FDP Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft

Redeentwurf

Dr. Oliver Möllenstädt, MdBB

 

Dringlichkeitsantrag SPD und Bündnis90/Die Grünen

Drs. 17/426

 

Änderung Brem. WahlG

Wiedereinführung der 5% Klausel bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung

Votum: Ablehnung

 

 

Anrede,

 

die Liberalen sind schon sehr erstaunt über den Dringlichkeitsantrag der Koalitionsfraktionen.

 

Bisher sind wir immer davon ausgegangen, dass insbesondere die Grünen es mit der Stärkung von Mitwirkungsrechten der Bürgerinnen und Bürger ernst meinen.

 

Der Wunsch und die Bereitschaft der Bevölkerung, sich aktiv für das Gemeinwesen einzusetzen und an seiner Ausgestaltung mitzuwirken, sind ungebrochen groß.

 

Im zuständigen Ausschuss der Bremischen Bürgerschaft wird gerade sehr intensiv über die so genannte Volksgesetzgebung diskutiert.

 

Hierbei geht es um die Etablierung von direkt demokratischen Instrumenten, die die Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Entscheidungen ermöglicht.

 

Auch die Grünen beteiligen sich aktiv

an dieser Debatte.

Und bisher hatten ich den Eindruck, dass auch Sie sich für die mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung einsetzen.

 

Der hier nun zur Abstimmung stehende Dringlichkeitsantrag macht die bisherige grüne Politik zum Thema „ Mehr Bürgerbeteiligung“ unglaubwürdig.

 

In einigen Punkten möchte ich dies kurz skizzieren:

 

Warum die Eile?

Kurz vor der Sommerpause soll die Änderung des Wahlgesetzes kurz und unauffällig über die Bühne gebracht werden.

 

„Heimlich, still und leise“,

so kommentiert der Verein Mehr Demokratie e.V. diesen Vorgang.

 

Zutreffend - wie ich meine – wird damit das parlamentarische Vorgehen der Regierungsfraktionen beschrieben.

 

Dies ist ein Verhalten, das die Grünen in ihren Oppositionszeiten auf das Schärfste – und ich meine zu Recht – kritisiert haben.

 

 

Anrede,

 

die rot/grüne Koalition meidet die politische Auseinandersetzung in den zuständigen Gremien und versucht – unter Missachtung der Rechte der Opposition – einmal mehr mit Ihrer Mehrheit ihre Auffassungen durchzusetzen.

 

Die Liberalen werden dieses Verfahren nicht akzeptieren.

 

 

Anrede,

 

erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang auch an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2008 zu der 5% Klausel bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein.

 

Unmissverständlich hat der 2. Senat festgestellt:

 

Die 5% Klausel im schleswig-holsteinischen Kommunalgesetz bewirkt ein Ungleichgewicht der Wählerstimmen.

 

Sie werden hinsichtlich ihres Erfolgswerts ungleich behandelt, je nach dem, ob die Stimme für eine Partei abgegeben wird, die mehr als fünf Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, oder für eine Partei, die an der Fünf-Prozent-Sperrklausel das Recht auf Chancengleichheit beeinträchtigt.

 

Auch nimmt das Gericht Bezug auf Erfahrungen in anderen Bundesländern und stellt fest:

 

Schwerwiegende Störungen der Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen auch ohne Fünf-Prozent-Sperrklausel sind nicht benannt.

 

Antragsteller bei diesem Verfahren war – daran möchte ich auch noch erinnern – der Landesverband der Grünen in Schleswig-Holstein.

 

 

Anrede,

 

dieses Urteil ist klar und eindeutig.

Auch die Damen und Herren der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen können es nicht ignorieren und ihre Augen verschließen.

 

 

Anrede,

 

die Liberalen werden diesem Dringlichkeitsantrag nicht zustimmen.

 

Die Abschaffung der 5 % Klausel ist ein wichtiges Instrument zur stärkeren Teilhabe unserer Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungen.

 

Teilhabe an der Politik vor Ort führt zu mehr Transparenz und das ist hier in Bremen wie auch in den übrigen Bundesländern dringend notwendig.

 

 

Anrede,

 

die Bremerhavener Bürger und Bürgerinnen haben bei dem Volksbegehren „Mehr Demokratie beim Wählen“ eindeutig gegen die Abschaffung der 5% Hürde gestimmt.

 

 

 

Über 9000 Stimmen sind ein klares Votum für direkte Demokratie.

Über 9000 Stimmen für darf und kann man nicht ignorieren.

 

 

Anrede,

 

zunehmender Wahlmüdigkeit und Politikverdrossenheit muss entgegengewirkt werden.

 

Sperrklauseln würden parteilosen Einzelbewerbern eine Kandidatur unmöglich machen.

 

Damit wäre politische Vielfalt mit all ihren Impulsen für eine Stadt nicht möglich.

Lokale Politik lebt davon.

 

 

Anrede,

 

uns Liberale steht der Weg zum Staatsgerichtshof frei.

 

Wir werden sehr genau prüfen, ob wir diesen Weg gehen.

 

Vielen Dank