200. Bremer Montagsdemo
am 29. 09. 2008  I◄◄  ►►I

 

200. Bremer Montagsdemo im Fernsehen: Ein türkischer Alternativ-Sender bringt am Samstag, dem 4. Oktober 2008, um 20:20 Uhr
einen Beitrag über uns („Hayat TV“, „Türksat“ Kanal 200)

Davon können sich die anderen Sender eine Scheibe abschneiden

Wolfgang Lange1. Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, ist heute ein Kamerateam hier auf dem Marktplatz. Ich begrüße ganz herzlich die Kollegen von „Hayat TV“! Das ist ein türkischer Sender, der Beiträge für die „kleinen Leute“ produziert. Heute ist ein „Hayat“-Team zu unserer 200. Montagsdemo gekommen – davon können sich die anderen Sender eine Scheibe abschneiden!

Ich zitiere aus der Selbstdarstellung auf der Homepage des Senders: „Hayat, das heißt auf Deutsch ‚Leben‘. Mit dem Anspruch, alle Farben und Facetten des Lebens auf den Bildschirm zu bringen, ging ‚Hayat TV‘ am 3. Dezember 2007 über ‚Türksat‘ auf Sendung. ‚Hayat TV‘ ist kein kommerzieller Sender. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf die Probleme und Bedürfnisse der breiten Bevölkerung einzugehen und denen eine Stimme zu geben, die bisher in den Massenmedien keine hatten. Hunderte Gewerkschafter, Wissenschaftler, Schriftsteller, Politiker, Künstler und Tausende weitere Menschen aus der Türkei und Europa haben beim Aufbau von ‚Hayat TV‘ mitgeholfen – mit Ideen, ihrer Arbeitskraft und Spenden. Unter dem Motto ‚Kanal von Millionen statt der Millionäre‘ konnte sich ‚Hayat TV‘ als unabhängiger und kritischer TV-Sender etablieren.“ Ein beispielhaftes Konzept, das wir uns auch in deutscher Sprache verwirklicht wünschen!

 

2. Nach den Chemnitzer Professoren ist jetzt auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, auf die Idee gekommen, dass Hartz IV gekürzt werden muss, zumindest für Jugendliche. „Um ihre Ausbildungsbereitschaft zu fördern“, dürfe das ALG II für Jugendliche nicht höher als die „niedrigste Ausbildungsvergütung“ sein. Ich habe mal versucht rauszufinden, wie hoch diese ist. Bei den Friseuren kam ich auf 206 Euro in Ost- und 326 Euro in Westdeutschland. Aber sicher hat Herr Weise einen noch niedrigeren Betrag gefunden. Es ist einfach eine Schweinerei, den Jugendlichen noch mehr Geld wegnehmen zu wollen – und das, obwohl die Bundesagentur Millionenüberschüsse gemacht hat. Es ist erst recht eine Schweinerei, wenn man sieht, wie den notleidenden Banken nicht nur Millionen, sondern Milliarden hinten reingeschoben werden! Und es ist nicht nur eine Schweinerei, sondern auch grenzenlos zynisch, wenn Herr Weise unterstellt, die Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz hätten nur deswegen keinen, weil es sich mit Hartz IV so trefflich leben lasse. Tatsache ist: Es gibt viel zu wenig Lehrstellen, vor allem in der Großindustrie! Dieser Zynismus liegt auf einer Linie mit der seit Monaten betriebenen Hetzkampagne in der „Bild“-Zeitung gegen die arbeitslosen „Hartz-IV-Abzocker“.

Und noch etwas zu den Banken und den Milliarden, die sie kriegen sollen: 35 Milliarden Euro soll jetzt die deutsche Immobilienbank Hypo Real Estate bekommen. Warum gehen die denn alle Pleite, eine nach der anderen? Die Leute vom Finanzkapital, also die richtig Reichen, haben so viele Billionen aus den Massen herausgequetscht, aus den Arbeitern, aus den Volksmassen auf der ganzen Welt, dass sie immer größere Schwierigkeiten haben, ihre gigantischen Profite gewinnbringend zu verwerten. Dann tut sich die Möglichkeit auf, mit spekulativen Immobiliengeschäften oder einfach mit „Wetten“ viel „Cash“ zu machen – und alle stürzen sich auf diese Anlagemöglichkeit, wie die Schmeißfliege auf den Haufen. Jetzt ist diese Spekulationsblase geplatzt, das Geschrei ist groß – und der Staat soll die Schulden übernehmen, indem er sie bei uns wieder eintreibt! Selbst großbürgerliche Zeitungen sprechen von „Raubtierkapitalismus“, den man zähmen muss. Aber diese Bestie lässt sich nicht zähmen, man kann sie nur totschlagen!

 

3. Letzte Woche demonstrierten über 130.000 Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen in Berlin gegen die Gesundheitspolitik der Regierung. Ein Drittel aller staatlichen Krankenhäuser steht vor der Insolvenz! 600.000 Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst wurden in den letzten Jahren durch die Privatisierungspolitik abgebaut. Wir müssen zusammen mit diesen Krankenhausbeschäftigten den Kampf führen – nicht nur gegen die Gesundheitspolitik, sondern gegen die ganze unsoziale Umverteilungspolitik von unten nach oben! Am 8. November 2008 bei der zentralen Demonstration aller Montagsdemos in Berlin werden wir unseren Protest zu Gehör bringen! Es ist richtig, was meine Vorrednerin von der „Linken“ vorhin sagte: Es kommt vor allem auf den Kampf auf der Straße an, sonst bleibt die ganze parlamentarische Arbeit belanglos. Das hätte „Die Linke“ in Bayern auch etwas mehr beherzigen sollen – vielleicht wäre ihr Ergebnis dann besser geworden als „nur“ 4,3 Prozent. Entscheidend ist der Kampf auf der Straße und in den Betrieben – dann sind auch die Parlamentarier zu Reaktionen gezwungen! Und nicht umgekehrt.

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Armut macht Reichtum: 30 Prozent aller Bremer Kinder leben von Hartz IV,
und Menschen im armen Gröpelingen sterben durchschnittlich acht Jahre
früher als im reichen Oberneuland oder Schwachhausen („Tageszeitung“)

 

Diffamiert, behindert, totgeschwiegen – aber lebendig!

Gudrun BinderHeute findet unsere 200. Montagdemo auf dem ehrwürdigen Bremer Rathausplatz statt. Wer hätte mit dieser „stolzen“ Zahl gerechnet? Zum 200. Mal demonstrieren wir gegen die Hartz-IV-Gesetze – und gegen die Erfüllung des Lissabonner Vertrages im vorauseilenden Gehorsam durch unsere Regierung. Wir wollen, dass die Unmenschlichkeit der Gesetze für Europa in Deutschland zurückgenommen wird und wieder eine soziale Lebensqualität für alle Menschen in Deutschland herrscht!

