegen. Ein abschließendes Urteil wird aber erst im kommenden Jahr erwartet.

Daher habe ich die folgende Frage an Sie als Kanzlerin: Werden Sie sich im Interesse aller betroffenen Kinder für die sofortige Nichtanrechnung des Kindergeldes auf die Hartz-IV-Regelsätze einsetzen, und werden Sie sich aufgrund der unbedingten Notwendigkeit dazu sofort für eine Gesetzesänderung starkmachen? Ich bitte Sie mir diese Frage ganz eindeutig und ohne Hinweise auf irgendwelche älteren Beiträge zu beantworten. Meiner Meinung nach hat jeder Mensch, der sich an Abstimmungen bei „Direkt zur Kanzlerin“ beteiligt, auch nach den Regeln dieser Plattform Anspruch, eine auf die Fragen bezogene Antwort zu erhalten! Mit freundlichen Grüßen.

 

4. Die Aufforderung der Bremischen Bürgerschaft, zum Einreichen unserer Petition ein entsprechendes Online-Formular auszufüllen, hat großes Gelächter bewirkt! Inzwischen habe ich den Antrag unserer Initiative auf eine Winterbeklei­dungshilfe für Kinder formgerecht an die Bürgerschaft gestellt und alle Fraktionen der darin vertretenen Parteien vorab darüber informiert. Nun ist eine Eingangsbestätigung der Bürgerschaft zu unserem im Betreff aufgeführten Antrag eingetroffen, mit dem Hinweis, dass die Bearbeitung „einige Zeit“ in Anspruch nehmen kann. Der Antrag hat das Aktenzeichen S 17/234. Von den Bremer Fraktionen habe ich bisher hierzu noch nichts gehört, leider auch nicht von der Linksfraktion, von der ich eigentlich erwartet hätte, dass sie sich etwas schneller äußert und uns vielleicht schon mal vorab mitteilen würde, ob sie unseren Antrag unterstützt.

 

5. Die nachfolgende Feststellung aus einem OECD-Bericht widerlegt die häufig aufgestellte Behauptung, die Eltern armutsbetroffener Kinder würden ihr weniges Geld hauptsächlich für Zigaretten und Alkohol ausgeben: „Trotz der verbreiteten relativen Armut berichtet nur einer von 200 Jugendlichen, dass ihm die notwendige Ausstattung für den Schulbesuch fehlt. Das ist der zweitniedrigste Wert in der OECD.“ Da in den Regelsätzen nach SGB II/SGB XII keine monatlichen Leistungen für den Schulbesuch vorgesehen beziehungsweise berücksichtigt wurden, spricht diese Aussage sehr zugunsten der meisten Eltern in Deutschland.

Berücksichtigt man weiterhin, dass mit dem SGB II die Leistungen gerade für Jugendliche gegenüber der vorher geltenden Sozialhilfe um zehn Prozent gekürzt wurde, müssen die Eltern in Deutschland im Gegensatz zu den Schuldenmeistern der Regierungskoalitionen wahre Finanzexperten sein! Ganz bestimmt ist so etwas nur durch ständiges eigenes Verzichten der Eltern zu erreichen! Die Jugendlichen selbst widerlegen das Gerede von den Rabeneltern als Märchen. Dies bleibt ein Armutszeugnis für die Bundesrepublik!

 

6. Geehrte Frau Merkel! Alkohol ist derzeit wieder ein großes Thema in den Medien. So wird oftmals gerade den Menschen ärmerer Schichten in unserem Land vorgeworfen, sie würden hierfür sogar das Geld ihrer Kinder verbrauchen oder zweckentfremden. Auch einige Fernsehsender heizen diese Vermutungen durch entsprechende Berichterstattung mit an. Dadurch kommt es zwangsläufig zu einer pauschalen Verurteilung der ärmsten Gruppe unserer Bevölkerung. Über die wirklichen Gefahren des Alkoholmissbrauches wird kaum geredet, sondern der Alkoholkonsum wird sogar beworben, um ihn noch zu steigern. Auf Reklamebildern zeigen schöne Frauen ihren Bauchnabel, und man erfährt, dass man mit jeder Kiste gekauften Bieres einer bestimmten Sorte „die Regenwälder“ schützt. Wann, Frau Bundeskanzlerin, werden Sie beziehungsweise Ihre Regierung die Alkoholwerbung in den Medien verbieten? Mit freundlichen Grüßen, ein Vater von fünf Kindern.

