12.7.2008

Im Bunker statt im Hotel
Arbeitsloser Bremer wollte Job bei der EM antreten - und fuhr schnell wieder zurück

Von unserem Mitarbeiter
Winfried Schwarz

BREMEN. Die Fußball-EM 2008 wird Florian B. in ganz schlechter Erinnerung behalten - nicht wegen des verpatzten Endspiels der deutschen Mannschaft. Der 25-jährige Bremer ist auf eine Empfehlung der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (Bagis) schon ganz zu Beginn des Turniers in Basel einer doch für ihn eher dubiosen Firma auf den Leim gegangen. Ganz nahe wollte er dran sein am Geschehen in der Schweiz, doch schon nach einem Tag war er wieder zurück in der Hansestadt.

Im Zuge seiner bislang erfolglosen Lehrstellensuche hatte die Bagis dem jungen Mann das Angebot gemacht, sich über die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Stuttgart für einen befristeten Job im Sicherheitsbereich der EM zu bewerben. Für den fußballbegeisterten Florian B. war es ein "Traumangebot", zumal der Einsatz bei freier Unterkunft und Verpflegung noch mit sieben Euro netto in der Stunde vergütet werden sollte.

So reiste der Bremer am Eröffnungstag von Bremen nach Basel. Am Bahnhof sollte er, wie auch weitere Jugendliche aus allen Teilen Deutschlands, von der Sicherheitsfirma empfangen und eingewiesen werden. Über zwei Stunden wartete die Gruppe, bis sich endlich jemand mit dem Auftrag zu erkennen gab, die jungen Leute zu ihrem Quartier zu bringen. In der Erwartung, nun endlich nach der langen Anfahrt von Bremen ein Zimmer und dort auch eine Mahlzeit serviert zu bekommen, bestieg die Gruppe das Fahrzeug des für Fragen der jungen Leute völlig kompetenzlosen Mitarbeiters des Sicherheitsunternehmens. Er habe nur den Auftrag, die Gruppe zum Quartier zu bringen. Das indes war weder ein Hotel noch eine Jugendherberge. Es war ein unterirdischer Luftschutzbunker mitten in Basel.

Seine Eindrücke von der Ankunft in diesem Bunker schildert Florian so: "Es gab da kaum noch ein freies Bett und die, die nicht belegt waren, wurden von anderen als Ablage benutzt, denn Schränke gab es nicht, und die Toiletten funktionierten auch nicht. Die Liegen waren ohne Matratzen. Als wir nach Essen fragten, wurde uns gesagt, erst zum Frühstück am nächsten Morgen werde es etwas geben. "Mitbewohner" des Bunkers hätten ihn gewarnt, auf seine Sachen aufzupassen, da auch schon gestohlen worden sei. In einem Fast-Food-Restaurant besorgte sich der Bremer eine kleine Verpflegung und verbrachte die Nacht auf einer Holzliege in der stickigen Luft des Bunkers. Das versprochene Frühstück blieb ebenso aus wie auch Informationen, wie es nun weitergehen solle. Als sich die Lage auch um die Mittagszeit nicht klärte, hatte Florian B. genug. Er packte seine Sachen und fuhr nach Bremen zurück. Bei der Bagis zuckte man nur die Schultern und verwies auf die Zuständigkeiten der ZAV.

"Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung bedauert die aufgetretenen Schwierigkeiten sehr", sagt Pressesprecherin Sabine Seidler. Der junge Mann aus Bremen habe seine Beschwerden telefonisch der ZVA mitgeteilt. Da er aber zu diesem Zeitpunkt bereits wieder nach Hause gereist sei, hätte ihm keine Abhilfe oder Verbesserung der Situation vor Ort angeboten werden können.

Der Arbeitgeber habe in einer Stellungnahme Verpflegungsschwierigkeiten eingeräumt, allerdings nur für den ersten Tag. Beschwerden über unzureichende Unterkunft habe er zurückgewiesen und Fotos von der für ihn angemessenen Massenunterkunft vorgelegt. Sabine Seidler: "Meine Kollegen konnten die von Florian B. geschilderte Dramatik nicht nachvollziehen." Schließlich habe es auch Leute gegeben, die sich nach Abschluss des Jobs bei der ZVA lobend geäußert hätten. Dass die angeworbenen Arbeitskräfte nicht ein Hotel beziehen werden, sei von vornherein klar gewesen.

© Bremer Tageszeitungen AG



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