22.11.2008

Ab Dezember Kurzarbeit bei ArcelorMittal

Grund: fehlende Nachfrage nach Stahl / Zeitraum: sechs Monate

 
 
Foto: dpa
   

BREMEN (PSI/DPA). Weil die Nachfrage nach Stahlprodukten rapide gesunken ist, wird das Bremer ArcelorMittal-Werk seine Produktion erheblich zurückfahren. Zum 1. Dezember soll in dem Werk zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten Kurzarbeit angemeldet werden. Darauf haben sich nach Informationen des Weser-Kurier Vorstand und Betriebsrat von ArcelorMittal in dieser Woche geeinigt. Betroffen sind voraussichtlich rund 2000 der insgesamt 3750 Beschäftigten der Bremer Hütte. 

ArcelorMittal hatte im dritten Quartal mit 35,2 Milliarden Dollar noch 38 Prozent mehr Umsatz eingefahren als im Vorjahresquartal. Und unterm Strich mit 3,8 Milliarden Dollar 29 Prozent mehr verdient. Doch nun wird klar: Der Stahlboom der letzten fünf Jahre ist erst einmal vorbei. Nach einem weltweiten Wachstums-Plus von fünf bis sechs Prozent in diesem Jahr gehen Analysten für 2009 nur noch von 1,5 bis 2,5 Prozent aus. Besserung nicht in Sicht Am härtesten getroffen hat Mittal der Absatzeinbruch auf dem US-Automarkt. Sind doch die Autobauer einer der Hauptabnehmer seines Flachstahls. Die Produktion in Nordamerika sei um 30 Prozent zurückgefahren, drei von sieben Hochöfen stünden still, sagte Stahlexperte Hermann Reith von der BHF-Bank in Frankfurt.

„Und es gibt keine Anzeichen, dass sich die Nachfrage wieder belebt.“ Die Flaute werde sich über das ganze vierte Quartal hinziehen – und wie es 2009 werde, sei völlig unklar. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Also tritt Mittal auf die Bremse: „Es ist angebracht, in unserer Wachstumsstrategie eine Pause einzulegen, bis wir eine klarere wirtschaftliche Perspektive haben“, sagte er. Mit der nachlassenden Stahlnachfrage werden der Sparkurs verschärft und die Produktion mehr als erwartet gekürzt.

War Mitte Oktober noch konzernweit von bis zu 15 Prozent Drosselung die Rede, sind es jetzt 35 Prozent. Auch das Gewinnziel für 2008 musste der Stahlmagnat nun senken. ArcelorMittal geht davon aus, dass sich die Lage erst im Verlauf von 2009 wieder bessert. Westeuropa ist bei dem Abschwung bisher noch relativ gut weggekommen. Einige Werke wurden zwar vorübergehend heruntergefahren, etwa in Belgien, Luxemburg und Frankreich – aber nicht in dem Ausmaß wie in den USA. Im vierten Quartal soll die Produktion in Europa nun aber auch um 30 Prozent gedrosselt werden.

Schlecht läuft der Absatz aus Mittals osteuropäischen Werken etwa in der Ukraine und in Kasachstan, die vor allem Langprodukte für Baustahl für den Nahen und Mittleren Osten herstellen. „Auch da ist die Nachfrage zusammengebrochen“, sagte Stahlanalyst Reith. Trotz alledem – von seinem Kurs weicht Mittals Stahlschiff nicht ab. „Wir haben kein Projekt gestrichen“, sagte Mittal. Nach der jüngsten Analysten-Umfrage der US-Bank Morgan Stanley hat der Unternehmer trotz des konjunkturellen Abschwungs gute Karten. Mittal sei strategisch auf dem richtigen Weg und im Vergleich zur Konkurrenz am besten aufgestellt, hieß es.

Nicht nur, dass der Multimilliardär mit seinen Werken in 27 Ländern und der Produktion von rund zehn Prozent der weltweiten Stahlmenge eine starke Position hat. Nach seinem 25-Milliarden-Einkauf von Arcelor im Juni 2006 hat er zudem die gesamte Palette der Stahlprodukte im Angebot. Und mit der Erhöhung der Eisenerz-Selbstversorgung über Minenkäufe von derzeit 45 mittelfristig auf 65 Prozent macht sich ArcelorMittal noch stärker. Der Konzern, der 2007 rund 105 Milliarden Dollar umsetzte und 116 Millionen Tonnen Stahl auslieferte, beschäftigt 326000 Menschen in mehr als 60 Ländern. Dennoch – der Aktienkurs von ArcelorMittal hat in den vergangenen zwölf Monaten knapp 70 Prozent an Wert verloren. Doch die Bergfahrt scheint bereits absehbar, sagen die Analysten und bescheinigen Mittal das richtige Krisenmanagement. Nämlich mittels Produktionskürzungen Kosten zu sparen und einen Preisverfall zu vermeiden.

© Bremer Tageszeitungen AG



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