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik)

 

Massenentlassungen bei GHB
erst der Anfang?

Harald BraunDas stand auf einem der selbstgemalten Transparente der Demonstranten, die am letzten Samstag von Walle zum Hanseatenhof unterwegs waren. Aufgerufen hatten Kolleginnen und Kollegen des Gesamthafenbetriebsvereins, die aus kämpferischer Eigeninitiative das Komitee „Wir sind der GHB“ gegründet haben. Ihr Protest richtet sich gegen die Vernichtung von 1.000 Arbeitsplätzen und die skandalöse Umwandlung des Tarifvertrags mit massivem Lohnraub.

Dadurch müssen die Hafenarbeiter trotz einer Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche Hartz IV beantragen, weil sie ihre Familien mit 900 Euro netto nicht ernähren können. In ihrem Flugblatt forderten sie daher zu Recht: „Jeder Arbeitnehmer sollte von dem Geld, das er durch seiner Hände Arbeit verdient, in Würde leben können und nicht durch Lohndumping zum Hartz-IV-Aufstocker gemacht werden! Es muss verhindert werden, dass die Lohnschraube immer mehr nach unten gedreht wird!“

Mit den Hafenarbeitern solidarisierten sich Kollegen von Daimler, Airbus und aus anderen Betrieben. Gewerkschafter von Verdi und IG Metall reihten sich ein. Die Theatergruppe „Roter Pfeffer“ verstärkte mit ihren Trommelrhythmen die kämpferische Stimmung. Verschiedene linke Organisationen unterstützten tatkräftig die Demonstration. Mehrere Mitstreiter unserer Montagsdemonstration waren auch dabei.

Die Demonstration und Kundgebung war ein wichtiges Signal, um aufzustehen gegen Lohnraub, unzumutbare Arbeitsverhältnisse, Massenarmut und Zwangsarbeit per Gesetz. Massenentlassungen bei GHB, Karmann und Quelle sind erst der Anfang! Daimler will 2.000 Arbeitsplätze in Bremen vernichten, Thyssen-Krupp 10.000 in Deutschland. Die Zeiten werden rauer – und es wird Zeit, gemeinsam Widerstand zu leisten! Dafür war die Demo ein wichtiger Auftakt und Ansporn für uns alle.

Harald Braun
Demonstration der Kollegen vom 
Gesamthafenbetriebsverein Bremerhaven

 

Die neue Vogel-Freiheit für alle
unter Schwarz-Gelb

Wolfgang Lange1. Am Sonntag wurde bekannt, dass die CIT-Bank in den USA insolvent ist – der größte Crash seit der Lehmann-Brothers-Pleite, die vor einem Jahr die Finanzkrise ausgelöst hat, mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. CIT hat 65 Milliarden Dollar Schulden. Die Weltwirtschaftskrise ist also noch lange nicht zu Ende! Dass die Rezession in den USA vorbei sei, war letzte Woche eine falsche Schlagzeile – nichts anderes als ein „Pfeifen im Wald“! Die Folgen kommen erst noch, nach Ablauf gewisser „Rücksichtnahmen“ wie etwa auf die wichtige Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Diese war im Jahr 2005 Auslöser der offenen politischen Krise, über die Schröder und Fischer stolperten.

