Protestschreiben aus dem Klinikum Mitte gegen Sparpläne / Warnung vor den Folgen für Patienten
Von unserem Redakteur
Wigbert Gerling

 
 
Krise an der Kinderklinik, die Station 7 soll geschlossen werden. Foto: Stoss
   
BREMEN. Diethelm Hansen, neuer Chef der städtischen Klinik-Dachgesellschaft "Gesundheit Nord", hat bereits Kritik unter Abgeordneten hervorgerufen und für Widerstand am Klinikum Links der Weser gesorgt. Jetzt kann er auch noch Protestschreiben von Ärzten und Pflegern lesen, die sich am Klinikum Mitte gegen die Sparpläne stemmen. Sie warnen vor einer rapiden Verschlechterung der medizinischen Versorgung für die Bremerinnen und Bremer.

Kranke Kinder kommen auf Wartelisten, wenn sie dann aufgenommen werden, liegen sie in Zimmern mit mehr Betten als bisher, Eltern können aus Platzgründen nicht mehr bei ihnen übernachten, kleine Patienten müssen wegen Personalmangels an die Betten geschnallt werden, womit "längst überholte Praktiken" wieder eingeführt würden. So werden die Folgen in einem Brief skizziert, der von Pflegenden sowie Ärztinnen und Ärzten am Klinikum Mitte an der St.-Jürgen-Straße unterzeichnet ist und unter anderem an Bürgermeister Jens Böhrnsen und Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter ging. "Mit großer Bestürzung", so die Beschäftigten der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie, hätten sie von dem "plötzlichen Entschluss" zur Schließung der Station 7 erfahren. Dies wäre "ein schädlicher und betriebswirtschaftlich sinnloser Schritt", der dem Behandlungsangebot der in ganz Deutschland renommierten Klinik dauerhaft schaden würde.

Es sei "absolut realitätsfern", so heißt es in dem Brief, wenn argumentiert werde, es könne kräftig Pflegepersonal eingespart werden, ohne dass dann die Patientenzahlen und damit die Erlöse zurückgingen. Und die "über viele Jahre erarbeitete" Qualität von Behandlung und Pflege der Patienten könne nach einem Stellenabbau "nicht mehr gehalten werden". Die Einschränkungen träfen erfahrungsgemäß sozial schwache Kinder "besonders hart". Frage der Unterzeichner: "Der von politischer Seite immer wieder geforderte Schutz von Kindern - ist er nur ein Lippenbekenntnis?"

Pflegepersonal und Ärzteschaft verlangen von den Verantwortlichen auch auf der politischen Ebene, sie sollten dann gegenüber der Bevölkerung für die Folgen der Stationsschließung mit den Konsequenzen für die kranken Kinder geradestehen. "Mit dieser Warnung", so der Schluss, lehne das Personal jede "ideelle, fachliche und juristische Verantwortung dafür ab".

Die Ärzte an der Medizinischen Klinik III an der St.-Jürgen-Straße haben sich in einem Schreiben an Diethelm Hansen gewandt, um dagegen zu protestieren, dass eine Station von einst 67 auf künftig 20 Betten verkleinert werden soll. Die Nierenspezialisten betonen, wenn dies umgesetzt würde, könnten sie ihrem "Versorgungsauftrag nicht mehr nachkommen". Die Mediziner beklagen, dass von der Geschäftsführung die Verringerung der Bettenzahl nicht einmal plausibel begründet worden sei. Es gebe Berechnungen, wonach diese Teilschließung der Station - auch unter Berücksichtigung eingesparter Personalkosten - zu einem jährlichen Minus von 2,5 Millionen Euro führe. Und es könne auch nicht im Sinne des Klinikverbunds sein, wenn sich jetzt bereits junge, fachlich spezialisierte Ärzte mit Abwanderungsgedanken trügen.

Weser-Kurier, 2. Juli. 2008