Die Montagsdemos in Deutschland werden tot­geschwiegen, in einigen Städten auf politische Anordnung massiv polizeilich behindert und von Politikern und den unkritischen, uninteressierten Medien diffamiert. Das alles geschieht, weil die politischen Zeitarbeiter mit diesen aktiven und aufmerksamen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land nicht umgehen können und wollen.

Kaum jemand in der politischen Riege hat damit gerechnet, dass die Menschen, die die Montagsdemos in vielen Städten am Leben halten, einen so langen Atem haben und die Demos immer noch existieren. Wir sind der Stachel im Fleisch der politischen Versager. Wenn auch die Beteiligung an den Demos abgenommen hat, so sind wir lebendig und unbequem. Menschen, die meinen, dass ein paar Leute doch gar nichts ausrichten und verändern können, irren sich gewaltig. Wenn das allerdings ihre Meinung ist, dann können sie das ändern und sollten schleunigst dazukommen, denn zusammen sind wir stark!

Durch eine große Anzahl von Demonstranten wird der Druck auf eine Veränderung der Lebensbedingungen in diesem Lande immer größer. Es ist dringend nötig, dass wir alle zusammenhalten und zusammenkommen und uns nicht durch Unwahrheiten von unfähigen Politikerinnen und Politikern in Klassen aufteilen lassen. Zusammen sind wir das Volk, vor dessen entschlossener Geschlossenheit die Regierung Angst hat! Bleiben wir zu Hause – deprimiert, zornig, allein mit unserer Enttäuschung – werden wir nichts Positives bewirken. Wer kämpft, kann verlieren, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren!

Nächstes Jahr haben wir mal wieder die Chance, aktiv in die Politik der Zukunft einzugreifen. Wir haben wieder die Wahl! Wir sind gefordert, diese wertlose Garnitur von Politikerinnen und Politikern gnadenlos abwählen. Wir müssen unser Recht, unsere Pflicht und unsere Möglichkeit nutzen, für die Schaffung einer Zukunft zu sorgen, die für uns alle gut und sozial ist und bleibt – mit neuen Politikern! Wir können also alles ändern mit unserer Wählerstimme! Tun wir es zahlreich! Bis dahin demonstrieren wir gemeinsam weiter, denn: Keiner hat das Recht zu gehorchen!

Gudrun Binder (parteilos)

 

Im Kleinen wie im Politischen
haben wir einiges erreicht

Jobst RoseliusDie Montagsdemo ist immer noch da. Sie wird es bleiben und auch wieder stärker werden, da bin ich mir sicher. Im Kleinen haben wir einiges erreicht: Wir haben die Menschen aufgeklärt und aufgerufen, überall da, wo es notwendig ist, Widerspruch und Widerstand anzuzeigen. Wir haben die Beratung und die Solidarität weiterentwickelt, wo andere aufgehört haben.

Im Politischen haben wir erreicht, dass Schröder und Fischer gehen mussten. Frau Merkel wagt es nicht, den Kurs gegen das Volk wieder zu verschärfen. In Bremen wurde die Große Koalition abgewählt. „Die Linke“ wurde in mehrere Länderparlamente gewählt und steht unter kritischer Aufmunterung und Beobachtung der Montagsdemonstranten. Die Abstrafung der CSU am vergangenen Sonntag bei der Wahl in Bayern mit minus 17,3 Prozent ist die Quittung für die massenfeindliche reaktionäre Politik.

Wir haben noch nicht erreicht, dass die Hartz-Gesetze vollkommen zurückgenommen und die Gewerkschaften von ihrem Schmusekurs mit der SPD abgebracht werden konnten, um eine breite Widerstandslinie gegen die Herrschenden zu entwickeln. Wie lange dieser Kampf noch gehen wird, muss die Zukunft zeigen. Während den Herrschenden aber immer mehr „die Hosen flattern“, können wir nach vorne schauen!

Die große Mehrheit der Menschen hat sich gelöst von diesen alten Begriffen wie „soziale Marktwirtschaft“ und „freiheitlich-demokratischer Grundordnung“. Diese haben sich als wertlose hohle Phrasen erwiesen. Von den Herrschenden werden sie missachtet und mit Füßen getreten. Die große Mehrheit der Menschen wird zu dem Schluss kommen, dass das kapitalistische System nichts mehr taugt und dass sie selber aktiv werden müssen!

Ob voranschreitende Unweltkatastrophe, wachsende Weltkriegsgefahr oder kommende Weltwirtschaftskrise: Diese Entwicklungen stehen für eine allseitige Zuspitzung der Widersprüche des Imperialismus, die er auch nicht mehr lösen kann. Die Münchner Investmentbank Hypo Real Estate kann nur mit Staatseingriff von 35 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch gerettet werden kann. Die Bankenkrise hat Europa erreicht. Italien, die Niederlande und Großbritannien sind ebenfalls zu Stützungskäufen genötigt.

Diese Raff- und Profitgier der Anleger und Monopole auf unsere Kosten, das wollen die Menschen nicht mehr. Aber Betrugs- und Beruhigungsmanöver der Herrschenden und alle Gesundbeterei werden die Bankenkrise nicht lösen. Das ganze faulende kapitalistische System muss weltweit weg! Jeder muss sich überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, dabei mit anzupacken.

Wir, die Hartz-IV-Betroffenen, Arbeitslosen und Arbeitenden, Jugendlichen und Rentner, Frauen und Männer wollen nicht länger die Opfer bringen für diesen Kapitalismus! Macht mit bei den Montagsdemos im Land, kommt mit zur zentralen Demonstration gegen die Merkel-Regierung am 8. November 2008 in Berlin!

Jobst Roselius
 
Beckstein, Huber, Haderthauer: Nach der Wahlkatastrophe
köpft die CSU ihr Führungstrio („Spiegel-Online“)

 

Wie Bedürftige um ihr Arbeitslosengeld II betrogen werden

1. In Wiesbaden endete ein Verfahren vor Gericht mit einem Vergleich und einer Niederlage für den Leiter des Amtes für soziale Arbeit, Franz Betz (SPD). Dieser darf Gegner von Ein-Euro-Jobs nun nicht mehr der Lüge bezichtigen. Grund für die innerparteiliche Auseinandersetzung in der Wiesbadener SPD war eine Aussage des Amtsleiters bei einem öffentlichen Gespräch am Runden Tisch Anfang Juni, zu dem Kritiker und Befürworter von Ein-Euro-Jobs eingeladen wurden.

Elisabeth GrafDer SPD-Stadtverordnete Veit Wilhelmy bekräftigte seinen Vorwurf, dass durch solche Stellen beim städtischen Grünflächenamt wie auch in anderen kommunalen Einrichtungen feste, unbefristete und tarifgebundene Arbeitsplätze vernichtet würden. In der Hitze der Diskussion bezeichnete der Amtsleiter seinen Kontrahenten als Lügner. Das wollte dieser natürlich nicht auf sich sitzen lassen und erwirkte beim Wiesbadener Amtsgericht per Eilverfahren eine einstweilige Verfügung. Darin wurde Betz unter Androhung einer Geldstrafe von 250.000 Euro oder einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr untersagt, Wilhelmy wörtlich oder sinngemäß als Lügner zu bezeichnen. Betz legte seinerseits Widerspruch ein, über den Anfang September verhandelt wurde.

Was wie ein Machtkampf unter zwei Platzhirschen wirkt, ist im Ausgang als herbe Niederlage und schallende Ohrfeige für den Amtsleiter zu bewerten. Allerdings hat die SPD-Fraktion in der Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung am Montagabend daraufhin den profilierten Hartz-IV-Kritiker Veit Wilhelmy aus ihren Reihen ausgeschlossen. Ich hoffe, dass diese öffentliche Auseinandersetzung der Abschaffung der sittenwidrigen Ein-Euro-Jobs dienlich ist, die nicht nur die in Jahrzehnten erkämpften Arbeitnehmerrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub in die Tonne treten, sondern auch dem sich beständig verbreitenden Lohndumping Vorschub leisten und Arbeitsplätze vernichten!

 

2. In den letzten Tagen hören wir in Radio und Fernsehen immer wieder Debatten über Rettungsaktionen zur Lösung einer Finanzkrise, die drohe, die Wirtschaft der am höchsten entwickelten Länder zu erschüttern und die Ernährer Abertausender Familien arbeitslos werden zu lassen. Heftig diskutiert wird im US-Parlament das 700 Milliarden Dollar teure Finanzrettungspaket der Bush-Regierung, die versucht, Verluste der amerikanischen Banken weltweit zu sozialisieren. Diese Beträge ungeheuren Ausmaßes übertreffen jene um ein Vielfaches, die für die gesamte internationale Hilfe zur Bekämpfung der weltweiten Armut bereitstehen. Wie kann es zur Aufstellung einer Rettungsaktion für ein marodes, neokapitalistisches Finanzsystem kommen, während es gleichzeitig fast aussichtslos zu sein scheint, einen weitaus geringeren Betrag für das Überleben der Ärmsten dieser Erde zu erhalten?

Wieso sind die Regierungsvertreter in der Lage, alle benötigten Mittel aufzubringen, um ein erschöpftes Finanzsystem zu retten, während es ihnen bisher nie in den Sinn kam, die benötigten Gelder für Investitionen in die Entwicklung der ärmsten Regionen der Welt zu stecken? Die für eine Soforthilfe in den bedürftigen Ländern nötige Summe steht in keinem Verhältnis zur ungeheuren Höhe der Beträge, die für Rüstung ausgegeben werden. Weniger als die Hälfte der weltweit hierfür bestimmten Summen würde ausreichen, um die Millionen Armen dauerhaft aus der Not herauszuholen. Offenkundig ist dies eine ganz bewusste und knallharte Prioritätensetzung, die jeder Menschenwürde spottet! Nach offiziellen Angaben leben heute in Afrika 535 Millionen Menschen ohne Stromversorgung. Diese Zahl wird bis 2030 voraussichtlich auf 586 Millionen ansteigen. Die Staatschefs der G8-Staaten verpflichteten sich 2000 selbst, die Armut bis 2015 zu „halbieren“. Daher sind sie jetzt gefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um extreme Armut, Hunger, Krankheiten und Analphabetismus zu bekämpfen!

Vor 60 Jahren erfolgte die weltweite Deklaration der Menschenrechte. Deshalb muss jetzt der gemeinsame Kampf gegen extreme Armut, Hunger, Analphabetismus und Krankheit verstärkt werden! Dies ist nicht bloß ein Akt der Großzügigkeit und Nächstenliebe. Wir leben in einer Welt, in der wir alle Verantwortung für die Ärmsten haben. Das Verhungernlassen von fast zehn Millionen Kindern pro Jahr ist eine Abscheulichkeit ersten Ranges und darf nicht länger toleriert werden! Ist das Menschenwürde? Haben die Politiker ihre Versprechungen zur Halbierung der weltweiten Armut bis zum Jahr 2015 schon vergessen? Für die Armen nur Geblubber und leere Worthülsen, doch für die Rettung von kaputten, toten Finanzsystemen sprudelt das Geld in Hülle und Fülle! Ein 700 Milliarden teures Finanzrettungspaket brauchen die Ärmsten und nicht die Banken, denn die Ärmsten zahlen die Zeche der Reichen!

In diesem Zusammenhang sind die 16 Milliarden US-Dollar, die die internationale Gemeinschaft zur Erreichung der „Millenniumsziele“ einsetzen will, nur ein lächerlicher Tropfen auf den heißen Stein, mit dem gleichzeitig die Armen und Hungernden verhöhnt werden. Bedürftige, arme Menschen sind den Regierungschefs bei weitem nicht so viel wert wie Finanzsysteme! Ich habe es noch nie verstanden, wieso das Recht auf unbegrenzten, völlig überflüssigen Reichtum einzelner über dem Lebens- und Existenzrecht von Milliarden hungernder, verelendeter Menschen steht. Warum wird dieses Geld nicht für humanitäre Zwecke enteignet? Nein, stattdessen wird allen Ernstes an einem „Rettungsplan für notleidende Banken“ gearbeitet! Was sind dagegen schon notleidende Menschen? Nichts, sie sind ja überflüssig, weil nicht ausbeutbar!

 

3. In einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ forderte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, allen Ernstes eine Kürzung des Hartz-IV-Regelsatzes für Jugendliche, um den Druck auf junge Menschen zu erhöhen, eine Ausbildung zu beginnen. Damit macht Weise deutlich, dass er von den tatsächlichen sozialen Verhältnissen keine Ahnung hat und seine Arbeitsmarktpolitik ausschließlich an populistischen Wirtschaftskennzahlen einer rigorosen Einsparpolitik orientiert. Zudem ist es ein Skandal, dass seit Einführung von Hartz IV bei Jugendlichen der ernährungsbedingte Wachstumsbedarf aberkannt wurde. Die jüngsten Untersuchungen des „Paritätischen Wohlfahrtsverbandes“ und der im Frühjahr gegründeten Bündnisplattform gegen „Kinderarmut durch Hartz IV“ zeigen diesen Missstand deutlich auf.

Im Gespräch mit der „Wirtschaftswoche“ sagte Weise, dass in Städten in Ballungsgebieten viele junge Menschen arbeitslos seien, vor allem solche mit Migrationshintergrund. Seiner Meinung nach habe das verschiedene Gründe. Deswegen müsse man aber auch „kritisch hinterfragen“, ob der „Anreiz“, eine Arbeit oder Ausbildung anzunehmen, für diese jungen Menschen möglicherweise deshalb zu gering sei, weil die Regelsätze noch „zu hoch“ ausfielen. Wegen dieser Äußerungen hält das „Erwerbslosenforum Deutschland“ Weise für nicht mehr tragbar. Es scheine offensichtlich, dass die BA einen Mann an der Spitze habe, der von den Prinzipien der Sozialpolitik und den gesellschaftlichen Verhältnissen keine Ahnung hat oder haben will. Als Chef der größten Sozialbehörde ist er nicht mehr tragbar, weil er sich nicht für Menschen einsetzt, die besondere Hilfe und Schutz brauchen. Stattdessen bringt er ganz klar zum Ausdruck, dass es entweder „Arbeit“ oder „Ausbildung“ zu jedem Preis und jeder Bedingung gibt – oder Aushungern.

Weiß er denn wirklich nicht, dass ausgerechnet in den von ihm angesprochenen Ballungsgebieten nicht genügend Ausbildungsplätze bereitgestellt werden und Menschen mit Migrationshintergrund wesentlich schlechtere Startvoraussetzungen haben? Das ist aber nicht einfach pauschal und höchst individuell den Einzelnen anzulasten, sondern in erster Linie der völlig verfehlten Bildungs- und Sozialpolitik, an deren Ausgestaltung die Wirtschaft maßgeblich beteiligt ist. Die meisten Jugendlichen suchen händeringend eine Lehrstelle, nur sind etliche Lehrherren inzwischen so anspruchsvoll, dass selbst Anwärter auf einen handwerklichen Beruf ihr Abitur in der Tasche haben sollen. Dadurch hat ein Jugendlicher mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss doch so gut wie keine Chance! Wenn Herr Weise jetzt daherkommt und den Regelsatz noch weiter kürzt, bestraft er nicht nur die jungen Menschen, die Arbeit suchen und nicht finden, sondern bei anhaltender „Stallpflicht“ die Eltern und Geschwister gleich mit, denn mit wenigen Ausnahmen werden die Eltern ihre Kinder weiter ernähren und kleiden – und dafür selbst zurückstecken.

Augenscheinlich lässt sich gar nicht oft genug darauf hinweisen, es anprangern, dass mit Einführung von Hartz IV bewusst der wachstumsbedingte erhöhte Ernährungsbedarf bei Schulkindern und Jugendlichen aberkannt wurde, indem die Altersgruppen der Schulkinder zwischen sieben und 14 Jahren und der Jugendlichen nicht mehr berücksichtigt wurden. Bis zur Einführung von Hartz IV hatten Kinder von sieben bis 14 Jahren etwa 20 Prozent mehr für Ernährung zur Verfügung, und 14- bis 17-Jährige bekamen 90 Prozent des Eckregelsatzes, weil ihr Ernährungsbedarf den von Erwachsenen übersteigt. Mit der Einführung von Hartz IV wurde der Bedarf eines heute 13-Jährigen auf das Niveau eines Säuglings reduziert. Jugendlichen gesteht man nur noch 2.500 kcal zu, obwohl sie täglich 3.000 kcal brauchen. Dabei haben alle Parteien, Gewerkschaften und großen Wohlfahrtsverbände zugeschaut, ohne diese vorsätzliche Kürzung zu beanstanden!

 

4. Letzte Woche Dienstag wurde mir vom Verwaltungsgericht ein Antwortschreiben der Bagis an das Gericht zugesandt. Wie ihr euch erinnert, wehre ich mich dagegen, im Monat September nahezu ohne Geld dazustehen, weil mein erstes „Gehalt“ erst am Monatsende oder zu Beginn des Monats Oktober fließen wird, ich aber wie jeder andere Mensch auch meine Lebenshaltungskosten für den Monat September bereits vorher tragen muss. Schon Anfang August legte ich Widerspruch gegen den Bescheid ein, worin mir die Bagis ankündigte, im September für meine Tochter und mich lediglich das ergänzende ALG II in Höhe von 322 Euro zu überweisen, weil ich dann ja über ein „Gehalt“ verfügen würde. Hahaha!

Weil mein Widerspruch vermutlich bei der Widerspruchsstelle vor sich hin modert, musste ich mir das erste Mal freinehmen, um beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung erreichen zu können. Natürlich befand die Bagis, dass eine Einkommensanrechnung im Zuflussmonat rechtlich nicht zu beanstanden sei. Unverschämterweise wurde in dem Schreiben behauptet, es dürfte möglich gewesen sein, mich „auch finanziell auf die Situation einzustellen“. Wie es möglich sein soll, von viel zu wenig noch etwas anzusparen, haben mir diese Scherzkekse allerdings verschwiegen. Wahrscheinlich gehört ein solcher Hinweis als gedankenloser Textbaustein in fast jeden Brief mit dieser Sachlage. Es muss immer wieder so getan werden, als ob mit dem ALG II eine Grundsicherung erfüllt würde! Gleichwohl erklärt sich das „Leistungsteam“ bereit, mir Gelder in Höhe des angerechneten Einkommens darlehnsweise zu gewähren. Na also, es geht doch!

Am Dienstagabend konnte ich natürlich nichts mehr unternehmen, und am Mittwoch hat die Behörde geschlossen. Ich organisierte mir einen netten Begleiter, weil es sich als unabdingbar erwiesen hat, niemals allein zur Bagis zu gehen. So musste ich mir leider ein zweites Mal freinehmen, um in meinem ersten Arbeitsmonat ausreichend Geld zu haben. Obwohl ich am Donnerstagmorgen bereits um 7:40 Uhr vor der verschlossenen Tür der Bagis stand, warteten schon vier Leute vor mir. Bis acht Uhr verfünffachte sich die Zahl der Wartenden.

Wir zogen eine Nummer und gerieten an einen freundlichen Ahnungslosen. Als der Angestellte nach meinem Anliegen fragte, sagte ich ihm, dass ich das mir vom Team der Bagis zugesagte Geld als Darlehn abholen wollte und legte ihm die Unterlagen vor. Er schien überfordert, verwirrt, guckte erst mal in seinen PC. Er fragte, ob ich denn kein „Übergangsgeld“ bekommen habe, was ich verneinte. Dann las er, dass ich Bekleidungsgeld beantragt hätte, was mir auch gewährt wurde. Also, mit diesem Anliegen müsse er mich wohl zu meinem Arbeitsberater weitervermitteln! Das hielt ich nicht für nötig, denn ich wollte lediglich das mir vom Bagis-Team zugesagte Geld als Darlehn abholen. Das Bekleidungsgeld ist ja auch zweckgebunden. Er musste mir zustimmen, meinte dann aber, mir sei doch schon im September „Übergangsgeld“ in Höhe von 322 Euro gezahlt und für den ersten Oktober erneut angewiesen worden.

Ich klärte ihn darüber auf, dass es sich bei dieser Summe um das ergänzende ALG II für meine Tochter und mich handelt. „Ich möchte das mir vom Bagis-Team zugesagte Geld als Darlehn abholen!“ Er schien mir das Geld nicht geben zu wollen, wusste aber nicht weiter und schickte mich dann zu der Sachbearbeiterin, die in dieses Thema involviert ist, die ich bisher jedoch nicht kennengelernt hatte. Auch diese Dame schien im höchsten Maße irritiert. Ob ich denn nicht wisse, dass es ohne Termin eigentlich gar nicht gehe? Ob ich nicht morgen oder heute Abend wiederkommen könne? „Nein, ich kann doch wohl nicht noch mal fehlen müssen, bloß um an mein Geld zu kommen, nur weil ich jetzt Arbeit habe! Außerdem habe ich am Nachmittag einen zweistündigen Zahnärztinnentermin, den ich nicht mal eben verschieben kann!“

Mein Begleiter und ich warteten lange, bis die Sachbearbeiterin den Vorgang bearbeitet hatte. Ich konnte gar nicht verstehen, was daran noch so arbeitsintensiv sein mag, wenn doch bereits an das Gericht geschrieben wurde, dass sich das Team der Bagis bereit erklärt, dass ich das Geld als Darlehn bekommen könne. Die Dame wollte wissen, warum ich sie denn nicht angerufen hätte. „Ja, wann denn? Erst am Dienstagabend habe ich meine Post vom Gericht gesehen, und eher als jetzt kann ich mich nicht melden! Ich möchte meine Hilfsbedürftigkeit abwenden, indem ich das mir vom Bagis-Team zugesagte Geld als Darlehn abhole!“ Dann wollte sie wissen, ob ich meine Kontoauszüge mitgebracht hätte. „Nein, ich wollte schließlich nur das mir vom Bagis-Team zugesagte Geld als Darlehn abholen!“ Ob mir dann nicht vielleicht die Hälfte genügen würde? „Nein, ich möchte die mir vom Bagis-Team zugesagte Summe abholen!“

Aber ich hätte doch irgendwie gelebt, und das ginge doch vielleicht auch noch weiter so? Ich müsse ja auch die Rückzahlungsmodalitäten bedenken. Ja, ALG-II-Bezieherinnen müssen notgedrungen Überlebenskünstler werden! Als Erzieherin und Mutter bin ich es ja gewohnt, manchmal konsequent und penetrant darauf zu beharren, dass zum Beispiel Hausschuhe angezogen werden. So habe ich etwas Übung darin sammeln können, wie eine Platte mit einem Sprung immer wieder meine Forderung vorzutragen. Jedenfalls bekam ich mal wieder die Bestätigung dafür, dass „nervige Sturheit“ bei Behörden eine nützliche Charaktereigenschaft ist. Ich erhielt dann auch eine Chipkarte für den Bargeldautomaten im Haus.

Außerdem bekam ich ein Schreiben mit, in dem ich aufgefordert werde, per Kontoauszug zu belegen, dass ich mit dem Geld wirklich meine Miete und meine Energiekostenrechnung bezahlt habe. Letzteres finde ich empörend, weil es demütigen soll! Offenbar wird mal wieder auf „Blöd“-Zeitungs-Niveau pauschal davon ausgegangen, dass ALG-II-Bezieher ihr Geld versaufen, verrauchen oder in Elektroschrott umsetzen. Oder wollte ich davon am Wochenende etwa heimlich auf die Kanaren fliegen? Was herrscht hier eigentlich für ein Menschenbild vor? Offenkundig wird mir unterstellt, dass ich nicht verantwortungsfähig bin. Mir wird praktisch eine erwachsene Handlungsfähigkeit abgesprochen. Ich finde so eine Haltung unverschämt und menschenverachtend!

Um so bevormundend zu entscheiden, müssen alle Transferbezieher pauschal entweder kriminalisiert oder als geistig behindert oder psychisch krank abgestempelt werden, nur weil sie in die Lage gekommen sind, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Acht Millionen Menschen werden auf diese Weise dem Prinzip der Dehumanisierung unterworfen. Wie sonst wäre es möglich, mit Erwachsenen so entmündigend und überkontrollierend umzugehen und immer nur den Missbrauch zu unterstellen? Verdammt, ich bin fast 51 Jahre alt, habe zwei Kinder allein großgezogen und soll mir diesen Schuh anziehen? Nichts da! Ich lasse mich nicht beschämen, sondern werde wütend und empöre mich laut und öffentlich!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke

 

Treten Sie zurück, wenn Sie
die Unterlassungen nicht
billigen, Frau Linnert!

Hans-Dieter Binder1. Die 200. Bremer Montagsdemo wird uns gelingen! Es ist schön, euch zu sehen! Der „Weser-Kurier“ hat in der Beilage für die Neustadt über unser Demo-Fest berichtet und auf unsere 200. Bremer Montagsdemo hingewiesen: „Am Mittwoch“ solle sie stattfinden. Fehlerteufel sind überall!

Senatorin Linnert hat am 28. September 2008 im „Bremer Anzeiger“ ihren Haushalt verteidigt (Seite 2). „Wie sieht es mit zusätzlichen Stellen beim Stadtamt aus, um der dort liegen gebliebenen Aktenberge Herr zu werden?“, lautete die Frage – und die Antwort: „Bevor wir nicht genau wissen, warum es diese Probleme im Stadtamt gibt, finde ich nicht, dass man einfach so zusätzliche Stellen bewilligen sollte. Es gibt Hinweise darauf, dass wir dem Stadtamt helfen müssen, seine Arbeit effizienter und besser zu organisieren.“ Frau Linnert, einige Zeilen davor: „Wenn man beispielsweise für neue Stellen im Bereich Jugendhilfe mehr Geld ausgeben will, muss der Betrag an anderer Stelle eingespart werden.“

In der vergangenen Woche habe ich dargelegt, was die Grünen über die Probleme der ausländischen Mitbürger wissen! Die Antwort des Senats zur Situation im Stadtamt liegt vor! Die Schlussfolgerungen aus dem Tod von Kevin liegen dem Senat vor! All dies war zur Haushaltsaufstellung bekannt. Es bleibt nur eine Schlussfolgerung: Dieser Senat hat und hatte nicht vor, diese Missstände zu beseitigen! Frau Linnert, wenn Sie diese Unterlassungen nicht billigen, dann treten Sie zurück! Keiner hat das Recht zu gehorchen, auch nicht den Sachzwängen des Amtes! Ihr ausländischen Mitbürger, kommt zur Bremer Montagsdemo! Es ist angebracht, wie damals bei den Zwangsumzügen das politische Personal zu besuchen!

Die Freie Hansestadt Bremen hat ihrer Stiftung „Wohnliche Stadt“ ab sofort die ersten 2,25 Millionen Euro per anno überlassen. Die Stiftung soll dadurch vor der Insolvenz bewahrt werden und in der Lage sein, ein Darlehn aus dem Jahre 2003 in Höhe von 7,7 Millionen Euro zu tilgen („Bremer Anzeiger“ vom 24. September 2008, Seite 5). Ist es dieser Stiftung wie der „Brepark“ gegangen: eine Verschuldung zugunsten der Haushaltsausgaben der Freien Hansestadt?

Wann kommt die Haushaltssperre? Im Oktober soll die Beurteilung der Haushaltslage vorgelegt werden. Die Reserve von 36 Millionen Euro wurde allein durch die Mehrausgaben bei Sozialsenatorin Rosenkötter aufgezehrt. Die Unterfinanzierung wird an vielen Stellen schmerzlich. Bremens Bürger werden schlechter gestellt als Bürger anderer Bundesländer! Dies ist nicht hinnehmbar! Nur ein Beispiel ist die drohende Schließung eines Jugendtreffs in der Neustadt: 85.000 Euro fehlen bis 2011. Außerdem: Wo bleibt das Sozialticket? Sollen die Armen in ihren Stadtteilen verbleiben?

Gilt noch die Auffassung aus dem Jahr 1522: Armut wird als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aufgefasst? Doktor Karl Bronke hat dies in seinem Buch „Die Organisation der kommunalen sozialen Dienste“ zusammengestellt. Herr Bronke ist schon lange Leiter der Abteilung 5 für Soziales in der senatorischen Dienststelle für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales. Die „Gewoba“ hat Wohnungen in Osterholz-Tenever zu vermieten. Als Zugabe gibt es für jeden neuen Mieter ein Jahresticket für die Bremer Straßenbahn. „Ote“ ist eben am Rande der Stadt!

 

2. Die Zugangsvoraussetzungen für den Kinderzuschlag wurden erleichtert. Jetzt kann jeder Antragsteller wirksam auf Leistungen verzichten. Aber wie sieht es mit der Bearbeitungsdauer aus? Die Bundesagentur für Arbeit hat das Personal aufgestockt. Seit Februar wartet ein Bremer auf die Bewilligung des Kinderzuschlags, so der „Weser-Kurier“ vom 26. September 2008. Der Grund: Unterlagen sind nicht zur Akte gelangt, teilweise hat der Antragsteller diese drei Mal eingereicht! Die Sachbearbeitung ist nicht zu erreichen. Er gibt scheinbar die gleichen Schwierigkeiten wie bei der Bagis. Wer sich also für den Kinderzuschlag entscheidet, was unter Umständen mit Leistungsverzicht verbunden ist, kommt vom Regen in die Traufe. –

„Unterordnen ja, sich aufgeben nein“, titelt der „Weser-Kurier“ vom 28. September 2008 und malt ein poppiges Bild zum positiven Bericht über Musterung und Verwendungsmöglichkeiten bei der Bundeswehr: „Wenn der Vorgesetzte sagt, der Rasen sei rot, dann ist das auch mal so. Nach Dienstschluss kann der Rasen dann wieder grün sein.“ Diese zwei Sätze sagen genau, worauf sich der Soldat einlässt! Im Einsatz entscheiden Sekunden über lebenslanges Wohlbefinden. Wenn Vorgesetzte Rasen als „rot“ darstellen, wie vertrauenswürdig sind dann Einsatzbefehle? Keiner hat das Recht zu gehorchen! Keiner kann unter Androhung einer Sanktion von der Arge zur Bewerbung bei der Bundeswehr gezwungen werden! Jegliche Sanktion ist unrechtmäßig und nicht gerichtsfest. Wie dies geht? Wir gehen mit! –

Weiterbildung ist Trumpf“, meldet die Bundesagentur für Arbeit. Sie glaubt, das Bewusstsein dafür wecken zu müssen! Es ist die Bundesagentur, die Weiterbildungen zentral einkauft. Die Argen müssen für die Besetzung dieser Seminare sorgen. „Passt nicht“ gibt es nicht! Regionale Anbieter finden so keine Berücksichtigung, Einzelschicksale auch nicht. Die „Stiftung Warentest“ hat die Weiterbildungsberatung der Bundesagentur für Arbeit und anderer Beratungsstellen untersucht. „Ratlos nach der Beratung“, lautet das Fazit. Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht gut dabei weggekommen!

Die Argen und auch die Bundesagentur für Arbeit können im Einzelfall mithilfe des Gerichts zur speziellen Weiterbildungsförderung „getragen“ werden. Mensch sollte selbst aussuchen, dabei zuerst in den Angeboten der Bundesagentur und der Arge nachsehen, dann in denen der anderen Anbieter, die Unterschiede aufzeigen, den Antrag stellen, eine eventuelle Ablehnung prüfen und gegebenenfalls die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen. Deutlich wird durch diese Kampagne die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Nur die Statistik macht zufrieden. Trotzdem sollte mensch gerade unter Bezug auf diese Werbung zur Antragsstellung schreiten! Wie dies geht? Wir gehen mit!

 

3. „Es stehen ausreichend Gelder zur Verfügung“, lesen wir im „Weser-Kurier“ vom 27. September 2008: Die Kosten der Arbeitslosigkeit sind um 25 Milliarden Euro gesunken. Na also! Was spricht dann gegen eine Erhöhung des Regelsatzes auf 425 Euro monatlich? Der Aufwand beträgt nur 10 Milliarden Euro, laut IAB-Rechnung! Nötig ist außerdem die Anhebung der Regelsätze für Kinder!