Die Pläne von FDP und CDU sind deshalb erst in Ansätzen erkennbar, stinken aber schon so, dass es einem hochkommen kann: „Kopfpauschale“ im Gesundheitswesen, Krankenkasse unabhängig von Einkommen, keine „Parität“, Arbeitnehmer sollen die Krankenkassenbeiträge ganz allein bezahlen. Wie großzügig, dass jeder Mensch denselben Beitrag entrichten soll, ob er nun reich oder arm ist. Er soll auch „ganz frei“ seine Versicherung wählen dürfen! Dies alles läuft unter dem Begriff der „Freiheit“. Dazu fällt mir der Satz von Anatole France ein: „Das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit verbietet es den Armen wie den Reichen, Brot zu stehlen und unter Brücken zu schlafen“.

Auch die „Herdprämie“ ist an sich schon schlimm genug. Anstatt Krippen und Kita-Plätze für jedes Kind zu fördern, sollen Eltern, die ihre Unterdreijährigen zu Hause behalten, 150 Euro bekommen. So fordert es das reaktionäre Weltbild der CDU: Frauen zurück an den Herd! Damit nicht genug: Hartz-IV-Empfängern will Frau Merkel nur einen „Gutschein“ geben, kein Geld. Sie könnten ja das Geld sonst „versaufen“! So wird ein Großteil der Bevölkerung mal wieder unter Generalverdacht gestellt.

Am Samstag gab es eine Demonstration der Arbeiter vom Gesamthafen­betriebsverein Bremerhaven. Es waren auch Kollegen von Daimler, der Montagsdemo sowie von MLPD und Linkspartei gekommen. Der Kampf wird gegen Dumpinglöhne und Entlassungen geführt. Teilweise sollen die Kollegen für nur noch acht Euro arbeiten, vorher gab es 18 Euro pro Stunde! Dieser Kampf hat große Bedeutung, weit über den GHB und Bremen hinaus.

Auch bei Schlecker gibt es Lohndumping. Auf der Montagsdemo wurde schon berichtet, dass in Bremen sechs Filialen dichtgemacht werden. Stattdessen werden sogenannte XL-Läden eröffnet. Der erste in Gröpelingen hat jetzt aufgemacht. Davor gab es Proteste von Verdi und dem „Mayday“-Bündnis, da Verkäuferinnen nicht mehr nach dem Tarif bezahlt werden, der bisher für Schlecker galt und eine Entlohnung bis 12,66 Euro vorsah. Der Subunternehmer in Sachsen zahlt nur noch 6,50 Euro. Die nächste XL-Filiale soll in Schwachhausen eröffnet werden. Dort sind wiederum Proteste geplant, die unsere Unterstützung verdienen!

 

2. Immer wichtiger werden auch die Proteste gegen die Atomkraftwerke. Letzte Woche forderte RWE-Chef Großmann eine Laufzeitverlängerung auf 80 Jahre! Schon die rot-grüne Regierung hatte mit ihrem faulen Kompromiss, die Laufzeiten auf 32 Jahre zu verlängern, der Anti-AKW-Bewegung großen Schaden zugefügt. Aber jetzt 80 Jahre? Prompt gab es am Wochenende zwei schwere Störfälle der zweithöchsten Stufe in Gorleben. Sie betrafen die Castoren. Es gibt auf der ganzen Welt keine sichere Endlagerung! Aber in ihrer Profitgier planen Monopole wie RWE sogar neue AKWs in Erdbebengebieten – und sie wissen, was sie tun!

Ein wichtiger Aspekt für die deutschen Monopole und die Bundesregierung ist dabei die militärische Nutzung, der Bau von Atombomben. Unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ist nämlich der Atomstrom, das stellte schon die Kohl-Regierung fest, viel zu teuer: Er kostet ohne staatliche Unterstützung drei Mal so viel wie Strom aus regenerativen Quellen!

Mit zu Guttenberg als nunmehr oberstem Feldherrn schwant mir Schlimmes. Schon vor der Wahl, noch als Wirtschaftsminister, gab er die Planung neuer AKWs in Auftrag. Zu fordern ist die sofortige Abschaltung aller AKWs und die Umstellung auf regenerative Energie – auf Kosten der Stromkonzerne!

Wolfgang Lange (MLPD)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz