Bettina Fenzel, Bremen

Wieland von Hodenberg, Bremen

 

An die

Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di

Herrn Frank Bsirske

Paula-Thiede-Ufer 10

10179  Berlin

 

Betr.: Kommandeurstagung der Bundeswehr

 

Offener Brief

 

Sehr geehrter Herr Kollege Bsirske,

 

wir sind entsetzt, dass ausgerechnet die Gewerkschaft Ver.di die Kommandeurstagung der deutschen Streitkräfte ausgerichtet hat und haben dafür keinerlei Verständnis! Es gab Zeiten, da hat der Deutsche Gewerkschaftsbund, dem ja auch Ihre Gewerkschaft angehört, maßgeblich den alljährlichen Antikriegstag am 1. September mitgestaltet. Und es gab Zeiten, da hat die Partei „Die Grünen“, der Sie als Mitglied angehören, in der Friedensbewegung eine bedeutende Rolle gespielt. Zu Zeiten von Petra Kelly gehörten wesentliche Teile der Grünen sogar zu den treibenden und fortschrittlichen Kräften innerhalb der bundesdeutschen Friedensbewegung. Das ist alles lange her, und sowohl die Grünen, die nach der „Wende“ im Osten ihren Namen in „Bündnis 90/Die Grünen“ änderten, als auch die deutschen Gewerkschaften haben damals eine komplette Kehrtwende vollzogen. Friedenspolitik ist seitdem nicht mehr angesagt, was besonders deutlich an der Haltung Ihrer Partnergewerkschaft IG Metall und deren vehemente Unterstützung für die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie abzulesen ist. Dieses traurige Kapitel wäre allerdings mit der IG Metall abzuhandeln, und dennoch gehört es mit zu unserem Thema! Denn auch die IG Metall trieb mit ihren Vorschlägen und Vorstößen in Richtung Rüstungskonversion aktive Friedenspolitik, zumindest hier in Bremen.

 

Zurück zur Kommandeurstagung der „Fachgruppe Bundeswehr“ bei Ver.di. Nach Lage der Dinge müssen wir davon ausgehen, dass die dort gefassten Beschlüsse zu noch mehr Krieg (zum Beispiel in Afghanistan) von Ihrer Gewerkschaft und auch vom DGB in vollem Umfang mitgetragen werden. Die Bundeswehreinsätze in Afghanistan sind nicht zum Schutz von „Frauen- und Menschenrechten“ organisiert, sondern es geht um geostrategische Positionen der USA und der EU, und es geht um Öl und andere wichtige Rohstoffe. Die „Lissabon-Verträge“, die früher „EU-Verfassung“ hießen und uns aufgezwungen werden, sehen riesige Rüstungsausgaben vor, und dieses Geld fehlt bei Kindergärten und Kinderkrippen, bei Alten- und Krankenpflegeeinrichtungen. Ver.di möge sich dafür einsetzen, dass statt in Rüstung mehr Steuergelder in diese Einrichtungen fließen, und dass der Öffentliche Dienst nicht privatisiert wird. Geschieht dies nicht, dann wird u.E. mehrfach das Grundgesetz gebrochen, woran auch die Kommandeurstagung mit ihren Ergebnissen beteiligt ist! Darüber hinaus ärgert es uns als Gewerkschaftsmitglieder schon sehr, dass die Mittel, die wir mit unseren Beiträgen erbringen, für solch eine nutzlose, teure und gefährliche Militärveranstaltung zweckentfremdet werden! Ist das nicht ein unverantwortlicher Umgang mit Mitgliedsbeiträgen? In der Vergangenheit sagte ein Mitglied von Ver.di, dass zum Erreichen von zentralen Kundgebungen die Benutzung von Zügen zwar ökologisch sinnvoll, aber zu teuer sei. Deshalb müssten Busse benutzt werden, denn mit teuren Zügen zu fahren wäre ein „unverantwortlicher Umgang mit Mitgliedsbeiträgen“. Ein schöner Widerspruch! Wie viele Zugfahrten zu Kundgebungen könnten genutzt werden, anstatt das Geld für eine Kommandeurstagung zu verschleudern!  Warum unterstützt Ver.di den Kriegskurs der Bundesregierung und eine imperialistische Bundeswehr, die Kriege um Rohstoffe führt und damit eine unökologische und global-kapitalistische Wirtschaftsweise aufrecht erhält? 

 

Wir appellieren an Sie dafür zu sorgen, dass zukünftig die „Fachgruppe Bundeswehr“ keine Kommandeurstagungen mehr ausrichtet! Außerdem wünschen wir uns, dass Ver.di sich klar von den militärischen Zielen der Bundeswehrführung distanziert! Weiterhin erwarten wir, dass Ver.di die Kriegs- und Aufrüstungspolitik der Bundesregierung nicht länger unterstützt. Wir möchten Ihnen vorschlagen, dass Sie sich für die Einberufung einer großen Friedenskonferenz aller Einzelgewerkschaften unter dem gemeinsamen Dach des DGB stark machen!

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Fenzel

Wieland von Hodenberg