Die USA wollen weitere 700 Milliarden Dollar zur Stützung der Banken ausgeben, allerdings mit erheblichen Nebenwirkungen für den Finanzmarkt. Abgesegnet wurde dies erst beim zweiten Anlauf, reichen wird es auch nicht. Der Entwurf ist bedenklich: Der US-Finanzminister soll in die Banken unter Ausschaltung aller Kontrollmöglichkeiten eingreifen können. Er braucht keine Rechenschaft gegenüber Gerichten, Parlamenten oder Regierungsstellen abzulegen! Dies ist ein Entwurf, der eines demokratischen Staates unwürdig ist: Er wird über das Kleingedruckte ausgetrickst!

Entgegen allen Zusicherungen hat die Bundesregierung für die Abwicklung des Münchner Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate gebürgt. 25 Millionen Euro wurden genannt. Erfahrungsgemäß gibt es aber noch weitere „Neben­wirkungen“. Warum wurde diese Bürgschaft nötig? Die Europäische Zentralbank hat dem Finanzmarkt 260 plus 30 plus 60 Milliarden zur Verfügung gestellt. Waren diese Milliarden vergriffen? Wie wird die Bundesregierung mit der nächsten drohenden Insolvenz umgehen?

Die Fehlleistungen der IKB und der Mutter KfW sind immer noch nicht aufge­arbeitet. Die nach dem Kauf weiterbestehenden Risiken der IKB für den öffentlichen Haushalt wurden bisher nicht beziffert. Die Einmischung der Chinesen wurde auch in den Medien nur von der „Zeit“ angesprochen. Die USA benötigen danach jeden Monat 20 Milliarden Dollar Kredit!

Nun zurück zu uns. Ich freue mich auf die 201. Bremer Montagsdemo und auch auf unsere gemeinsame Fahrt nach Berlin. Wir werden am 8. November 2008 auch das Andenken an Georg Elser wachhalten: An diesem Tag wird dort ein Denkmal für ihn eingeweiht. Die Anmeldung zur Fahrt ist unter Jobst.Rose­lius(at)nord-com.net möglich. Wer sich nicht wehrt, hat weniger vom Leben! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

In Bayern gähnt ein
schwarzes Loch

Wieland von HodenbergDas Wort „Watschn“ ist ein schöner urbayerischer und bildkräftiger Begriff. Aber „abgewatscht“ wurde die bierzeltfeste CSU bei der Landtagswahl nicht allein deswegen, weil sie mit Huber, Beckstein und Konsorten zwar maßkrugschwingende, aber ansonsten recht farblose „Führungs­persönlichkeiten“ hat. Bestraft wurde die Partei in erster Linie deswegen, weil diese trinkfesten Bayernzelt-Maulhelden solch eine verheerende Politik betreiben! Der „Freistaat“ ist keine Republik der Seligen mehr, vielleicht noch der wenigen „Starkbier-Seligen“ in einigen abgelegenen Hochtälern, doch ansonsten ist die Ludwig-II- und Franz-Josef-Strauß-Herr­lich­keit längst vorbei. Schon Stoiber hatte es bekanntlich nicht mehr „gerissen“, und jetzt gähnt in Bayern nur noch ein schwarzes Loch!

Abgewatscht wurde aber nicht nur die CSU, sondern auch die „Vogel-Partei“ – oder vielleicht sollte ich besser sagen, der „Partei-Vogel“ SPD: Seines linken Flügels längst beraubt, musste er ebenfalls erheblich Federn lassen! Denn beide Parteien stehen auch im „Freistaat“ für gnadenlosen Sozialkahlschlag, Bildungsabbau, Umweltzerstörung und vor allem Hochrüstung in ihrer herzigen Landeshauptstadt. Auch wenn uns die Medien andere Gründe für die Wahlschlappe weismachen wollen: Neoliberale Großmäuligkeit anstelle einer menschengerechten Politik belohnen die Wähler(innen) eben längst nicht mehr!

Zum Thema „Rüstungshochburgen“ hier noch ein Terminhinweis: Am Don­nerstag, dem 9. Oktober 2008, gibt es um 20 Uhr im „Kapitel 8“ an der Domsheide eine Veranstaltung mit Lühr Henken unter der Fragestellung „Rüstungs­produktion in Bremen – das Beste für die Stadt?“ Die Veranstaltung wird von der „Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung“ gemeinsam mit dem Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche, Martin Warnecke, und dem „Bremer Friedensforum“ durchgeführt. Lühr Henken lebt in Hamburg und koordiniert dort das „Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung“. Außerdem gehört er dem Beirat der „Informationsstelle Militarisierung“ in Tübingen an und ist Sprecherratsmitglied des „Bundesausschusses Friedensratschlag“.

Im ansonsten rabenschwarzen September gab es in unserer Hansestadt wenigstens eine erfreuliche Nachricht: Der Sendesaal von „Radio Bremen“ wird uns höchstwahrscheinlich erhalten bleiben! Wie mehrere Zeitungen berichteten, erklärte sich Intendant Heinz Glässgen damit einverstanden, dass die Bauunternehmer Klaus Hübotter und Bernhard Kathmann den inzwischen wieder unter Denkmalschutz gestellten Saal und die dazugehörenden Funkhaus-Immobilien übernehmen. Hübotters Vorstellungen haben anscheinend den Sender überzeugt. Der Beirat Schwachhausen stimmte der Kaufabsicht bereits vorher zu. Die von den Bremer Bauunternehmern gegründete Firma „Sendesaal-Karree“ will den Weiterbetrieb ab dem kommenden Jahr auf Dauer sichern.

Voraussetzung ist allerdings, dass die bisherigen „Investoren“ Heise und Klima von ihrer Kaufabsicht bis Ende des Jahres zurücktreten. Hierzu schreibt „Radio Bremen“ in einer Erklärung: „Sollte mit der ‚Sendesaal-Karree‘ ein Kaufvertrag zustande kommen, würde ‚Radio Bremen‘ seinen Widerspruch gegen die denkmalpflegerische Unterschutzstellung des Sendesaals zurückziehen.“ Die „Freunde des Sendesaales“ begrüßen die jüngste Entwicklung, kritisieren jedoch einige widersprüchliche Aussagen in der Erklärung des Senders. Eine „Klima“tisierung des Saals à la HvD scheint allerdings endgültig vom Tisch! Helga Kruse von den „Freunden des Sendesaales“ bedankte sich in ihrem Redebeitrag bei Herrn Dr. Hübotter für sein Rettungs-Engagement, und die Bremer Montagsdemo schließt sich diesem Dank in vollem Umfang an!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Arbeiterinnen sind entscheidendes Rückgrat für die Frauenbewegung

Ich fahre dieses Wochenende zum „8. Frauenpolitischen Ratschlag“. Dort gibt es nicht nur interessante Länderberichte von Frauen aus aller Welt und Foren zu verschiedenen Themen, sondern dort wird am Sonntag auch das erste nationale Vorbereitungstreffen für die „Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen“ in Venezuela 2011 stattfinden. Ich finde richtig, dass es auf diesem überparteilichen Ratschlag um die Interessen der Frauen im Besonderen geht. Dabei sind es nicht die Männer, gegen die wir uns wehren müssen, sondern die Regierungen!

Es ist einfach so, dass wir Frauen doppelt ausgebeutet werden, da wir bei gleicher Arbeit oft weniger bezahlt bekommen und zudem besonders unterdrückt werden, durch die ganze Moral und die Traditionen, Ansprüche und Erwartungen, die man an uns hat. Durch die Hartz-Gesetze wird doch richtiggehend verfolgt, ob man eine Beziehung hat und zusammenlebt. Da zeigt sich, wie der Staat sich das „Recht“ rausnimmt, sich in die Liebesbeziehungen der Massen einzumischen! Das hat er durch die Ehe und die Scheidungsregelungen eh schon immer getan hat, aber mit Hartz IV ist es noch mal besonders pervers geworden.

Es ist kein Zufall, dass wir hier auf der Montagsdemo einige selbstbewusste Frauen haben. Ohne sie würde es die Montagsdemo, wie ich finde, auch gar nicht geben, oder sie wäre auf jeden Fall nicht so reichhaltig und fruchtbar. Wir brauchen aber noch viel mehr Frauen!

Ich selber arbeite in einem sogenannten typischen Männerberuf: als Fluggerätmechanikerin – man darf auch Flugzeugbauerin sagen – bei Airbus. Wir arbeiten hier auf wirklich hohem technischen Niveau mit tausend Kollegen an einem einzigen Flugzeug. Die Arbeit bei Airbus bringt für meine Kolleginnen und mich auch ein gewachsenes Selbstvertrauen mit. Ich bin bei Auseinandersetzungen oder Kämpfen im Betrieb meist mit vorne dran, und meine männlichen Kollegen begrüßen das auch.

Ich finde, wir Arbeiter dürfen nicht weiter verzichten, sondern müssen uns einig werden und uns für unsere Interessen zusammenschließen. Ich merke aber, dass dieses Selbstvertrauen auch die Kehrseite haben kann, dass einige Kolleginnen das „Gefühl“ haben, sie seien gar nicht doppelt ausgebeutet und unterdrückt, und es sei eine Frage der Einstellung der einzelnen Frau, ob sie sich zu Hause zur Putzfrau machen lasse oder arbeiten gehen wolle. Von meinen Kollegen höre ich ab und zu mal, ich sei ja gar keine „richtige Frau“. Denen erzähl ich dann aber was anderes!

Ich finde, dass wir Arbeiterinnen mit unserem gewachsenen Selbstvertrauen und in der Einheit mit den Arbeitern ein entscheidendes Rückgrat für die Frauenbewegung sein müssen! Und weil ich wissen möchte, wie das international bei anderen Frauen, in anderen Ländern ist, und weil ich die „Weltfrauenkonferenz“ selber aktiv unterstützen möchte, fahre ich zum „Frauenpolitischen Ratschlag“ und freue mich über jede(n), der oder die noch mitfahren möchte!

Eine Kollegin von Airbus
 
Finanzmärkte durchleben gravierendste Krise seit 1929: Doch Bahnchef Mehdorn will öffentliches Eigentum für einen Spottpreis verscherbeln („Campact“)

 

200. Bremer Montagsdemo unter
„besonderer Beobachtung“

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlSpäter waren wir 40 Teilnehmer und Zuhörer, aber nur wenige hatten sich schon um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz versammelt, als ein Paar auf uns zutrat und darum bat, die 200. Montagsdemo für den türkischen alternativen Fernsehsender „Hayat TV“ aufnehmen zu dürfen. Wir waren sehr angetan, als die beiden uns die Zielsetzung vorstellten, „für das Leben von Millionen statt für die Millionäre“ zu arbeiten. Und schon wurden die Ersten interviewt, zum Leben als Hartz-IV-Betroffene wie auch zu anderen Themen. Wir sind gespannt auf den Film, der an diesem Samstag um 20:20 Uhr via „Türksat“ (Kanal 200) ausgestrahlt wird. Wer das nicht empfangen kann, soll die Möglichkeit haben, den Beitrag im Internet anzusehen.

Wir freuten uns weiter, dass „Die Linke“ mal wieder zu uns fand, uns gratulierte und auch die besondere Bedeutung des Kampfes auf der Straße gegen die reaktionäre Gesetzgebung betonte. Wir werden gerne vorwärtsweisende Initiativen und Anträge unterstützen – aber nicht nur die Bürgerschaftsabgeordneten, sondern auch die breite Mitgliedschaft der „Linken“ sollte die Bedeutung der Straße erkennen und die Auseinandersetzung mit den Menschen suchen.

Die Bankenkrise, die jetzt auch Europa erreicht hat, zeigt, dass der Kapitalismus uns nicht mehr zu bieten hat als Not und Elend für die breitesten Massen. Immer mehr Menschen sind fertig mit den hohlen Phrasen von „Sozialstaat“ und „sozialer Marktwirtschaft“. Die Raffkes und Profitgeier rufen nach dem Staat, wenn ihre Kartenhäuser einzustürzen drohen, und nur Geldnachschieben und Gesundbeterei ist das Tun bei den Regierenden. „Was sind schon Milliarden, wenn man seinen Sadismus bei den Hartz-IV-Betroffenen abreagieren kann?“, mag sich manch einer aus dem Hofstaat der Regierenden denken. Für dieses Quälen bieten die vielen Klagen und Berichte von Resignierten das tägliche Bild.

Helfen wir denen, die nicht mehr können, und schließen wir jene zusammen, die noch Kraft und neue Ziele haben! Setzen wir uns für eine andere Welt ein! Dazu ist die Demonstration am 8. November 2008 in Berlin ein wichtiger Schritt. Wir werden einen Bus chartern und nehmen bereits Anmeldungen entgegen, montags auf dem Marktplatz oder per E-Mail an Jobst.Roselius(at)nord-com.net.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
 
Erpressung: Um die finanziellen Risiken der Rettung von Hypo
Real Estate auf die Steuerzahler abzuwälzen, ziehen private
Banken ihre Hilfszusagen zurück („Spiegel-Online“)
 
Alle reden vom Finanzmarkt: Koalition ändert Grundgesetz
für Bundeswehreinsatz im Innern („Financial Times“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz